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From PathfinderWiki

Tarnflug
Autor: Seeta Yadeel
Autor: Garrick Andersson
Autor: Mark de Boer
Autor: Lew Sulik


Seeta Yadeel

"Lecken Sie mich am Arsch", knurrte die Zanderianerin in einer Lautstärke, die klar machte, daß nur der Eindruck erweckt werden sollte, daß ihr Kommentar nicht für ihr Gegenüber gedacht sei. Sie hatte Toreen Akida nie gemocht. Der Mann schrie förmlich "rücksichtslos" aus jeder Pore seines Körpers.

Winnie hatte ihr gehörig was auf die Ohren gegeben, als er gehört hatte, daß sie sich auf einen Einsatz vorbereitete. Noch dazu auf einen, der sich leicht als Kampfeinsatz entpuppen konnte. Und das nur gute 3 Wochen nach der Geburt. Sie war körperlich reichlich hinüber, litt ständig unter dem Schlafentzug und durfte sich nun noch umfangreiche Litaneien von diesem bescheuerten Bajoraner anhören, der ihre körperliche Fitness zu bemängeln hatte. Blödmann. Sollte der doch mal als wandernde Tonne durch die Gegend laufen und ein paar Tage später wieder fit sein. Nicht umsonst wurden Frauen nach einer Geburt üblicherweise 8 Wochen vom Dienst freigestellt.

Während Akida sich noch ärgerte, hebelte ihn die kleine Zanderianerin bereits von den Füßen. Das Manöver war in einem fairen Kampf halbwegs verpönt, aber in der Stimmung, in der sie sich befand war ihr das laute "Fump", mit dem der ihr durch und durch unsympathische Mann auf dem Boden landete, eine wahre Befriedigung. Akida murmelte irgendwas von wegen "Hormonen", während er wieder auf die Beine kam. Er runzelte die Stirn und meinte dann: "Ein Romulaner wird auch keine Rücksicht auf ihre gerade erst beendete Schwangerschaft nehmen, Commander", erklärte Akida. "Das muß Ihnen doch bewußt sein. Diese Trainingseinheiten sind also nur zu Ihrem eigenen Besten", versuchte er es mit Logik. Sein Gegenüber war Logik gegenüber aber gerade kein bißchen aufgeschlossen. "Zu meinem Besten wäre es gewesen", knurrte sie förmlich, "wenn Sie den Ratschlag meines Arztes berücksichtigt hätten."

Akida hob die Augenbraue in ganz und gar unbajoranischer Art. "Ihr Arzt hätte mich immer noch überstimmen können. Er hat das letzte Wort", gab er an. Sie verdrehte die Augen gen Himmel. "Klar doch, und Kühe können fliegen", erwiderte sie und fügte dann hinzu: "Sie haben ihm kaum eine Wahl gelassen, als sie in der Besprechung der Führungsoffiziere darauf hinwiesen, wie wichtig diese Mission ist und wie evident meine Teilnahme für den Erfolg ist. Und das haben Sie genau gewußt."

Akida nickte. "Das ist korrekt. Die Mission ist wichtig. Und Sie sind wichtig für die Mission. Ihr Arzt hat das eingesehen. Warum Sie nicht?", wollte er wissen. Sie hebelte ihn erneut mit ihrem Kampfstab von den Füßen. Sie war versucht, ihm den Metallstab ebenfalls in den Magen zu rammen. "Ich habe das eingesehen, sonst wäre ich jetzt nicht hier", meinte sie, dann ließ sie den Bajoraner schlichtweg stehen.


Garrick Andersson eilte mit dem kleinen Bündel Mensch in seinen Armen zu seiner Freundin hinüber. Er ließ sich zwischen ihr und Alex auf einen freien Stuhl fallen und reichte Luma Erika zu ihrer Mutter hinüber. "Du bist jetzt dran", meinte er und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Seeta seufzte. Sie brauchten definitv einen Babysitter. Sie würde einen suchen. Sobald sie einmal mehr als nur einige Minuten frei hatte würde sie die Lehrerin ansprechen, ob sie ihr ein zuverlässiges Mädchen empfehlen konnte, das Interesse an der Tätigkeit hatte.

Rhâl kam vom Tresen aus herüber, um die Bestellung des frischgebackenen Vaters aufnehmen zu können. Der winkte jedoch gleich ab. "Keine Zeit, Miss Tu'Ran. Ich muss in einigen Minuten meinen Dienst auf der Brücke beginnen", erklärte er der Twi'lek. Die nickte, daß ihre Tentakel förmlich hüpften, dann kehrte sie umgehend hinter die Bar des Diners zurück.

Seeta küßte ihren Lebensgefährten auf die Wange und sah ihm nach, wie er eilig wieder aus dem Diners verschwand. Dann gähnte sie herzhaft. Alex sah sie ein wenig mitleidig an. "Ich nehme an, Du bist total fertig", meinte sie. Seeta nickte träge. "Diese Woche bin ich dran, mich nachts um Luma zu kümmern. Paßt besser von den Diensten her. Paßte es zumindest, bis Mr. Toreen meinte, daß ich unbedingt Mitglied in seiner Sondertruppe sein muß. Die Trainings sind körperlich auch anstrengend. Und meistens schaue ich hinterher nochmal kurz im Maschinenraum vorbei", erklärte sie. In einem schlechten Roman hätte sie nun vermutlich gesagt: "Ich bin Ingenieur, kein Soldat", doch den Satz verkniff sie sich.

Alex streckte die Arme aus und schon wenige Minuten später hielt sie Luma auf den Armen. Fasziniert betrachtete sie die Züge des Babies, die weder menschlich noch zanderianisch waren. Die peridotfarbenen Augen blickten zu ihr auf. Die Elite-Force Leaderin lächelte das Baby auf ihren Armen an. "Wie wäre es, wenn ich mich die nächsten paar Stunden um Luma kümmere? Du könntest ein bißchen Schlaf nachholen", bot sie an. Seeta brauchte nicht lange überlegen. Sie vertraute Alex vollständig und sie hatte eine Mütze voll Schlaf bitter nötig. Also nickte sie schnell. "Einverstanden", sagte sie. "Wecke mich einfach, wenn etwas sein sollte. Ich bin in ein paar Stunden wieder hier", fügte sie hinzu während sie bereits aus ihrem Stuhl aufstand und Alex dankbar anlächelte.

Garrick Andersson

Shiv'Mohon sah geringschätzig auf Prätor Tamok herab. Zwar war der Prätor das offizielle Oberhaupt des Romulanischen Imperiums und hatte als solcher hinter seinem imposanten Schreibtisch Platz genommen, während der Drakh ihm gegenüber auf der anderen Seite des Tisches stand, doch allein anhand der Körpersprache der beiden Personen konnte kein Zweifel daran bestehen, wer von den beiden eigentlich das Sagen hatte. „Sie sollten weniger Ale trinken, Tamok“, herrschte der Drakh den Romulaner nun an. „Ansonsten könnte Ihr Verhalten... negative Folgen für Sie haben... SEHR negative Folgen!“ Tamok ließ ein humorloses kurzes Lachen vernehmen. „Ich bin doch schon so gut wie tot, Mohon! Womit wollen Sie mir eigentlich noch drohen? Wenn Ihnen so viel daran gelegen ist, mich umzubringen, dann lassen Sie ihren Keeper doch sein Werk verrichten! Aber noch brauchen Sie mich, nicht wahr? Einen neuen Prätor zu installieren, ohne dabei zu viel Aufsehen zu erregen, käme Ihnen gerade jetzt äußerst ungelegen, nicht wahr?“ Die Neuigkeiten, die Shiv'Mohon Tamok wenige Augenblicke zuvor verkündet hatte, hatten tatsächlich dazu geführt, dass der Prätor zum ersten Mal seit Jahren einmal wieder so etwas wie richtige Hoffnung verspürt hatte. Ein Informant der Drakh hatte – laut Mohon – berichtet, dass ein Schiff aus dem Heimatuniversum der Drakh, die Liandra, Gemini-Station angeflogen hatte. Offenbar waren die Verstrickungen der Drakh in den romulanischen Konflikt mit der Föderation bekannt geworden. Leider hatte der Informant aber nichts genaueres über die Art der Informationen gewusst, welche die Besatzung der Liandra ihren Verbündeten bei der Sternenflotte mitgeteilt hatte – und auch nichts über die Maßnahmen, die Elizondo und die Föderation nun zu ergreifen gedachten. „Sie haben keine Beweise“, fuhr Shiv'Mohon nun fort, „sonst hätten sie die Information sicher längst an die Öffentlichkeit gebracht.“ Tamok schmunzelte und zeigte mit dem Finger auf sein Gegenüber: „Sie spekulieren nur!“ Ihm gefiel es, seinen Unterdrücker derart im Unklaren zu sehen. „Und wenn schon!“ wischte dieser den Einwand mit einer wegwerfenden Handbewegung vom Tisch, „ich irre mich bestimmt nicht! Bestimmt schicken sie nur ein oder zwei Schiffe. Eine kleine Operation, die nicht weiter auffällt, um die Bedrohung zu beseitigen. Mit einer ganzen Flotte kämen sie nämlich niemals bis hierher durch – aber auf sich beruhen lassen können sie das Ganze auch nicht. Wenn ich an Stelle dieser Menschen wäre, würde ich genauso vorgehen.“ Ein Teil des Hoffnungsschimmers in Tamoks Augen erlosch bei diesen Worten. Shiv'Mohon lag mit seiner Einschätzung vermutlich richtig. Aber das bedeutete, dass keine große Streitmacht anrücken und die Drakh von Romulus vertreiben würde. Ein paar Föderationsoffiziere nur. Was konnten die schon ausrichten? Vor allem nun, da die Drakh gewarnt waren? Würde auch dieser Funken Hoffnung erlöschen, bevor er überhaupt eine Chance hatte, auf reiche Nahrung zu treffen und zum reinigenden Feuer zu werden?


