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Aktuelle Mission der Katana
Autor: Crew

Der folgende Text entstand in Zusammenarbeit der verschiedenen Crewmitglieder und ist für die Besucher der Verbandshomepage gedacht, die eine Mitgliedschaft im Verband erwägen und in die Handlung der Katana reinschnuppern wollen. Es handelt sich um die laufende, noch nicht abgeschlossene Handlung. Die Mission wurde bewußt ausschließlich im Heimathafen angelegt, um so Charakterentwicklungen zu ermöglichen.

„Logbucheintrag. USS Katana. Captain Ebbersmann. Sternzeit: 60.054,0

Wir haben die Kartographierung des Nebels abgeschlossen und befinden uns bereits auf dem Weg zurück zur Gemini-Station. Die natürlichen Ströme im Nebel sind um ein vielfaches langsamer als bei den denkwürdigen Vorkommnissen zuvor. Dr. Lazarus konnte eine Berechnungsmethode entwickeln, mit der die Wanderbewegungen der Deuterium-Konzentrationen relativ genau vorausberechnet werden konnten. Unseren ursprünglichen Auftrag haben wir damit mehr als erfolgreich erfüllt, die Sternenflotte ist nun in der Lage die Ressourcen des Nebels effizient auszubeuten.

In den zwei Tagen in denen wir den Nebel erneut erforscht haben ist es zu keinen weiteren Zwischenfällen gekommen, die eine Einmischung seitens des Q-Kontinuums vermuten lassen Die Erklärung Qs, er habe seinem Sohn nur die Entstehung des Lebens auf der Erde und die Entwicklung der Menschheit aufzeigen wollen, halte ich für zweifelhaft. Nachdem ich einige der Sternenflottenberichte über dieses Wesen erneut studiert habe, vermute ich viel mehr, dass es sich um eines seiner Spielchen gehandelt hat. Vielleicht hatte Q mit all dem wie üblich die Menschheit auf irgendeine Weise testen wollen. Aber letztlich bleibt auch dies nur eine Spekulation. Aber ich befürchte ohnehin, dass ich nicht zum letzten Mal die zweifelhafte Ehre mit diesem Q hatte.

Captain Ebbersmann. Ende.“




Gollwyn Maddigan legte das PADD mit dem medizinischen Fachjournal der Sternenflotte beiseite, in dem er sich einiger Fußnoten für seine Unterlagen hatte versichern wollen. Das Treffen der Mediziner bei der kommenden Konferenz würde eigentlich nur eine weniger bedeutende Nebenveranstaltung darstellen. Dennoch wollte er sich vor seinen Kollegen keine Blöße geben. Eigentlich ging es nur darum, dass sich die Schiffsärzte der drei Verbände einmal persönlich kennen lernten um sich gegenseitig über den technischen Stand und den Möglichkeiten ihrer jeweiligen Krankenstationen zu informieren. Wobei es für den Ernstfall um dennoch so wichtige Dinge ging, welches Schiff welche für Kämpfe üblichen Verletzungen am besten Versorgen konnte. Dass dabei die USS Schweitzer als Lazarett-Schiff am besten abschneiden würde stand jedoch außer Zweifel.

Ein lautes Piepen riss ihn aus seinen Gedanken und zog seine Aufmerksamkeit auf sein Computer-Terminal. Der Blick auf seinen Terminkalender erinnerte er ihn wieder an die anstehende Untersuchung. Gespannt stand er von seinem Schreibtisch auf und verließ sein Büro um den Hauptraum der Krankenstation zu betreten. Dort lag die schwangere Seeta Yadeel bereits auf dem Biobett und eine der Krankenschwester stand neben ihr um die Untersuchung vorzubereiten. Nach einer knappen aber freundschaftlichen Begrüßung begann Gollwyn mit einem Tricorder und den im Bett integrierten Systemen die schwangere Zanderiannerin zu untersuchen. In Seetas Fall zog er in sein Vorgehen noch einige andere Aspekte mit ein, wodurch alles etwas länger dauerte als in anderen Fällen. Als er fertig war legte er den Tricorder beiseite und schaltete die Systeme des Biobetts wieder ab.

„Nun, was meinst Du?“, fragend sah Seeta Winnie an. Der Mediziner kratzte sich leicht durch seine schwarzen Haare. „Ja, nun, ganz genau kann man das in so einem Fall wie bei Euch nun mal leider nicht sagen“, meinte er. „Ich nehme an, es gab vorher keine Schwangerschaft, bei der der Vater ein Mensch war?“, wollte er dann wissen. Seeta schüttelte den Kopf. „Nein, gab es nicht. Zumindest ist mir keine bekannt“, sagte sie. Winnie nickte. „Also, alles was ich tun kann, ist spekulieren und das Baby genau im Auge behalten. Da zanderiansiche Frauen bereits nach etwa 7 Monaten entbinden, menschliche Frauen aber erst nach 9 Monaten, vermute ich, dass Euer Baby irgendwann dazwischen so weit sein wird“, erklärte er. Sie nickte. Das machte Sinn. „Ich bin aber schon über den für Zanderianerinnen üblichen Geburtstermin heraus“, merkte sie an. Diesmal ein Nicken von Winnie. „Richtig. Aber das Baby ist noch nicht ganz so weit“, erklärte er, was ihm einen besorgten Blick von ihr einbrachte. „Keine Sorge, es ist bereits so weit, dass es eine Frühgeburt überleben würde. Ihr müsstet es nur hier auf der Krankenstation im Inkubator lassen, bis es so weit ist, dass ihr es mit nach Hause nehmen könnt“, erklärte er. Ihr Gesichtsausdruck spiegelte nun Erleichterung wider. „Okay“, meinte sie, während sie bereits vom Biobett rutschte.

„Oh, und ehe ich es vergesse: Ich entbinde Dich aus medizinischen Gründen von Deinen dienstlichen Pflichten. Willkommen im Mutterschutz. Bei den ersten Anzeichen von Wehen kommst Du sofort hierher“, gab er noch an, während sie bereits auf die Tür zustrebte.




Geradezu behäbig, einem Blauwal im Meer nicht ungleich, schwenkte die USS Katana in den Orbit um Gemini IV ein. Im Vakuum des Alls unhörbar zündeten mehrere Steuerdüsen um den Flug des Raumschiffes zu korrigieren, bis es einen stabilen Orbit eingenommen hatte. Als sich die Katana in einer geostationären Umlaufbahn relativ zur Gemini-Station befand, bestrahlte das mattgelbe Licht der Gemini-A-Sonne das Heck des Schiffes, während sich bereits am Horizont des Planeten die ersten Strahlen von Gemini-B ankündigten und den Bug in ein diffuses-rötliches Licht tauchten. Exakt parallel zur planetaren Station durchquerte das Schiff der Sovereign-Klasse einen der kurzen Nächte auf Gemini IV, einem neuen Tag unter der zweiten Sonne des Systems entgegen.




„Logbuch der USS Katana. Captain Ebbersmann. Sternzeit: 60.066,7

Nach einem fünftägigen Flug haben wir nun das Tolan-Gemini System erreicht und befinden uns in einem Orbit relativ zur Gemini-Station. Für die kommenden Wochen haben wir die Order in der unmittelbaren Umgebung der Station zu verbleiben. Neben den üblichen Personal- und Materialaustausch sowie den regulären Reparaturen und technischen Updates bei einem solchen Aufenthalt gibt es für uns auch noch einige organisatorische und bürokratische Aufgaben zu erledigen. Wir sind zum Führungsschiff des neu gegründeten Forschungsverbands Nr. 15 ernannt worden, was einige Absprachen mit den Kapitänen der anderen Schiffe erfordert. Aber vor allem werden einige Konferenzen und taktische Besprechungen der Führungsoffiziere aller hier stationierten Schiffsverbände anstehen. Die neuen Verteidigungspläne für den Fall eine Invasion durch das Wurmloch sind noch in den Details zu besprechen und auch einige Manöver abzuhalten. Als Flaggschiff der Gemini-Station kommt der USS Katana dabei natürlich eine ganz zentrale Rolle zu. Wir haben also in nächster Zeit einiges zu tun, aber ich glaube, dass uns allen trotzdem noch genug Zeit zur Erholung bleiben wird.

Captain Ebbersmann. Ende.“




„Captain auf der Brücke“, ertönte es wie üblich, als Benjamin Ebbersmann seinen Bereitschaftsraum verlies und die Brücke betrat. Im Kommandozentrum herrschte selbst für den Normalbetrieb eine ungewöhnliche Ruhe und Gelassenheit, da der orbitale Flug gerade mal die Hälfte der Standardbesetzung auf der Brücke erforderte. Dementsprechend änderte seine Anwesenheit die gelassene Betriebsamkeit kaum, als der Captain auf seinem Sessel Platz nahm und einen Bericht forderte. Sein erster Offizier informierte ihn auch kurz und bündig über die derzeitigen Vorgänge an Bord. Dabei handelte es sich vor allem um den Transfer von Personal und Material zwischen der Katana und der Gemini-Station. Ansonsten die obligatorischen Reparaturen und technischen Checks der Schiffssysteme. Alles in allem der übliche Betrieb bei einem Aufenthalt im Heimathafen und so dürfte es vor erst auch die nächsten zwei Wochen weitergehen. Dies war nichts, was seiner genaueren Aufmerksamkeit oder gar einer Einmischung bedurfte. Er hatte in diesen Punkten längst Vertrauen zu den Fähigkeiten seines XOs und dem Rest der Mannschaft.

Nachdem Commander Andersson seinen Bericht abgeschlossen hatte nickte Ebbersmann und meinte dann lächelnd: „Gut, nehmen sie sich den Rest des Tages frei. Ich glaube ein bestimmtes Crewmitglied bedarf derzeit viel mehr ihrer Aufmerksamkeit.“ „Dank Sir.“, entgegnete Garrick mit einem dankbaren Lächeln und verließ die Brücke in Richtung der Crewquartiere.

Der Captain wollte gerade einige Dateien auf dem Terminal seines Sessels aufrufen, als die Türen zum Turbolift ein weiteres Mal aufgingen und der Sicherheitsoffizier erschien. Mit einem PADD in der Hand ging er auf den Captain zu und erkläre: „Sir, ich habe die Liste mit den taktischen Plänen für die kommenden Manöver ausgearbeitet. Bevor wir an der Konferenz auf der Station teilnehmen sollten wir sie bei einer Besprechung der Führungsoffiziere überarbeiten. Es gibt noch einige Details die wir vor allem mit den Offizieren des Squadrons und der Elite Force abklären müssen.“

Benjamin nahm das ihm dargereichte PADD entgegen, warf aber nur einen flüchtigen Blick auf die Inhaltsangabe um sich dann wieder seinem Offizier zu zuwenden: „Mister Ramirez. Ich habe sie doch ausdrücklich angewiesen in den nächsten Tagen frei zunehmen. Die Konferenz beginnt erst in zwei Wochen und bis zu den Manövern haben wir ebenfalls noch genug Zeit. Sie sollten derzeit etwas kürzer treten und vor allem ihre ärztlichen Termine wahrnehmen!“

Manoel Ramirez schwieg zunächst, als ob er nicht so recht wusste, wie er auf die Ansprache seines Captain reagieren sollte. Dann meinte er: „Sir, mir geht es inzwischen wieder viel besser. Außerdem möchte ich diese Dinge nicht unerledigt lassen.“ „Lieutenant, ihren Arbeitseifer und ihre Dienstbeflissenheit in allen Ehren, aber sie haben sich eine Erholungspause verdient und derzeit besteht kein akuter Handlungsbedarf.“, entgegnete der Ebbersmann und fügte mit ernstem Tonfall an, um ihn noch einmal unterschwellig auf seine Termine beim Schiffscounselour hinzuweisen: „Sie haben meinen Anweisungen und dem ärztlichen Rat Folge zu leisten. Ich möchte sie in den kommenden Woche nicht auf der Brücke sehen!“

Man sah es dem stets sehr verschlossenem Manoel Ramirez regelrecht an, dass er sich innerlich gegen die Aufforderungen seines Captains sträubte. Benjamin wusste, dass der Lieutenant niemand war, der sich gerne anderen anvertraute und deshalb seine Gefühle lieber für sich behielt. Doch auf dem Planeten hatte er mehrere Monate ein gänzlich anderes Leben gelebt und war durch seine Amnesie quasi eine andere Person gewesen. Und nun waren dieses Leben und seine damaligen Mitmenschen mit einem einfachen Fingerschnippen eines Q verschwunden. So etwas konnte an niemanden spurlos vorüber gehen, auch nicht an einer sonst so stabilen und geradlinigen Persönlichkeit wie Manoel Ramirez. Gerade weil dieser dazu neigte seine Gefühle und inneren Konflikte zu verbergen, waren die Sitzungen beim Counselour zwingend notwendig.

„Gut Sir. Ich werde ihre Ratschläge befolgen.“, kam nach einiger Zeit die Antwort des Sicherheitsoffiziers, als er nachgab und seine Loyalität gegenüber der Befehlsstruktur obsiegte. Mit einem Nicken und einem knappen „Sir“, verabschiedete er sich vom Captain und verließ die Brücke. Captain Ebbersmann seufzte leise vor sich hin. Manchmal kam er sich an Bord der Katana vor wie ein Erziehungsberechtigter, der seine Schutzbefohlenen immer wieder auf den richtigen Weg bringen musste.




„Computer. Wo hält sich Lieutenant Lew Sulik auf?“, fragte Mark de Boer, als er, vom Transporterraum kommend etwas ziellos durch die Gänge schlenderte. Prompt folgte die monotone und Stimme des Computersystems mit der gewünschten Antwort: „Lieutenant Lew Sulik befindet sich derzeit auf Holodeck 2.“

„Ahja…“, entfuhr es Mark unwillkürlich, der sofort ahnte was sein Freund dort trieb. Schon seit Wochen redete dieser von nichts anderem mehr als von seiner neuen Errungenschaft für das Holodeck. Da war es kaum verwunderlich, dass er sich bei der vielen Freizeit die gerade zur Verfügung stand um sein neues Baby kümmerte. Einen kleinen Umweg in Kauf nehmend lenkte Mark seine Schritte in Richtung Holodeck 2, da er nicht auf der Stelle umkehren wollte und etwas in Gedanken verloren war. Ihn beschäftigte die Frage welche Kleidung er für die anstehende Freizeitbeschäftigung anziehen sollte, denn die allgemeine Mode des 24. Jahrhunderts behagte ihm nicht so recht. Die Uniformen waren zwar in Ordnung auch die Fliegermontur konnte sich sehen lassen, aber die Freizeitkleidung erinnerte ihn oft an etwas bessere Schlafanzüge.

Einige Abzweigungen und eine kurze Fahrt mit dem Turbolift später hatte er das entsprechende Deck erreicht und ging zügig in Richtung der dortigen kleinen Holosuite. Mit einem flüchtigen Blick auf das Panel am Eingangstor erkannte er, dass der Zugang offen und das laufende Programm damit frei zugänglich war. Mit schnellen Schritten ging er durch die Tür und staunte dann nicht schlecht. Eigentlich hatte er das innere eines alten Hangars oder einen Flugplatz erwartet. Doch stattdessen fand er sich in einem unordentlichen Hinterhof wieder, direkt vor einer Garage. In der holographischen Nachbildung einer Autowerkstatt aus der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts der Erde roch es penetrant nach Öl, Benzin und allerlei anderen ungesunden Chemikalien. Die gerade zu anachronistisch wirkenden Neonleuchten unterteilten die kleine Halle in unangenehm hell ausgeleuchtete Bereiche und in wiederum abstoßend schummrige Ecken. Der kleine Raum war neben einem Fahrzeug und der Werkbank mit allerlei Werkzeugen und Maschinen vollgestellt und vom kleinen Schraubenzieher bis zum sperrigen Schweißgerät war so ziemlich alles vorhanden womit ein Mensch aus dem 24. Jahrhundert eigentlich nichts mehr anzufangen wusste. All das verbreitete den Charme einer klingonischen Krankenstation in der ein mittelalterlicher Folterknecht das Kommando übernommen hatte.

Mitten in der Werkstatt stand ein recht alt wirkendes Automobil aufgebockt und ihm entfernt bekannt vor kam. Auf jeden Fall musste es schon zu seiner Zeit als uralter Oldtimer gegolten haben. Von Form und Stil her wollte es irgendwie nicht so Recht zu Lews sonstigen Interessen passen. Der Pilot trat in die kleine Werkstatt ein und erkannte erst jetzt, dass jemand unter dem Auto lag und dort zu Gange war. Sich auf der Motorhaube abstützend beugte er sich etwas nach unten, ohne die Person dabei genauer erkennen zu können. Kurz und bündig fragte er: „Hey? Ich will dich ja nicht stören bei… bei was auch immer. Aber hast du Lust übermorgen auf eine kleine Privatparty auf der Station?“ „Hä, was? Party, übermorgen?“ kam es etwas gedämpft und blechern unter der Karosserie hervor. Auf einem flachen Rollwagen liegend, mit Ölflecken auf Gesicht und Overall kroch nun Jon Mardsen unter dem Fahrzeug hervor: „Danke, aber ich habe keine Zeit. Ich muss die kompletten Hydraulikleitungen heraus reißen, sonst bekomm ich die hydropneumatische Federung nicht wieder hin.“

„Hi Mark.“, ertönte nun Lews Stimme aus dem hinteren Teil der Garage und erst jetzt verstand Mark, dass es sich hier um Jons Holoprogramm handelte und nicht um das seines Staffelführers. Mit strahlendem Gesichtsausdruck verkündete Jon weiter, als er sich etwas umständlich aufrichtete: „Das Fahrwerk ist für eine Göttin in dem Alter wirklich noch in einem spitzen Zustand! Das bekomm ich mit der Zeit schon hin.“

Während dessen quälte sich das Sulik, umständlich ein Werkzeug in der Hand haltend durch allerlei Gerümpel und war sichtlich schwer darum bemüht nicht zu stolpern. Als Lew vorne bei seinen beiden Kameraden angekommen war hielt er dem begeisterten Hobbymechaniker im ölverschmierten Blaumann das Werkzeug hin und fragte: „Ist das dieser 32er….ähm…Schraubenschlüssel?“ „Neeiiin… das ist ein Drehmomentschlüssel…und zwar mit einer 20er Nuss.“, meinte Jon sichtlich amüsiert als er gleichzeitig vergeblich versuchte seine ölverschmierten Hände an einem schmutzigen Lappen abzuwischen. Der aus L’wiw stammende Pilot warf das Werkzeug unter einem verzweifelten Seufzer achtlos auf die Werkbank und Mark indes fragte neugierig: „Um was für ein Auto handelt es sich denn jetzt und was soll das ganze hier?“

„Das ist Citroen…“, kam es von Lew doch er wurde sofort von Mardsen unterbrochen und in einem fast heftigen Tonfall korrigiert: „Ein Citroen DS 23 ie von 1974 - oder einfach la Déesse, die Göttin – in einem Zustand wie nach ungefähr 35 Jahren durchschnittlicher Nutzung.“ „Ah ja, wusste ich es doch. Ich kannte das Auto doch von irgendeinem Museum.“, resümierte de Boer als ihm ein paar wenige Details wieder einfielen. Aber immer noch verwundert über das Programm hakte er nach: „Aber wieso reparierst du ein holographisches Auto? Warum lässt du den Computer nicht einfach ein funktionsfähige Ausführung generieren? Dann könnten wir gleich ein bisschen durch diese südfranzösische Landschaft hier fahren?“

„Weil das genau der falsche Ansatz ist! Bei einem Oldtimer geht es darum das Gefährt mit eigener Händearbeit wieder fahrtüchtig zu bekommen. Erst dann macht das Fahren wirklich Freude! Da steckt P H I L O S O P H I E dahinter!“, kam die ausführliche und energische Begründung, dann schaute Mardsen beinahe wie ein verliebter Jüngling zu seinem Auto: „Ihr werdet schon sehen, wenn ich fertig bin wird meine la Déesse richtig formidable!“,

Mark machte einen teils belustigenden, teils abwertenden Gesichtsausdruck und kommentierte dann: „Meine Güte bist du auf einmal frankophil… fehlt ja nur noch, dass du anfängst blaue Gauloises zu rauchen…“ „Gullewas?“, kam es von Lew, der die Anspielung des niederländischen Piloten nicht verstand. Doch dieser winkte nur ab und ging nicht mehr näher darauf ein. Stattdessen erinnerte er sich wieder, weshalb er eigentlich hier hergekommen war. Um den Autobegeisterten nicht zu beleidigen schloss er diesen kurzerhand mit ein: „Ich hab auf der Station ein paar Bekannte getroffen. Die geben übermorgen eine kleine Privatparty. Ich bin eingeladen und ich wollte fragen ob ihr zwei Lust hättet mit zu kommen?“

„Du weißt doch: Bloß einen Kranken fragt man! Klar bin ich dabei!“, antwortete Lew mit Begeisterung und mit einem Kopfnicken in Richtung Jon und seiner DS warf er noch mit einem schelmischen Grinsen hinterher: „Da findet sich bestimmt etwas besseres an dem wir herum schrauben können…“

Jon ignorierte das Gelächter seiner beiden Kameraden und sagte nur mit einem knappen „Keine Zeit.“ ab und wandte sich dann wieder seinem Auto zu. Mark hob die Hände zu einer Geste mit der er einer gespielte Verzweiflung zum Ausdruck verhalf und meinte dann: „Er hatte die Wahl…“ „Tja, wenn man die Wahl zwischen einer blechernen Göttin und einer Normalsterblichen aus Fleisch und Blut hätte, wer würde sich da denn nicht für den Citroen entscheiden…“, stichelte Lew und schickte sich an mit Mark das Holodeck zu verlassen. Beide verabschiedeten sich unter nur schwerlich unterdrücktem Gelächter von dem Teilzeitmechaniker der bereits wieder im Begriff war unter das Auto zu kriechen und fast beleidigt konterte: „Ja ja, ihr habt doch einfach keine Ahnung von wirklich guten Autos! Es ist nicht entscheidend wie schnell man von A nach B kommt. Entscheidend ist, dass man dies mit Stil tut!“


„Logbuch der USS Katana. Captain Ebbersmann. Sternzeit: 60.072,3. Die routinemäßigen Systemchecks und Reparaturen sind bald abgeschlossen, das gibt den wissenschaftlichen Abteilungen wieder die Möglichkeit rückständigen Forschungen und Experimente nachzuholen, da ihnen jetzt wieder die volle Leistung der Schiffssysteme zur Verfügung steht. Der Material- und Personalaustausch wird offensichtlich auch bald planmäßig abgeschlossen sein. Ansonsten haben wir eigentlich noch einige Zeit bis wir mit den Vorbereitungen für die Konferenz und der Manöver beginnen müssten. Allerdings habe ich vom Hauptquartier noch zusätzliche und geänderte Befehle bekommen die uns vor allem vor weitere personelle Umstrukturierungen stellen werden. Das könnte auch bedeuten, dass wir intern früher mit den Vorbereitungen beginnen müssen. Captain Ebbersmann Ende.“, verfasste Benjamin das fällige Computerlogbuch seines Schiffes und fügte damit der Schiffschronik einen weiteren Eintrag hinzu. Einen Moment besann er sich, denn erst jetzt hatte er die Zeit über die Konsequenzen der letzten Mitteilung vom Sternenflottenhauptquartier nachzudenken.

