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Katana:Log 184

From PathfinderWiki
Revision as of 12:36, 17 June 2018 by Admin (talk | contribs) (1 revision imported)

Love is all around
Autor: Mark de Boer
Autor: Lew Sulik
Autor: Seeta Yadeel
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„Wo treibst du dich wieder herum, du verfluchter Bastard!“, schrieb Lew Sulik laut durch die große Schuttlebay. In dem großen, mit Attack Fighter auf der einen Seite und den Standardshuttles auf der anderen Seite vollgestellte Hangar warfen die Ecken und Winkel unzählige Echos seines Schreis zurück bis der Schall ohne eine Antwort verstummte. In seinen Trainingsanzug gekleidet durchschritt der Staffelführer die Türe vom Bereitschaftsraum des Squadrons und ließ seinen Blick suchend durch die Halle streifen. Ohne weitere Worte zu verlieren ging er los und begann den Hangar abzusuchen. Mehr oder weniger Ziellos ging er zwischen den Attack-Fightern umher und hielt Ausschau.

„Komm sofort zu mir!“, versuchte es der Squadron Leader erneut und stolperte über ein Hindernis, dass er übersehen hatte. Mit hektischen Bewegungen hielt er sich an dem Fighter neben ihm fest um so einen Sturz zu verhindern. Verwundert schaute er anschließend nach unten und erblickte ein Paar Beine. Prompt kam auch eine Antwort der Besitzerin, die verärgert unter dem Fluggerät hervorschaute: „Aua! Verdammt! Kannst du nicht aufpassen?“

„Oh…‘tschuldigung…tut mir leid…“, stammelte Lew noch etwas irritiert und aus dem Konzept gebracht. Dann stellte er erstaunt fest, wie süß Natalie mit einem wütenden Gesichtsausruck aussah. Ihr Gesicht wirkte so angespannt, dass ihre kleine Stupsnase noch mehr zur Geltung kam. Außerdem war es ein seltsam angenehmer Kontrast wie ihre Augen wütend funkelnden während ihr einige Haarsträhnen frech ins Gesicht fielen. Durch diesen Anblick angestachelt ließ er sich zu einer anzüglichen Bemerkung hinreißen: „Hoppla, da wäre ich ja fast zwischen deinen Beinen gelandet…“

„Tja, aber eben nur fast!“, kam unmittelbar die bestimmte Antwort der Technikerin, woraufhin sich ihr Gesichtsausdruck zu einem verschmitzten Lächeln wandelte. In diesem Augenblick kam auch Attila um die Ecke gelaufen. Er rannte direkt auf Lew zu, wo der Siberian Husky dann Platz machte und Erwartungsvoll einen Herrn anschaute. Sie schüttelte den Kopf und legte ihren Oberkörper wieder unter den Fighter während sie meinte: „Lew, Lew… also mit Hunden kannst du umgehen, das muss man dir ja lassen…“

„Komm Attila… es wird Zeit für da Jogging…“, meinte Lew mehr demonstrativ für Natalie als an den Husky gerichtet. Mit dem Hund an seiner Seite verließ der Squadron Leader die Shuttlebay in Richtung der Korridore um mit diesem dort ein paar Runden als Training zu drehen. Als er sich das Schott zur Shuttlebay geschlossen hatten und er mit Attila auf dem Gang stand, fluchte er leise vor sich hin, dass ihm die kleine Technikerin so spielend den Wind aus den Segeln genommen hatte.



Er sah sie lächelnd an. Sie war ganz bestimmt das entzückendste Wesen, das er jemals gesehen hatte. Ihre Haut war cremeweiß, fast wie irdische Milch. Die Haare waren dunkelbraun, fast schwarz und ihre Augen waren so hellgrün, dass sie leuchtend wirkten. Die Farbe erinnerte an einen Peridot aus dem San Carlos Reservat in Arizona, so klar war sie. Die kleine, gerade Nase schien ihm perfekt, ebenso wie ihr winziges Mündchen.