Garrick Andersson wälzte sich unruhig im Schlaf hin und her. Vom Außenteam auf Romulus waren beinah panische Komrufe auf der Brücke eingetroffen. Sie flohen, gejagt von kaltblütigen Romulanern und blutgierigen Drakh – und Seeta steckte mittendrin. In seinem Traum rannte der XO der Katana in den Transporterraum des Schiffes. Das Außenteam musste um jeden Preis wieder an Bord gebeamt werden! Der Däne war sich kaum sicher, welches Schicksal das schlimmere wäre: Wenn Seeta umkam oder sie an einen Keeper zu verlieren. Die Korridore des Schiffes schienen sich unerträglich zu dehnen, der Turbolift im Schneckentempo durch den Schacht zu kriechen, Sekunden wurden zu gefühlten Stunden, ehe der Commander endlich sein Ziel erreichte. Er jagte durch die Tür des Transporterraumes und beobachtete gerade, wie der letzte Transfer abgeschlossen wurde. Hektisch schaute er sich in dem kleinen Raum um. „Seeta?!“ rief er ihren Namen, als er die Zanderianerin nirgends entdecken konnte. Alex Black trat auf ihn zu. „Sie hat uns den Rücken frei gehalten, Sir. Sie war schon angeschossen und konnte nicht mehr laufen...“ Garrick schien den Boden unter den Füßen zu verlieren. Er rannte auf die Transferplattform und rief: „Wir müssen sie da rausholen! Beamen sie mich auf ihre Koordinaten!“ Der Transporterchief sah ihn hilflos an: „Wir sind schon auf Warp gegangen, Sir. Ich kann Sie nicht mehr herunterbeamen!“

In diesem Augenblick erwachte Garrick schwer atmend. Sein erster Blick galt der Frau, die totmüde neben ihm lag und fest schlief. Noch im Schlaf konnte der Däne allerdings die Anspannung im Gesicht seiner Freundin sehen. Langsam beruhigte sich der XO nun wieder. „Es war nur ein Traum...“ sagte er sich, doch er wusste, dass dieser Traum schon bald Realität werden mochte. Nun glitt sein Blick hinüber zu dem kleinen Kinderbettchen, in dem Luma Erika friedlich schlief. Alles in ihm sträubte sich gegen den Gedanken, nicht zusammen mit den anderen auf diese Mission gehen zu können. Doch die Befehle waren eindeutig gewesen. Toreen würde das Team auf Romulus anführen.

Garrick war nun nachhaltig wach. Ein Blick auf den Chronometer sagte ihm, dass er noch etwa zwei Stunden Zeit bis zum Beginn seiner Schicht hatte. Er erhob sich und trat nach einem kurzen Blick in das süße Gesicht seiner schlafenden Tochter auf leisen Sohlen zu seinem Schreibtisch. Nach kurzer Überlegung sagte er leise: „Computer, zeige mir die Sensordaten vom Hintergrundrauschen der letzten 12 Stunden.“ Das war mit das Langweiligste, das er sich vorstellen konnte. Möglicherweise würde ihn das Studium dieser Daten wieder einschläfern. Auf dem Monitor erschien ein Balkendiagramm, das langsam von rechts nach links scrollte. Und tatsächlich, die Augenlider des Dänen wurden schon nach kurzer Zeit schwer – bis er auf einmal mehrere Peaks in der Darstellung wahrnahm. „Was'n das...?“ murmelte er schläfrig und stoppte die Darstellung. Er blinzelte sich die eben erst zurückgekehrte Müdigkeit aus den Augen, bevor er mit ein paar Tastendrücken das Frequenzband einschränkte und eine erste Analyse startete. „Wahrscheinlichkeit eines künstlichen Ursprungs: 96,765 Prozent.“ verkündete die Computerstimme. Garrick war hin und her gerissen. Einerseits lockte dort ein warmes Bett mit einer wunderschönen, wenn auch schlafenden Frau, andererseits konnte er hier auf etwas Interessantes gestoßen sein. Er überlegte kurz: „Mal sehen, wo das herkam...?“ und ließ den Computer eine entsprechende Richtungsbestimmung durchführen. „Ursprungsort lokalisiert“, meldete der Bordcomputer wenig später. Garrick wählte die Kartendarstellung aus und erstarrte, als er die Beschriftung des blinkenden Punktes las: Romulus. „Wahrscheinlich ein reiner Zufall!“ versuchte sich der Däne einzureden. Trotzdem analysierte er die Sensordaten nun genauer.


Eine halbe Stunde später stand der Commander – noch immer im Freizeit-Look – vor dem Quartier von Dalen Lazarus. Nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete sich endlich die Tür und Garrick schaute in das verschlafene Gesicht des Wissenschaftsoffiziers, in das sich nun eine gehörige Portion Verblüffung mischte, als die müde blinzelnden Augen am XO der Katana hinauf und hinab glitten. „Sir...?“ brachte Dalen schließlich heraus. Der Däne schaute nun selbst kurz an sich herunter, meinte knapp: „Das erkläre ich später!“ und trat dann ein. In seiner Hand wedelte er mit einem Datenpadd. „Ich konnte nicht schlafen und hab mir die Daten des Hintergrundrauschens angesehen, und bin dabei über etwas gestolpert, dass eine versteckte Nachricht von Romulus sein könnte. Sie müssen mir helfen...“ Dalen hob langsam aber bestimmt die Hand: „Sie können nicht schlafen und schauen sich WAS an?“ erkundigte er sich ungläubig. Dann winkte er ab und trat zum Replikator, an dem er erst einmal zwei Tassen Kaffee orderte, mit denen er dann zum XO zurückkehrte, der immer noch ungeduldig mit dem Padd wedelte. „Romulus?“ erkundigte er sich dann. „Nachricht im Hintergrundrauschen?“ Garrick nickte. „Sie müssen mir helfen, sie zu entschlüsseln!“ Dalen brummte leise: „Vermutlich ist das eh nur der Wetterbericht für die Schattenseite von Remus: 'Morgen ist mit anhaltender Dunkelheit zu rechnen.'!“ Dann nahm er dem verdutzten Ersten Offizier das Padd aus der Hand und studierte die Daten. Nach einigen Augenblicken wurde die Miene des Wissenschaftsoffiziers jedoch ernst und er trat an seinen Computer. Wenig später waren die Daten kopiert und weitere Analysen durchgeführt. „Die Botschaft wurde offenbar gezielt in Richtung Föderationsraum gesendet“, meinte Dalen kurz darauf. Garrick nickte. „Deswegen bin ich zu Ihnen gekommen.“ Der Wissenschaftsoffizier nahm nun Platz und rief weitere Analyseprogramme und Entschlüsselungsalgorithmen auf. Ein Text erschien auf dem Bildschirm. Dalen lehnte sich zurück: „Definitiv kein Wetterbericht, Sir.“ Garrick trat um den Schreibtisch herum und schaute auf das Display. Dort stand: „Föderation! Drakh wissen Bescheid! Brauche Hilfe!“ Die beiden Offiziere tauschten einen langen Blick. Dann meinte Garrick: „Können wir herausfinden, von wo genau auf Romulus diese Botschaft stammt? Möglicherweise haben wir dort einen Verbündeten!“ Dalen nickte und tippte ein wenig auf seiner Computertastatur herum. „Sie werden es nicht glauben, Commander, aber die Warnung kommt direkt aus dem Sitz des Prätors.“


