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Achterbahn im All
Autor: Tomm Lucas

Mittlerweile hatte Tomm seinen Dienst für heute beendet. Eigentlich hatte er schon vor Stunden Feierabend gehabt, doch die überraschenden Ereignisse dieser – zumindest von ihm – als Routinemission eingeschätzten Angelegenheit hatten dies verhindert. Nun aber nutzte Tomm die freie Zeit für die Studien, die er sich vorgenommen hatte. Nun, wo er nicht mehr für die Akademie lernen mußte, konnte er seinen Gedanken vollkommen freien Lauf lassen, was ihn ziemlich beflügelt hatte in den letzten Tagen. Er hatte sich das Holodeck 2 gleich für mehrere Tage reserviert, um an seinen neuen Forschungen herumzuexperimentieren. Noch wußte niemand an Bord, worum es genau ging. Nicht einmal Marina hatte der frischgebackene Offizier etwas erzählt. Wenn jetzt jemand durch die Tür hereinkommen würde, erschrak er vermutlich etwas. Tomm hatte in stundenlanger Arbeit einen Sektor des Sonnensystems nachgebildet. Dabei waren nicht nur die Bewegungen von Sternen, Planeten, Asteroiden, Monden und Kometen akribisch in das Rechenmodell mit aufgenommen worden, sondern auch sämtliche relevanten Daten, die für die Raumfahrt von Belang waren, wie in erster Linie die einzelnen Gravitationsstärken der Objekte, die Rotationsgeschwindigkeiten, die Atmosphäredaten der Planeten, die magnetische Strahlung und die chemische Zusammensetzung. Sein Modell forderte einen recht großzügigen Teil der Rechenleistung ab, die überhaupt für die Holoprojektion auf der Katana bereitgestellt wurde. Lange konnte es nicht dauern, bis er die Katze aus dem Sack lassen mußte. Oder es würde ziemlichen Ärger geben. Vielleicht gab es den auch in allen Fällen. Er würde es noch sehen.


Marina deSoto saß in ihrem Quartier und hatte ein Buch in den Händen. Es war noch ein richtiges, altes Buch aus einzelnen papierenen Seiten, Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts geschrieben und verlegt. Die einzelnen Seiten waren an den Rändern schon fast braun, so sehr hatte das Papier gegilbt im Laufe der Zeit. Sie las gern so alte Bücher, es war ein gänzlich anderes Lesegefühl als die auf den Datapads verfügbaren elektronischen Äquivalente. Diese fühlten sich stets irgendwie kalt an, während das Rascheln des Papiers beim Umblättern der einzelnen Seiten eine völlig eigene Art von Gemütlichkeit erzeugte. Oft hatte Tomm neben ihr gesessen und selbst gelesen. In den letzten Tagen aber war er immer sehr in Eile und oft auf dem Holodeck gewesen. Völlig untypisch für ihn war dabei, daß er ihr nicht einmal erzählte, was er dort trieb. Seit Stunden – seit er gegangen war – hatte sie nicht einmal mehr umgeblättert. Sein ebenso viel- wie nichtssagendes Grinsen ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. So geheimniskrämerisch kannte sie ihn gar nicht. Seufzend blätterte sie um und versuchte sich auf die nächste Seite zu konzentrieren, als das Licht kurz flackerte. 'Neue Probleme?', schoß es ihr durch den Kopf. 'Eine neue Anomalie?'


„Verfluchter Mist!“, schall es durch das Holodeck. Der erste Versuch seiner neuen Theorie verlief nach nur wenigen Sekunden erfolglos mangels Energiemangel. Für einen kurzen Moment hatte er eine Spitze Energiebedarf erzeugt, die die Versorgung der Katana so nicht zu liefern imstande war. Jetzt würde es Ärger geben. „Mr.Lucas, was tun sie da?“, vernahm Tomm die Stimme von Captain Geodis aus dem Kommunikator des Holodecks. Die Zeitspanne war etwa so lang, wie man brauchte, um den Ort der Ursache für die Spannungsschwankung herauszufinden. „Ich experimentiere gerade, Captain. Es geht um die Effektivität der Navigation im Hyperraum. Leider habe ich den Energiebedarf für die Versuche wohl etwas falsch eingeschätzt. Tut mir leid, Sir.“ „Können Sie das näher erläutern?“ „Gerne, Captain!“ „Ich komme zu ihnen auf das Holodeck. Halten Sie sich bereit.“