Lächelnd legte Seeta einen Arm um Garrick, der seine kleine Tochter im Arm hielt. "Sie ist perfekt, nicht wahr?", meinte sie, während sie sachte mit ihrer Hand über die Stirn des Babies fuhr. Die Wülste auf der Stirn waren kaum wahrnehmbar. Dadurch wirkte sie fast wie ein menschliches Baby. Aber eben nur fast. Garrick nickte geistesabwesend während er einen Kuss auf die Stirn seines Babies hauchte. Seiner kleinen Tochter, die sich mit einem lauten Schrei ihren Weg in die Welt gebahnt hatte. Ein Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Er würde seiner Frau, und als die betrachtete er Seeta schon lange, später noch sagen müssen, dass das winzige Geschöpf in seinen Armen dieses laute, aufmüpfige Geschrei natürlich nur von ihr geerbt haben konnte.

So wie alle Babies war sie ziemlich verschrumpelt im Gesicht, aber das würde sich in den nächsten Stunden und Tagen geben. Abgesehen davon war sie perfekt. Ach was, sie war jetzt schon perfekt. Sie würde nur einfach noch perfekter werden. Es war unglaublich, aber bereits jetzt schon hielt dieses kleine Wesen sein Herz fest in seiner winzigen Hand. Er würde es mit seinem eigenen Leben beschützen, falls notwendig. Er würde für es sorgen bis zu seinem letzten Tag. Seltsam, wie die Verantwortung mit der Liebe für es Hand in Hand gingen und das ohne dass er es jemals als wirkliche Belastung empfinden würde.

Die Schwester kam herbei und nahm ihm das Baby aus dem Arm, um es in das kleine Babybettchen zu legen, das sich vor dem Fußende des Biobettes befand. Die frischgebackenen Eltern nahmen dies zum Anlass einen Kuss auszutauschen, ehe sie ihre Aufmerksamkeit Winnie zuwandten, der zu den beiden getreten war. "Herzlichen Glückwunsch", wiederholte er, was er den beiden gleich nach der Geburt gesagt gehabt hatte. Danach hatte er sich der Nachversorgung der Zanderianerin widmen müssen, der das alles nicht schnell genug gegangen war. Gleich nach der Geburt hatte man ihr das Baby in den Arm gelegt, es ihr schon bald aber wieder abgenommen, damit der Arzt weiter arbeiten konnte. In der Zeit hatte Garrick das Privileg gehabt, das Baby zu halten, nachdem die Hebamme damit fertig gewesen war, es zu reinigen und anzuziehen. Seeta war es fast so vorgekommen, als ob Winnie sich absichtlich Zeit gelassen hatte, nur um sie so lange wie möglich aufzuhalten. Schließlich war er aber fertig gewesen und sie hatte ihren Arm um ihre kleine Familie legen können. Nun aber lag das Baby ruhig in seinem Bettchen und schlief.

"Welchen Namen soll ich in den Dateien für das Baby verwenden?", fragte Winnie nun. "Luma", war von Seeta zu hören, während Garrick gleichzeitig "Erika" sagte. Der Arzt grinste. "Ihr müsst Euch schon einigen", meinte er. Seeta setzte sich ein wenig aufrechter hin. "Das haben wir längst. Sie heißt Luma Erika", erklärte Seeta. Winnie nickte. "Okay. Und welchen Nachnamen wird sie tragen? Wisst ihr, nach Föderationsrecht sind verschiedene Nachnamen möglich", fragte er weiter nach. Seeta und Garrick sahen sich mit großen Augen an. Darüber hatten sie bisher nicht nachgedacht.