„Und was soll das nun bedeuten, Commander Andersson?“ Toreen Akida betonte die letzten beiden Worte gerade so, dass man es nicht unbedingt als geringschätzigen Tonfall einschätzen musste. Zusammen mit der übrigen Führungscrew saßen die beiden Offiziere im Besprechungsraum der Katana. „Das soll bedeuten, dass Ihr geheimer Plan offenbar kein Geheimnis mehr ist. Sie werden unsere Leute offensichtlich in eine Falle locken!“ erregte sich Garrick. Seeta legte ihr Padd, auf dem Dalens und Garricks Erkenntnisse die versteckte Botschaft betreffend aufgelistet waren, langsam zur Seite. Dann sagte sie: „Das stimmt vielleicht. Aber der Absender bittet auch ganz eindeutig um Hilfe. Und er scheint im Machtzentrum von Romulus zu sitzen – zumindest nicht sehr weit davon entfernt. Vielleicht kommen wir über ihn nah genug an die romulanische Führung heran, um allen von einem Keeper befallenen Personen die Droge zu verabreichen?“ Garrick musterte seine Freundin. Objektiv betrachtet hatte Seeta natürlich Recht. Doktor Maddigan erhob das Wort: „Dann sollten wir versuchen, mit dieser Person Kontakt aufzunehmen.“ Lew Sulik mischte sich ein: „Nun mal langsam, auch diese Botschaft könnte doch Teil der Falle sein, oder? Wenn wir hier eine Antwort in den Subraum blasen, wissen die Rommies doch sofort, wo wir sind! Da können wir die Katana ja gleich wie einen Christbaum schmücken!“ Bevor die Diskussion zu sehr ausufern konnte, hakte Captain Ebbersmann ein: „Vielen Dank für Ihren blumigen Vergleich, Lieutenant“, schmunzelte er. Dann fuhr er ernster fort: „Der Einwand ist nicht unberechtigt. Wir wissen nicht, wer der Absender ist. Wir können nur hoffen, dass die Warnung ernstgemeint ist. Der Punkt ist: Für die Drakh beziehungsweise die Romulaner ändert sich durch diese Botschaft nichts. Sie wissen, dass wir kommen, zwar nicht genau wann, wer und wo, aber sie wissen es. Für uns ändert diese Botschaft dagegen viel: Wir wissen nun, dass wir erwartet werden. Ob Falle oder nicht: Unsere Strategie muss geändert werden.“ Er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr: „Wir müssen die Drakh bekämpfen, daran führt kein Weg vorbei. Das heißt, Umkehren kommt nicht in Frage. Mit etwas Glück haben wir sogar einen Verbündeten auf Romulus. Diese Option können wir nicht ungenutzt lassen. Wir haben noch etwa zehn Tage, bis wir auf Romulus eintreffen. Diese Zeit werden wir nutzen: Mr. Lazarus, Miss Yadeel, XO, arbeiten Sie eine Möglichkeit aus, eine Antwort so zu senden, dass eine Lokalisierung der Katana so gut wie unmöglich wird! Und Sie, Mr. Toreen, überarbeiten Ihr geplantes Vorgehen. Berücksichtigen Sie, dass unser Team mit stärkerem Widerstand zu rechnen haben wird, aber auch, dass wir möglicherweise Unterstützung durch Romulaner erhalten.“

Mark de Boer

Toreen Akida lief unruhig in seinem Quartier auf und ab. Er war sich durchaus bewusst, dass die Crew der Katana ihn nicht mochte. Aber das war ihm völlig egal. Sein einziges Augenmerk galt seinen Aufgaben und seiner Mission. Dafür stellte er alles andere zurück und erbrachte jedes erdenkliche Opfer. Er war ein Perfektionist und hatte diese Mission bis ins kleinste Detail durchgeplant. Und nun brachte dieser eine verschlüsselte Funkspruch alles in Gefahr. Sicher, es war gut, einen Verbündeten auf Romulus zu haben. Aber solange nicht klar war, wer dies war und welche Ziele er verfolgte, wollte er sich nicht zu sehr auf Mister X verlassen. Es konnte ebenso gut auch nur eine Falle der Drakh oder der Romulaner sein, die die Katana dazu bewegen wollten, sich zu verraten. All das hatte er berücksichtigen müssen, als er seinen Plan überarbeitet hatte.

Er war bei seinem Grundablauf geblieben, hatte jedoch ein paar Änderungen vorgenommen. Er fand es geradezu naiv, wie die Führungscrew auf den Funkspruch reagiert hatte. Als ob man in diesem Stadium der Mission mal eben alles umwerfen könnte. Er hatte hart und lange daran gearbeitet, um alles zu arrangieren, die beiden romulanischen Captains und deren Crews umzudrehen und die nötige Infrastruktur auf Romulus zu schaffen. Er konnte nicht einfach einen Ersatzplan aus den Ärmeln schütteln. Also hatte er lediglich einige Punkte verändert und noch mehr Sicherheitsmaßnahmen eingeplant. Aber dafür benötigte er diesmal die Unterstützung der Crew. Ihm behagte es nicht, von den anderen abhängig zu sein. Und wie die bisherigen Treffen gelaufen waren, dürfte das eine sehr harte und nervenaufreibende Diskussion geben.

Er seufzte, als er an das bevorstehende Treffen mit der Führungscrew dachte. Momentan wäre ihm sogar eine Konfrontation mit den cardassianischen Wärtern von Batal lieber.

In Gedanken ging er alles noch einmal durch. Er hatte unzählige Male verschiedene Szenarien durchgespielt und hatte sich Antworten und Argumente zurechtgelegt für die Einwände, die er erwartete. Schließlich schloss er die Augen und konzentrierte sich auf seinen Ruhepunkt, wie es ihm Vedek Matai beigebracht hatte. Als er sie wieder öffnete, strahlte er die unerschütterliche Ruhe aus, die alle anderen von ihm kannten. Er nahm einen letzten Schluck seines Jumja-Tees und verließ sein Quartier in Richtung Konferenzraum.



Im Besprechungsraum herrschte eine angespannte Stille. Nach und nach trafen alle ein. Ebbersmann nickte jedem Neuankömmling freundlich zu und beobachtete diesen für einen Moment. In den meisten Gesichtern stand hohe Konzentration, aber auch teilweise Beunruhigung. Diese Mission forderte von vielen Crewmitgliedern einen hohen persönlichen Einsatz. Er hob den Kopf, als Seeta Yadeel eintrat. Sie sah müde und erschöpft aus. Ihre gesamte Körperhaltung drückte alles andere als Zuversicht aus. Die junge Frau hatte aktuell drei Fronten, an denen sie zu kämpfen hatte. Ebbersmann beobachtete sie, als sie sich zum XO und dem Wissenschaftsoffizier gesellte und leicht den Kopf schüttelte.

Toreen betrat den Raum und sah sich misstrauisch um. Er warf jedem der Anwesenden einen kurzen Blick zu und runzelte dann die Stirn. Dann nahm er direkt gegenüber der Tür Platz. „Ah, Lieutenant Commander Toreen. Schön, dass Sie da sind. Dann können wir ja anfangen.“, begrüßte der Captain ihn. Akida schüttelte den Kopf und wollte gerade etwas erwidern, als eine weitere Person eintrat.

„Doctor Maddigan… Was machen Sie denn hier?“, fragte Ebbersmann erstaunt. „Ich bin auf besonderen Wunsch von Lieutenant Commander Toreen hier. Wieso genau, weiß ich aber noch nicht.“ „Er wird in einem Punkt des Plans sehr wichtig sein. Daher hatte ich ihn mit eingeladen.“, erklärte der Bajoraner. „Aber lassen Sie uns das zu gegebener Zeit besprechen.“ „Nun gut.“, ergriff Benjamin Ebbersmann das Wort. „Sie alle wissen, warum wir hier sind. Lassen Sie uns alle nötigen Punkte durchsprechen. Haben Sie noch etwas über die Botschaft herausgefunden?“ Er sah Dalen Lazarus an. „Ich habe alles noch einmal überprüft und kann mit Sicherheit sagen, dass die Nachricht tatsächlich aus dem Prätoriat gesandt wurde. Außerdem scheint die Person über einen höheren Bildungsstand zu verfügen.“ „Wie kommen Sie denn darauf?“ „Der Text deutet darauf hin.“ „Aber das waren doch nur ein paar Worte?!?“ „Ja, aber es war die Wortwahl und die vollkommen korrekte, aber äußerst selten gebräuchliche Grammatik. Dies war niemand, der das Standard-Romulanisch spricht und schreibt.“ „Und es war jemand, der nicht so verzweifelt ist, wie seine Nachricht uns glauben machen soll.“, ergänzte der Geheimdienstler ruhig. „Woraus schließen Sie das?“, fragte Lazarus erstaunt. „Er ist sehr vorsichtig, also hat er noch eine Menge zu verlieren…“ „Ja, sein Leben zum Beispiel!“, warf Yadeel süffisant dazwischen. „Wenn die Situation so aussichtslos für ihn wäre, würde er ein größeres Risiko eingehen.“, fuhr der Bajoraner ruhig fort. „Er hat eine Botschaft ins All geblasen, die mit dem Hintergrundrauschen getarnt war. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir das richtige Stückchen Rauschen analysieren und die Nachricht entdecken? Eins zu x-Millionen!“ „Hmm, das klingt logisch.“, bestätigte Dalen Lazarus. „Ich bin geneigt, Ihnen in diesem Punkt zuzustimmen.“