Es gab weitaus wichtigere Dinge, die jetzt anlagen. Aber Natall hatte mittlerweile desöfteren festgestellt, daß Lucas' ziemlich gut auf seinem Gebiet war. Wenn er mit Experimenten begonnen hatte, dann war seine Idee sicher gut genug, um sie sich wenigstens einmal anzusehen.


Tomm setzte sein Projekt in den Grundzustand zurück und war gerade damit fertig, als ein Piepen am Eingang die Ankunft von Captain Geodis mitteilte. „Eingang, öffnen“, befahl er dem Computer und blickte in das erschrockene Gesicht Natalls. „Kommen Sie, Capain. Der Boden ist echt!“, lächelte Tomm im Versuch, charmant zu sein. Vielleicht konnte er Geodis so ja etwas gnädiger stimmen, wenn es zu den unangenehmen Nebenwirkungen seines Versuches kommen würde. „Sie sehen hier ein recht ausführlich dargestelltes und mit den relevanten Systeminformationen ausgestattetes Teilsystem unserer Galaxis. Während der frühen Raumfahrt im einundzwanzigsten Jahrhundert wurden die Kräfte der Gravitation und der Rotation dazu genutzt, Sonden und Raumkapseln mittels vorherberechneter Navigation so zu beschleunigen, daß sie Geschwindigkeiten erreichten, die mit den damals bekannten konventionellen Antrieben nicht erreicht werden konnten. Es war wie eine Art Achterbahn, nur eben im All. Die erste Mission zum Mars beispielsweise, war nur so möglich.“ „Mr.Lucas, sie werden es nicht glauben, aber das war mir durchaus schon bekannt. Was hat das“, sie zeigte in einer großen Bewegung durch den Raum,“damit zu tun?“ „Naja, ganz einfach. Bisher planen wir Hyperraumrouten immer an großen Gravitationsquellen vorbei, um keine Bremswirkung zu erzielen. Von Warp neun auf Sublicht heruntergebremst zu werden, könnte recht unangenehm werden. Aber es muß schließlich auch möglich sein, die Warpgeschwindigkeit auf diese Art noch weiter zu beschleunigen. Ich habe dazu verschieden Berechnungen in den letzten Monaten angestellt. Theoretisch wäre es möglich, wenn man die Gravitationsfelder in einem ganz bestimmten Winkel anfliegt. Jetzt wollte ich eigentlich die praktische Tauglichkeit überprüfen. Leider gibt es da ein kleines Energieproblem.“ „Mr.Lucas, wenn das, was sie da vorhaben klappt, um wieviel schneller könnte ein Schiff wie die Katana unterwegs sein?“ „Das ist noch sehr schwer zu sagen. Es kommt auf die Route und die Gesamtsituation an. Vorstellbar wären Geschwindigkeitsvorteile von Nullkommanulleinsfünf bis Nullkommanullvier Warpstufen.“ Natall Geodis sah den Ensign prüfend an. „Mr.Lucas, bevor sie das nächste Mal solche Experimente starten, sprechen Sie bitte mit mir. Aber es gibt Zeiten, wo wir jeden Geschwindigkeitsvorteil brauchen. Machen Sie mit ihren Forschungen weiter und sprechen sie mit dem Maschineraum über die Möglichkeiten der Energiebereitstellung. Ich erwarte regelmäßige Berichte! Viel Erfolg!“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und verließ das Holodeck. Tomm glaubte, ein leichtes Kopfschütteln zu erkennen und entschied, dieses für Erstaunen zu deuten. Falls es bei Trill so etwas gab. Dann wandte er sich wieder seiner Konsole zu. Einen weiteren Test würde er heute nicht mehr vornehmen, aber für ein paar Berechnungen hatte er noch genug Zeit.