Mit einem Knopfdruck schaltete Benjamin sein Computerterminal ab und betrat wieder die Brücke. Dort versah gerade Commander Andersson mit seiner Beta-Schicht seine Pflicht bei dem eher unspektakulären Orbitalflug und den wenigen Prozessen die es derzeit zu überwachen galt. Doch anstatt seinen Offizier und dessen Schicht mit der gerade in diesem Moment eintreffende Delta-Crew abzulösen bat der Captain Garrick ihm in den Bereitschaftsraum zu folgen. Dort angekommen, wartete der Erste Offizier, bis der Kommandant hinter seinem Schreibtisch Platz genommen hatte. „Nun, Commander, ich fürchte, Sie werden mir fehlen!“ hob er an. Der Däne wirkte überrascht: „Verzeihung, Captain?“ Auf das Gesicht des Captain legte sich ein leichtes Lächeln. „Ich habe heute Nachricht vom Hauptquartier erhalten. Man bietet Ihnen das Kommando über die USS Kopenhagen an – natürlich in Verbindung mit der Beförderung zum Captain. Meinen Glückwunsch, XO!“ Er erhob sich und gab dem etwas verdattert dreinschauenden Mann die Hand. „Danke, Captain“, brachte Garrick etwas mühsam heraus, als er die Hand schüttelte. „Ich muss sagen, ich finde diese Entscheidung sehr passend“, ergänzte Benjamin, „auch wenn das wohl bedeutet, dass ich mich an ein neues Gesicht neben mir auf der Brücke gewöhnen muss.“ Der Däne wiegte den Kopf: „Captain, dieses Beförderungsangebot ist natürlich eine große Ehre, aber ich werde darüber nachdenken müssen.“ Der Captain zog kurz eine Augenbraue hoch: „Sie haben es sich verdient, Garrick.“ Dies war eines der wenigen Male, wo er ihn beim Vornamen nannte. Er fuhr fort: „Sie haben zwei Jahre einen hervorragenden Job auf der Endeavour gemacht und auch die beiden Jahre hier an Bord der Katana waren recht beeindruckend.“ Der XO räusperte sich leicht: „Vielen Dank, Captain. Dann vermute ich, dass Sie die Beförderung vorgeschlagen haben?“ Benjamin schüttelte den Kopf: „Nein, das war überhaupt nicht nötig. Die Berichte sprechen für sich. Außerdem wäre ich ein Narr, wenn ich einen so fähigen Stellvertreter einfach so gehen ließe. Aber die Flotte braucht eben nicht nur gute Erste Offiziere, sondern auch gute Captains.“


Als Garrick den Bereitschaftsraum wieder verließ, überschlugen sich seine Gedanken. Er musste wirklich gut sein, wenn ihm die Flotte ein eigenes Schiff anvertrauen wollte. Er zweifelte auch nicht ernsthaft daran, die Verantwortung für ein Schiff und seine Crew übernehmen zu können. Etwas Derartiges hatte ja schon vor vier Jahren zu seinem Wechsel in die Kommandolaufbahn geführt, auch wenn es ganz besondere Umstände gewesen waren. Aber die Kopenhagen zu übernehmen... Es würde bedeuten, die Katana verlassen zu müssen. Er hatte sich hier sehr schnell ebenso wohl gefühlt, wie damals an Bord der Endeavour. Und es würde möglicherweise bedeuten, Seeta und damit auch sein Baby verlassen zu müssen.

Es war kurz vor Dienstende und so führte ihn sein Weg nun in sein kleines Büro neben seinem Quartier. „Computer, alle verfügbaren Daten über die USS Kopenhagen und ihre Crew zusammenstellen und auflisten!“ befahl er. Wenige Sekunden später hatte er die gewünschten Informationen auf seinem Monitor. „USS Kopenhagen, Intrepid-Klasse, Besatzungsstärke: 165“, las er halblaut. Ihm kam ein Gedanke: „Computer, Informationen über die Ingenieurscrew der Kopenhagen anzeigen!“ Eine Liste von Namen erschien auf dem Monitor. „Chefingenieur: Commander Foth“, murmelte Garrick und wählte den Namen aus. Das gutgelaunte Gesicht eines Bolianers schaute ihn an. Der Mann wirkte sympathisch, doch damit schied eine Lösung aus. Garrick würde Seeta nicht einfach mitnehmen können. Außerdem war er sich nicht sicher, ob sie überhaupt der Katana den Rücken kehren mochte. Nachdenklich trat der Däne an das Fenster und starrte auf die vorbeiziehenden Sterne.

So fand ihn wenig später Seeta, die sich gewundert hatte, dass er sich nicht bei ihr gemeldet hatte. Das entsprach überhaupt nicht seinem Wesen. Er war in den letzten Monaten zu einem verlässlichen Fels in der Brandung für sie geworden.

Sie erlebte ein unangenehmes Deja-vú. Das letzte Mal, als sie ihn aufgesucht hatte, um sich zu erkundigen, was los sei, endete mit einer der unangenehmsten Auseinandersetzungen, die sie je geführt hatten – auch wenn die Versöhnung anschließend herrlich gewesen war. An seiner Haltung erkannte sie sofort, dass ihn etwas sehr bedrückte und so hoffte sie inständig, dass nicht erneut sie oder irgendetwas, das sie getan oder gelassen hatte, die Ursache dafür war. Als sie neben ihn trat und ihm sanft die Hand auf die Schulter legte, schaute er sie an. „Was ist passiert?“ fragte sie leise. Er blickte wortlos auf das Datenpadd, welches das Angebot seiner Beförderung und Versetzung verkündete und auf dem Schreibtisch lag. Ihm war nie so ganz klar geworden, wie viel Seeta damals für Summers wirklich empfunden haben mochte, aber er wusste mittlerweile, dass diese Beziehung an seinem Weggang gescheitert war. Irgendwie wollte nicht er es sein, der ihr mitteilte, dass sich so etwas möglicherweise nun wiederholte.

Ein wenig zögerlich und unbeholfen trat die Zanderianerin nun an den Schreibtisch und nahm das Padd auf, während er wieder in die sternendurchsetzte Schwärze starrte. Sie las den Text und brauchte eine Weile, ihn zu verarbeiten. Sie erbleichte, soweit das bei ihrer hellen Hautfarbe überhaupt möglich war. Es fühlte sich an, als schnürte ihr irgendwas den Brustkorb zu und die Luft ab. Seit sie diese Beziehung zu Garrick eingegangen war, hatte sie damit gerechnet, dass dieser Augenblick möglicherweise kommen würde. Trotzdem traf der Schock sie unvorbereitet. Und das gerade jetzt. Sie ließ das Padd sinken. Ihr Kopf sackte nach vorne. Ein so klägliches Schluchzen entrang sich ihr, dass ihr Freund sich erschrocken umdrehte. Schnell trat er zu ihr und nahm sie vorsichtig in die Arme. Er hatte keine so heftige Reaktion erwartet. „Seeta, Schatz...!“ murmelte er und strich ihr besorgt übers Haar, doch es dauerte eine ganze Weile, bis sie die Nachricht soweit verdaut hatte, dass er wieder zu ihr durchdrang. Sie hob den Kopf und zwang ein Lächeln in ihr Gesicht, als sie schließlich sagte: „Ich gratuliere Dir. Du hast es Dir verdient!“ Sie stellte fest, dass sie das sogar ernst meinte und irgendein Teil von ihr sich sogar für seinen Erfolg freute. Aber die Implikationen, die sich daraus ergaben, schienen sie in ein großes, nicht enden wollendes Loch zu stürzen. „Danke...“ murmelte er mit rauer Stimme. „Aber ich würde die Entscheidung, ob ich das Angebot annehme, ungerne alleine treffen.“ Er nahm jetzt ihr Gesicht in seine Hände und sah die Angst, ihn zu verlieren, in ihren Augen. „Seeta, ich liebe Dich. Und ich liebe unser Kind. Ihr seid mir wichtiger, als alles andere auf der Welt. Und deswegen kann ich diese Entscheidung nur mit Dir gemeinsam treffen.“ Sie seufzte abgrundtief und löste sich langsam aus seinem Griff, weil sie Angst hatte, vollends die Fassung zu verlieren. Sie erinnerte sich schmerzhaft daran, eine ähnliche Diskussion mit Andreas geführt zu haben. Sie schniefte kurz und meinte dann sehr gefasst: „Es ist doch eigentlich ganz einfach. Das ist eine große Chance für Dich. Du bist gut als kommandierender Offizier. Ich weiß, Du kannst es noch weit bringen in der Sternenflotte.“ Er sah sie dankbar an. Dieses Lob von ihr bedeutete ihm sehr viel. „Danke“, sagte er, „ich weiß, dass es eine Chance und große Ehre ist. Aber es bedeutet leider auch, dass entweder ich mich von Euch trennen müsste, oder Du Dich von Deinem Job.“ Er drehte den Computermonitor in ihre Richtung, der das Bild des Chefingenieurs der Kopenhagen zeigte. Sie warf einen kurzen Blick darauf und es bestätigte nur ihre Vermutung. Natürlich war auf der Kopenhagen nur ein Posten vakant. „Ich weiß, wie viel Dir Deine Arbeit hier bedeutet, Seeta. Und ich möchte Dir nicht zumuten, auf einmal wieder als stellvertretende Stellvertreterin tätig zu sein.“ Er wusste so gut wie sie, dass das nicht in Frage kam. Es gab nur zwei Möglichkeiten für ihn. Gehen oder bleiben. „Ich will ehrlich mit Dir sein, Garrick und Dir sagen, wie ich die Dinge sehe. So sehr ich Dich auch liebe, könnte ich niemals nur Deine Freundin sein. Ich liebe meine Aufgabe als Ingenieurin und ohne sie wäre ich zweifelsfrei nicht mehr die Frau, in die Du Dich verliebt hast. Irgendwann wirst Du einen Posten als Captain annehmen müssen, wenn es nicht das Ende Deiner Karriere sein soll. Und damit“, sie schluckte, „wird wohl auch unsere Beziehung enden, denn ich werde wohl nicht in der Lage sein, Dich zu begleiten.“ Sie schluckte. „Und das wird bedeuten, dass unser Kind nicht den Luxus haben wird, mit beiden Elternteilen aufzuwachsen.“ Er sah sie an und meinte dann: „Ich will Euch nicht zurücklassen.“ Sie musterte ihn und ein klein wenig Überraschung zeigte sich in ihrem Gesicht – neben dem aufkeimenden Funken Hoffnung, dass er sie möglicherweise nicht verlassen würde. Er zuckte mit den Schultern und warf noch einen kurzen Blick aus dem Fenster. Dann trat er wieder zu ihr. Er blickte in ihre Augen und dann lächelte er: „Du weißt doch, dass ich eigentlich nie in die Kommandolaufbahn wollte. Und auch wenn ich diesen Job nun ganz gerne mache, hat sich daran nie so sehr etwas geändert, dass ich dafür die Frau, die ich liebe, aufgeben würde. Umso mehr, wo ich nun meine kleine Familie verlieren würde.“ Er streichelte sachte ihren kugelrunden Bauch. „Ein vierter Rangpin ist für mich nicht das Maß aller Dinge, das ich unbedingt erreichen möchte.“


Mark lehnte lässig an der Theke. Er nippte an seinem Bier und wippte mit dem Fuß im Takt der Musik, die laut aus den Boxen dröhnte. „Coole Party!“, rief ihm Jon Mardsen zu, der es sich doch noch anders überlegt hatte und nun neben ihm stand. „Hast dich ja richtig in Schale geworfen.“, neckte er seinem Staffelkollegen. „Ach, hör auf! Ich find eure Mode immer noch furchtbar!“, konterte Mark. Er hatte sich für ein Outfit entschieden, das einen Kompromiss darstellte zwischen der Mode des 22. und des 24. Jahrhundert. „Oh Gott… guck dir Lew an.“, murmelte Jon. „Da hat er doch tatsächlich schon eine an der Angel. Wie macht der das nur?“ „Ich wunder mich immer wieder, dass es tatsächlich noch Frauen gibt, die ihn nicht kennen und auf ihn reinfallen. Man kann für die Frauen nur hoffen, dass er im Bett besser ist als beim Tanzen.“, grinste Mark. „Darauf ein Prosit!“, lachte Jon und schlug ihm auf die Schulter. Sie stießen an und tranken ihr Bier aus. Jon drehte sich um und bestellte neues Bier. Neben ihm erschien Lew. Er schwitzte und atmete schwer, dabei machte er schon einen etwas angetrunkenen Eindruck: „Hey bestell für mich auch mal ein Bier und einen Yridianischen Brandy.“ „Wie läuft’s denn so? Irgendwelche Frauen in Sicht?“, wollte Mark scheinheilig wissen. „Ja, ich hab da so eine kennengelernt. Da läuft heute noch was!“, sprang Lew sofort darauf an. „Seht ihr die Blonde da hinten? Die ist echt scharf.“ „Also gibt’s gleich das französische Märchen vom Specht und dem durstigen Hund?“, witzelte Mark, worauf Jon laut loslachte. „Häh?“ Lew sah die beiden irritiert an, aber Mark winkte ab. „Kümmer dich lieber um deine Eroberung. Sie unterhält sich gerade mit Agalore. Nicht dass sie dir noch von der Stange geht.“ Jon brach in Lachen aus und verschluckte sich. Lew drehte sich um. „Ihr Spinner! Ich geh dann mal wieder zurück...“ Er schnappte sich seine beiden Getränke und steuerte auf die Blondine zu. Jon sah ihm nach. „Mann, Mann, Mann… Ob der jemals bei einer Frau bleibt? Apropos… Wie läuft’s mit Tessa?“ Mark nahm einen Schluck seines Biers. „Gut. Wir lassen uns Zeit und lernen uns richtig kennen. Aber sie ist eine tolle Frau.“ „Das ist sie. Also ist es was Ernstes?“ „Absolut! Sie tut mir unheimlich gut.“ Mark sah verträumt ins Bierglas, dann stellte er sein Glas ab, bestellte zwei Whiskeys und reichte einen an Jon. „Hier ein kleiner Absturzbeschleuniger!“ Eine junge Frau stellte sich vor Jon. „Du bist doch Pilot oder? Ich wollte schon immer wissen, ob ihr auch so gut tanzen könnt wie fliegen.“ Und noch bevor Jon irgendwie antworten konnte, griff sie nach seiner Hand und zog ihn in Richtung Tanzfläche. Jon hob nur entschuldigend mit den Schultern und verschwand in der Menge. Mark sah auf die beiden Whiskeys und seufzte. Dann horchte er auf. „Das Lied kenne ich doch? Endlich spielen sie auch mal gute Musik aus meiner Zeit!“ Er nahm die beiden Whiskeys, trank sie aus und ging ebenfalls auf die Tanzfläche.


Langsam schlenderte Benjamin über die verschiedenen Ebenen der großen zentralen Kuppel aus transparentem Aluminium, die als soziales Zentrum und gleichzeitig als Arboretum der Gemini-Station eingerichtet worden war. Er kam gerade von seinem obligatorischen Treffen mit dem kommandierenden Offizier der Station. Mit Commander Ethan Alizondo verband ihn eine persönliche Freundschaft, wodurch die dienstliche Unterredung bei einer Kanne Tee länger als üblich gedauert hatte. Nun wollte er die ihm noch verbliebene Zeit für einen kleinen Spaziergang nutzen, kam er doch sonst nur viel zu selten zu derartigem Müßiggang. Abgesehen davon ließen ihm die Aufgaben als Captain nur wenig Zeit sich auf einem Planeten aufzuhalten und dessen Fauna und Flora zu betrachten. Da war das großzügig gestaltete Arboretum unter der Kuppel der Geministation eine willkommene Abwechslung und ein angenehmer Aufenthaltsort.

Er blieb an einem etwas erhöht angebrachten Blumenbeet stehen und betrachtete die dort gepflanzten Bonsai Bäume. Da er selbst derartige Miniaturbäume besaß studierte er diese hier mit der interessierten Aufmerksamkeit eines Hobbygärtners und registrierte einige Details die er als Anregung für seine eigenen Pflanzen aufnahm. Gerade wollte er näher treten um sich einige Bäumchen genauer anzusehen, als er hinter sich eine weibliche Stimme hörte: „Hallo Benjamin.“ Auch wenn ihm die Stimme sehr vertraut vor kam, so konnte er sie in diesem Moment keiner Person zu ordnen. Entsprechend gespannt drehte er sich um und war umso erfreuter als er die Frau erkannte. „Levi! Schön dich zu sehen!“, sagte er und grüßte seine alte Freundin herzlich. Sie brachte ihre nicht mindergroße Freude durch eine herzliche Umarmung zum Ausdruck und meinte: „Wir haben uns ja schon ewig nicht mehr gesehen.“ „Ja, das muss jetzt beinahe fünf Jahre her sein?“ „Sechs!“, korrigierte ihn Levi Ebru: „Du wurdest vor fast genau sechs Jahren auf die Tel-Aviv beordert während ich den Posten auf der USS Ural bekommen habe“ Dann schwiegen beide für einen kurzen Moment, als ob sie die Erinnerungen an die gemeinsame Zeit kurzzeitig überwältigte. Eins waren sie sich sehr nahe gestanden, bevor sie sich beide bewusst für die Karriere entschieden und wieder getrennte Wege gegangen waren. Dennoch verband sie immer noch eine sehr tiefe Freundschaft die über die Zeit trotz unregelmäßiger Briefkontakte nicht abgebrochen war.

Kurz drauf ergriff die Frau als erste wieder das Wort und tadelte ihn mit einer bemerkbar spaßigen Beschwerde: „Dein letzter Brief ist aber auch schon einige Wochen her mein Lieber!“ „Du weißt doch wie das als Captain ist...“, entschuldigte sich Benjamin beinahe verschämt: „Als ich gelesen habe, dass die Aurora zu unserem Forschungsverband zu geteilt wurde, habe ich mich wirklich sehr gefreut und wollte dir eigentlich auch schreiben. Aber…unsere Missionen ließen mir keine Zeit. Es tut mir wirklich leid.“ Sie lächelte jedoch verständnisvoll: „Ja, seit meiner Beförderung vor zwei Jahren weiß ich es ja nun endlich wie das so ist als Captain…“. Als ob sie ihm wieder ein gutes Gewissen verschaffen wollte fügte sie noch selbstkritisch an: „Ich hatte dir ja auch sofort schreiben wollen als ich davon erfuhr, aber mir ging es da genau wie dir!“

Wieder schwiegen die beiden für einige Sekunden, dann reichte Ebru ihrem ehemaligen Vorgesetzten und vertrautem Freund die Hand und meinte mit einem strahlenden Lächeln: „Auch wenn es noch nicht offiziell ist: Herzlichen Glückwunsch zur Ernennung zum Flaggschiff der Gemini-Station.“ „Danke Levi. Die offizielle Zeremonie wird zu Beginn der Konferenz stattfinden. Bis dahin ist es nur ein offenes Geheimnis das die Spatzen längst von den Dächern pfeifen…“, entgegnete Ebbersmann lachend als sie sich die Hände schüttelten. Dann meinte er: „Übrigens, ich habe gehört, hier im Zentralkomplex gibt es ein hervorragendes Cafe das die besten Teesorten des bekannten Weltraums anbietet.“ „Das halte ich zwar für ein Gerücht in diesem abgelegenen Sektor mitten im cardassanischen Nichts, aber ich nehme deine Einladung gerne an, Benjamin!“, war die scherzhafte Antwort von Levi während sie ihren Arm unter dem seinen unterhakte und beide davon schlenderten.


Als wäre sie sexuell völlig unterzuckert presste sie beim Tanzen ihr Becken an seinen Körper und lächelte dabei verführerisch. Lew zog sie mit seinem um ihre Talje geschlungenen Arm näher zu sich heran, wodurch nun auch ihre beiden Oberkörper engeren Kontakt hatten. Ein wie auch immer vernünftiges Tanzen war in diesem umschlungenen Zustand kaum mehr möglich, aber darauf kam es jetzt schon lange nicht mehr an. Die Musik gefiel ihm ohnehin nicht und vernünftige Bewegungen waren aufgrund der dicht gedrängten Menge auf der Tanzfläche sowieso nicht mehr möglich. Er hielt Tanzen ohnehin für ein eigentlich völlig überflüssiges Balzritual das er stets versuchte möglichst schnell hinter sich zu bringen.

Wie üblich hatte er beim Betreten der Party die weiblichen Gäste mit gelassener Nichtbeachtung bestraft und erst einmal für einen anständigen Alkoholpegel gesorgt. Eine lässig übergezogene Fliegerjacke hatte ihr Übriges zum gleichgültigen Erscheinungsbild beigetragen. Danach, so hatte er schon vor Jahren festgestellt, kamen die Mädels ganz von alleine auf einen zu, ohne dass man auch nur einen Finger hätte rühren müssen. Der Trick bestand eben genau darin, eben nichts zu tun. Genauso war es auch mit seiner derzeitigen Flamme gelaufen. Sie war wie aus dem Nichts aufgetaucht und nun musste er nur noch dran bleiben.