„Vielen Dank für den Einblick in das Wesen dieser Person. Ich bin überrascht, was man aus diesen paar Worten alles herauslesen kann. Gute Arbeit von Ihnen beiden.“, lobte Ebbersmann. „Konnten Sie eine Möglichkeit entdecken, wie wir auf die Nachricht reagieren können?“ Sein Blick wanderte zwischen dem XO und der Chefingenieurin hin und her. „Hier sind wir leider kein Stück weiter gekommen.“, begann die Zanderianerin zögerlich. „Wir haben die Nacht über verschiedene Verfahren und Möglichkeiten diskutiert. Ich habe heute noch einige Tests gemacht…“ „Was?!? Sie haben mit der Katana Signale ausgesandt?!?“, rief Toreen erschrocken aus. „Natürlich nicht!“, funkelte die Frau ihn giftig an. „Ich bin doch keine Idiotin! Was glauben Sie denn??? Ich habe verschiedene Tests gemacht – im Maschinenraum! Leider ohne brauchbares Ergebnis. Bei jeder Übertragung von uns, die empfangen wird, kann man den Ursprung identifizieren. Und wenn man Romulus als Ziel nimmt, lassen sich recht leicht die wahrscheinlichsten Wege von hier dahin extrapolieren.“ „Lässt sich nicht der gleiche Weg benutzen wie bei der Ausgangsnachricht?“, fragte Ramirez nach. „Nein, auch die lässt sich zurückverfolgen.“, schüttelte Andersson den Kopf. „Ich sehe hier keine Möglichkeit, unbemerkt eine Nachricht zu verschicken, die wirklich nur den einen, richtigen Empfänger erreicht.“ „Um ehrlich zu sein, bin ich gar nicht enttäuscht darüber, dass wir nicht antworten können.“, meinte Akida. „So? Bitte erläutern Sie das.“, hakte Benjamin Ebbersmann schärfer als geplant nach. Ihn nervte diese Art des Bajoraners, die irgendwie nur laut zu verkünden schien: „ICH BIN GEGEN EUCH!“

Der Verbindungsoffizier stand auf und ergriff das Wort. „Erstens wissen wir nichts über den Absender. Ist er wirklich ein Verbündeter, der Hilfe benötigt, oder handelt es sich um eine Falle, in die wir gehen sollen? Ich sehe die Verzweiflung bei ihm nicht. Also wer sagt uns, dass er uns nicht aus der Deckung locken will damit?“ Der Bajoraner sah alle einen Moment an, bevor er fortfuhr: „Zweitens wissen wir nicht, wer diese Person ist. Selbst wenn wir die Nachricht unbemerkt in das Prätoriat bekämen – wer sollte sie erhalten? Die Gefahr, dass ein Falscher die Nachricht entdeckt, ist einfach zu riesig. Drittens hat der romulanische Abhördienst seine Aktivitäten im eigenen Raum und insbesondere um Romulus in den vergangenen Monaten vervielfacht. Es wird nahezu jeder Funkspruch analysiert. Glauben Sie mir: Eine Nachricht unbemerkt nach Romulus zu schicken, ist aktuell praktisch nicht möglich. Vom Prätoriat mal ganz zu schweigen…“ Er blickte Seeta Yadeel durchdringend an, bis diese etwas unwohl auf ihrem Sitz hin- und her rutschte. „Was uns zum nächsten Punkt führt: Es ist nicht gesichert, ob diese Person überhaupt noch in Freiheit oder am Leben ist. Und selbst wenn wir vom positiven Fall ausgehen, dass die Person tatsächlich ein Verbündeter und noch in Freiheit ist, kann ich nicht erkennen, dass sie auch eine Antwort erwartet. Im besten Fall sehe ich hier nur eine Warnung, dass wir erwartet werden.“ Er blieb noch einen Moment stehen und setzte sich dann.

„Das lässt sich alles nicht von der Hand weisen.“, bestätigte Ramirez. „Aber wie sollen wir auf die Nachricht reagieren? Wir können nicht so tun, als hätten wir sie nicht erhalten.“ „Nein, das durchaus nicht.“, stimmte Toleen zu. „Wie gesagt, sehe ich sie als beabsichtigte oder unbeabsichtigte Warnung für uns an. An unserem generellen Ablauf ändert sich dadurch erst einmal nichts. Die Art und Weise, wie die Nachricht überbracht wurde, zeigt, dass sie zwar mit einer verdeckten Mission rechnen, aber keine Ahnung haben, was wir genau planen. Das ist ein immenser Vorteil für uns. Wir müssen jedoch größere Vorsicht walten lassen. Das betrifft den Kontakt mit den beiden romulanischen Schiffen, aber insbesondere auch die Deckung und die Tarnung des Außenteams. Hier ist die grundlegendste Änderung zum bisherigen Plan vorgesehen. Da die Spionageabwehr garantiert mit verschärften Kontrollen auf die neue Situation reagieren wird, reicht eine einfache optische Anpassung nicht mehr aus. Dies hält zwar einer ersten, oberflächlichen Überprüfung stand, aber wir müssen davon ausgehen, dass die Kontrollen tiefergehend sein werden. Hier kommt Doctor Maddigan ins Spiel. Ich habe hier eine Liste der endgültigen Mitglieder des Außenteams. Diese müssen sich einer Resequenzierung ihrer DNS unterziehen. In der Liste steht genau, wer welche DNS und welches Aussehen erhalten soll.“

„Wir sollen was erhalten???“, kreischte Seeta entsetzt auf. „Sie spinnen doch total!!! Ich lass mich doch nicht umgestalten wie eine Puppe!!!“ „Das kommt gar nicht in Frage!!!“, stimmte auch Garrick ein. „Unsere Crew wird nicht einfach so verändert und in Romulaner verwandelt!! Das ist viel zu gefährlich!“ „Ich hätte auch lieber auf ein anderes, sanftes Verfahren zurückgegriffen, aber das lässt die Situation nun mal nicht zu.“, erwiderte der Bajoraner ruhig. „Doktor, die Mitglieder müssten kurzfristig umgewandelt werden. Schaffen Sie das?“

Doctor Maddigan glaubte nicht, was er da hörte. Er hatte dem Wortgefecht mit offenem Mund zugehört. „Ich soll die DNS in romulanische DNS verwandeln?!? Wissen Sie, wie gefährlich das ist. Das kann zu immensen Zellschäden führen…“ „Doktor, wenn wir es nicht tun und die Personen dann kontrolliert werden, wird der Zellschaden unumkehrbar sein. Man wird sie dann nämlich töten! Also schaffen Sie es, die Umwandlung innerhalb kürzester Zeit durchzuführen?“ „Das ist Stress pur für den Körper. Ich müsste sie ununterbrochen überwachen. Sie müssten ab sofort von weiteren Aufgaben befreit werden. Das beträfe auch Ihren Unterricht!“ „Ziehen Sie das wirklich in Erwägung, Doktor?“, fragte Yadeel fassungslos. „Das ist mir zu gefährlich! Ich mach da nicht mit!“

„Lieutenant Commander Yadeel, Sie sind hier nicht auf einem Ferienschiff, sondern auf einem Schiff, das in einer geheimen Mission im feindlichen Raum unterwegs ist. Sie können hier nicht Befehle befolgen, nur wann Sie es wollen. Sie haben sich verpflichtet!“ „Mister Toreen, bitte mäßigen Sie sich. Noch bin ich es hier, der die Befehle gibt. Und momentan sehe ich noch nicht die Notwendigkeit, eine DNS-Veränderung zu befehlen.“, schallte Ebbersmanns Stimme durch den Raum. „Die Risiken sind mir zu groß. Ich fürchte, wir werden hier einen anderen Weg finden müssen. Toreen atmete tief ein und stieß die Luft langsam wieder aus. „Nun gut. Captain, ich müsste sie mal unter vier Augen sprechen!“ „Ich denke, ich habe meinen Standpunkt deutlich gemacht. Meine Entscheidung…“ „Captain! Ich habe Informationen, die ausschließlich für Sie bestimmt sind!“ Ebbersmann sah den Geheimdienstler scharf an, aber dieser verzog keine Miene. Schließlich seufzte der Captain resigniert. „Dann kommen Sie mit in den Bereitschaftsraum…“



Akida folgte Benjamin, der forschen Schrittes über den Flur in den kleinen Bereitschaftsraum eilte. Kaum hatte sich die Tür hinter den beiden geschlossen, drehte sich der ältere Mann um und trat einen Schritt auf den Bajoraner zu. „Was haben Sie mir mitzuteilen? Machen Sie es kurz, ich bin Ihre Spielchen satt. Und wehe, es ist wieder irgendeine Taktik von Ihnen…!“ „Captain, ich versichere Ihnen, dass ich gehofft hatte, dies nicht tun zu müssen. Mir wäre es lieber gewesen, wenn wir so zu einer Vorgehensweise gekommen wären.“

„Hören Sie mit diesem politischen Gerede auf und kommen Sie zur Sache!“ Toreen straffte sich und hielt Ebbersmann ein PADD hin. „Hier ist ein Schreiben von Admiral Horaki. Es setzt Sie davon in Kenntnis, dass ich die Führung der Mission innehabe. Und das schließt neben dem Missionsplan und dem Einsatz aller nötigen Ressourcen auch die Vorbereitung und Ausrüstung des Außenteams vollumfänglich ein. Sie haben natürlich weiterhin das Kommando über die Katana, sofern diese nicht als notwendige Ressource angesehen wird. Wie Sie erkennen, berechtigt mich das auch, bei dem Außenteam das Resequenzieren durchführen zu lassen. Ich hoffe jedoch, dass ich diese Vollmacht nicht vor der Crew ausspielen muss. Mir wäre es lieber, wenn es weiterhin nach den alten Machtverhältnissen aussähe.“

Ebbersmann überflog den Befehl des Admirals. Er gab Toreen tatsächlich weitreichende Befugnisse beim Einsatz der Katana und des Außenteams. Der Captain konnte nicht glauben, dass er mit einem Federstrich de facto entmachtet wurde. Er würde sich den Befehl noch einmal in Ruhe durchlesen und die Grenzen der Befugnisse genau feststellen. Er würde Toreen Einhalt gebieten, wenn der sie überschreiten sollte.

Ebbersmann schaute hoch und blickte den Bajoraner mit eiskalten Augen an. „Mister Toreen. Ich sehe, Sie haben nichts dem Zufall überlassen…“ Er trat so nah an den Mann heran, dass sich ihre Köpfe fast berührten. „Aber seien Sie gewarnt. Wenn durch Ihren Fehler meine Crew zu Schaden kommt, werde ich persönlich dafür sorgen, dass man Sie in den tiefsten Kerker schmeißt und den Schlüssel wegwirft!“ Mit diesen Worten drehte er sich weg und verließ den Bereitschaftsraum.



Ebbersmann betrat den Besprechungsraum mit finsterer und versteinerter Miene. Toreen folgte ihm kurz darauf. Sein Gesicht spiegelte gar keine Emotionen wieder. Als sich alle wieder gesetzt hatten, ergriff der Captain das Wort. „Doktor, führen Sie die Resequenzierung durch.“ „Aber Sir!“, widersprach sein XO sofort. „Mister Andersson, die Entscheidung hierzu ist gefallen. Jede weitere Diskussion ist sinnlos.“ Der Tonfall und die gesamte Körperhaltung des Captain machten deutlich, dass er hiervon nicht abrücken würde, und so verstummte der aufkeimende Protest.

„Hier sind die Spezifikationen, Doktor. Die obersten vier Personen müssten noch heute behandelt werden.“ Der Geheimdienstler reichte dem Arzt ein PADD. Der Doktor sah sich die Liste an. „Was sind das für detaillierte Spezifikationen? Und was ist das für eine Neurostimulation?“, fragte er erstaunt. „Danke, dass Sie darauf zu sprechen kommen.“ Der Verbindungsoffizier erhob sich. „Wir haben im Vorfeld alles unternommen, um den Schutz des Außenteams soweit möglich zu gewährleisten. Statt der ursprünglichen optischen Anpassung muss jetzt leider eine genetische Anpassung vorgenommen werden. Die Mitglieder erhalten die Identitäten von echten Romulanern, die alle im Umkreis der Senatoren arbeiten: Bedienstete, Büroangestellte, niedrigere Beamte. Alles Personen, die nah genug an das Geschehen herankommen, aber zu niedrig sind, als dass man sie wirklich beachtet.“ „Was ist mit diesen Leuten geschehen?“, fragte Andersson und verzog das Gesicht, als er in Toreens Augen sah. „Das wollen Sie nicht wirklich wissen und ist auch nicht relevant.“, antwortete dieser ruhig. „Wichtig ist für Sie nur, dass die Identitäten somit auch einer tiefergehenden Kontrolle standhalten. Damit der Austausch aber unbemerkt vonstattengehen kann, müssen die Mitglieder des Außenteams über deren Wissen verfügen. Hierzu wenden wir ein neurostimulierendes Verfahren an, bei dem diese Informationen direkt in das Gehirn eingespielt werden. Dies erfolgt während der genetischen Anpassung. Auf das Wissen können die Mitglieder hinterher ganz intuitiv und normal zugreifen. Machen Sie sich keine Sorgen. Diese Prozedur gehört zu einem vielfach erprobten Verfahren, dem sich unsere Agenten im Undercover-Einsatz unterziehen. Ach ja: Zu diesem Wissen gehören übrigens auch erweiterte Sprachkenntnisse in Romulanisch. Auf diese Weise sollte es nahezu unmöglich sein, unser Außenteam zu entlarven.“

Gemurmel setzte ein, als über die neuen Informationen leise diskutiert wurde. „Gibt es dazu noch Fragen oder Anmerkungen?“, fragte Ebbersmann. Als niemand sich meldete, beendete er die Sitzung und ging umgehend hinaus.


Natalie Bardal steckte tief in den Eingeweiden von Marks Fighter und versuchte nun schon seit geraumer Zeit, die Spulen für die Tarnvorrichtung so im Schiff unterzubringen, dass sie nicht überhitzten und ausfielen. Bisher waren etliche Tests fehl geschlagen. Schließlich richtete sie sich auf und kletterte aus der Azrael heraus. „So, nun aber.“, murmelte sie, als sie die verschiedenen Generatoren anschloss. „Charlie, ich bin dann soweit.“ „Gut, dann wollen wir mal. Auf drei. 1 – 2 – 3!“ Gleichzeitig aktivierten Natalie und Charlie die Generatoren. Das Schiff flackerte kurz auf und verschwand dann. Natalie beobachtete die Werte des Antriebs und der Tarnvorrichtung. „Werte bislang im grünen Bereich. Erhöhe die Leistung, Chief.“, meldete sie. Charlie schnaubte bei der Nennung seines Rangs. „Erhöhe auf 50%.“ „Die Werte steigen auf 70% und 68% des Maximalwertes und sind stabil. Erhöhe auf 70% Leistung.“ Nach und nach steigerten sie die Werte.

Mark betrat den Hangar. Mittlerweile irritierte ihn der vermeintlich leere Platz nicht mehr, wo sein Fighter normalerweise stand. Beim ersten Mal hatte er mit der Hand nachfühlen müssen, ob seine Azrael noch da war. „Hey Natalie, hi Charlie. Wie läuft’s? Ist alles stabil?“, fragte er. „Hallo Mark. Ja, die Generatoren laufen jetzt seit fünfzehn Minuten bei 110%. Und die Werte sind immer noch innerhalb der normalen Parameter. Wir werden sicherheitshalber noch bei 125% und 150% testen. Aber bislang sieht es positiv aus.“ „Das hört sich doch gut an. Aber du hast gesagt, du willst mir noch etwas anderes zeigen?“ „Ja, genau. Du hast doch ein paar Tage in dem Fighter vor dir. Ich habe mir da mal was für deine tägliche Hygiene ausgedacht…“


Garrick hatte sich heute extra eine Stunde früher frei genommen, um für Seeta etwas zu kochen. Heute hatte sie ihre erste Behandlung und würde danach sicherlich total fertig und hungrig sein. Und dann wollte er sie mit einer Reihe von dänischen Spezialitäten überraschen. Er hatte einige Fischgerichte zubereitet, und natürlich durften auch das berühmte Smørrebrød, die dänischen Hotdogs, Käse und diverse Süßspeisen nicht fehlen. Sie sollte sich nach der Anstrengung so richtig wohlfühlen.

Der Däne war gerade dabei, den Tisch zu decken, als die Tür aufging. „Ah, Seeta. Du bist zuhause. Wie lief…“ Er drehte sich um und ließ vor Schreck die Teller herunterfallen. Sein erster Reflex war, den Sicherheitsdienst zu rufen. Vor ihm stand eine gebückte Gestalt mit schmerzverzerrtem, grünlich-grauem Gesicht. Instinktiv griff er nach einem der Messer. „Garrrrrickkk.“, schnarrte das Wesen und ließ ihn stocken. Er sah genauer hin. Und in den Augen erkannte er dann Seeta. „Oh Gott!!! Seeta, was ist denn passiert? Du siehst ja furchtbar aus!“ Die Frau ließ sich ächzend auf einen Stuhl fallen. „Danke auch, ich liebe dich auch!“, knurrte sie. „Was soll schon passiert sein? Die Genveränderung ist passiert! Oh, geht’s mir dreckig…“ „Und trotzdem hat Doctor Maddigan dich gehen lassen?“, fragte Garrick besorgt. „Du siehst aus, als ob du ständig überwacht werden müsstest.“ „Noch einmal Danke!“, maulte Seeta gefährlich leise. „Nein, ich habe ihn genötigt, mich nach Hause zu lassen. Wenn ich die nächsten Tage nur noch die Krankenstation sehe, werde ich auf Romulus zum Massenmörder. Ich soll morgen wiederkommen.“

Sie stand auf und ging ins Schlafzimmer. „Ich werde mal nach Luma sehen.“ Kurze Zeit später ertönte lautes Babygeschrei. Garrick eilte Seeta nach und nahm ihr das lärmende Bündel aus dem Arm. Sofort beruhigte sich das Kind. „Ich glaube, momentan machst du ihr nur Angst.“, meinte der Däne ruhig und legte Luma ins Bettchen. „Komm erst mal wieder zu Kräften. Ich habe extra etwas für dich gekocht. Alles dänische Spezialitäten, die du immer mal probieren wolltest.“ „Fisch?!“, fragte Seeta schwächlich. Dann hielt sie sich die Hände vor den Mund, würgte und rannte ins Badezimmer.