Mehr aus einer Mischung aus alkoholgetrübtem Bewusstsein und groben Instinkt als aus klarer Berechnung heraus beschloss er einen Schritt weiter zugehen. Doch noch ehe er seine Hand auf ihrer Talje in südlichere Gefilde hatte wandern lassen war sie bereits dabei ihre Arme um seinen Hals zu schlingen und ihn zu küssen. Im ersten Moment völlig überrumpelt, genoss er zunächst die unerwarteten Liebkosungen, bis er sich besann um wieder die Initiative zu ergreifen. Während ihre Küsse an Intensität zu nahmen schob er sie sanft aber bestimmt durch die tanzende Menge in eine Ecke. Dort manövrierte er sie auf eine der dort vorhandenen Sitzgelegenheiten. Als sie so direkt in der Ecke auf der Barhocker saß und er über sie gebeugt stand lies er langsam seine Zunge in ihren Mund wandern um forschend nach der ihren zu suchen. Eine ganze Weile verharrten sie so in dieser Position und küssten sich immer heftiger während sie beide ihre Hände wild und unkoordiniert auf dem Körper des jeweils anderen umherwandern ließen.

Dann lösten sie auf einmal ihre Umarmung und sie stützte ihre geballten Hände auf seine Brust ab um ihn so unsanft von sich weg zu schieben. Ihre Lippen lösten sich von einander und sie schaute mit einem halb weinerlichen, halb verzweifeltem Gesichtausdruck zu ihm auf als sie mit fast jammernden Tonfall gegen die laute Musik anschrie: „Ich bin nicht so eine!“ „Das weiß ich doch!“, log Lew automatisch als er erfolglos versuchte ein verständnisvolles Gesicht zu machen. Seine Beschwichtigung erzielte auch nicht den gewünschten Effekt, denn den Tränen nahe fragte sie: „Aber was willst du dann von mir?“

‚Jetzt bloß nichts von Liebe und Zuneigung schwafeln!‘, schärfte er sich in einem geistig klaren Moment ein. Das würde sie ihm niemals abkaufen und in diesem Fall war keine Antwort besser als eine unglaubwürdige. Die Frau, ihren Namen hatte er jetzt schon vergessen und deshalb vermiet er tunlichst die direkten Ansprache, war bezüglich ihres Alkoholpegels ganz eindeutig schon längst jenseits von Gut und Böse. Er musste darauf achten dass sie nicht noch mehr Alkohol trank, sonst würde sie schneller flach auf den Boden liegen als ihm lieb war. Anstatt auf ihre Frage zu einzugehen schaute er schweigend in ihre schönen blauen Augen und strich ihr mit der Hand sanft über die Wangen. Er hoffte, ihr Anflug von Selbstkritik würde so Folgenlos verstreichen und er konnte mit ihr wieder zum Wesentlichen übergehen.

Doch entgegen seiner Erwartungen stieß sie ihn nun noch weiter zur Seite. Wortlos stand sie auf und ging so schnell es die tanzende Menge und ihr Promillegehalt es zu ließen davon. Lew seufzte für einen Moment, schnappte sich sein Bierglas vom Stehtisch und nahm einen kräftigen Schluck für die nächste Runde. Dann stellte er das Glas wieder ab und bahnte sich einen Weg durch die Tanzfläche dem davon eilenden Mädchen hinter her. Er kannte dieses Verhalten nur zu gut. Nun kam es darauf an sie nicht aus den Augen zu verlieren und dran zu bleiben. Auch wenn sie sich aufgrund latent vorhandener Moralvorstellungen noch etwas dagegen sträubte, ihren Schwachenpunkt hatte er längst geknackt. Mit etwas Beharrlichkeit und penetrantem Charme würde er sie noch herum bekommen. Sie war längst fällig.


Am nächsten Morgen bat Garrick Captain Ebbersmann um ein kurzes Gespräch. „Was gibt es, XO?“ erkundigte sich der Kommandant, auch wenn er vermutete, dass sein Erster Offizier ihm nun seine Entscheidung hinsichtlich des Kommandoangebots unterbreiten wollte. Der Däne legte das Datenpadd mit dem Angebot vor ihn auf den Schreibtisch, worauf er ihn fragend musterte. „Ich möchte dieses Angebot nicht annehmen, Captain, sondern weiterhin hier auf der Katana meine Pflichten erfüllen.“ Benjamin wirkte nur wenig überrascht. „In Ordnung, Commander. Mögen Sie mir den Grund für diese Entscheidung nennen?“, fragte er, obwohl er bereits eine gute Vermutung hatte. Garrick nickte: „Selbstverständlich, Sir. Der Grund ist meine private Beziehung zu Lieutenant Commander Yadeel und das Baby, das wir erwarten. Den Posten auf der Kopenhagen anzunehmen, hieße, beide zu verlieren. Dazu bin ich nicht bereit.“ Der Captain lehnte sich zurück und musste dennoch fragen: „Sie geben Ihren persönlichen Gefühlen Vorrang vor Ihrer Karriere? Das Hauptquartier verteilt solche Angebote nicht wie warme Semmeln.“ Garrick schmunzelte leicht: „Ja, Captain, dessen bin ich mir bewusst. Aber wie Sie wissen, hatte ich ursprünglich keine Kommandoambitionen, als ich der Flotte beitrat. Daher möchte ich auf keinen Fall um jeden Preis einen vierten Rangpin erhalten. Und der Preis, meine Familie zu verlieren, wäre mir definitiv zu hoch.“ Benjamin respektierte und bewunderte diese Haltung auch ein wenig. Sein XO stand offenbar zu seiner Freundin und seinem ungeborenen Kind und er hatte seine Prioritäten klar gesetzt. „Nun, ich werde mich nicht beschweren, XO, immerhin bleiben Sie mir und der Katana auf diese Weise erhalten. Ich informiere das Hauptquartier über Ihre Entscheidung.“ Der Erste Offizier nickte leicht: „Vielen Dank, Captain.“ Dann verließ er zufrieden den Bereitschaftsraum.


Bereits im Dämmerzustand des Halbschlafs fühlte er, dass er sich nicht in seinem eigenen Quartier befand. Ähnlich einem Wachkoma nahm er seine Umgebung verschwommen und undeutlich wahr. Als er irgendwann aufwachte und verschlafen die Augen öffnete wurden seine Eindrücke bestätigt. Es dauerte einige Zeit bis sich in seinem getrübten Gedächtnis wieder die Erinnerung der gestrigen Ereignisse einstellte. Alles in allem keine besondere Überraschung, denn der Alkohol am vorherigen Abend hatte nicht ausgereicht um nennenswerte Gedächtnislücken zu verursachen. Dennoch war die neue Situation nach dem Aufwachen Grund genug erst einmal die Gedanken zu sortieren und die Lage zu peilen.

Lew schlug die Bettdecke zurück und richtete seinen Oberköper auf, wobei sich zum ersten Mal leichte Kopfschmerzen einstellten. Seinen Erfahrungen nach, zeugte dieser Schmerz von keinem besonders starken Kater, war aber bestimmt intensiv genug um ihm die ersten Stunden des Tages zu verderben.

Übermüdet schaute er sich durch seine noch schmalen Augenschlitze im Schlafzimmer um und stellte beruhigt fest, dass seine nächtliche Bettgenossin gerade nicht anwesend war. Diese Situation nutzend schwang er seine Beine aus dem Bett und griff nach seiner Hose. Zwar verstärkten die abrupten Bewegungen den pochenden Schmerz hinter seiner Stirn ganz erheblich, doch auf derartige Nebenwirkungen konnte er jetzt keine Rücksicht nehmen. Schnell schlüpfte er in seine Hose und streifte sich sein T-Shirt über. Seine Unterwäsche stopfte er zeitsparend in die Beintaschen und zog sich anschließend die Schuhe an. Schließlich klemmte er noch seine Jacke unter die Arme und verlies mit schnellen Schritten das Schlafzimmer.

Er schaffte es gerade noch durch den Hauptwohnbereich des Quartiers hinüber zum Ausgang, als hinter ihm eine Stimme erklang noch bevor er die Türe öffnen konnte. In einem Tonfall der sowohl Enttäuschung als auch Anklage zu vereinen schien hörte er sie sagen: „Du willst einfach so gehen!? Nicht einmal verabschieden willst du dich!?“

Wortlos drehte er sich zu ihr um und sah wie sie nur leicht mit einem lose um den Körper gewickelten Handtuch bekleidet im Türrahmen zum Bad stand und ihn mit einem ganz besonderen Gesichtsausdruck ansah. Anscheinend konnte sie sich selber nicht so recht zwischen Ihren Gefühlen entscheiden denn in ihrer Miene spiegelten sich abwechselnd Verständnislosigkeit, Anklage, Wut, Verzweiflung und Traurigkeit. All diese Gefühle zeigten sich in einer derart rasanten Abfolge in ihrem Gesicht, dass er nicht wusste ob er nun einen Heulkrampf oder einen tätlichen Angriff von ihr zu erwarten hatte. Trotz dieser emotionalen Wechselbäder die sich in ihrem von langen, blonden Haaren umrahmten Gesicht widerspiegelten wirkte sie in ihrer ganzen Erscheinung wie ein wunder schönes, engelsgleiches Wesen. Einen derartigen Anblick hatte er eigentlich vermeiden wollen. So etwas vertrug er an einem verkaterten Morgen noch nicht und so etwas führte nur zu unangenehmen emotionalen Verwirrungen.

„Tja.. bis dann!“, meinte er Schulterzuckend und drehte sich schnell um, drückte die Taste und ging hastig durch die sich öffnende Türe um der peinlichen Situation zu entkommen. Zum Glück schlossen sich die Türflügel schnell wieder, denn ob Heulkrampf oder hysterisches Geschrei, beides hätte er in seinem verkaterten Zustand nicht ertragen. Mit hastigen Schritten den Korridor entlang brachte er sich in Sicherheit.

Einige Abzweigungen später verlangsamte er seinen Schritt und stellte mit Genugtuung fest, dass er alles in allem nochmal gut davon gekommen war. Nun musste er sich nur noch überlegen was er mit dem Rest seines freien Tages anfangen sollte. Für seine erste Tat an diesem Morgen schwankte er noch zwischen einem Konterbier und einer Kopfschmerztablette hin und her.


Seeta und Garrick hatten gerade ihr gemeinsames Abendessen beendet, als der Insignienkommunikator des Ersten Offiziers zirpte. „Brücke an Commander Andersson“, erscholl Marina DeSotos Stimme aus dem kleinen Gerät. Garrick klopfte kurz darauf und stellte so die Verbindung her: „Hier Andersson. Was gibt es, Ensign?“ – „Ein persönliches Gespräch für Sie, Sir, vom Hauptquartier der Sternenflotte.“ – „Ah, vielen Dank. Stellen Sie es doch bitte hierher durch, Miss DeSoto“, orderte er nach einem kurzen fragenden Blick auf Seeta, die jedoch gleich zustimmend genickt hatte. „Verstanden, Sir. Brücke Ende.“ Der Komkanal wurde geschlossen und wenig später piepte der kleine Computerbildschirm in Seetas Quartier.

Der Däne baute die Verbindung auf und war nicht sonderlich überrascht, in das Gesicht von Admiral Potony zu blicken. „Admiral Potony. Guten Abend, Sir!“ begrüßte er ihn erfreut. „Commander Andersson, schön Sie zu sehen. Wie geht es Ihnen, Garrick?“ wechselte der höherrangige Offizier gleich in einen privateren Tonfall. Garrick konnte sich schon denken, dass seine Ablehnung des Versetzungsangebots den Admiral auf den Plan gerufen hatte. Vermutlich war die ganze Sache sowieso von ihm ausgegangen. „Danke, Sir, mir geht es sehr gut.“ Der Admiral nickte, bevor er dann etwas näher an den Bildschirm rückte und sich leicht verwirrt erkundigte: „Sagen Sie... haben Sie Stromausfall auf der Katana?“ – „Wie bitte, Sir?“ Diese Frage verblüffte den XO zunächst, bis ihm klar wurde, dass er sich schon längst an die gedämpfte Beleuchtung, die in Seetas Quartier zu herrschen pflegte, so sehr gewöhnt hatte, dass sie ihm nicht mehr besonders auffiel. „Oh, nein, Sir, ich befinde mich gerade nur nicht in meinem eigenen Quartier, sondern in dem meiner Freundin.“ Er hielt es nur für fair, seinem Mentor den Grund für seine Entscheidung vorzustellen. Er trat ein wenig vom Erfassungsfokus zurück und winkte Seeta näher, die seiner Aufforderung auch gleich folgte. „Darf ich vorstellen: Admiral Potony, Lieutenant Commander Seeta Yadeel.“ – „Guten Abend, Admiral“, begrüßte Seeta Potony freundlich. „Ah, guten Abend Commander...“ antwortete dieser und man merkte ihm an, dass er in Gedanken war. Dann ergänzte er, während er sie mit leicht zusammengekniffenen Augen anschaute: „Yadeel... Ingenieursanwärterin... Abschlussjahrgang... 65!“ Die Zanderianerin war etwas überrascht, dass er sich tatsächlich noch daran erinnerte. „Das ist richtig, Sir“, bestätigte sie. Und dann wurde ihm offenbar alles klar, denn nach einem kurzen Zögern lehnte er sich schmunzelnd zurück und wandte sich wieder an Garrick: „Nun, ich nehme an, dass ich nach dem Grund für Ihre ablehnende Haltung unserem Beförderungsangebot gegenüber nun wohl nicht mehr fragen brauche, Garrick.“ Der Däne legte seinen Arm um seine Freundin und meinte: „Tut mir Leid, Sir, aber ich fürchte, uns gibt es jetzt nur noch im Doppelpack. Nachdem Sie mich zum XO gemacht haben, brauchen Sie nun ein Schiff, auf dem mindestens auch der Posten des Chefingenieurs frei ist, wenn Sie wollen, dass ich Captain werde.“ Seeta war über diese etwas respektlose Bemerkung ihres Freundes ein wenig erstaunt, doch sie merkte, dass die beiden Männer offenbar mehr als nur eine dienstliche Beziehung verband, denn der Admiral schüttelte lachend den Kopf: „Vorsicht, Commander, auch das kriege ich hin, wenn ich will. Aber gut, ich wollte immer nur Ihr Bestes, Garrick, und daher werde ich mich Ihrem persönlichen Glück nicht in den Weg stellen. Aber ich verspreche Ihnen, dass wir uns irgendwann erneut über dieses Thema unterhalten werden! Bis dahin wünsche ich Ihnen Beiden alles Gute!“ – „Vielen Dank, Sir!“ erwiderte Seeta und Garrick unisono. Der Admiral nickte noch einmal, dann beendete er die Verbindung. Seeta drehte sich mit fragendem Gesichtsausdruck zu ihrem Freund um: „Der Admiral scheint ja sehr beeindruckt von Dir zu sein?!“ Garrick zuckte mit den Schultern: „Tja, keine Ahnung. Er scheint es sich zur Lebensaufgabe gemacht zu haben, meine Karriere zu forcieren.“ Sie lächelte ihn an. „Und uns gibt es jetzt nur noch im Doppelpack?“, fragte sie nach. Er nickte. „Nur noch im Trippelpack. Natürlich. Stand das zur Debatte?“, fragte er zurück. Sie sah ihn nachdenklich an. Vielleicht hatte sie doch endlich den Mann gefunden, mit dem sie bereit war den Bund der Steine einzugehen.

Garrick ließ sich entspannt auf das Sofa sinken und legte seinen linken Arm einladend auf die Rücklehne des Möbelstücks. Seeta brauchte nicht lange, um dieser Einladung zu folgen und schlüpfte neben ihm auf die Couch, bevor sie sich genüsslich an ihn kuschelte. Er streichelte sie sanft und fühlte sich unglaublich wohl in seiner Haut. Spätestens in diesem Augenblick wurde ihm klar, dass die Entscheidung, die Beförderung zu diesem Zeitpunkt abzulehnen, goldrichtig gewesen war. Nichts konnte ihm das ersetzen, was sein kleines Dampfkesselchen ihm gab.

Seine Gedanken gingen jetzt aber zurück in die Vergangenheit. Sie hatte nach Potony gefragt, und das hatte Erinnerungen an lange Vergangenes geweckt. Er begann: „Erinnerst Du Dich noch an den Shuttle-Reparaturtest in der Mitte des zweiten Akademiesemesters?“ Sie schaute kurz etwas erstaunt an ihm hoch und brauchte eine Weile, um sich jenes Erlebnis ins Gedächtnis zu rufen. Dann grinste sie breit: „Ohja. Lieber Himmel, haben wir uns damals dämlich angestellt!“ Sie kicherte, als sie an jenen Tag zurückdachte. „Gab es den etwa bei Euch auch noch?“ Er nickte nachdrücklich: „Allerdings.“ Sie fügte an, als weitere Erinnerungen zurückkehrten: „Die hatten die armen Schiffchen ganz schön misshandelt, was? Warp- und Impulsantrieb, Waffenphalanx, Hauptcomputer... und das Abfallverwertungssystem.“ Garrick rümpfte leicht die Nase: „Das Abfallverwertungssystem, ja...“ Sie warf ihm einen grinsenden Blick zu, hakte aber nicht weiter nach. Er erzählte weiter: „Nun, da standen wir also in diesem riesigen Hangar: 100 Kadetten im zweiten Semester, die eine Ingenieursausbildung absolvierten, und auf der Gegenseite 20 gnadenlos zerlegte Klasse-4-Shuttles, deren Innereien großräumig verteilt um sie herum lagen. Ein Lieutenant – ich hab den Namen vergessen, weiß nur noch, dass er ein verdammt strenger Hund war – gab den Auftrag aus: ‚Sie bilden Gruppen mit je fünf Mitgliedern und reparieren diese Shuttles. An allen Schiffen wurden dieselben Veränderungen vorgenommen. Sie haben zwei Stunden!’ Ich war damals mit drei anderen Kadetten sehr eng befreundet: Both, ein redseliger Bolianer, Steven...“ Garrick zögerte kurz, als er sich an die Schlägerei in der Bar der Gemini-Station erinnerte, „und... Nikki, aus Australien.“ Seeta warf ihrem Freund einen Blick verstehenden Blick zu. Sie hatte nicht vergessen, was später zwischen den dreien vorgefallen war.

Garrick fuhr äußerlich unbeeindruckt fort: „Wir hatten uns zu einer Lerngruppe zusammengefunden und verbrachten meist auch die Freizeit gemeinsam. Jetzt standen wir etwas ratlos in diesem Hangar, denn uns fehlte der fünfte Mann, während immer mehr Teams sich bereits zu einem der Shuttles begaben und mit der Arbeit begannen. Ziemlich abseits entdeckte ich schließlich T’Leira, eine vulkanische Kadettin. Und sie war wirklich vulkanisch, das kannst Du mir glauben. Wir hatten einige Vulkanier in unserem Jahrgang, aber ihr gingen wirklich alle aus dem Weg. Trotzdem, wir brauchten noch Verstärkung, so sagte ich zu den anderen: ‚Wie wäre es mit ihr?’ und nickte in ihre Richtung. Die Reaktionen meiner Kameraden waren ziemlich ablehnend, doch ich meinte: ‚Soweit ich weiß, ist sie ein Ass in Computertechnik. So etwas können wir sicher gut brauchen, wenn ich mir die ganzen isolinearen Chips angucke, die da rumliegen!’ Das überzeugte zwar die drei, aber fragen wollte sie natürlich keiner. Also stiefelte ich rüber zu ihr. ‚Kadett T’Leira, wir benötigen noch eine fünfte Person für unser Team. Würden Sie sich uns anschließen?’ In Anbetracht der Tatsache, dass nur noch zehn andere Kadetten herumstanden, die sich aber bereits zu zwei Teams auseinanderdividierten, stimmte sie schließlich zu.“ „So begaben wir uns zu unserem Prüfungsobjekt und die anderen schnappten sich gleich ihre Tricorder und irgendwelche der Einzelteile, die dort herumlagen, und verschwanden im Shuttle.“ Seeta grinste wissend: „Du natürlich nicht, oder?“ Garrick zog kurz eine Braue hoch: „Natürlich nicht. Ich zog auch meinen Tricorder und ging ins Schiff, aber ich machte erst mal eine Bestandsaufnahme, während Both, Steven, Nikki und T’Leira eifrig um mich herum wieselten aber hauptsächlich nur diverse Einzelteile in das Shuttle hinein- und wieder heraustrugen. Steven meinte irgendwann: ‚Hey, Garry, willst Du nicht auch mal mit anpacken?’ Ich beendete meinen Scan und verkündete: ‚Okay, Leute, so wie ich das sehe, sind das Abfallverwertungssystem, der Warp- und Impulsantrieb, der Hauptcomputer und die Waffenphalanx hinüber. Das sind fünf Baustellen für fünf Kadetten, aber Ihr habt Euch alle gleich auf die Antriebssysteme gestürzt! Wir sollten das aufteilen!’ Die anderen hielten ein und nickten zustimmend. Both rief: ‚Gut, dann mache ich den Warpantrieb!’ Du kannst Dir vorstellen, dass das Widerspruch hervorrief, denn jeder wollte natürlich gerne am Kern rumschrauben.“ Seeta nickte zustimmend und Garrick fuhr fort: „Ich entgegnete: ‚Both, ich glaube, es wäre besser, wenn Du Dich um den Impulsantrieb kümmern würdest. Immerhin hast Du bei der Prüfung in Impuls-Mechatronik am besten von uns allen abgeschnitten, während Nikki in Warpmechanik besser als Du war.’ Both grummelte ein wenig, aber machte sich dann an die Arbeit und auch Nikki legte gleich zufrieden los. T’Leira meinte: ‚Ich bin aber auch recht gut in der Warptheorie. Ich habe eine sehr gute Note in der Klausur erreicht.’ Ich nickte und entgegnete: ‚Soweit ich weiß, sind Sie aber auch sehr gut in Computertechnik. Sie wären daher für den Hauptcomputer die logische Wahl.’ Sie nickte auf ihre typisch vulkanische Art und ging ebenfalls an die Arbeit. Steven beeilte sich, zu sagen: ‚Gut, dann kümmere ich mich um die Waffenphalanx!’“ Daraufhin fiel es Seeta sehr schwer, sich ein Lachen zu verkneifen. Garrick entging das natürlich nicht und er grinste ebenfalls: „Ja, ganz Recht. Ich hatte den Sauhaufen zur Ordnung gerufen und als Dank durfte ich mich mit dem Abfallverwertungssystem auseinandersetzen. Ich kroch also ins Heck des Shuttles und scannte das System noch mal mit dem Tricorder. Ich hoffte, dass es vielleicht doch nur ein Fehler in der Softwarekonfiguration sei, aber die Anzeigen, die bei meinem ersten Scan schon wenig erbaulich gewesen waren, wurden durch den gestiegenen Detailierungsgrad auch nicht besser.“ Seeta bebte vor Lachen, als das entsprechende Bild des Lulatsches, der wenig begeistert mit einem Tricorder in der Hand vor dem Abfallverwertungssystem stand, vor ihrem geistigen Auge entstand.