„Sternzeit 60189,1 Logbuch des Captains

Wir sind an unserem ersten Treffpunkt angelangt, wo wir die ersten vier unseres Außenteams auf einen romulanischen Frachter transferieren. Ein Asteroidengürtel verhindert, dass man uns außerhalb des Systems scannen kann. Leider bedeutet das aber auch, dass wir ebenfalls blind sind und ein Schiff erst dann sehen, wenn es vor uns schwebt. Ich hoffe wirklich, dass die Crew dort kein doppeltes Spiel spielt. Leider muss ich mich hier völlig auf Lieutenant Commander Toreen verlassen – ein Zustand, der mir ganz und gar nicht gefällt. Außerdem wird heute Lieutenant de Boer in seinem Azrael-Fighter unser Schiff verlassen und getarnt auf einem Parallelkurs nach Romulus fliegen. Für alle Beteiligten stellen die nächsten Tage und Wochen eine besondere Herausforderung dar. Ich hoffe, die Mission verläuft erfolgreich. Es steht sehr, sehr viel auf dem Spiel.

Captain Ebbersmann Ende.“


„Mark, musst du wirklich gehen?“ Tessa hatte ihre Arme um Mark geschlungen. „Ich halte das Ganze für eine ziemlich dämliche Idee. Mir gefällt das nicht, dass du in der kleinen Nussschale tagelang irgendwo im All herumtreibst.“ Mark legte seine Arme auch um Tessa. „Mir macht das auch keinen Spaß. Aber was soll ich machen? Es ist die einzige Chance, die wir haben.“ „Aber wenn du dann wirklich in einen Kampfeinsatz gehen musst…“ Sie drückte sich enger an den Piloten. „Ich glaube, dann haben wir ohnehin ein Problem. Ich werde dann alles daran setzen, dass die Katana deinen süßen Arsch aus der Gefahrenzone bringen kann.“ Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Ich muss jetzt los.“ Er löste sich aus der Umarmung und schnappte sich seinen Rucksack mit den paar Sachen, die er mitnehmen konnte. Er drehte sich um zur Tür, als Tessa ihm nachrief. „Warte! Ich habe noch etwas für dich!“ Er wandte sich zu ihr um. Sie drückte ihm einen Datenkristall in die Hand. Ich habe dir hier für jeden Tag ein paar Sachen aufgespielt, damit du dich nicht langweilst… und mich nicht vergisst!“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn leidenschaftlich. Der Moment schien Ewigkeiten zu dauern, aber dann lösten sich ihre Lippen von den seinen. „So mein großer, starker Held. Ich hasse Abschiede, also sieh zu, dass du zum Hangar kommst. Sei vorsichtig!“ Sie küsste ihn. „Und immer nur einen Eintrag pro Tag hören!“ Er lachte leise auf. „Ich werde daran denken.“ Er gab ihr noch einen Kuss und verschwand aus ihrem Quartier. Die Tür schloss sich. „Sei bitte vorsichtig!“, flüsterte sie leise. „Ich hab Angst um dich!“



Toreen Akida stand mit Ebbersmann und Andersson sowie den ersten vier Mitgliedern des Außenteams im Transporterraum 2. Sie hatten den Weg dahin abgeriegelt, so dass niemand die umgewandelten Romulaner zu Gesicht bekommen hatte. Dies sollte eine Vorsichtsmaßnahme sein, falls die Katana in Gefangenschaft geraten sollte. Lediglich der Doktor, der Captain, der XO und er selbst kannten die falsche und die wahre Identität der Personen, und so sollte es auch bleiben.

„Sie kennen die Mission und wissen, worauf es ankommt. Seien Sie vorsichtig und gehen Sie so umsichtig wie möglich zu Werke.“, beendete der Bajoraner sein Missionsbriefing. Der Captain trat vor und wünschte allen noch einmal viel Glück und Erfolg. Man sah den vier Crewmitgliedern ihre Nervosität an. Für zwei war es die erste Außenmission im feindlichen Territorium überhaupt, die anderen beiden hatten noch nie in einer so heiklen Undercover-Aktion mitgewirkt. Der große Däne trat noch einmal vor, Seeta ging ihm einen Schritt entgegen. Garrick räusperte sich und ergriff ihre Hand. „Schatz, sei vorsichtig. Geh kein unnötiges Risiko ein!“ „Ich werde aufpassen. Ich versprech’s.“ Sie beugte sich vor und küsste ihn. Garrick erwiderte den Kuss, brach ihn dann aber ab. „Es ist seltsam, eine Romulanerin zu küssen, auch wenn ich weiß, dass du es bist…“, murmelte er verlegen. „Schon gut.“, entgegnete Seeta und trat wieder auf die Transporterplattform.

„Captain.“ Die Stimme des Sicherheitschefs durchschnitt den Moment der Stille. Benjamin aktivierte seinen Kommunikator. „Was gibt es?“ „Das Schiff ist angekommen und hat einen Code geschickt.“ „Leiten Sie ihn auf das Terminal hier weiter.“

Toreen rief den Code auf. „ Das passt. Wir werden Sie dann jetzt rüberbeamen.“ Das Außenteam zog die Kapuzen ihrer Mäntel tief ins Gesicht. Sekunden später flimmerte das bläuliche Licht des Transporterstrahls auf und die vier falschen Romulaner entmaterialisierten.

„Sir, der romulanische Frachter dreht ab und verlässt das System.“ „Danke, Mister Ramirez.“



„Lieutenant Sulik. Das romulanische Schiff hat das System jetzt verlassen. Sie können den Fighter nun aussetzen.“ „Danke, Lieutenant Commander.“ Lew drehte sich um zu Mark. „Du hast es gehört. Das Küken kann schlüpfen.“ „Oh Gott, Lew… Die Azrael ist kein Küken und die Katana keine Legehenne.“, kicherte Mark. Natalie kam zu ihm und umarmte ihn. „Sei bitte vorsichtig.“ „Keine Angst, ich bring dir die Azrael schon wieder heil zurück.“, meinte Mark grinsend, woraufhin sie ihm in die Seite boxte. „Das mein ich nicht. Das weißt du!“ Lews Hand landete schwer auf Marks Schulter. „Ey, Kumpel. Pass echt auf. Ich hab keinen Bock, mir einen neuen Saufkumpanen suchen zu müssen.“ „Ich hoffe, du trinkst mir in der Zwischenzeit unsere Vorräte nicht weg!“, konterte Mark. Sie schlugen ihre Hände ineinander, dann stieg der Niederländer in seinen Fighter.

Er führte die letzten Checks durch, die er in letzter Zeit immer und immer wieder durchgeführt hatte und mittlerweile wie im Schlaf kannte. „Azrael an Katana. Ich bin bereit. Erbitte Abfluggenehmigung.“ „Katana an Azrael. Genehmigung erteilt! Viel Glück! Wir sehen uns bald wieder!“, drang die Stimme des XO durch den Kommunikator.

Mark startete die Maschine, winkte allen noch einmal zu und aktivierte die Tarnvorrichtung. Man konnte nur daran erkennen, dass er den Hangar verlassen hatte, dass das Kraftfeld am Außenschott kurz aufflackerte, als er hindurch flog.



„Lieutenant Commander Andersson. Der Fighter hat die Katana verlassen.“ „Vielen Dank für die Information, Lieutenant.“ Der XO drehte sich zu dem Captain und dem Geheimdienstler um. „Wir können also mit dem nächsten Schritt fortfahren, Sir.“ „Ausgezeichnet, Nummer Eins. Aktivieren Sie die Tarnung und fliegen Sie den nächsten Treffpunkt an.“



„Sternzeit 60189,2 Logbuch des Captains

Wir haben den nächsten Schritt der Mission erledigt. Das erste Außenteam hat die Katana verlassen, ebenso unser Fighter. Nun fliegen wir den nächsten Treffpunkt an. Dort werden wir zur geschätzten Sternzeit 60195,5 das zweite Außenteam absetzen. Danach geht es weiter bis nach Romulus. Diese Mission ist mit vielen Unbekannten behaftet. Sollte alles gut laufen, erreichen wir Romulus zur Sternzeit 60203,6. Ab diesem Zeitpunkt können wir nur darauf hoffen, dass unsere beiden Außenteams die Keeper und die Drakh erfolgreich entlarven können. Erst danach treten wir wieder in Aktion. Hoffentlich können wir friedlich die Rückreise antreten und müssen uns den Weg nicht freischießen.“ Ebbersmann überlegte einen Moment. „Computer, lösche den letzten Satz!“ Ein Piepen bestätigte die Ausführung des Befehls. „Wir werden dann den Flug in den Föderationsraum durchführen. Wir hoffen auf eine friedliche Lösung, sind aber auch auf andere Eventualitäten vorbereitet.

Captain Ebbersmann Ende.“


Lew Sulik

Wütend warf Captain Benjamin Ebbersmann das PADD von sich auf den Tisch. Krachend schlug es dort auf, schlitterte zischend über die schwarz-spiegelnde Tischplatte und prallte laut gegen die Wand um daraufhin nicht minder geräuschvoll auf den Teppichboden seines Bereitschaftsraumes zu landen. Nur die halbwegs robuste Bauart des tragbaren Computersystems verhinderte, dass es in seine Einzelteile zerfiel. Schweigend betrachtete Benjamin das daliegende PADD, das Dokument seiner Ohnmacht. Der Captain hatte sich das Schriftstück in den letzten Tagen immer wieder ganz genau durchgelesen. Jeden Paragraphen, jeden Absatz und jedes Komma eingehend studiert und geprüft um irgendeine Lücke zu finden um Akidas Anspruch auf die Führung der Mission doch noch zu brechen. Aber selbst ein Staranwalt von Alta’Mentor III wäre daran gescheitert. Toreen Akida hatte offensichtlich seinen ganzen Einfluss beim Oberkommando und dem Geheimdienst geltend gemacht um ihn auszubooten. Selbst die offensichtlichen Verletzungen von Regeln und Gesetzen hatte er noch irgendwie so abgesichert, dass Benjamin zumindest für die Dauer der Mission keinen Einfluss mehr hatte. Letztlich war juristisch und bürokratisch gesehen nichts mehr zu machen. Aber es würde nach der Mission ein Nachspiel geben, das schwor sich Benjamin bei allem was ihm lieb und teuer war!

Wenn der Rest von Toreens Plan nur genauso gut ausgearbeitet gewesen wäre, aber er misstraute Toreens Vorbereitungen auf diese Mission. Dem Mann hatte er noch nie so Recht vertraut, auch wenn er ihm sonst nie direkt negativ aufgefallen wäre. Es war seine undurchdringliche aber dennoch überhebliche Art die ihn so unsympathisch und verdächtig zugleich machten. Stets hatte aber der konkrete Anlass gefehlt um diesen Verdacht auch nur ansatzweise zu erhärten. Nun jedoch hatte er sich selbst demaskiert und sein wahres Gesicht gezeigt, und zwar das eines ideologischen Eiferers der sich wie ein selbstgerechter Apparatschik aufführte.

Als sich Benjamin wieder einigermaßen beruhigt hatte stand er seufzend von seinem Stuhl auf um das PADD vom Boden aufzuheben. Nachdenklich verstaute er den Datenträger in einer Schublade und widmete sich dem PADD mit den Missionsdetails für die Außenteams. Noch einmal prägte er sich die Informationen ein um sie bei der Überwachung der Außenmission präsent zu haben.

Team A unter der Leitung von Lieutenant Commander Yadeel würde in die Rollen von Assistenten des Prokonsuls Temok schlüpfen. Als Leiterin der Gruppe hatte die Zanderianerin die Tarnidentität seiner politischen Sekretärin Nelik inne während ihre Teammitglieder Lieutenant jg. Anita Speyer alias Antoka, Ensign Amio Turunen alias Demik und Ensign Mike Carpenter alias Lomka als Schreibkräfte und Archivare im Hintergrund bleiben konnten. Da der Prokonsul laut letzten Informationen auf einer Inspektionsreise bei den Fronttruppen war, glaubte der Geheimdienstmann Toreen in diesem Umfeld freie Hand zu haben. Außerdem galt der Prokonsul als einer der konservativen Hardliner, weshalb laut Toreen gerade hier niemanden einen Spitzel vermuten würde. Das Büro des Prokonsuls befand sich wie das aller Senatsmitglieder direkt im großen Regierungskomplex auf Romulus. Yadeels Team würde im unmittelbarsten Umfeld der zentralen Macht von Romulus agieren.

Der Vulkanier Lieutenant Tavik von der Sicherheitsabteilung führte Team B an, dem bei der Mission eine unterstützende Aufgabe zu kam. In seiner Tarnidentität als Colonel Nentok gehörte er zusammen mit Lieutenant jg. Finn O’Dywer alias Major Remak, Ensign Marek Sawicki alias Tabnak und Ensign Leyla Stewart alias Benora dem Sicherheitspersonal des Senats an. Als kleiner Sicherheitstrupp der für einen bestimmten Abschnitt des Senatsgebäudes verantwortlich war, konnte er die notwendige Logistik bereitstellen. Außerdem war dieses zweite Team am besten in der Lage, die genaue Quelle der geheimen Nachricht aus dem Machtzentrum Romulus unauffällig zurück zu verfolgen. Die kleine Einheit der Senatsgarde war laut Toreen Akida niedrig genug angesiedelt um nicht aufzufallen aber immer noch dicht genug an der Zentrale des Sicherheitsapparates dran um Seeta Yadeels Team die notwendige Rückendeckung zu geben.

Nachdenklich legte Captain Ebbersmann das PADD mit dem Missionsdossier wieder bei Seite. Auf den ersten Blick wirkten das Szenario und die Tarnidentitäten glaubhaft, aber in Anbetracht der kurzen Vorbereitungszeit und der eigentlichen Zielsetzung der Mission machte der Plan einen hoffnungslos improvisierten Eindruck. Es gab keine Kontaktperson vor Ort an die sich die Agenten hätten wenden können und es bot sich ihnen kein konkreter Ansatzpunkt für Ihre Tätigkeiten. Toreen Akida schickte die Leute einfach so in den Senat, ganz nach dem Motto „Ab dann müsst ihr eben selber schauen wo ihr bleibt!“. Die Gefahr, dass seine Leute geradewegs in eine Falle des Tal Shiar liefen war Benjamins Ansicht nach sehr groß, erst Recht seit dieser ominösen Nachricht von Romulus. Wenn ein solch stümperhaftes Vorgehen tatsächlich Standard beim Geheimdienst der Sternenflotte sein sollte, dann war es kein Wunder, das dieser die meisten seiner Agenten im Romulanischen Sternenimperium verloren hatte. Benjamin konnte nur hoffen, dass seine Leute nicht auch noch auf der Strecke blieben und Opfer von Toreen Akidas Hybris wurden.


Ein wenig unruhig lief Seeta in ihrer Kabine hin und her. Sie hatte immer noch den Eindruck, ihre Haut würde jucken. Am liebsten hätte sie sich das fremde Gesicht vom Körper geschält, so irrational das auch war. Sie erkannte sich selber nicht, wenn sie in den Spiegel sah, und das war ein beängstigendes Gefühl. Wütend schlug sie mit ihrer Faust an die Wand. Verdammter Akida! Blöde Mission! Bekackter Job! Verfluchte Sternenflotte. Na prima, dachte sie nun, denn nun tat ihr auch noch die Faust weh.

Es war ein seltsames Gefühl, jemanden anderen noch in seinem Kopf zu haben. Fremde Erinnerungen, eine fremde Person. Ihrer Meinung nach war es nicht rechtens, was Maddigan auf Akidas Anweisung hin mit ihr gemacht hatte. Akidas Argumente waren gut, natürlich waren sie das. Die Zukunft der Föderation stand auf dem Spiel, sie würde viele Leben retten, wenn sie half aufzudecken, dass der Prätor von einem Keeper kontrolliert wurde. Keeper! Drakh! Zwei weitere Schläge gegen die Wand ihrer Kabine folgten.

Sie setzte sich auf die Koje in der spartanisch eingerichteten Kabine, stützte die Ellbogen auf die Oberschenkel und legte ihren Kopf auf ihre geballten, aufgerichteten Fäuste. Nicht zum ersten Mal, seitdem sie auf diese irrwitzige Mission gegangen war, fragte sie sich, ob Akida es sich nicht zu leicht machte, wenn er meinte, dass der Zweck die Mittel immer heiligte. Denn war es die Föderation immer noch wert, für sie zu kämpfen, wenn sie den Bruch der eigenen Ideale einfach hinnahm? Gab es wirklich keine andere Lösung als die Entmündigung der eigenen Offiziere? Die Resequenzierung deren DNA gegen ihren Willen? Die Tötung von Angestellten des Senats, deren einziges Vergehen darin bestand ihrem eigenen Volk gegenüber loyal zu sein? Das war etwas anderes als die Besatzung eines Warbirds im offenen Kampf zu töten.

Sie hatte die Mission lang und breit mit Garrick diskutiert. Er teilte ihre Bedenken. Sie hatte überlegt, den Dienst zu quittieren. Er hatte sie darauf hingewiesen, dass das in Kriegszeiten schwer bestraft wurde und sie damit rechnen musste, sich vor einem Kriegsgericht zu verantworten und dann den Rest des Krieges von einer Strafkolonie beobachten zu müssen.

Der Aspekt hatte ihr nicht gefallen, letzten Endes jedoch nicht den Ausschlag gegeben, sich dem Befehl nicht zu widersetzen. Sie wollte den Krieg beenden und sie wollte ihn schnell beenden. Nun bot sich ihnen eine Chance dazu. Die Chance ungenutzt verstreichen zu lassen, wäre dumm gewesen. Das sah sie ein. Sie hoffte nur, dass ihr Gewissen damit klar kommen würde, dass sie dazu beigetragen hatte, dass die Person deren Erinnerungen sie nun besaß, für das Ende dieses Krieges hatte sterben müssen.


"Logbuch der USS Katana. Sternzeit 60.195,9. Eintrag des Capatains.