Garrick fuhr schmunzelnd fort: „Ich hielt also den Atem an, nahm all meinen Mut zusammen und löste die Verkleidungsplatte. Unerträglicher Gestank wogte mir entgegen. ‚Baah, das stinkt wie 30 Jahre toter Tribble!’ stöhnte ich und der Anblick sah noch schlimmer aus. Steven beugte sich aus der Waffenphalanx raus und meinte: ‚Hey, Garry, halt Deine Hütte sauber!’ Ich vermied es, zu tief Luft zu holen, krempelte dann meine Ärmel hoch und machte mich daran, den ganzen Mist aus dem System zu entfernen. Dann stutzte ich, denn mir war während der Scans eine merkwürdige Energiespitze aufgefallen. Ich glaubte nicht, was ich da nun sah: ‚Hey, seht Euch das an! Da hat irgend so ein Vollidiot flüssigen Supraleiter ins Abfallverwertungssystem gekippt!’ Die anderen traten näher und schauten ebenfalls in das System. Der Supraleiter war durch das System gelaufen, auf eine darunter liegende Platine getropft und hatte dort für diverse Kurzschlüsse gesorgt. Both stöhnte: ‚Das ist doch die Backup-Platine für den Impuls-Plasma-Konverter, oder? Kein Wunder, dass ich das Ding nicht zum Laufen bringe!’ Ich nickte zustimmend und meinte: ‚Da werde ich wohl eine neue replizieren müssen.’ Doch T’Leira widersprach: ‚Das wird nicht nötig sein. Ich habe eine entsprechende Platine draußen bei den Ersatzteilen liegen sehen.’ Ich machte Anstalten, aufzustehen, und sie holen zu gehen, als der Blick der Vulkanierin auf meine schmutzigen Hände fiel. ‚Lassen Sie nur, Kadett, ich werde Ihnen die Platine holen.’ Wir übrigen warfen uns einen überraschten Blick zu, dann gingen die anderen drei auch wieder an ihre Arbeit. Kurz darauf kehrte T’Leira mit der Platine zurück: ‚Vielleicht sollte besser ich diese Hardware einbauen. Ihre Hände sind zu schmutzig.’ Ich entgegnete: ‚Sind Sie denn mit dem Hauptcomputer schon fertig?’ Daraufhin schüttelte sie den Kopf und ich fuhr fort: ‚Nun, dann werde ich mir wohl besser die Hände waschen gehen und Sie kümmern sich weiter um den Computer.’ Das schien ihr zwar nicht zu gefallen, denn sie war bei der Reparatur des Computers auf ein Problem gestoßen, doch der Logik meines Vorschlags hatte sie nichts entgegen zu setzen.“

„Ich kletterte also aus dem Shuttle und begab mich zum Waschraum. Auf dem Weg dorthin lief mir Potony über den Weg. Ich grüßte, wie es sich gehört, doch er herrschte mich an: ‚Wie laufen Sie denn hier herum, Kadett?’ Ich schluckte und antwortete: ‚Sir, ich habe an unserem Testshuttle das Abfallsystem gereinigt und bin nun auf dem Weg, mir die Hände zu waschen.’ – ‚Sie haben das Abfallsystem gereinigt?’ hakte er nach. ‚Ja, Sir’, nickte ich. ‚Sollten nicht die Abfallsysteme aller Shuttles eine Reinigung benötigen?’ Ich zögerte: ‚Davon gehe ich aus, Sir.’ – ‚Warum sehe ich dann nur Sie hier, Kadett?’ Ich zuckte andeutungsweise mit den Schultern: ‚Das weiß ich nicht, Sir, womöglich sind die anderen Teams noch nicht so weit mit der Reparatur?’ – ‚Na gut, weitermachen, Kadett!’ Nun, wie sich hinterher herausstellen sollte, hatte nur ein weiteres Team es geschafft, das Abfallsystem zu reinigen und den Impulsantrieb wieder in Gang zu bringen.“

Seeta tätschelte ihn neckisch: „Toll gemacht, Mr. Andersson!“ Er lachte kurz und erzählte dann weiter: „Ich kehrte also – nunmehr wieder mit einer Uniform in ordnungsgemäßem Zustand – zum Shuttle zurück und machte mich daran, jene Platine einzubauen. Ich schob sie also in ihre Halterung und nur Sekunden später rief Both: ‚Ich bin ein Genie!’ Ich rollte mit den Augen, checkte das Abfallsystem noch einmal durch und verschloss es dann wieder. Die anderen waren auch wenig später mit ihren Reparaturen fertig und wir hatten noch beinahe eine Viertelstunde Zeit übrig. So schlug ich vor, noch eine schnelle Ebene-2-Diagnose zu machen, worüber die anderen zwar murrten, aber es dann dennoch taten. Wir entdeckten noch ein kleines Problem bei der Fluglage-Regelung und behoben es und dann war die Zeit auch abgelaufen.“

Seeta schien beeindruckt: „Ihr habt das Shuttle tatsächlich fertig bekommen?“ Jetzt war es an Garrick, ein wenig zu necken: „Sicher, Ihr etwa nicht?“ – „Nein...“ grummelte die Chefingenieurin. „Lass mich raten, es wollte keiner von Euch im Dreck rumwühlen?“ Sie wand sich etwas unbehaglich und nickte dann aber ertappt. „Wir hatten nicht gedacht, dass dieses Abfallsystem solche Auswirkungen auf den Impulsantrieb haben könnte. Ich meine, welcher – wie nanntest Du es? Vollidiot? – kippt schon flüssigen Supraleiter da rein?! Und außerdem hatte sich niemand außer mir an den Warpantrieb ran getraut, und der erschien mir nun einmal wichtiger, als die Müllbeseitigung...“

„Nun, Du weißt, wie es dann weiterging“, fuhr Garrick schmunzelnd fort, „dieser Lieutenant unterzog jedes Shuttle einer eingehenden Prüfung – und bei den beiden Teams, welche als einzige komplett fertig geworden waren, führte er eine Ebene-2-Diagnose durch. Natürlich hatten nur wir den kleinen Fehler in der Fluglage-Regelung gefunden, was uns fünfen die Bestnote einbrachte!“ verkündete er nicht ohne ein wenig Stolz in der Stimme. „Naja, heute weiß ich, dass die Ausbilder – und unter ihnen auch Admiral Potony – sich anschließend die Aufzeichnungen der internen Sensoren der Shuttles ansahen, um das Verhalten der einzelnen Kadetten in der Gruppe zu bewerten. Zwei Wochen später ließ er mich zu sich rufen. ‚Stehen Sie bequem, Kadett Andersson!’ begann er und Du kannst Dir vorstellen, wie nervös ich war. Gerade Mal im zweiten Semester und dann vor einen Admiral zitiert zu werden, ohne zu wissen, warum eigentlich...“ – „Armer Schatz!“ kraulte sie ihn tröstend im Nacken, was es ihm ziemlich erschwerte, sich auf den weiteren Fortgang der Geschichte zu konzentrieren. „Potony fuhr fort: ‚Ihre Leistungen als Ingenieur sind... gut, Kadett.’ Ich fand, das sei eine Untertreibung. Ich war zwar nicht der Jahrgangsbeste, doch sicherlich unter den besten 10 oder 20. Trotzdem erwiderte ich natürlich: ‚Danke, Sir.’ – ‚Bei dem Shuttletest vor zwei Wochen haben Sie allerdings nur das Abfallverwertungssystem gereinigt... Keine sehr anspruchsvolle Tätigkeit. Außerdem wirkten Sie zu Beginn des Tests ein wenig unschlüssig. Sie wanderten nur mit Ihrem Tricorder durch die Gegend, während Ihre Kameraden schon mit Feuereifer bei der Sache waren!’ Ich überlegte händeringend, wie ich aus dieser Nummer herauskommen sollte. Schließlich sagte ich: ‚Ich hielt es für sinnvoll, mir zuerst einen Überblick über die notwendigen Arbeiten zu verschaffen, Sir. Und diese dann entsprechend der Fähigkeiten der Mitglieder des Teams aufzuteilen. Ich weiß zum Beispiel, dass Kadett Both ein gutes Verständnis des Impulsantriebs besitzt und T’Leira sehr viel über Computertechnologie weiß.’ Potony nickte und drehte mir natürlich einen Strick daraus: ‚Und Ihre Qualifikation entsprach der Reinigung des Abfallsystems?’ Ich schluckte und antwortete: ‚Nein, Sir, nur blieb diese Arbeit dummerweise an mir hängen. Aber irgendjemand musste sie tun, denn ansonsten wäre uns das Problem mit dem Impulsantrieb nicht rechtzeitig aufgefallen.’ Der Admiral ließ dieses Argument glücklicherweise gelten und fuhr fort: ‚Wie kamen Sie darauf, zunächst eine Analyse des Shuttles durchzuführen?’ Ich hatte eigentlich nicht großartig darüber nachgedacht, und das sagte ich ihm auch. Es erschien mir einfach sinnvoll. Er ergänzte: ‚Sie haben – bewusst oder unbewusst – die Führung Ihres Teams übernommen, ist Ihnen das klar?’ Das brachte mich ein wenig in Verlegenheit, denn eigentlich lag es mir gar nicht, so in den Mittelpunkt zu rücken. Ich antwortete: ‚Ich... vermutlich ja, Sir.’ Daraufhin lehnte sich der Admiral zufrieden zurück und erkundigte sich: ‚Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, die Kommandolaufbahn einzuschlagen, Kadett? Meines Erachtens haben Sie derartiges Potential, und gute Kommandooffiziere sind nicht so häufig, wie man oft denkt.’ Ich war ziemlich verblüfft, denn damit hatte ich nach dem Verlauf des Gesprächs überhaupt nicht gerechnet. Es kam einem unerwarteten Lob gleich, doch die Kommandolaufbahn war nie mein Ziel gewesen. So erwiderte ich: ‚Nein, Sir, ich würde lieber bei der Ingenieursausbildung bleiben. Die technischen Belange faszinieren mich.’ Tja, und das muss den guten Admiral irgendwie motiviert haben, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Seitdem brachte er dieses Thema mit der Regelmäßigkeit eines vulkanischen Uhrwerks aufs Tapet, selbst, als ich die Akademie schon lange verlassen hatte.“ Garrick machte eine kurze Pause und nach den schönen Akademieerinnerungen huschte nun ein leichter Schatten über sein Gesicht, der Seeta nicht entging. Sie sah ihn fragend an, doch der Däne hatte sich schon fast wieder im Griff, als er erklärte: „Ich wünschte nur, es hätte nicht einer Katastrophe bedurft, dass er sein Ziel doch noch erreichte.“


"Laß das!", ertönte die Stimme Alexandra Blacks. Ihr Tonfall war bestimmt, fast befehlend und duldete definitv keinen Widerspruch. Seeta Yadeel richtete sich mühsam auf, drehte sich zu Alex herum und hob ihre rechte Augenbraue. Alex hatte die Arme übereinandergeschlagen und tappte mit dem Fuß auf dem Boden. Als Antwort hob sie ebenfalls eine ihrer Augenbrauen an, allerdings die linke.

Sie kam die paar Meter von der Tür zum Kinderzimmer herüber und schob die kleinere Frau energisch zur Seite. "Ich verstehe sowieso nicht, wieso ausgerechnet zwei so technikverliebte Personen wie ihr beide das alles von Hand rumtragen wollt", grummelte sie und hob dann den Karton an, der ihrer Meinung nach viel zu schwer für die hochschwangere Frau war. Die gluckste. "Keine Ahnung. Irgendwie fühlt es sich sonst nicht wie ein Umzug an", erklärte sie wenig logisch. Alex schnaubte und wuchtete dann den Karton, der Teile des Babybettchens enthielt hinüber ins Kinderzimmer. Sie legte ihn auf dem Boden ab und beeilte sich, wieder hinüber in den Wohnbereich zu gelangen, ehe die unvernünftige Frau, mit der sie sich seitdem sie an Bord gekommen war angefreundet hatte versuchte den nächsten schweren Karton zu heben. "Ey, Dir gehts wohl zu gut!", hörte sie, während sie bereits in den Wohnbereich kam, wo Seeta, wie nicht anders zu erwarten bereits über das nächste Paket gebeugt stand. Diesmal kam der Rüffel von ihrem Lebensgefährten, der gerade rechtzeitig mit einem weiteren Karton hereingekommen war, um seine Freundin zu tadeln.

Seeta sah auf, ohne sich aufzurichten und faßte sich dann scharf einatmend an die derzeit voluminöse Leibesmitte. "Schatz?", fragte Garrick besorgt, während er ins Zimmer trat, um den Karton abzusetzen. Augenblicke später war er neben seiner Freundin und half ihr hoch. Sie setzte ein etwas verzerrt wirkendes Lächeln auf und meinte: "So, wie es aussieht, werden wir das Babybett später aufbauen müssen." Garrick sah sie mit großen Augen an. "Was soll das denn nun heißen?", fragte er an. Sie verdrehte die Augen und meinte dann: "Was soll das schon heißen, du dummer Lulatsch? Unser Kind will auf die Welt!" Auf sein Gesicht trat so etwas wie Panik. "Aber das Zimmer ist noch nicht fertig!", sagte er wenig intelligent. Nun verdrehte Alex die Augen. Ein typischer Fall von väterlicher Panik bei der anstehenden Geburt. Sie schob die beiden Richtung Tür und meinte: "Dann ab in die Krankenstation. Ich baue derweil das Babybett auf."

Zögerlich setze Garrick sich in Bewegung, dann blieb er verwirrt stehen. "Aber jemand muß den Doktor auf die Krankenstation rufen", meinte er. Alex nickte verstehend. "Ich mach das sofort. Und nun los", sagte sie, ihn wieder sanft gemeinsam mit ihr Richtung Ausgang schiebend.

Als sich die Tür hinter den beiden geschlossen hatte konnte sie sich ein Grinsen nicht verkneifen. Wer hätte gedacht, daß der sonst so abgeklärte XO bei der anstehenden Geburt so aus der Rolle fallen würde. Dann aktivierte sie ihren Kommunikator, noch immer grinsend. "Black an Dr. Maddigan. Commander Yadeel und Commander Andersson sind auf dem Weg in die Krankenstation. Das Baby kommt", erklärte sie. Eine kurze Bestätigung später wurde der Kanal wieder geschlossen. Immer noch grinsend ging sie hinüber ins Schlafzimmer und öffnete das erste Paket des Babybettchens, das zu ihrem Entsetzen einen ganzen Haufen Einzelteile enthielt. Nach und nach rutschte ihr das Grinsen vom Gesicht. Warum, um Himmels Willen war sie nur auf die Idee gekommen, sie könne das Babybett zusammenbauen? Sie war ein Kind des 24. Jahrhunderts und hatte keinerlei Ahnung, wie man etwas baute. Dann huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Sie aktivierte ihren Kommunikator. "Black an de Boer", verlangte sie. Bereits Augeblicke später hörte sie den Holländer. "De Boer hier", antwortete er. "Ähm, ich habe da etwas, das ich gerne mit Ihnen besprechen würde, Mr. de Boer. Können Sie mich im Quartier von Commander Andersson und Commander Yadeel treffen?", fragte sie. Ein kurzes Zögern war zu hören, das vermutlich daher rührte, daß er sich fragte, wieso sie ihn ausgerechnet im Quartier der beiden Commanders sprechen wollte. "Ich komme sofort", war dann seine Antwort zu vernehmen, danach wurde die Verbindung beendet.


Mürrisch stapfte Garrick ins Diners. Er verlangsamte nur kurz seinen Schritt, um einen freien Tisch an einem der Fenster auszumachen, bevor er zielstrebig auf diesen zu ging und sich verärgert auf einen Stuhl fallen ließ. Den Kellner, der pflichtschuldigst herbeigeeilt war, um eine mögliche Bestellung des XO aufzunehmen, verscheuchte er mit einer rüden abwinkenden Handbewegung, bevor er dumpf vor sich hin brütend wieder aus dem Fenster auf den Ausschnitt der Oberfläche von Gemini starrte, die von der derzeitigen Position im Orbit sichtbar war.

„Was ist denn in den gefahren?“ raunte Lew Sulik Mark DeBoer zu. Die beiden Piloten saßen ein paar Tische entfernt und hatten den Ersten Offizier in die Bar rauschen sehen. „Hast Du es etwa noch nicht mitbekommen?“ gab sich Mark erstaunt. „Dabei pfeifen es doch schon längst die Spatzen von allen Dächern, dass Seeta seit heut morgen in der Krankenstation liegt, weil wohl die Wehen eingesetzt haben.“ Ein verstehendes Grinsen legte sich auf Lews Gesicht. „Oh, das scheint unseren hartgesottenen XO dann ja wohl mehr mitzunehmen, als wir dachten.“ Er machte eine auffordernde Kopfbewegung in Richtung des Dänen. Mark verstand, und die beiden Männer erhoben sich und traten an den Tisch des Commanders. „Dürfen wir Ihnen Gesellschaft leisten, Sir?“ erkundigte sich Lew förmlich. Garrick blickte auf und war drauf und dran, die beiden Piloten ähnlich grob zurückzuweisen, wie zuvor den unschuldigen Kellner. Doch dann seufzte er resigniert und deutete auf die übrigen Stühle am Tisch. „Gerne. Setzen Sie sich!“

Zunächst starrten die drei Männer dann gemeinsam schweigend in die Sterne, bis Mark nach einer Weile den ersten Vorstoß wagte: „Wie geht es Commander Yadeel, Sir?“ Garrick schnaubte leicht und murrte: „Wenn ich das wüsste. Was sich dieser Arzt auch herausnimmt!“ ereiferte er sich und ergänzte: „Droht der mir doch tatsächlich damit, mich von der Sicherheit von der Krankenstation entfernen zu lassen!“ Lew und Mark tauschten einen überraschten Blick. „Dabei hab ich ihn nur gefragt, ob er Seeta nicht ein stärkeres Schmerzmittel geben könne? Und überhaupt, ob das denn normal sei, dass es offenbar derartig schmerzhaft zuginge?“ Der Däne machte eine kurze Pause, bevor er dann – etwas kleinlaut, wie es schien – hinzufügte: „Gut, ich gebe zu, ich hätte ihn vielleicht nicht auch noch fragen sollen, wie oft er so etwas überhaupt schon gemacht habe.“ Die beiden Piloten versuchten vergeblich, ein Grinsen zu unterdrücken. „Nun ja, Sir...“ hob Mark an, doch Garrick winkte ab: „Ja, ich weiß ja, ich habe wohl überreagiert. Aber hey, schließlich werde ich zum ersten Mal Vater!“ Er brummelte noch etwas vor sich hin, bevor er meinte: „Soll er doch froh sein, dass ich ihm nicht ohnmächtig geworden bin...“ Lew nickte: „Das stimmt, obwohl Sie sich da sicher in bester Gesellschaft befunden hätten, Commander.“ Garrick seufzte: „Jetzt liegt sie da schon seit fast zehn Stunden! Das ist doch nicht normal...! Oder?“ Mark warf Lew einen unsicheren Blick zu: „Ich weiß nicht? Wie lang kann so etwas dauern? Bei meiner Schwester Sara hat es damals auch etwa zehn Stunden gedauert, bis sie auf der Welt war.“ Der Däne warf dem Piloten einen neugierigen Blick zu: „Sie waren dabei?!“ Mark schüttelte schnell den Kopf: „Oh, nein, natürlich nicht. Ich war ja erst sieben!“ lachte er. „Aber ich habe natürlich mitbekommen, wie mein Vater damals mit meiner Mutter ins Krankenhaus gefahren ist. Das war relativ früh morgens. Und irgendwann am Nachmittag durfte ich sie dann besuchen...“ Die Gedanken des Niederländers gingen zurück zu jenen längst vergangenen Tagen. Er stellte erneut fest, wie sehr er seine Familie und die Freunde vermisste, die er seit jenem verhängnisvollen Testflug nicht mehr gesehen hatte. Garrick holte tief Luft: „Dann sollte ich mir wohl wirklich keine allzu großen Sorgen machen. Immerhin ist Seeta ja hier in besten Händen. Ich hatte ja schon befürchtet, sie würde unser Kind auf dieser anderen Erde in irgendeiner Höhle auf die Welt bringen müssen. Aber jetzt kann ich nicht einmal bei ihr sein...“ Lew wog beschwichtigend den Kopf: „Ich weiß nicht, Sir, aber ich glaube nicht, dass Doc Maddigan Sie wirklich hätte rauswerfen lassen. Vielleicht sollten Sie einfach noch einmal auf die Krankenstation gehen und sich ein bisschen in Zurückhaltung üben?“ Der Däne sah den Squadron Leader durchdringend an. Musste nicht normalerweise der ungestüme Pilot zur Mäßigung aufgerufen werden? „Dass ich diesen Tipp ausgerechnet von Ihnen bekomme, Lieutenant... Dann besteht ja doch noch Hoffnung für Sie!“ Ein Grinsen legte sich auf sein Gesicht, als er sich nun erhob. „Bei allen Raumgeistern, der Teufel soll mich holen, wenn ich die Geburt meines Kindes verpasse!“ Lew und Mark nickten unisono. „Viel Erfolg und... viel Glück, Sir!“ wünschte Mark. Garrick nickte den beiden zu: „Danke!“ Dann wandte er sich dem Ausgang zu.