Wir haben so eben das zweite Team auf dem unbewohnten Klasse-M Mond Rexinor IV abgesetzt von wo es kurze Zeit später wie vereinbart vom Händler abgeholt wurde. Wir sind wieder auf dem Weg nach Romulus, wo wir wegen der Reiseroute des Frachters und des Händlers noch vor unseren beiden Teams eintreffen werden. Ab sofort gilt die höchste Stufe der Energierationierung um jede Form der Emission zu vermeiden, die unsere Anwesenheit trotz Tarnvorrichtung verraten könnte. Die Stimmung an Bord ist deswegen entsprechend angespannt aber mehr als Abwarten können wir ohnehin nicht tun. Jede Form der Kommunikation mit unserem Undercover-Team wäre ein Risiko. Ab jetzt sind wir zu einem Dasein im Hintergrund verdammt und können nur der Dinge harren, die auf uns zu kommen. Wir werden vorrausichtlich wie geplant bei Sternzeit 60203,6 bei Romulus eintreffen. Bis dahin gilt es den Rest der Mannschaft auf diese Mission vorzubereiten.

Captain Ebbersmann. Ende"


Gelangweilt kaute Lieutenant Sulik auf der Notration herum, einem Art Riegel mit allen Nährstoffen die der Körper so brauchte und mit genau den Geschmackstoffen beim Gaumen für einen Würgreflex sorgten. Seit der Energierationierung war selbst das einfachste Gericht aus dem Replikator Tabu und einem wartenden Soldaten war damit auch noch der letzte Rest an Abwechslung und Freude genommen worden. Angewidert spülte Lew die letzten Brocken mit einem Schluck Wasser aus einem der Alu-Beutel hinunter. Das Zeug schmeckte genauso widerlich wie Toreens Auftreten auf ihn wirkte. Aber er hatte sich schon genug über diese Schnapsidee des Bajoraners aufgeregt und unter den Piloten teilte jeder seine Meinung. Da hatte es keinen Sinn sich lauthals zu beschweren denn hier konnte er mit niemanden auf Konfrontation gehen. Letztlich musste er sich auf seinen Teil des Plans konzentrieren und dafür sorgen, dass seine Leute ihren Job gut machten. Wie immer die Sache aus gehen sollte, Lew wollte nicht dass es wegen seiner Staffel scheiterte!

Derzeit galt für das Squadron Bereitschaftsstufe 1, was bedeutete, dass die Piloten in Fliegermontur in ihrem Raum warteten, während im Hangar die Fighter jederzeit starbereit standen. Die elf Piloten im Bereitschaftsraum waren extrem lebhaft, denn viele unterhielten sich lautstark untereinander. Alle versuchten Ihre Anspannung, die durch das Warten entstanden war zu kompensieren und zu überspielen. Man machte sich gegenseitig Mut in dem man mit derben Sprüchen über den Feind herzog und es machten immer wieder Romulanerwitze die Runde.

„Wir erreichen in wenigen Minuten das romulanische System. Die Staffel wird in Bereitschaftsstufe 2 versetzt! Warten sie auf weitere Befehle.“, erklang die Stimme des taktischen Offiziers von der Brücke. Damit erstarben alle Gespräche. Lew verkündete Laut: „Jungs, ihr habt es gehört. Es wird langsam ernst! Auf geht’s!“

In wenigen Sekunden hatten alle mit eingeübten Handgriffen ihre Fliegermontur überprüft, ein High-Tec-Overall der schon für sich ein kleines Lebenserhaltungssystem war, dann rannten alle im Eilschritt in den Hangar hinaus. Durch jahrelange Übung dauerte es keine halbe Minute bis die Piloten ihre Cockpits besetzt hatten und die Techniker die Maschinen auf Standby brachten.

Routiniert schloss Lew seinen Overall an die Systeme seines Fighters an, zurrte die Sicherheitsgurte fest, zog sich seinen Helm über und schloss ihn mit der Atemmaske ab. Das Cockpitverdeck ging zu und er klappte sein Helmvisir nach unten. Mit wenigen Tastendrücken war sein Fighter auf Standby und für den Einsatz bereit. Jetzt galt es zu warten. Warten bis zum Einsatz oder bis die Bereitschaftsstufe herab gesetzt wurde. Das war der unangenehmste Teil des Ganzen.


"Logbuch der USS Katana. Sternzeit 60203,7. Eintrag des Capatains.

Wir sind unbemerkt in das romulanische System eingedrungen und haben unsere Stellung in einem weit entfernten Orbit um Romulus eingenommen. Ob uns Lieutenant de Boer mit seinem Jäger folgen konnte können wir nur hoffen. Wir haben uns weit ab von Remus sowie den üblichen innerstellaren Reiserouten positioniert aber nah genug um die Vorgänge beim Außenteam einigermaßen verfolgen zu können. Ab jetzt müssen wir warten.

Captain Ebbersmann. Ende."


Die Stimmung im Bereitschaftsraum der Elite Force wirkte oberflächlich betrachtet ungewöhnlich gelassen. Die meisten unterhielten sich angeregt über eher belanglose bis heitere Dinge. Nur wenige Gespräche handelten von der derzeitigen Mission und dem möglichen Einsatz der EF-Gruppe und dann waren es meistens Prahlereien mit denen jemand versuchte eher sich selbst als dem Gesprächspartner Mut zu machen. Kurz gesagt, es war das übliche Verhalten von Soldaten die auf einen Einsatzbefehl warteten und sich mit dem Unbekannten konfrontiert sahen. Irgendwie musste eben die Anspannung und die latent vorhandene Angst überdeckt werden. Das war nicht nur menschlich, es betraf die meisten Spezies in Alexandra Blacks Team.

Sie selbst verharrte Ruhig in ihrem Stuhl aber verfolgte Aufmerksam die Gespräche in ihrer unmittelbaren Umgebung an denen sie sich gelegentlich mit einigen Wortmeldungen beteiligte. Aber auch unter ihrer ruhigen und professionellen Oberfläche waren die aktuellen Gefahren in ihrem Geiste präsent. Möglicherweise könnte es bei dem Agententeam zu einem Notfall kommen und dann wäre das EF-Team gefordert sie wieder rauszuholen. Oder die Agenten lokalisierten tatsächlich die Keepertechnologie und eine Zerstörung wäre nur mit äußerster Waffengewalt, sprich einem Sonderkommando, zu bewerkstelligen. In beiden Fällen würde das Team vermutlich in ein Gebiet transferiert das ihnen völlig unbekannt war. Genau das war aus Alexandras Sicht das Problem an Lieutenant Commander Toreens Plan. Zwar hatten die Elite-Force Einheiten während der Reise in Holodeck-Simulationen trainiert um Orte einzustudieren, in denen möglicherweise die Keepertechnologie stationiert sein könnte. Aber Alex hielt es für sehr unwahrscheinlich, dass Akida mit seinen Vermutungen richtig lag. Es war wahrscheinlicher, dass diese Vorrichtung ganz woanders war und ihr Team in ein unbekanntes Kampfgebiet geschickt wurde.

„Team B ist auf Romulus eingetroffen. Alle EF-Gruppen in volle Einsatzbereitschaft! Warten Sie auf den Einsatzbefehl“, erklang Lieutenant Commander Ramirez Stimme aus dem Interkom und riss Alexandra aus ihren Gedanken. Augenblicklich stand Sie auf und erteilte Ihrerseits ihre knappen Anweisungen: „Leute, ihr habt es gehört. Ausrüstung anlegen und bereithalten zum Abrücken!“

Damit starben augenblicklich alle Gespräche ab und die Geräuschkulisse wurde von dem regen treiben von sich ankleidenden Soldaten beherrscht. Da wurden Gürtel und Riemen straff gezogen, Kampfmesser und Phaser in Ihre Halterungen gesteckt, Blendgranaten und Sprengkörper an der Kampfmontur befestigt und die Waffen mit frischen Energiezellen geladen. Kurz, das EF-Team machte sich kampfbereit und war doch nur zum Warten verdammt.


„Captain. Der Frachter tritt in eine Umlaufbahn um Romulus ein.“, kommentierte Lieutenant Commander Ramirez was auf dem zentralen Hauptschirm sehr gut zu beobachten war. Was jedoch nicht zu erkennen war und nur durch die Sensoren registriert werden konnte verkündete Ramirez ebenfalls: „Das Team von Lieutenant Commander Yadeel wurde von Bord gebeamt. Lokalisation: Hauptstadt von Romulus. Der Frachter gibt das vereinbarte geheime Signal, dass der Transfer erfolgreich verlief.“

„Ausgezeichnet.“, entfuhr es Lieutenant Commander Akida daraufhin und er nickte dem Captain zu: „Wir haben zwei Agenten Teams erfolgreich auf Romulus abgesetzt. Wir sind im Spiel, Captain.“

Ohne zu antworten stand Benjamin von seinem Sessel auf, übergab mit knappen Worten das Kommando seinem ersten Offizier und ging in Richtung seines Bereitschaftsraumes. Als er an Toreen Akida vorbei kam blieb er kurz stehen, wandte sich dem Geheimdienstmann zu und meinte: „Für meinen Geschmack ist das ein…“, er verkniff sich das Wort das ihm auf der Zunge lag und ergänzte nach einer kurzen Pause: „… ein verdammt schlechtes Spiel!“ Damit verließ Benjamin die Brücke und richtete Stoßgebete an irgendeine höhere Macht die es hoffentlich geben mochte. Wenn nicht, dann sah es noch düsterer aus als er es sich selber eingestehen wollte.