Leise schlüpfte der XO wenig später wieder in das Gesundheitszentrum der Katana. Er verzog ein wenig das Gesicht, als er Seeta gelegentlich vor Schmerz aufstöhnen hörte, während er sich ihrem Biobett im zentralen Operationsbereich der Krankenstation näherte. Doktor Maddigan und eine Krankenschwester befanden sich bei seiner Freundin. „Alles soweit in Ordnung, Seeta“, hörte Garrick den Arzt soeben sagen, „es ist jetzt bald soweit.“ - „Gut, Winnie“, presste die Zanderianerin zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus. Garrick nutzte die Gelegenheit, sich wieder zu seiner Freundin zu gesellen und schnell ihre Hand zu ergreifen. Dankbar sah sie ihn an, während Maddigan ihm einen warnenden Blick zu warf, doch der Däne hob schnell die Hand: „Ich werde nichts mehr sagen, Doc, Ehrenwort!“


„Das ist also dein neues Projekt, über das du vorhin im Hangar nicht reden wolltest.“ Lew hob den Kopf. Er hatte tief konzentriert an seinem Holodeck-Segelflugzeug gearbeitet und suchte nun irritiert die Quelle der Stimme im Flugzeughangar. In der fast leeren Halle hatte die Stimme zahlreiche Echos geworfen und so war der unerwartete Besucher für Ihn zunächst nicht zu lokalisieren. Dann trat Natalie um das Segelflugzeug herum und strich mit den Fingerspitzen über die Hülle, was Lew mit einem Stirnrunzeln registrierte.

„Natalie. Mit dir hätte ich gar nicht gerechnet...“, murmelte Lew halblaut und mehr zu sich selber als an die Technikerin gerichtet. Er klappte das Verdeck des Cockpits zu und das metallische Klicken des Verschlusssystems hallte im Hangar. Natalie ging weiter um den Bug herum und während sie das Flugzeug musterte sagte sie etwas schelmisch: „Nun ja, deine Geheimhaltung heute hat mich neugierig gemacht. Und du weißt ja, wie wir Frauen sind…“, Sie zwinkerte ihm zu. „Ich musste es mir einfach ansehen.“

„Ah, okay…“, entgegnete der Staffelführer, denn eine bessere Antwort viel ihm spontan nicht ein. Die junge Technikerin hatte so eine Art an sich, die so ganz anders war als er es von anderen Frauen gewohnt war. Er wusste manchmal nicht so recht, wie er adäquat auf ihre geradezu nassforschen Bemerkungen reagieren sollte. Dann deutete er mit einer laxen Handbewegung auf den Flieger neben sich und mit einem seufzen erklärte er: „Da bist du aber noch zu früh dran, die Kleine hier ist immer noch nicht so weit.“

Natalie musste unwillkürlich schmunzeln. Es war mal wieder absolut typisch für einen männlichen Piloten, seine Flugmaschine einen weiblichen Kosenamen zu verpassen. Dies war auffällig bei dieser Sorte Mann und sie konnte dies nicht so recht nachvollziehen. Als Technikerin war sie der festen Überzeugung, ein Flugapparat könne nur männlich sein: Im Grunde einfach zu durchschauen, wenn man das Prinzip einmal verstanden hatte.

Lew warf ein Werkzeug mehr oder weniger bewusst lässig auf einen nahestehenden Werkzeugwagen samt Computerterminal und gab etwas resigniert von sich: „Ich hatte gehofft, heute die Taufe begehen zu können, aber irgendwie stimmt da die Feinjustierung noch nicht.“ Natalie horchte auf. „So? Vielleicht kann ich ja helfen.“. Dann grinste sie ihn an. „Schließlich bin ich ja Technikerin. Was ist es denn?“ Lew zögerte einen Moment. Er hatte die letzten Wochen immer wieder an dem Flugzeug gearbeitet, hatte mühsam jede Information zusammengetragen, die er benötigte und hatte anschließend jeden Handgriff selbst ausgeführt. Es war SEIN Baby. Und es widerstrebte ihm ein wenig, jetzt jemanden zu Hilfe zu holen. Es wäre sicherlich einige Male einfacher gewesen, jemanden darum zu bitten. Aber er hatte es bisher komplett alleine geschafft. Er wollte jetzt nicht damit anfangen, sich helfen zu lassen. Er sah Natalie an und stockte. Sie stand vor dem Flieger, kaute erwartungsvoll an ihrer Unterlippe und blickte ihn mit großen Augen an, die jedem Hundewelpen alle Ehre gemacht hätten. ‚Mann! Wie ich das hasse! Aber so, wie sie mich ansieht, kann ich jetzt unmöglich ‚nein‘ sagen‘, dachte Lew halb verärgert, halb verzweifelt. Auch wenn ihm noch einige halbseidene Ausreden durch den Kopf schossen, er gab auf und überlegte dann: ‚Sie sieht ja schon ziemlich niedlich aus. So gesehen bekomme ich Hilfe und noch etwas fürs Auge. Also warum eigentlich nicht?‘

„Na gut.“, meinte er dann, versuchte aber nicht allzu viel Hoffnung in die Stimme zu legen. Er wollte vermeiden, dass er zu hilflos auf sie wirkte. Natalie strahlte daraufhin und ging auf den Werkzeugwagen zu und betrachtete die Abbildungen auf den Computerterminal. Lew zeigte auf einige Bilder und Diagramme und begann: „Bei den Simulationen scheint alles in Ordnung, aber bei den Testflügen reagiert das Flugzeug ganz unruhig. Es ist wie ein starkes Vibrieren das den ganzen Rumpf durchzieht.“ Er brach für einen Moment ab und drehte sich zum Flugzeug um und fuhr fort: „Ich habe zuerst gedacht, es läge an einer falschen Berechnung für die Trimmung oder ein Defekt bei den Tragflächen. Aber damit scheint alles in Ordnung.“ „Kennst du dich mit Segelfliegen aus?“, fragte die junge Technikerin nach: „Das Fliegen in der Atmosphäre ist ein anderes als mit einem Shuttle oder einem der Attack-Fighter.“„Das ist mir schon klar…“, erwiderte Lew etwas beleidigt und mit einem etwas zu aggressivem Unterton, wie er kurz danach selber feststellte. Aber er versuchte das zu übergehen, in dem er schnell weitersprach: „Ich bin schon als Jugendlicher mit so etwas geflogen. Mir liegt das Fliegen im Blut!“

Natalie legte die Stirn in Falten. ‚Hui, da hab ich wohl einen wunden Punkt getroffen.‘, dachte sie still und erwiderte: „So war das ja auch nicht gemeint. Ich wollte nur sichergehen, dass du von den richtigen Voraussetzungen ausgegangen bist.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Hast du irgendwelche Daten von den bisherigen Flügen?“ „Ja, es ist alles noch gespeichert.“, Lew tippte einige Male auf das Terminal ein und weitere Diagramme erschienen. Er selbst schaute nicht mehr genau auf die Skalen und Zahlen, hatte er diese doch schon hunderte Male verzweifelt angeschaut. Natalie jedoch runzelte die Stirn und starrte konzentriert auf den Bildschirm. Dann meinte sie: „Die Vibrationen fangen schon bei 80 Kilometern pro Stunde an?“ „Ja, und das viel zu stark für diese Geschwindigkeit.“, erklärte Lew und verlor etwas in Fliegerlatein als er ausschweifender wurde: „Noch nichts gefährliches, aber je schneller man fliegt, umso schwieriger wird es den Kurs zu halten. Bei Kurvenflügen muss ich sogar aufpassen, dass mir das Baby nicht ausbricht.“ „Hört sich für mich ja so an, als ob beim Luftwiderstand etwas nicht stimmt.“, die Technikerin rief auf dem Computer einige technische Zeichnungen des Gleitflugzeuges auf und betrachtete die Skizzen. Mit einem weiteren Befehl erschienen die Ergebnisse vom virtuell simulierten Windkanal. Einige Sekunden später korrigierte sie sich: „Aber was die Stromlinienform betrifft, hast du wirklich alles richtig berechnet.“

„Sag ich doch!“, antwortete Lew genervt und beinahe verärgert. Doch er kam nicht dazu noch etwas Weiteres zu sagen, denn dann drehte sich Natalie zum Flugzeug um und meinte dann: „Aber sag mal, was für ein Material hast du denn für den Rumpf verwendet?“ „Na ein Faserverbundwerkstoff.“ „Ja schon, aber welcher?“ „Ein relativ neuer. Nennt sich Melotonix-B320-Y.“, war schließlich Lews Antwort und Natalie drehte sich augenblicklich zum Computerterminal um. Schweigend rief sie weitere Dateien auf, führte mehrere Berechnungen durch bis sie verkündete: „Ich hab‘s… das Material ist für deine Konstruktion ungeeignet. Der Rumpf ist auf der gesamten Längsachse für die auftretenden Kräfte nicht stabil genug. Melotronix-B320-Y ist für diese Zwecke zu elastisch, darum die Vibrationen.“ „Aber ich habe das den Computer doch alles durchrechnen lassen!“, widersprach der Anführer des Squadrons energisch, fühlte er sich doch ein wenig in seiner Ehre gekränkt. Doch Natalie, als Technikerin nun voll in ihrem Element, nahm darauf keine Rücksicht und erklärte weiter: „Deine Kalkulationen gehen von Meltronix-B315-Z aus. Der ist etwas schwerer und nicht so leicht zu verarbeiten, dafür aber stabiler. Du hast wohl während der Konstruktion entschieden, das Material zu wechseln?“

Lew öffnete den Mund und schloss ihn wieder. „Ja, ich glaube schon…“, gab er kleinlaut zu: „Ich dachte, dass der B320 der Nachfolger vom B315 ist und sich genauso verhält.“, meinte er zerknirscht und ärgerte sich nun, dass er in diesem Punkt so unachtsam gewesen ist. Doch Natalie lächelte und zuckte mit den Schultern: „Mach dir nichts draus. Das hätte jedem passieren können. Diese beiden Verbundwerkstoffe sind sich in ihren Eigenschaften ziemlich ähnlich. Der Unterschied liegt wirklich im Bereich von ein paar Zahlen hinter dem Komma. Aber diese Nuancen sind letztlich doch sehr entscheidend.“

„Und was nun?“, fragte Lew nun ratlos. Die Technikerin der Staffel zuckte wieder mit den Schultern: „Eigentlich ganz einfach. Entweder du konstruierst den Rumpf komplett neu und passt ihn so an das Material Melotronix-B320-Y an. Oder du verwendest stattdessen einfach den B315er.“ „Dann lieber das Letztere!“, erwiderte Lew augenblicklich, dem es widerstrebte mit der Konstruktion wieder ganz von Vorne anzufangen. Schließlich hatte sehr viel Wert auf die Flugeigenschaften durch die Konstruktion des Rumpfes gelegt. Dies wollte er nicht wieder völlig umkrempeln. Natalie machte eine ausladende Handbewegung und meinte: „Kein Problem. Auf dem Holodeck ist das ja kein allzu großer Aufwand. Lass den das Holodeck einfach das Material austauschen und fertig.“ „NEIN!!!“, rief Lew fast entsetzt aus, so dass Natalie augenblicklich zusammenzuckte. „Nein.“, fuhr er dann wieder ruhiger fort, nachdem er sich für seinen emotionalen Ausbruch beinahe schämte beim Anblick ihres erschreckten Gesichtsausdruckes: „Ich habe alles selbst mit der Hand zusammengebaut, und das soll auch so bleiben. Wenn es mir nur um das Fliegen selbst gegangen wäre, hätte ich das alles einfacher haben können. Dann hätte ich den Computer alles gleich fix und fertig generieren lassen“ „Okay okay“, versuchte Natalie ihn wieder zu beruhigen und bot an: „Ich kann dir ja helfen wenn du möchtest.“ „

Lew stockte kurz. Eigentlich sollte es ja sein eigenes Projekt werden, und er wollte schon ablehnen. Aber dann gingen ihm wieder ähnliche Gedanken durch den Kopf wie vor einigen Minuten. Er sah Natalie an, die ihn erwartungsfroh anlächelte. ‚Verdammt. Sie sollte für diesen Blick einen Waffenschein tragen!‘, dachte er. „Okay, ein wenig Hilfe kann ja nicht schaden. Und ohne dich hätte ich noch Jahre nach dem Fehler gesucht.“, stimmte er schließlich zu, aber Natalie hatte noch etwas anzumerken: „Aber wenn du erlaubst… ich würde trotzdem den Bug in deiner Konstruktion etwas verstärken und das Cockpit leicht verändern…“ „Wieso?“, fragte Lew verwundert nach: „Ich dachte die Konstruktion wäre sonst in Ordnung?“ „Ja, es ist ja auch nur ein kleiner Schönheitsfehler?“, meinte sie etwas übertrieben tadelnd und Lew hakte fast genervt nach: „Was denn nun?“ „Deine Konstruktion ist ein Einsitzer…“, erklärte Natalie mit einem verschmitzten Lächeln und verkündet frech fordernd: „...aber ich möchte mitfliegen, wenn ich dir schon helfe…“

„Also doch eine Konstruktionsänderung…“, kommentierte Lew trocken der bei der Sache schon lange keinen Spaß mehr verstand. Als Natalie endlich erkannte, dass er ihre Aussage nicht als Scherz aufgefasst hatte, lachte Sie und korrigierte schnell: „Ich meinte nur, wir sollten später – wenn sich dieser Entwurf bewährt hat - einfach auf dieser Basis einen Zweisitzer konstruieren. Ich würde schließlich auch mal gerne wissen wie das ist, so ganz ohne Antriebssystem zu fliegen.“ „Es ist die herrlichste Art zufliegen die man sich überhaupt vorstellen kann.“, fing Lew sofort an zu schwärmen: „Man spürt von Anfang an förmlich am ganzen Körper den Auftrieb den die Tragflächen wie von selbst erzeugen. Keine störenden Geräusche eines Antriebssystems. Nur der Wind der einen umweht und die Thermik die einen trägt. Dieser Art zu fliegen kommt denen eines Vogelflugs am Nächsten. Es ist ein unbeschreibliches Erlebnis wenn du zusammen mit einem Habicht in der gleichen Thermik immer weiter in die Höhe kurbelst, als würdet ihr um die Wette fliegen.“

Die junge Technikerin traute sich beinahe nicht ihn zu unterbrechen, so sehr machte er einem faszinierten und abwesenden Eindruck, während er vom Gleitflug in einer Atmosphäre erzählte. Doch dann nutzte sie eine kurze Pause die er machte und riss ihn dann doch aus seiner Faszination: „Das hört sich wunderbar an. Aber bis es mal soweit ist, ist an deinem Flugzeug glaub ich noch einiges zu tun…“ „Das fürchte ich auch…“, kommentierte er dann etwas resigniert. Für diesen Tag war seine Holodeck-Zeit so gut wie aufgebraucht, weshalb die Sache vorerst wieder verschieben musste. Auch die Halbschalenbauweise für die er sich entschieden hatte, nahm ihre Zeit in Anspruch und erforderte zu Weilen auch die helfenden Hände von holographischen Mitarbeitern. Vor seinem inneren Auge sah er schon, wie er erneut mit dem Zuschneiden und laminieren des Faserverbundwerkstoffes begann. Lew meinte dann sarkastisch lächelnd: „Weißt du, was das Bescheuertste ist? Ich schleppe nun schon zum vierten Mal den Sekt für die Taufe zum Holodeck. Und das völlig umsonst.“ Natalie sah ihn an. „Wo hast du den denn überhaupt?“ „Im Werkzeugwagen, unten rechts die große Tür.“

Natalie ging zu dem Wagen und entnahm eine große Flasche: „Wow. Wolltest du damit den Segelflieger taufen oder waschen? Die ist ja riesig.“ Dann grinste sie Lew an: „Aber wir müssen den Sekt ja nicht verschwenden. Immerhin haben wir das Problem gelöst, das ist ja auch ein Grund zum Feiern!“ Und noch ehe Lew irgendwas erwidern konnte, hatte sie die Flasche auch schon geöffnet. Sie goss den Alkohol in zwei Holo-Gläser, die sie vom Computer hatte materialisieren lassen, und gab eines davon Lew. Sie stießen an. „Auf dein Projekt, Lew.“ „Na ja, jetzt kann man wohl von unserem Projekt sprechen.“, erwiderte Lew und nahm einen kräftigen Schluck. Soweit er das beurteilen konnte, war es ein ganz passabler Sekt. Das schien Natalie ähnlich zusehen denn sie meinte, nachdem sie am Glas genippt hatte: „Eigentlich ist der fast zu schade um ihn über ein Flugzeug auszuschütten.“ Lew lachte und bestätigte, bevor er einen weiteren Schluck nahm: „Tja, in dem Fall baden wir besser unsere Kehlen darin.“

Natalie kicherte und zog ihre Uniformjacke aus die sie an den Werkzeugwagen hing. Lew beobachtete das Ganze mit verstohlenen Blicken. ‚Das Shirt betont ihre Figur bestens‘, musste er sich eingestehen: ‚Komisch, dass mir das zuvor nie aufgefallen ist.‘. Sie setzte sich auf einen Schemel vor dem Flugzeug und schenkte sich und Lew ein weiteres Mal von dem schäumenden Getränk ein. Während dessen fragte sie den passionierten Segelflieger: „Hat dein…Baby…denn schon einen bürgerlichen Namen?“ Lew zog sich eine etwas größere Kiste heran um sich neben Natalie zu setzen. Er griff nach dem ihm dargebotenen Glas und entgegnete: „Wieso denn? Baby reicht doch vollkommen?“ „Oder meintest du vielleicht Babe?“, grinste sie frech und Lew überlegte kurz bis er entgegnete: „Na ja, Sugar Baby wäre noch eine Option.“ Lachend stießen sie wieder an und dieses Mal trank auch Natalie weniger zaghaft.




„Ich glaub es wird Zeit zu gehen.“, meinte Natalie Bardal wenig entschlossen und kaum überzeugend. Sie blieb noch einige Zeit sitzen und schaute, leicht schwindelig, ihr Gegenüber an. Dann grinste sie breit, völlig grundlos wie ihr auffiel. Lew erwiderte das mit einem Lächeln und antwortete: „Na, etwas Holodeckzeit habe ich noch.“ „Ja. Aber ich muss jetzt wirklich gehen. Tut mir leid.“, war ihre prompte Reaktion, worauf sie dieses Mal auch schnell aufstand. Sie schwankte leicht und versuchte sich am Werkzeugwagen festzuhalten. Dieser gab augenblicklich nach und rollte einige Zentimeter davon, wodurch sie ihre Stütze verlor und zu taumeln begann. Lew sprang instinktiv auf und hielt sie fest, wodurch er gerade noch ihren Sturz verhindern konnte. Zunächst hing sie unsicher in seinem linken Arm, bis sie sich durch seine Hilfe wieder aufgerichtet hatte. Nun standen sich beide ganz nah gegenüber, fast wie bei einer Umarmung. Lew spürte ihre Körperwärme und wie ihre Brüste seinen Oberkörper berührten.

„Ich glaube, ich müsste jetzt so etwas sagen wie: Oh mein Retter!“, kicherte sie unsicher und versuchte angestrengt nicht in seine Augen zu schauen. Doch dann trafen sich ihre Blicke, worauf ihr Kichern wieder verstummte. Unwillkürlich, ohne dass sich einer von beiden hätte wehren können nährten sich ihre Lippen. ‚Das darf doch jetzt nicht wahr sein!‘, schoss es ihr noch durch den Kopf, dann küssten sie sich bereits und alle Gedanken und Zweifel verstummten für einen kurzen Moment. Ihre zaghaften Berührungen wurde zu einer Umarmung und die Küsse intensiver. Doch nach ein paar Sekunden meldeten sich ihre inneren Stimmen wieder. ‚Was zum Teufel machst du da eigentlich‘, hämmerte ihr schlechtes Gewissen ihr immer wieder ein. Plötzlich folgte sie ihrer inneren Eingabe und löste sich ruckartig aus seinen Armen und stammelte verlegen: „Ich glaube… das ist keine gute Idee…“.

Damit drehte sie sich schnell um und verließ den völlig verdutzten und sprachlosen Lew mit schnellen Schritten, wobei sie mit einem knappen Befehl vom Computer den Ausgang verlangte. Als dieser mit sich bereits öffnenden Torflügen erschien rannte sie durch die noch schmale Öffnung auf den Korridor. Kaum hatte sich der Ausgang wieder verschlossen verdeckte das Holodeck diesen wieder mit einer Projektion und somit war an der Stelle nur noch die Metallwand des Hangars zu sehen.

‚Wow‘, dachte Lew zum ersten Mal wieder etwas seit dem Kuss. Der Sekt hatte es wirklich in sich und so war er sich für einen Moment nicht ganz sicher, ob er das vorherige Ereignis tatsächlich erlebt hatte oder ob ihm sein durch Alkohol vernebelter Geist einen Streich gespielt hatte. Aber dann war er sich doch ziemlich sicher, dass er noch wenige Sekunden zuvor Natalie geküsst hatte. Er starrte immer noch ein Loch in die Luft, genau in der Richtung in vorhin noch das Tor des Holodecks zu sehen gewesen war. Dann schaute er zurück zur Sektflasche und ihm war, als ob seine visuelle Wahrnehmung der Kopfbewegung mit einiger Verzögerung folgte. Beim Anblick der fast leeren Sektflasche war er noch mehr erstaunt und er fragte sich: ‚So eine Menge Alkohol auf nüchternem Magen und sie räkelt sich jetzt nicht mit mir auf dem Boden? Unmöglich!‘

Mit dem Gefühl, als würde der Boden schwanken ging er zum Werkzeugwagen, wo immer noch ihre Jacke hing. Er ergriff ihre Jacke und betrachtete sie für eine Weile nachdenklich. Ihr Geruch stieg ihm von ihrem Kleidungsstück in die Nase und rief die Erinnerung an die Umarmung und die Küsse wieder deutlich wach. Die Erinnerung wieder abschüttelnd hing er ihre Jacke auf eine Tragfläche seines Flugzeuges und wandte sich wieder dem Werkzeugwagen zu. Völlig sinn- und planlos begann er aufzuräumen, wobei er in seiner Trunkenheit eine nur noch größere Unordnung verursachte. Gleichzeitig dachte er wieder über Natalie nach. Hatte er ihre Signale falsch gedeutet? Er war sich unsicher, hatte er sich doch nie groß um Signale gekümmert. Irgendwie hatte sich sonst immer alles ganz von selbst ergeben, zumindest meistens. Doch dieses Mal war alles völlig anders verlaufen, als er es gewohnt war. Erst jetzt realisierte er, wie sehr die junge Technikerin den Kopf verdreht hatte und das ganz sprichwörtlich.

Das Chaos auf der mobilen Werkzeugbank betrachtend schmiss er die Werkzeuge in seinen Händen wieder frustriert hin. Er drehte sich um, und zwar mit so viel Schwung, dass er sich für einen Moment besinnen und gegen den Schwindel ankämpfen musste. Dann schnappte er sich die Sektflasche vom Boden, hob an und trank den Rest in einem Zug aus. ‚Scheiße‘, dachte er auf einmal: ‚Irgendwas läuft hier eindeutig falsch!‘



Natalie stolperte mehr in ihr Quartier, als dass sie lief. „Ich hab eindeutig zu viel getrunken.“, dachte sie. „Und was immer das für ein Zeug war, es war kein Synthehol.“ Sie ging ins Bad, um sich etwas frisch zu machen. Aber sie beließ es bei ein paar Spritzern Wasser ins Gesicht, als sie merkte, dass ihr schlecht wurde, sobald sie den Kopf nach unten nahm. Sie trank gierig ein paar Schluck Wasser. Sie setzte sich auf die Toilette, schloss die Augen und konzentrierte sich auf ihre Atmung. Die Übelkeit verschwand tatsächlich nach ein paar Momenten, aber es blieb ein leichtes Schwindelgefühl. Sie fühlte, wie sie immer müder wurde. Also stand sie vorsichtig auf und begann, sich langsam auszuziehen, während sie sich auf den Weg ins Schlafzimmer machte. Vor dem Spiegel machte sie nochmal Halt. Sie sah ihr Spiegelbild, das sie müde und leicht schwankend ansah. Sie streckte ihm die Zunge raus. „Oh Gott, bin ich besoffen.“, kicherte Natalie. „Aber es war ein schöner Abend.“ Sie taumelte ins Schlafzimmer und fiel aufs Bett, während sie sich die Hose abstreifte. In ihrem Zustand war es sehr anstrengend. Erschöpft und müde blieb sie auf ihrem Bett liegen. Dann drehte sie sich mühsam auf den Rücken und starrte an die Zimmerdecke, die sich unentwegt drehte. Natalie schloss die Augen, aber das Gefühl, dass sich alles um sie herum drehte, blieb. „Ja, ein schöner Abend.“, murmelte sie. „Hat er mich wirklich geküsst?“ Sie war sich nicht mehr so sicher. Sie tastete mit den Fingern nach ihren Lippen, um sich zu vergewissern. „Doch, er hat es wirklich getan!“ Sie zog die Stirn kraus. „Und was bedeutet das jetzt?“ Sie wurde unruhig. „Oh, wie soll ich mich denn nun im Hangar ihm gegenüber verhalten? Will er etwa mehr von mir?“ Sie überlegte angestrengt und schüttelte schließlich energisch den Kopf, was ihr einen erneuten, heftigen Schwindelanfall mit aufsteigender Übelkeit bescherte. Sie brauchte einen Moment, um sich wieder zu erholen und auf ihren vorherigen Gedanken zu konzentrieren. Noch während sie sich konzentrierte, schlief sie ein.

Am nächsten Morgen wachte sie mit dumpfen Kopfschmerzen auf. „Ooohhh, geht’s mir dreckig!“, jammerte sie, als sie sich aufrichtete und ihr Magen rebellierte. „Ich werde nie wieder Alkohol trinken…“ Sie stand vorsichtig auf. Ihre Knie zitterten, und sie fror erbärmlich. Sie hatte die ganze Nacht ohne Pyjama im Bett gelegen – natürlich auf der Bettdecke statt darunter. Sie machte einen Schritt und sah ihre Hose total zusammengeknüllt auf dem Boden liegen. Sie beugte sich herunter, um sie aufzuheben. Gerade noch rechtzeitig merkte sie, wie ihr Kreislauf zusammensackte. Sie ließ sich wieder aufs Bett fallen und wartete, bis das Schwächegefühl aus den Beinen und dem Magen wieder verschwunden war. Diesmal war sie vorbereitet und ging in die Hocke und angelte sich die Hose. Sie machte sich weiter auf ins Bad. „Jetzt erst mal eine schöne Dusche, um wieder in Schwung zu kommen.“, dachte sie. Unterwegs sammelte sie weitere Kleidungsstücke ein, bis sie schließlich im Bad stand und ihre komplette Kleidung von gestern in den Armen hielt. Sie sah in dem Spiegel in das Gesicht einer völlig übermüdeten und verkaterten Frau, die gar nicht so recht wusste, was geschehen war. Sie legte die Kleidung zur Seite und stützte sich schwer auf das Waschbecken. „Was für eine Nacht…“, stöhnte sie. Sie trank etwas Wasser, gähnte ausgiebig und starrte wieder in ihr Spiegelbild. Plötzlich weiteten sich ihre Augen. „Oh Gott!“, stöhnte sie auf. „Lew hat mich gestern geküsst!“ Ihr war mit einem Mal alles wieder eingefallen. „Wie war es nur dazu gekommen? Warum hat er das getan? Will er mehr? Empfindet er etwas für mich?“ Tausend Fragen stürzten auf sie ein. Sie musste erst mal wieder einen klaren Gedanken fassen. Sie zog sich aus und ging unter die Dusche. Nach ein paar Minuten fühlte sie sich wieder als Mensch. Aber die wirren Gedanken kreisten immer noch in ihrem Kopf. „Meint er es ernst oder war es nur der Alkohol?“ Schließlich verzog sie das Gesicht. „Nein, er hat nie irgendwelche Signale von sich gegeben, dass er an mir interessiert ist. Ich hätte sicher was gemerkt. Oder etwa nicht?“ Sie grübelte eine ganze Weile, während sie sich die Zähne putzte. „Doch, ich hätte das gespürt. Aber da war nix.“ Sie schwieg eine Weile. „Schade eigentlich.“ Sie zog sich an und dachte über ihren letzten Satz nach. „Wieso hab ich das gedacht? Empfinde ich etwa mehr? Ich meine, er ist echt süß. Und der Kuss war auch nicht unangenehm. Aber er war ziemlich linkisch. Und auch Lews ständige sexistische Bemerkungen und Sprüche sprachen eher für einen unreifen Jungen.“ Das war sicher nicht das, was sie wollte. Sie nahm einen Schluck Tee, den sie sich zwischenzeitlich repliziert hatte. Schließlich schüttelte sie den Kopf. Sie hatte beschlossen, das Ganze auf den Alkohol und die ausgelassene Stimmung zu schieben. Dieser Kuss war nichts, für das man eine Freundschaft riskierte. Zufrieden mit ihrer Entscheidung nahm sie einen weiteren Schluck Tee und verließ ihr Quartier in Richtung Hangar.


„Wo treibst du dich wieder herum, du verfluchter Bastard!“, schrieb Lew Sulik laut durch die große Schuttlebay. In dem großen, mit Attack Fighter auf der einen Seite und den Standardshuttles auf der anderen Seite vollgestellte Hangar warfen die Ecken und Winkel unzählige Echos seines Schreis zurück bis der Schall ohne eine Antwort verstummte. In seinen Trainingsanzug gekleidet durchschritt der Staffelführer die Türe vom Bereitschaftsraum des Squadrons und ließ seinen Blick suchend durch die Halle streifen. Ohne weitere Worte zu verlieren ging er los und begann den Hangar abzusuchen. Mehr oder weniger Ziellos ging er zwischen den Attack-Fightern umher und hielt Ausschau.

„Komm sofort zu mir!“, versuchte es der Squadron Leader erneut und stolperte über ein Hindernis, dass er übersehen hatte. Mit hektischen Bewegungen hielt er sich an dem Fighter neben ihm fest um so einen Sturz zu verhindern. Verwundert schaute er anschließend nach unten und erblickte ein Paar Beine. Prompt kam auch eine Antwort der Besitzerin, die verärgert unter dem Fluggerät hervorschaute: „Aua! Verdammt! Kannst du nicht aufpassen?“

„Oh…‘tschuldigung…tut mir leid…“, stammelte Lew noch etwas irritiert und aus dem Konzept gebracht. Dann stellte er erstaunt fest, wie süß Natalie mit einem wütenden Gesichtsausruck aussah. Ihr Gesicht wirkte so angespannt, dass ihre kleine Stupsnase noch mehr zur Geltung kam. Außerdem war es ein seltsam angenehmer Kontrast wie ihre Augen wütend funkelnden während ihr einige Haarsträhnen frech ins Gesicht fielen. Durch diesen Anblick angestachelt ließ er sich zu einer anzüglichen Bemerkung hinreißen: „Hoppla, da wäre ich ja fast zwischen deinen Beinen gelandet…“

„Tja, aber eben nur fast!“, kam unmittelbar die bestimmte Antwort der Technikerin, woraufhin sich ihr Gesichtsausdruck zu einem verschmitzten Lächeln wandelte. In diesem Augenblick kam auch Attila um die Ecke gelaufen. Er rannte direkt auf Lew zu, wo der Siberian Husky dann Platz machte und Erwartungsvoll einen Herrn anschaute. Sie schüttelte den Kopf und legte ihren Oberkörper wieder unter den Fighter während sie meinte: „Lew, Lew… also mit Hunden kannst du umgehen, das muss man dir ja lassen…“

„Komm Attila… es wird Zeit für da Jogging…“, meinte Lew mehr demonstrativ für Natalie als an den Husky gerichtet. Mit dem Hund an seiner Seite verließ der Squadron Leader die Shuttlebay in Richtung der Korridore um mit diesem dort ein paar Runden als Training zu drehen. Als er sich das Schott zur Shuttlebay geschlossen hatten und er mit Attila auf dem Gang stand, fluchte er leise vor sich hin, dass ihm die kleine Technikerin so spielend den Wind aus den Segeln genommen hatte.



Er sah sie lächelnd an. Sie war ganz bestimmt das entzückendste Wesen, das er jemals gesehen hatte. Ihre Haut war cremeweiß, fast wie irdische Milch. Die Haare waren dunkelbraun, fast schwarz und ihre Augen waren so hellgrün, dass sie leuchtend wirkten. Die Farbe erinnerte an einen Peridot aus dem San Carlos Reservat in Arizona, so klar war sie. Die kleine, gerade Nase schien ihm perfekt, ebenso wie ihr winziges Mündchen.

Lächelnd legte Seeta einen Arm um Garrick, der seine kleine Tochter im Arm hielt. "Sie ist perfekt, nicht wahr?", meinte sie, während sie sachte mit ihrer Hand über die Stirn des Babies fuhr. Die Wülste auf der Stirn waren kaum wahrnehmbar. Dadurch wirkte sie fast wie ein menschliches Baby. Aber eben nur fast. Garrick nickte geistesabwesend während er einen Kuss auf die Stirn seines Babies hauchte. Seiner kleinen Tochter, die sich mit einem lauten Schrei ihren Weg in die Welt gebahnt hatte. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Er würde seiner Frau, und als die betrachtete er Seeta schon lange, später noch sagen müssen, dass das winzige Geschöpf in seinen Armen dieses laute, aufmüpfige Geschrei natürlich nur von ihr geerbt haben konnte.

So wie alle Babies war sie ziemlich verschrumpelt im Gesicht, aber das würde sich in den nächsten Stunden und Tagen geben. Abgesehen davon war sie perfekt. Ach was, sie war jetzt schon perfekt. Sie würde nur einfach noch perfekter werden. Es war unglaublich, aber bereits jetzt schon hielt dieses kleine Wesen sein Herz fest in seiner winzigen Hand. Er würde es mit seinem eigenen Leben beschützen, falls notwendig. Er würde für es sorgen bis zu seinem letzten Tag. Seltsam, wie die Verantwortung mit der Liebe für es Hand in Hand gingen und das ohne dass er es jemals als wirkliche Belastung empfinden würde.

Die Schwester kam herbei und nahm ihm das Baby aus dem Arm, um es in das kleine Babybettchen zu legen, das sich vor dem Fußende des Biobettes befand. Die frischgebackenen Eltern nahmen dies zum Anlass einen Kuss auszutauschen, ehe sie ihre Aufmerksamkeit Winnie zuwandten, der zu den beiden getreten war. "Herzlichen Glückwunsch", wiederholte er, was er den beiden gleich nach der Geburt gesagt gehabt hatte. Danach hatte er sich der Nachversorgung der Zanderianerin widmen müssen, der das alles nicht schnell genug gegangen war. Gleich nach der Geburt hatte man ihr das Baby in den Arm gelegt, es ihr schon bald aber wieder abgenommen, damit der Arzt weiter arbeiten konnte. In der Zeit hatte Garrick das Privileg gehabt, das Baby zu halten, nachdem die Hebamme damit fertig gewesen war, es zu reinigen und anzuziehen. Seeta war es fast so vorgekommen, als ob Winnie sich absichtlich Zeit gelassen hatte, nur um sie so lange wie möglich aufzuhalten. Schließlich war er aber fertig gewesen und sie hatte ihren Arm um ihre kleine Familie legen können. Nun aber lag das Baby ruhig in seinem Bettchen und schlief.

"Welchen Namen soll ich in den Dateien für das Baby verwenden?", fragte Winnie nun. "Luma", war von Seeta zu hören, während Garrick gleichzeitig "Erika" sagte. Der Arzt grinste. "Ihr müsst Euch schon einigen", meinte er. Seeta setzte sich ein wenig aufrechter hin. "Das haben wir längst. Sie heißt Luma Erika", erklärte Seeta. Winnie nickte. "Okay. Und welchen Nachnamen wird sie tragen? Wisst ihr, nach Föderationsrecht sind verschiedene Nachnamen möglich", fragte er weiter nach. Seeta und Garrick sahen sich mit großen Augen an. Darüber hatten sie bisher nicht nachgedacht.



Natalie und Solera saßen im Diners. Die beiden Freundinnen hatten sich schon einige Zeit nicht mehr gesehen und hatten sich eine Menge zu erzählen. Vor ihnen standen mehrere leere Gläser. Im Laufe des Abends wurden die zwei immer ausgelassener und kicherten und lachten ununterbrochen. „Puh…“, gluckste Natalie vor sich hin und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Aufhören! Noch eine Geschichte von deinem Ex vertrage ich nicht. Mir tut schon der Bauch weh vor Lachen. Du kannst echt froh sein, dass du ihn los bist.“ „Das sag ich dir!“, bestätigte Solera und machte eine abwertende Handbewegung. „Easy come, easy go! Aber ich frage mich echt, wieso ich fast ein Jahr mit ihm zusammen geblieben bin. Noch nicht einmal der Sex war gut mit ihm! Einmal da…“ Natalies Freundin war in jeder Hinsicht offener als sie. Sie hatte eine tolle Figur und eine unkomplizierte Art, so dass sie auf Partys ständig von Männern umringt war. Entsprechend einfach stürzte sie sich in jede Art von Abenteuer – eines ihrer liebsten Abenteuer waren Männer und Beziehungen. „Wenn ich doch nur ein klein wenig mehr wie Solera wäre.“, dachte Natalie. Aber dann schüttelte sie den Kopf. „Ich kenne sie besser. Ich weiß, dass sie trotzdem nicht glücklich ist.“ Solera sah ihre Freundin an. „Na, wo sind wir denn gerade? Du versuchst doch wohl nicht etwa, dir den Sex mit ihm vorzustellen?!?“ „Oh, Solera…!“, unterbrach sie Natalie verschämt. Sie sah auf die leeren Gläser in ihren Händen. „Bevor du noch mehr erzählst, werde ich uns mal was Neues zu trinken besorgen.“ „Nix da! Ich bin dran.“ Das Diners war so voll wie schon lange nicht mehr. Die beiden Kellner hatten nach kurzer Zeit aufgegeben, die Getränke an den Tisch zu bringen, und waren stattdessen hinter den Tresen geflüchtet, um den Barkeeper zu unterstützen. Und so stand Solera auf und drängte sich durch die Menschenmenge zum Tresen.

Lew betrat das Diners und stand ein wenig unschlüssig in der Tür. Es war unerwartet voll. Andererseits nutzten viele die dienstfreie Zeit aus und trafen sich mit Freunden und feierten. Er selbst war einfach nach einem gemütlichen Feierabendbier aus, nachdem er mal wieder den Großteil des Tages mit seinem Segelflugzeug zu gebracht hatte. Er ließ seinen Blick über die Menge schweifen und suchte nach ein paar bekannten Gesichtern, doch von seinen Kameraden und Kumpels war niemand zu sehen. Dann sah er Natalie allein an einem Tisch sitzen. Ihrem verschmierten Makeup nach zu urteilen, hatte sie geweint. Scheinbar lag ihr etwas auf der Seele Dann sah er die vielen leeren Gläser vor ihr auf dem Tisch stehen. „Oha, sie hat ganz schön viel getrunken. Ich frag mal wie es ihr geht…“, dachte er nicht ohne Hintergedanken und machte sich auf zu ihr.

Solera hatte die beiden Getränke in den Händen und schob sich langsam wieder durch die Menschen zurück zu ihrem Tisch. Dann sah sie einen jungen Mann, der an den Tisch zu Natalie trat. „Diese Aasgeier!“, dachte sie. „Aber dem werde ich die Tour vermasseln.“ Sie drängte etwas energischer zu den beiden und konnte noch ein zaghaftes „Hi“ von ihm vernehmen. „Tut mir leid, mein Junge!“, sagte sie energisch und stellte die Gläser fester als nötig auf den Tisch. „Diese Lady ist für dich heute nicht zu bekommen. Nun sieh zu, dass du woanders spielen gehst.“ Lew sah irritiert auf die rothaarige Frau, die ihm so unwirsch in die Parade gefahren war. Er wusste für einen Moment nicht, was er sagen sollte, aber da fuhr sie schon fort: „Ah, du brauchst noch eine Trophäe, mit der du prahlen kannst.“ Sie drückte ihm einen heißen Kuss auf. „So, nun aber genug. Ab ins Körbchen mit dir!“ Sie versetzte ihm einen Klaps auf den Po. Lew blickte völlig verwirrt von der Rothaarigen zu Natalie, die die ganze Szene überrascht verfolgt hatte. Dann stieg langsam Wut in ihm auf. So wie diese Rothaarige ihn gerade vorführte, konnte er sich das nicht gefallen lassen. Doch eine adäquate Antwort fiel ihm immer noch nicht ein. Er stand einen Moment mit halboffenem Mund da und entgegnete schließlich einfach nur: „Ihr spinnt doch!“

Abrupt drehte er sich um und ging so schnell zum Ausgang, wie er konnte. Damit wollte er der Rothaarigen jede Chance nehmen, ihm einen Konter unter die Nase zu reiben. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er dabei nicht gewinnen konnte. Und er wollte sich nicht verarschen lassen. Er hoffte nur, dass diese peinliche Szene sonst keiner mitbekommen hatte. Auf der Katana machte sowas ganz schnell die Runde. Und wie würde er dann vor seinen Kameraden dastehen? Mit größtmöglicher Würde verließ er das Diners.

Natalie hatte die Szenerie mehr oder weniger amüsiert beobachtet. Jetzt schaute sie Lew hinterher, der beleidigt wie ein kleiner Junge davon stapfte und das Diners verließ, ohne sich noch einmal umzudrehen. Solera brach bei dem Anblick in schallendes Gelächter aus. Natalie musste unwillkürlich lauthals mit einstimmen. Es dauerte einen Moment, bis die beiden sich wieder beruhigt hatten.

„Wer war das denn?“, fragte Solera noch immer kichernd und wischte sich dabei die Tränen aus den Augen. „Das war Lew Sulik. Einer der Piloten der Kampfflieger.“, antwortete Natalie. Ihr war das ganze mittlerweile schon ein wenig unangenehm. Aber er hatte einfach zu niedlich ausgesehen, wie er so völlig aus dem Konzept gebracht wurde. „Ein Pilot? Ich dachte, die sind draufgängerischer und nicht so unsicher.“, grinste Solera. „Ach, Lew ist schon okay. Er ist eigentlich ganz nett.“, erwiderte Natalie leise. Solera zog eine Augenbraue hoch. „Ach???“ Sie nahm einen Schluck ihres Getränks und schaute ihrer Freundin dabei intensiv ins Gesicht. „Gibt’s noch mehr, das du von ihm sagen kannst? Natalie merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Schwache Erinnerungen an den Kuss erschienen in ihrem Geist. Schnell nahm sie sich ihr Glas. „Er ist einfach nur nett.“, murmelte sie in ihr Getränk. Dann sah sie Solera an. „Sag mal, wolltest du eben nicht etwas von den Sexkünsten deines Ex erzählen?!?“ Solera sah Natalie einen Moment durchdringend an und nickte schließlich. Dann nahm sie einen weiteren Schluck und setzte begeistert an: „Also eines Abends…“



Seine Augen mussten sich erst an das schummrige Licht gewöhnen, als Lew aus dem hellen Korridor durch das Tor des Holodecks in die kleine schäbige Halle trat, die einen New-Yorker Boxstall darstellte. Es war sein übliches Holo-Programm, wenn es darum ging, seinem zweiten Hobby nachzugehen. Zwischen den obligatorischen Trainings für den speziellen Kampfsport der Piloten bevorzugte es der Staffelführer, seine Kampftechniken im Boxsport zu pflegen. Wobei es ihm dabei mehr darum ging, seine Aggressionen abzubauen als um echte Selbstverteidigung.

Als er sich an die Lichtverhältnisse in der etwas zu klischeehaft simulierten Boxhalle gewöhnt hatte, staunte er nicht schlecht. Neben seinem erwarteten Sparringspartner Mike Clark erkannte er auch Natalie Bardal im Boxring. Er ging auf das Podest zu und sah interessiert dabei zu, wie Natalie auf die von Mike hingehaltenen Hook&Jab-Pads einschlug. Dieser gab ihr dabei Anweisungen: „Nicht so zaghaft! Ruhig fester zu schlagen! Und lass die Schultern nicht so hängen!“

Am Boxring angekommen legte Lew seine Tasche ab, ohne den Anblick von der boxenden Natalie abzuwenden. Aufmerksam musterte er sie in ihrem Sportdress und bewunderte ihre langen, nackten Beine und den in den Boxerhosen voll zur Geltung kommenden, knackigen Po. Der durch die Sportbekleidung besonders betonte Oberkörper der jungen Technikerin war ebenfalls nicht zu verachten. Auch wenn sie in diesem Aufzug etwas ungewohnt martialisch wirkte, es machte sie noch mal um einiges attraktiver für ihn, als sie es ohnehin schon war.

„Nur mal so aus purem Interesse…was wird das hier, wenn’s fertig ist?“, fragte Lew schmunzelnd und unterbrach so die beiden in ihrem Treiben. Mike, einer der Techniker der Staffel, registrierte den Squadron Leader erst jetzt und erklärte: „Natalie wollte etwas übers Boxen lernen.“ „Ja. Als er heute davon erzählte, dass ihr euch regelmäßig zum Boxen trefft, bin ich neugierig geworden.“, meinte Natalie und wendete sich Lew zu. Etwas umständlich versuchte sie, sich mit dem rechten Arm den Schweiß von der Stirn zu wischen. Pustend meinte sie: „Aber es ist anstrengender, als ich gedacht hatte…“

Während dessen kletterte Lew in seinem Jogginganzug durch die Seile in den Boxring und schaute sich die zwei amüsiert an. Erst jetzt erkannte er richtig, wie der Schweiß dafür sorgte, dass sich ihr Shirt eng an ihren Oberkörper anschmiegte. Frech lächelnd meinte er: „Also Natalie. Deinen sportlichen Eifer in allen Ehren, aber zum Schwitzen hätte ich dich auch viel einfacher bringen können.“

Mike verzog das Gesicht über diesen Spruch und vergrub seinen Kopf in den Pads in seinen Händen. Im war die ganze Situation ziemlich peinlich. Nur Lew grinste weiterhin frech Natalie an. Diese lächelte gezwungen, überlegte nicht lange und holte zu einem Schlag aus, der Lew an der Schulter traf und ihn zurücktaumeln ließ. Er hatte nicht mit einem derart kräftigen Schlag von ihr gerechnet, und so waren es erst die Seile des Boxringes, die seine Rückwärtsbewegung stoppten. Als er sich wieder aufgerichtet hatte stand Natalie direkt vor ihm und schaute ihn herausfordernd ins Gesicht, wobei sie ihm drohend mit der Hand auf den Brustkorb klopfte. Energisch sagte sie: „Wenn du es schon so sehr darauf anlegst, dann mache es wenigstens anständig mit einer ordentlichen Einladung!“

„Was?“, war die verblüffte Reaktion von Lew, der sprichwörtlich in den Seilen hing. Er hatte tatsächlich eine Wirkung erzielt mit seinem Spruch, aber nicht die, die er bei der kleinen Technikerin erwartet hatte. In der jungen Frau steckte offensichtlich mehr Energie, als er ihr zugetraut hatte. Doch diese wich wieder zurück, ganz offensichtlich von ihrem eigenen Mut erschrocken. Sie wandte sich an Mike und bat ihn, die Handschuhe aufzuschnüren. Dieser half ihr beim Ausziehen der Boxhandschuhe. Dabei murmelte sie etwas verlegen: „Ich glaube, das Boxen ist nichts für mich… viel zu statisch. Thai-Chi gefällt mir da einfach besser. Die Bewegungen sind fließender!“

Damit kletterte sie wortlos aus dem Boxring und verließ, ohne sich zu verabschieden, fluchtartig das Holodeck. Lew, der ihrem Abgang ebenfalls sprachlos zugesehen hatte, wandte sich zu Mike um. Dieser lehnte an einem der Eckpfosten und schüttelte demonstrativ tadelnd den Kopf: „Ich weiß ja nicht so recht, aber ich glaube, du hast ein Date... mehr oder weniger…“

„Ein Date?“, entgegnete Lew gleichzeitig entsetzt und ratlos: „Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie ein richtiges Date. Keine Ahnung, wie ich sie überhaupt einladen soll!“ „Was für ein Tag… Erst bring ich der Kleinen das Boxen bei, und jetzt muss ich dir auch noch erklären, wie man ein Date organisiert.“, lachte Mike und schüttelte den Kopf: „Ich glaube, ich sollte Latinum für meine Beratertätigkeit verlangen…“



Mark war auf dem Weg zu den Bereitschaftsräumen der Elite Force-Einheiten, um Tessa abzuholen. Er war etwas zu früh dran, also schlenderte er gemütlich den Gang entlang. Er war dabei völlig in Gedanken vertieft, so dass er beinahe Alexandra Black über den Haufen gelaufen hätte, die gerade aus in den Korridor trat. Sie reagierte aber schneller als er, so dass er sie nur anrempelte. „Na, wo sind wir denn gerade mit den Gedanken?“, fragte sie mit verzerrtem Gesicht, während sie sich die Schulter rieb. „Ach, hier und da.“, entgegnete Mark. „Ist das Baby eigentlich schon da?“ „Ja, es wurde heute geboren. Vielen Dank übrigens vom stolzen Papa für das Zusammenbauen des Bettchens.“, meinte Alex, um dann süffisant zu ergänzen: „Wenn also das Fliegen nichts mehr ist, können Sie ja noch Schreiner werden.“ Mark wollte gerade etwas erwidern, als er Tessas Stimme hinter sich hörte und sich umdrehte. „Ah, Mark. Du bist schon da! Das ist schön.“ Die junge Frau gesellte sich zu ihm und versteifte sich. „Oh, Lieutenant!“ „Fähnrich… Halten Sie sich den Burschen warm. Er kann Babybettchen aufbauen!“ „Es ist immer gut, mehrere Talente zu haben.“, konterte Mark. „Wenn ich mir Ihren blauen Daumen so ansehe, frage ich mich nur, was war im 24. Jahrhundert zuerst: Fehlendes handwerkliches Geschick oder die Replikatortechnologie.“ Alex öffnete den Mund für eine Erwiderung, aber Mark setzte grinsend noch einen drauf: „Ich hoffe nur, dass Sie besser kämpfen, als sie mit dem Hammer umgehen können.“ Er zwinkerte ihr zu, wünschte ihr noch einen schönen Abend und ging mit Tessa zu den Turboliften. Die Elite-Force-Leader schloss perplex den Mund und murmelte kopfschüttelnd nur: „Piloten…“ „Mark, was war das denn gerade?!?“, fragte Tessa bestürzt mit rotem Kopf. „Das war nur eine kleine Revanche, nichts weiter.“, meinte Mark. Tessa konnte es kaum fassen. „Das war mein Boss! Du kannst doch nicht so mit ihr reden.“ „Och, es kochen alle nur mit Wasser… Mach dir mal keine Gedanken.“ Dann wechselte er schnell das Thema. „Was machen wir denn heute so?“ Tessa sah ihn an und lächelte verschmitzt: „Ich habe eine wundervolle Idee. Komm mit!“



Zischend schloss sich hinter Lew die Tür zum Bereitschaftsraum der Staffel. Für einen Moment verharrte er und horchte in die große Halle der Shuttlebay hinein. Es war weit nach Feierabend, und dennoch hörte er Geräusche, die darauf hindeuteten, dass jemand an den Fightern arbeitete. Langsam und möglichst leise ging er zwischen mehreren der Jagdshuttles hindurch auf die Quelle des Geräusches zu.

Er blieb schräg hinter einer der Spitfires stehen und spähte über die Tragfläche hinweg zu einem der Azraelfighters, definitiv der Ausgangsort der Laute. Als er sich sicher war, dass es sich da vorne um Natalie handelte, stieg er vorsichtig auf den Flügel der Spitfire und überschaute so die Shuttlebay, um nach anderen Personen Ausschau zu halten.

Erst als er sich vergewissert hatte, dass außer ihnen sonst niemand anwesend war, kletterte er wieder von der Tragfläche und versteckte sich erneut hinter dem Jagdflieger. Nervös zog er, völlig erfolglos, seine Fliegerjacke zu Recht und schnaufte leise angesichts der ihm bevorstehenden Tortur. Dann ging er los und versuchte, einen möglichst lockeren Eindruck zu erwecken, so als ob er nur rein zufällig um die Ecke bog.

„Ja schau an, wer da vorbei kommt.“, kommentierte Natalie belustigt, die sich genau in diesem Moment von ihrer Arbeit abgewandt hatte. Sie lehnte sich an die Backbordseite der Azrael an und verschränkte die Arme, schon fast in einer Abwehrhaltung ob des zu erwartenden dummen Spruches von Lew. Doch dieser war nun völlig aus dem Konzept gebracht, denn der zuvor sorgfältig zurecht gelegte Satz passte nun in keinster Weise mehr, weshalb er auch nur ein total verlegenes „Ah, Hi Natalie, du auch hier?“ heraus brachte und sich noch im selben Moment für diese dämliche Begrüßung am liebsten in den Hintern getreten hätte. Doch Natalie schien ebenfalls mit einer unerwarteten Antwort konfrontiert zu sein, weshalb ihr ebenfalls nur ein „Dasselbe könnte ich dich eigentlich auch fragen…“ einfiel.

„Hm… ja…“, stammelte Lew etwas verlegen und entschloss sich, seinen ursprünglichen Plan mit den Wort für Wort zurecht gelegten Sätzen über den Haufen zu werfen. Er konnte sich ohnehin nicht mehr an den genauen Wortlaut und seine ursprüngliche Idee erinnern. Schon so zu tun, als wäre es nur eine rein zufällige Begegnung, war eine bescheuerte Idee gewesen, gestand er sich ein. Darum dachte er sich aus dem Stehgreif eine andere, wenn auch nicht ganz unwahre Ausrede aus: „Also ich wollte dir sagen dass…“, er stockte noch für einen Moment, denn im Lügen war er noch nie besonders gut gewesen: „…also ich habe das Segelflugzeug fast fertig.“ „Ah schön. Gibt es dann bald auch eine Taufe und einen Jungfernflug?“, wollte Natalie wissen, die seine kleine Notlüge offenbar nicht durchschaute. Lew schüttelte den Kopf: „Nein. Soweit ist es noch nicht so ganz.“

„Aha…“, grinste Natalie auf einmal: „Du bist also extra zu mir in die Shuttlebay gekommen, um mir zu sagen, dass du mit dem Segelflieger fast fertig bist, es aber noch keine Taufe und keinen Jungfernflug gibt…?“ „Ja.“, antwortete Lew und korrigierte sich hastig: „Nein! Natürlich nicht! Ich wollte sagen, dass… also ich meine... da du mir geholfen hast… also das ist ein Grund zum Feiern und…“ „Ja?“ „Also ich wollte einfach mal schnell fragen, ob du am kommenden Donnerstag schon was vor hast?“ Natalie schwieg für einen Moment und starrte Lew eindringlich an. Sie hatte den gestrigen Zwischenfall im Boxring auf dem Holodeck schon als unwichtig abgetan und beinahe verdrängt. Darum war sie sich jetzt nicht ganz sicher, ob sie Lew auch richtig verstanden hatte: „Soll das jetzt etwa eine Einladung zu einem Date sein?“ „Tja…“, fing Lew unsicher an und ergänzte dann schnell, aber immer noch verlegen: „Ja. Ich wollte dich einladen… in ein Restaurant… zum Essen...“ Natalie lächelte, denn der sonst so selbstsichere und draufgängerische Pilot wirkte nun auf einmal ziemlich auf verlorenem Posten bei seiner unbeholfenen Einladung. Bei jedem anderen hätte sie jetzt vermutlich abgesagt, doch da er aber offensichtlich bereit war, einen inneren Schweinehund zu überwinden, und er bei diesem Versuch trotz seines restlichen Erscheinungsbildes beinahe niedlich wirkte, sagte sie zu: „Ich nehme die Einladung gerne an.“ Nun schien es, als ob von Lew eine große Last abfiel, und er seine Nervosität verlöre: „Super. Passt es am kommenden Donnerstag um 20 Uhr? Ich hol dich ab!“ Natalie lächelte: „Das passt bei mir prima. Ich freu mich!“



Mark schwitzte, als er durch den rötlichen Sand stapfte. Er wusste nicht, wohin Tessa ihn führen wollte, und hatte es mittlerweile auch aufgegeben, danach zu fragen. „Lass dich überraschen.“ war ihre Antwort auf seine bisherigen Versuche, die sie ihm jedes Mal mit einem verschmitzten Lächeln servierte. Plötzlich blieb Tessa stehen. „Wir sind da!“, verkündete sie. Mark sah auf und konnte nichts erkennen, was so besonders war. Der Sandboden hatte sich in einen massiven Untergrund verwandelt. Es schien sich um eine Felsplatte zu handeln. Mark sah sich weiter um und entdeckte einige grüne Flecken an einer Felsformation. Er war kein Experte für Geologie oder solchen Dingen, aber das musste wohl etwas ganz Besonderes sein. Als er es sich näher ansehen wollte, warnte Tessa ihn eindringlich: „Ich würde da jetzt nicht hingehen!“ Mark blieb stehen und drehte sich überrascht um. „Wieso denn nicht?“ Tessa sah auf den Tricorder in ihrer Hand, den sie mitgenommen hatte. „Du wirst es erleben. Und zwar… JETZT!“ Wie auf Kommando schoss aus dem Boden eine riesige Wasserfontäne. Das Wasser verwandelte sich zu einer Gischt, die heiß auf die Felsen niederregnete. Mark hatte erschrocken ein paar Schritte zurück gemacht. Tessa lachte, als sie sein verdutztes Gesicht sah, dann ging sie zu dem Loch in den Boden und sah hinein. „Tessa!“, rief Mark entsetzt aus. „Komm da weg!“ Tessa sah ihn an und bewegte sich keinen Millimeter. Mark lief zu ihr und zog sie vom Loch weg. „Bist du wahnsinnig?!?“, schrie er sie an. „Du wärst bei lebendigem Leib verbrannt worden!“ Die junge Frau lächelte ihn an. „Nein, es bestand keine Gefahr. Dieser Geysir bricht auf die Millisekunde alle vier Minuten und 32 Sekunden aus.“ Mark war noch nicht beruhigt. „Und wenn er seinen Rhythmus plötzlich ändert?“ Dann wurde sein Gesichtsausdruck weicher. „Wie hast du den eigentlich gefunden? Hier mitten im Nirgendwo?“ „Ein Freund, der Geologe ist, hat mir den gezeigt. Die Wissenschaftler auf der Station wissen immer noch nicht so genau, warum er seit Ewigkeiten so präzise ausbricht. Und die grünen Flecken auf den Felsen sind seltene Sporen, die die extreme Hitze überleben und sie sogar brauchen.“ Nachdem der Schreck nachgelassen hatte, hatte Mark auch endlich die Ruhe, diesen Platz wirklich zu würdigen. So unscheinbar er auch war, besaß er doch eine ganz eigene, ganz besondere Schönheit. Er sah Tessa an, die ihm zulächelte. Er lächelte verlegen zurück. Sie hakte sich bei ihm unter. „Jetzt.“ Mark zuckte trotz der kurzfristigen Warnung noch zusammen, als der Geysir wieder ausbrach. Er legte den Kopf in den Nacken und beobachtete, wie hoch das Wasser in die Luft geschleudert wurde. Dann sah er Tessa an, die ihn immer noch anlächelte. „Ich finde es süß, dass du dir so große Sorgen um mich machst.“, sagte sie. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn.



Natalie war gerade auf den Weg in die Dusche, als es an ihrer Tür klingelte. Sie seufzte, schnappte sich das große Badehandtuch, wickelte es sich um und ging zur Tür. „Wer ist da?“, fragte sie. „Ich bin’s, Mark.“, kam die Antwort. „Ah! Komm rein!“ Die Tür glitt auf und Mark trat ein. Natalie umarmte den Mann und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Schön, dich zu sehen. Wie geht’s? Was gibt’s?“ „Danke, ganz gut. Wir haben uns heute den ganzen Tag nicht gesehen, da wollte ich mal schauen, wie’s dir so geht. Ähm… stör ich dich gerade?“ „Was? Ach so… Nein, ich wollte nur unter die Dusche gerade.“ „Schall oder Wasser?“ „Es war ein harter und anstrengender Tag. Also ganz klar Wasser! Ich bin echt so froh, dass du mich damals von einer echten Wasserdusche überzeugt hast.“ Mark grinste. „Ich weiß. Schallduschen machen zwar sauber, aber Wasserduschen entspannen den ganzen Körper.“ „Eben. Darum hüpf ich jetzt nochmal schnell drunter. Fühl dich einfach wie zuhause.“ Natalie drehte sich um und verschwand im Badezimmer. Kurze Zeit später erklang das Plätschern von Wasser.

Mark setzte sich aufs Sofa, überlegte es sich dann aber doch anders. Er stand auf und ging zum Replikator. „Ein Glase kalte Kuh-Milch von der Erde. Und einen Mark III Spezial.“ „Dieses Getränk wurde manuell eingespielt und mit einem Zugangscode versehen.“, antwortete die Computerstimme. „Ja, klar. Ich war das ja auch.“, murmelte Mark und antwortete dann etwas lauter: „Freigabe: Mark de Boer, Oranje boven.“ Sekunden später erschienen die Milch und ein dampfendes, heißes Getränk. Er nahm beides, ging damit zur Sitzecke und stellte die Getränke auf einem kleinen Tisch dort ab. Dann setzte er sich hin. „Computer, Musik bitte. Ein Mix aus Easy Listening und Lounge des 21. Jahrhunderts.“ Es dauerte nur einen kurzen Moment und leise Hintergrundmusik erklang. Mark seufzte wohlig, lehnte sich zurück und nahm einen Schluck seiner Milch.

Die Badezimmertür glitt auf, und Natalie kam heraus. Sie hatte sich wieder das Badetuch umgewickelt. Außerdem trug sie wie ein Fakir ein Handtuch auf dem Kopf. „Ich bin gleich bei dir.“, rief sie Mark zu und verschwand im Schlafzimmer. Dabei hinterließ sie Fußabdrücke aus Wasser. Mark sah ihr nach und lächelte. Kurze Zeit später kam sie aus dem Schlafzimmer. Diesmal trug sie nur einen Slip und ein Shirt, das kaum ihren Po bedeckte. „Einen Moment noch!“, rief sie und eilte wieder ins Badezimmer. Mark sah ihr wieder nach und zog eine Augenbraue hoch. Als sie das zweite Mal das Badezimmer verließ, hatte sie sich eine knappe Sporthose angezogen und rubbelte sich mit dem Handtuch noch die letzte Feuchtigkeit aus den Haaren. „Ich hatte die Hose noch im Bad.“, entschuldigte sie sich. Sie setzte sich neben Mark aufs Sofa. Sie nahm die Tasse vom Tisch und schnupperte. „Oh, ist das etwa…?“, fragte sie verzückt, als sie den süßlich-herben Geruch wahrnahm. Mark nickte. Natalie nahm begeistert einen Schluck und ließ sich in die Rückenpolster sinken. „Ooohhh, das tut gut.“, murmelte sie zufrieden, als sich ein wohliges Gefühl in ihrem Körper ausbreitete. „Das habe ich echt gebraucht. Der entspannt total.“ „Hey, zu meiner Zeit waren wir Niederländer das entspannteste Volk in Europa. Wenn sich einer mit Kräutern und Entspannung auskannte, dann wir.“, witzelte Mark, wurde dann aber ernst. „Ist es bei dir so stressig momentan?“, fragte er. „Oh ja, wir testen gerade neue Antriebsaggregate für die Azraels. Bessere Beschleunigung und höhere Endgeschwindigkeit. Allein heute haben wir fünf Aggregate in die Luft gejagt und dann gemerkt, dass es nicht so funktioniert, wie gedacht. Dabei sahen die Simulationen so gut aus…“ „Oh, das ist bitter. Ich hatte mich schon gewundert, dass du die letzten Tage gar nicht im Hangar warst.“, bemerkte Mark. Dann hielt er irritiert inne und sog die Luft scharf durch die Nase ein. „Hast du Parfüm aufgelegt?“ „Ja, etwas. Ich wollte mal was Neues ausprobieren. Wie findest du’s?“ Sie drehte den Kopf zur Seite und hielt ihm den Hals hin. Mark beugte sich vor und schnupperte an ihrem Hals. Er nahm einen wohlriechenden, leicht süßlichen Duft wahr. Er beugte sich näher heran und schnupperte ein zweites Mal. „Das ist sehr gut.“, lautete schließlich sein Urteil. Natalie grinste breit. „Ja, ich mag es auch sehr. Männer sollen angeblich total darauf fliegen.“ „Das glaub ich gern. Ich mag den Duft.“ Er sah Natalie an. „Du strahlst ja gerade so.“ Natalie wurde leicht rot und zupfte verlegen ein wenig an ihrem Shirt herum, während sie an ihrer Unterlippe nagte. Dann sah sie ihn aus großen, leuchtenden Augen an. „Ja, es gibt eine Neuigkeit. Ich bin übermorgen verabredet.“, sagte sie. Mark setzte sich gerade hin. „Das ist ja wunderbar!“, sagte er freudig. „Wer ist es denn? Kenn ich ihn?“ Natalie nagte wieder an ihrer Unterlippe und zupfte wieder an ihrem Shirt, als versuche sie, einen imaginären Fusel zu entfernen. „Ja, du kennst ihn gut. Ich bin mit Lew verabredet…“ Mark, der gerade im Begriff war, nach seinem Milchglas zu greifen, zuckte, als hätte ihn ein Stromschlag getroffen. „Du… triffst… WEN?“, fragte er schließlich. „Ich treffe mich mit Lew Sulik.“ Mark sah sie mit weit aufgerissenem Mund und mindestens genauso weit aufgerissenen Augen an. „Das kann nicht dein Ernst sein…“, brachte er schließlich mühsam hervor. „Lew?!? Ich weiß, er ist mein Kumpel, aber du bist meine beste Freundin. Du kannst dich nicht mit ihm treffen. Du weißt nicht, wie er in solchen Dingen ist. Er hat…“ „Ja, ich weiß. Er hat einen Ruf, den außer dir irgendwie alle Piloten haben.“, erwiderte Natalie. „Und sein Ruf…“ „…kommt nicht annähernd an die Realität heran. Ich bin sein Kumpel. Ich kenne einige Storys, die nicht die Runde gemacht haben.“ „Das ist doch alles übertrieben!“, konterte Natalie erregt. „Nimm den Ruf von Kirk und multipliziere den mit Casanova. Dann kommt das in etwa in die Region von Lew!“, Mark merkte, wie er seine entsetzte Lähmung langsam verlor und sich in Rage redete. „Der hat nicht auf jeder Raumstation ein Mädchen. Der hat auf jedem Deck eines!“ Natalie sprang auf. „Du bist bloß neidisch! Du gönnst mir keinen Freund, weil du auch keine Freundin hast und mit Tessa nicht voran kommst. Weil du immer noch dieser Annie hinterher trauerst!“ Mark versteifte sich augenblicklich. „Du bist wie meine kleine Schwester für mich.“, sagte er leise. „Ich habe Angst, dass er dir weh tut. Und das wird er.“ Mark stand auf und ging zur Tür. Natalie wurde bewusst, wie sehr sie Mark gerade verletzt hatte. Sie lief ihm hinterher und ergriff seine Hand. „Bitte versuch doch, dich für mich zu freuen.“, flüsterte sie leise. „Ich freue mich, wenn du glücklich bist.“ Er zog seine Hand aus Natalies Griff. „Aber Lew wird dir das Herz brechen und es noch nicht einmal merken. Er ist in solchen Dingen kalt wie eine Maschine.“ Er drehte sich um und verließ Natalies Kabine. „Aber…“, setzte Natalie an, aber die Kabinentür schloss sich bereits wieder. Sie lehnte mit dem Kopf gegen die Tür und seufzte, während ihr eine Träne übers Gesicht lief. „Scheiße!“, murmelte sie traurig. So hatte sie sich die Ankündigung nicht vorgestellt. Hinter Mark hatte sich gerade die Tür geschlossen, da ließ er sich schwer gegen die Wand des Ganges fallen. Er schloss die Augen. „Warum um Himmels Willen ausgerechnet Lew???“, fragte er sich halblaut. „Warum ausgerechnet er???“ Er atmete dreimal tief ein und aus. Er ballte die Fäuste, und seine Kiefermuskulatur arbeitete heftig. Dann öffnete er die Augen und nickte unmerklich, als würde er seinen Gedankengängen nochmals zustimmen. Schließlich straffte er seine Schultern und lief mit langen Schritten und starrem Gesichtsausdruck den Gang entlang in Richtung Turbolifte.



Das Vibrieren der dünnen Metallfäden hallte im Rumpf und schuf so einen ganz eigentümlichen Klang, als Lew die Spannung der Ruderseile mit der Hand prüfte. Als er seinen Oberkörper wieder aus dem Cockpit heraus aufrichtete, setzte er seinen Rundgang um sein Segelflugzeug herum fort. Während er seinen prüfenden Blick über die Tragflächen gleiten ließ, strich er mit den Fingerkuppen über den Flügel, um jede noch so kleine Unebenheit zu bemerken. So ging er die gesamte Tragfläche entlang, bis er auf der anderen Seite wieder am Rumpf angekommen war. Auch dort prüfte er mit achtsamem Blick den Zustand des Rumpfes und strich mit seiner Hand beinahe zärtliche über den zum Heck hin verjüngenden Flugzeugkörper entlang. In mühsamer Kleinarbeit hatte er den holografischen Segelflieger zusammengestellt, nachdem er sich verschiedene Modelle, Studien und Analysen angesehen hatte. Aktuell nahm er noch einige Einstellungen an der Lenkung vor. Derzeit war dies seine Lieblingsfreizeitbeschäftigung, in die er fast jede freie Minute steckte. Es hatte oft Momente gegeben, da war er versucht, dem Computer einfach zu befehlen, ihm einen fertigen Segelflieger zu erstellen, und dann damit zu fliegen. Aber jedes Mal hatte er sich beherrschen können. Und mittlerweile hatte er ja auch mit Natalie Bardal eine in jeder Hinsicht angenehme Unterstützung bekommen. Aber wie er nun mit der Hand den schlanken Körper seines neuen Babys entlang glitt, konnte er es kaum erwarten, sich endlich in das Cockpit zu setzen. Er stellte sich vor, wie es sein würde, beim Start durch die Beschleunigung der Seilwinde in den Sitz gepresst zu werden, zu spüren, wie die Flügel Auftrieb entwickeln und das Flugzeug ganz ohne eigenen Motor abhob, um letztlich nur von der Thermik getragen durch den Himmel zu gleiten.

„LEW!“, riss ihn eine laute Stimme aus seinen Schwärmereien. Er war gerade am Heck angekommen und hatte eigentlich die Seiten- und Höhenruder prüfen wollen. Er hob den Kopf und sah Mark eilig auf ihn zukommen. Lew ging zurück um die Tragfläche herum und blieb neben dem Cockpit stehen und klopfte leicht mit der Hand auf den oberen Rumpf, um so seinen Stolz zu demonstrieren: „Hey Mark. Ich bin gerade dabei, den Flieger zu perfektionieren. Willst du…“ Weiter kam er jedoch nicht, denn Mark hatte ihn bereits am Kragen gepackt und ihn gegen die Seite des Flugzeugs gestoßen, das heftig schwankte. „Hey, Vorsicht! Was…“ Wieder packte Mark Lew und stieß ihn heftig gegen das Flugzeug. „WAS FÄLLT DIR EIGENTLICH EIN?“, schrie er den irritierten Sportpiloten an. „WAS… FÄLLT… DIR… EIN???“ Mit jedem Wort hatte er Lew einen weiteren Stoß verpasst. „Was ist los mit dir, verdammt nochmal?!?“, schrie Lew seinen Staffelkameraden an. Er stieß Mark von sich, heftiger als er es eigentlich gewollt hatte, aber Marks Reaktion hatten derartige Abwehrreflexe provoziert. „Du hast hier zig Weiber zur Auswahl!“, fuhr Mark ihn an. „Zig Weiber!“ „Ja, und weiter?“, erwiderte Lew sichtlich verwirrt. „Hey, wenn es um Tessa geht, ich hatte nie…“ Mark schnitt ihm mit einer wütenden Geste das Wort ab. „Natalie!“, schrie er ihn an. „Hä??? Was zum Teufel willst du von mir?“ Lews Verwirrung wuchs, zumal Mark keine Anstalten machte, klar zu sagen, was er eigentlich wollte. „Natalie!“, wiederholte Mark, als sei das Erklärung genug. „Was ist mit ihr?“ „Du triffst dich mit ihr!“ „Du doch auch?!“, erwiderte Lew irritiert. „Ein Date! Du hast ein Date mit Natalie!“ „Danke, dass du mich daran erinnerst. Aber das ist erst übermorgen.“, war die ironische Antwort, mit der Lew hoffte, endlich aus dieser völlig irrealen und irgendwie bescheuerten Situation herauszukommen. Lews flapsige Antwort reizte Mark jedoch noch mehr, und so packt er ihn an den Schultern, um ihn mit Nachdruck zurück zu reißen, als dieser Anstalten machte, sich umzudrehen: „Du ziehst deinen Scheiß immer wieder mit irgendwelchen naiven Krankenschwestern, unwissenden Wissenschaftsassistentinnen und mit Gott weiß wie vielen Weibern noch durch…“ „Nicht zu vergessen die notgeilen und frustrierten Weiber auf den Außenposten und Stationen!“, ergänzte Lew grinsend. Marks Gesicht verfinsterte sich weiter. „… Aber nein, du musst jetzt auch noch Natalie hineinziehen!“

„Du weißt doch wie das mit den Weibern ist. Die machen doch quasi von selbst die Beine breit.“, konterte Lew forsch, dem Marks Gehabe nun wirklich auf die Nerven ging. Doch Mark stieß ihn so heftig gegen den Flieger, dass ihm die Luft wegblieb. „Es geht hier um NATALIE und nicht um irgendeine besoffene Schlampe!“

Bevor Lew antworten konnte, packte Mark ihn schon wieder am Kragen und drückte ihn hart gegen das Flugzeug. Er schob sein Gesicht so nah an Lews heran, dass sie nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. „Ich kenne dich und deine Bettgeschichten. Und ich weiß, wie sie enden. Und ich weiß, dass Natalie für dich nichts anders sein wird als die anderen Frauen.“ Er schob sein Gesicht noch näher ans Lews Gesicht heran. Seine Stimme wurde gefährlich ruhig und kalt. „Aber für mich ist es nicht das Gleiche. Es geht hier um Natalie… Und ich schwöre dir: Wenn du ihr das Herz brichst, werde ich dir furchtbar weh tun. Und ich werde dafür sorgen, dass du genauso lange leiden wirst, wie sie es dann tun wird.“ „Mark…“, schob Lew dazwischen, der seinen Kumpel nicht mehr wiedererkannte, aber Mark ließ sich nicht beirren. „Es geht hier um Natalie…“, wiederholte er und fuhr noch leiserer Stimme fort: „Überlege dir gut, ob du unsere Freundschaft und deine Gesundheit riskieren willst!“ Mit diesen Worten ließ er Lew aus seinem Klammergriff und drehte sich um. Lew zog seine Kleidung zu Recht. Er wusste nicht so recht, ob er nun wütend oder einfach nur total perplex sein sollte: „Scheiße Mark. Warum machst du plötzlich so ein Theater wegen der Weiber?“ Mark drehte sich blitzschnell um. Lew hatte den Schlag gar nicht kommen sehen und erschrak regelrecht, als die Faust gegen das Flugzeug knallte. „Natalie! Es ist Natalie!“, knurrte Mark. „Überlege dir wirklich gut, was du tust.“ Erneut drehte er sich um und verließ das Holodeck. Lew sah ihm eine ganze Weile nach und erwachte aus seiner Starre erst, als die Tür zum Holodeck wieder der übrigen holografischen Umgebung gewichen war. „Tssss…“, schnaubte Lew und drehte sich zu seinem Segelflieger um. Der Schlag hatte eine Macke in der Seite hinterlassen. Lew beugte sich näher zur Stelle und verzog das Gesicht. Er erkannte nicht nur eine Macke, sondern auch einen Riss in der Hülle. Außerdem klebte etwas Blut daran. Zweifellos war es ein harter Schlag gewesen. Nachdenklich zog Lew die Stirn kraus. Nach ein paar Sekunden erhob er sich wieder. „Computer. Den Schaden am Flugzeug wieder beseitigen.“



Natalie ließ sich aufs Bett fallen. Sie sah an die Decke und seufzte wohlig. Sie fühlte sich wirklich gut. So angenehm wolkig. Das lag zum einen an dem Wein und den Cocktails, die sie getrunken hatte, aber zum anderen auch an dem Date mit Lew.

Sie ließ es noch einmal in Gedanken vor ihren Augen ablaufen und seufzte ein weiteres Mal. Es war wirklich ein schöner Abend gewesen. Lew hatte sich wie der vollendete Gentleman benommen. Er hatte sie sogar von ihrem Quartier abgeholt und ihr eine Rose überreicht. Dann hatte er sie in ein Restaurant geführt, das eigentlich nur für Senior-Offiziere und die obere Führungsebene vorgesehen war. Natalie hatte keine Ahnung, was Lew angestellt hatte, um dort einen Tisch zu bekommen. Natalie fühlte sie sich für einen Moment unwohl, als sie sich die übrigen Gäste und die Kellner und das ganze Ambiente angesehen hatte. Es saßen lauter Captains, Lieutenant Commander und andere ranghohe Offiziere dort. Sie hatte ein wenig das Gefühl, als würden sie missbilligend angestarrt. Aber das Essen war hervorragend, und währenddessen hatten sie sich ganz wunderbar unterhalten. Er hatte von seiner Jugend erzählt, von den Dingen, die er damals angestellt hatte, und von seiner Leidenschaft des Fliegens, die ihn schließlich sogar zur Sternenflotte gebracht hatte. Sie hatte ihm fasziniert zugehört. Er konnte gut von den Abenteuern erzählen, die er erlebt hatte, auch wenn sie glaubte, dass er an der einen oder anderen Stelle sicherlich zu dick auftrug oder für ihn unangenehme Dinge wegließ. Im Vergleich dazu war ihr Leben furchtbar langweilig gewesen. Eigentlich war alles immer recht gradlinig verlaufen. Die einzige regelmäßige Aufregung war das Telefonat mit ihrer Mutter, die jedes Mal wissen wollte, wann sie denn Kinder kriegen würde. „Ich will unbedingt Oma werden, bevor ich alt und grau bin. Als ich so alt war wie du, hatte ich schon zwei Kinder. Und Simon war sogar schon im Kindergarten“, hatte sie die Gardinenpredigt ihrer Mutter nachgeäfft. Dann war ihr bewusst geworden, dass man das Ganze auch anders verstehen konnte. Sie war rot geworden und hatte beschämt auf ihren Teller geguckt. Aber Lew war ganz locker geblieben und hatte gelacht. „Kommt mir bekannt vor.“, hatte er ihr gestanden. „Aber das Ganze hatte aufgehört, als meine Schwester dann ihr erstes Kind bekommen hatte.“ „Oh Gott, dann muss ich mich voll auf Simon verlassen? Dann werde ich das wohl noch einige Jahre vorgeworfen bekommen.“, hatte sie geseufzt. „Man weiß ja nie.“, hatte er nur erwidert. Natalie musste lächeln, als sie an das Gespräch zurückdachte, auch wenn sie sich immer noch fragte, wieso um alles in der Welt sie ausgerechnet so ein Thema beim ersten Date angeschnitten hatte.

Aber nach dem Essen war der Abend noch nicht vorbei gewesen. Er hatte sie in eine Tanzbar ausgeführt. Im Gegensatz zu den gemischten Bars, in denen sie sonst so war, handelte es sich bei dieser um ein gediegeneres Etablissement, das ebenfalls ausschließlich Offizieren zugängig war. Anfangs hatten sie sich hingesetzt und einige Cocktails getrunken. Spezielle Schilde verhinderten, dass die Musik so laut zu den Sitzecken herüberdrang, dass man sich nicht mehr unterhalten konnte. Dann aber waren sie auf die Tanzfläche gegangen und hatten ausgiebig getanzt. Man merkte zwar, dass Lew normalerweise sich eher im Thekenbereich aufhielt als zu tanzen, aber im Laufe des Abends war er zu einem durchaus passablen Tänzer mutiert, der sogar vor Paartänzen nicht zurückschreckte. Natalie durchfuhr ein leises Kribbeln, als sie daran dachte, wie er sie bei der Taille berührt hatte während des Tanzes.

Sie war überrascht gewesen, dass es früher Morgen war, als sie die Tanzbar verlassen hatten. Die Zeit war wirklich wie im Fluge vergangen. Und ganz Gentleman-like hatte er sie wieder zu ihrem Quartier gebracht. Sie hatten noch ein paar Minuten vor der Tür gestanden und geplaudert. Sie genoss seine Gegenwart, und ihm schien es ähnlich zu gehen. Jedenfalls machte keiner von ihnen irgendwelche Anstalten, sich zu verabschieden. Erst als ein Crewman vorbeilief und die beiden mit einem „Guten Morgen, Sir!“ grüßte, war sie langsam zur Tür gegangen. Sie hatte sich umgedreht und ihm für den wundervollen Abend gedankt. Dann war sie nochmal auf ihn zugegangen, um ihm einen Abschiedskuss zu geben.

Natalie lächelte und fuhr mit den Fingern über ihre Lippen. Es war ein sehr angenehmer Kuss gewesen. Und diesmal machte sie sich gar nicht erst die Mühe, darüber nachzudenken, was er zu bedeuten hatte. Sie hatten nicht darüber gesprochen, aber für sie stand fest, dass es nicht das letzte Date gewesen sein sollte. Und wenn es nach ihr ging, auch nicht der letzte Kuss. Sie runzelte kurz die Stirn. Sie hatte sein Zögern vor dem Kuss sehr wohl bemerkt. Für einen Moment hatte sie sich nach dem Grund gefragt. Empfand er etwas anderes? Wollte sie mehr als er? Aber als er ihren Kuss schließlich erwiderte, war sie sich sicher, dass es DAS definitiv nicht war. Gefühlsmäßig hatte der Kuss mehrere Stunden gedauert. Ihr hatte das Herz geklopft, als sich ihre Lippen voneinander gelöst hatten und sie mit einem gehauchten „Gute Nacht!“ in ihrem Quartier verschwunden war.

Und nun lag sie in ihrem Bett, todmüde, aber hellwach. Sie fühlte die angenehme Wärme in ihrem Körper und war sich sicher, dass es wohl nicht nur am Alkohol lag. Sie ließ ihre Gedanken kreisen und spürte den Schlaf näherkommen. Sie würde Mark morgen von ihrem Date erzählen. Mit einem Mal war sie hellwach. „War Mark etwa der Grund, weshalb Lew so zurückhaltend und mehr als höflich war?“, überlegte sie. „Ich hoffe, Lew hält sich nicht zurück, weil Mark und ich so gut befreundet sind.“ Dann setzte sie sich aufrecht hin. „Oder ist Mark sogar der Auslöser? Er war ja stinksauer gewesen, als er von dem Date erfahren hatte.“ Natalie war schon aufgefallen, dass die beiden sich ziemlich aus dem Weg gegangen waren. Bisher hatte sie dem nicht sonderlich viel beigemessen. „Ich werde morgen so oder so mit Mark reden. Er wird sich damit abfinden müssen, dass ich nicht seine kleine Schwester bin, die er beschützen muss.“ Zufrieden mit sich und der Welt löschte sie das Licht, drehte sich auf die Seite und war im selben Moment eingeschlafen.


„Grrr, ich geh hier gleich auf Roten Alarm, Engel!“ Commander Garrick Andersson fluchte hingebungsvoll vor sich hin. „Es kann doch nicht sein, dass diese Uniform schon wieder enger am Hals geworden ist!“ Mühsam zerrte der Erste Offizier der USS Katana am Kragenknopf seiner Gala-Uniform, bevor er resigniert schnaufend aufgab und sich hilfesuchend nach seiner Freundin umdrehte. Schmunzelnd trat Seeta Yadeel näher, die in ihrer Uniform einfach atemberaubend aussah. „Vielleicht wäre die Captains-Uniform doch eher Deine Kragenweite gewesen, Schatz?“ grinste sie, während sie sich am Kragen des Dänen zu schaffen machte. „Hrmpf, später vielleicht, Schatz. Als XO des Flaggschiffs dieses neuen Verbandes kommt ohnehin schon einiges an Mehrarbeit auf mich zu...“ Die Zanderianerin beendete die Kragenknopfverschlussaktion mit einem zärtlichen Kuss auf Garricks Lippen. „Danke, mein Schatz!“ drehte sich der XO daraufhin wieder zum Spiegel um, um das Ergebnis zu betrachten. Gala-Uniformen machten ja durchaus einiges her, aber sich in sie hineinzuzwängen artete für Garrick jedes Mal in eine mittlere Katastrophe aus. Glücklicherweise stand ihm mit Seeta aber nun ein schlagkräftiger Katastrophenschutz zur Verfügung, der auch dieser Herausforderung seines Postens einiges an Schrecken nahm.


Etwa eine halbe Stunde später fand sich die Führungscrews der Katana sowie der fünf anderen Schiffe des Forschungsverbandes in der Bordbar der Gemini-Station ein. Hier sollte die Gründung des Verbandes offiziell bekannt gegeben werden.

Als Admiral Aretha Cunningham schließlich an das Rednerpult trat, nahmen die Anwesenden auf den bereitgestellten Stühlen Platz und es kehrte Stille im Saal ein. Die Admiral blickte einmal streng in die Runde, bevor sie das Datenpadd in ihrer Hand ein wenig anhob und vorzulesen begann: „Hauptquartier der Sternenflotte, Sternzeit xxx, an die Captains Ebbersmann, USS Katana, Nasir, USS Alaska, Levi, USS Aurora, T'Pen, USS Copernicus, Sinaba, USS Kepler und Tav, USS Schweitzer. Hiermit werden Sie aufgefordert, Ihre Schiffe bis auf weiteres dem neuen 15. Forschungsverband, stationiert bei der Gemini-Station, anzuschließen. Aufgabenschwerpunkt des neuen Verbandes ist die Erforschung der fremden Universen, zu denen das cardassianische Wurmloch führt. Computer: Transferiere die Verbands-Kommandocodes an die Offiziere der genannten Schiffe!“ Ein bestätigendes Piepen aus dem Komsystem der Station ertönte: „Transfer abgeschlossen.“ Admiral Cunningham nickte den den sechs Captains zu: „Herzlichen Glückwunsch, meine Damen und Herren. Ich wünsche dem Verband, Ihren Crews und Ihnen alles Gute und viel Erfolg bei Ihren zukünftigen Missionen in neue und unbekannte Universen. Möge die Schaffung dieses neuen Forschungsverbandes ein deutliches und sichtbares Zeichen sein, dass die Sternenflotte auch in Zeiten von Krieg und Bedrohung an ihrer Hauptaufgabe – nämlich der Erforschung unserer Multiversen – festhält!“ Angemessener Applaus brandete auf, bis Cunningham Captain Ebbersmann zu sich an das Rednerpult bat. Die Admiral rief ein weiteres Dokument in ihrem Datenpadd auf und las: „Hauptquartier der Sternenflotte, Sternzeit xxx, an Captain Benjamin Ebbersmann, USS Katana, NCC 1776. Captain Ebbersmann, mit sofortiger Wirkung wird Ihnen bis auf Weiteres das Kommando über den 15. Forschungsverband übertragen. Die USS Katana wird zum Flaggschiff des genannten Verbandes ernannt. Computer, übertrage Führungs-Kommandocodes des 15. Forschungsverbandes an Captain Benjamin Ebbersmann, USS Katana!“ Erneut ertönte bestätigendes Piepen, bevor der Stationscomputer meldete: „Transfer der Kommandocodes abgeschlossen. Der 15. Forschungsverband untersteht nun dem Kommando von Captain Benjamin Ebbersmann.“ Die Admiral wandte sich an Benjamin: „Meinen Glückwunsch, Captain!“ Ben nahm die angebotene Hand und schüttelte sie leicht: „Vielen Dank, Admiral. Es ist mir eine große Ehre, diesen neuen Verband anzuführen und gemeinsam mit den Besatzungen der sechs Schiffe neue und unbekannte Universen zu entdecken.“

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