Natalie und Solera saßen im Diners. Die beiden Freundinnen hatten sich schon einige Zeit nicht mehr gesehen und hatten sich eine Menge zu erzählen. Vor ihnen standen mehrere leere Gläser. Im Laufe des Abends wurden die zwei immer ausgelassener und kicherten und lachten ununterbrochen. „Puh…“, gluckste Natalie vor sich hin und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Aufhören! Noch eine Geschichte von deinem Ex vertrage ich nicht. Mir tut schon der Bauch weh vor Lachen. Du kannst echt froh sein, dass du ihn los bist.“ „Das sag ich dir!“, bestätigte Solera und machte eine abwertende Handbewegung. „Easy come, easy go! Aber ich frage mich echt, wieso ich fast ein Jahr mit ihm zusammen geblieben bin. Noch nicht einmal der Sex war gut mit ihm! Einmal da…“ Natalies Freundin war in jeder Hinsicht offener als sie. Sie hatte eine tolle Figur und eine unkomplizierte Art, so dass sie auf Partys ständig von Männern umringt war. Entsprechend einfach stürzte sie sich in jede Art von Abenteuer – eines ihrer liebsten Abenteuer waren Männer und Beziehungen. „Wenn ich doch nur ein klein wenig mehr wie Solera wäre.“, dachte Natalie. Aber dann schüttelte sie den Kopf. „Ich kenne sie besser. Ich weiß, dass sie trotzdem nicht glücklich ist.“ Solera sah ihre Freundin an. „Na, wo sind wir denn gerade? Du versuchst doch wohl nicht etwa, dir den Sex mit ihm vorzustellen?!?“ „Oh, Solera…!“, unterbrach sie Natalie verschämt. Sie sah auf die leeren Gläser in ihren Händen. „Bevor du noch mehr erzählst, werde ich uns mal was Neues zu trinken besorgen.“ „Nix da! Ich bin dran.“ Das Diners war so voll wie schon lange nicht mehr. Die beiden Kellner hatten nach kurzer Zeit aufgegeben, die Getränke an den Tisch zu bringen, und waren stattdessen hinter den Tresen geflüchtet, um den Barkeeper zu unterstützen. Und so stand Solera auf und drängte sich durch die Menschenmenge zum Tresen.

Lew betrat das Diners und stand ein wenig unschlüssig in der Tür. Es war unerwartet voll. Andererseits nutzten viele die dienstfreie Zeit aus und trafen sich mit Freunden und feierten. Er selbst war einfach nach einem gemütlichen Feierabendbier aus, nachdem er mal wieder den Großteil des Tages mit seinem Segelflugzeug zu gebracht hatte. Er ließ seinen Blick über die Menge schweifen und suchte nach ein paar bekannten Gesichtern, doch von seinen Kameraden und Kumpels war niemand zu sehen. Dann sah er Natalie allein an einem Tisch sitzen. Ihrem verschmierten Makeup nach zu urteilen, hatte sie geweint. Scheinbar lag ihr etwas auf der Seele Dann sah er die vielen leeren Gläser vor ihr auf dem Tisch stehen. „Oha, sie hat ganz schön viel getrunken. Ich frag mal wie es ihr geht…“, dachte er nicht ohne Hintergedanken und machte sich auf zu ihr.

Solera hatte die beiden Getränke in den Händen und schob sich langsam wieder durch die Menschen zurück zu ihrem Tisch. Dann sah sie einen jungen Mann, der an den Tisch zu Natalie trat. „Diese Aasgeier!“, dachte sie. „Aber dem werde ich die Tour vermasseln.“ Sie drängte etwas energischer zu den beiden und konnte noch ein zaghaftes „Hi“ von ihm vernehmen. „Tut mir leid, mein Junge!“, sagte sie energisch und stellte die Gläser fester als nötig auf den Tisch. „Diese Lady ist für dich heute nicht zu bekommen. Nun sieh zu, dass du woanders spielen gehst.“ Lew sah irritiert auf die rothaarige Frau, die ihm so unwirsch in die Parade gefahren war. Er wusste für einen Moment nicht, was er sagen sollte, aber da fuhr sie schon fort: „Ah, du brauchst noch eine Trophäe, mit der du prahlen kannst.“ Sie drückte ihm einen heißen Kuss auf. „So, nun aber genug. Ab ins Körbchen mit dir!“ Sie versetzte ihm einen Klaps auf den Po. Lew blickte völlig verwirrt von der Rothaarigen zu Natalie, die die ganze Szene überrascht verfolgt hatte. Dann stieg langsam Wut in ihm auf. So wie diese Rothaarige ihn gerade vorführte, konnte er sich das nicht gefallen lassen. Doch eine adäquate Antwort fiel ihm immer noch nicht ein. Er stand einen Moment mit halboffenem Mund da und entgegnete schließlich einfach nur: „Ihr spinnt doch!“

Abrupt drehte er sich um und ging so schnell zum Ausgang, wie er konnte. Damit wollte er der Rothaarigen jede Chance nehmen, ihm einen Konter unter die Nase zu reiben. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass er dabei nicht gewinnen konnte. Und er wollte sich nicht verarschen lassen. Er hoffte nur, dass diese peinliche Szene sonst keiner mitbekommen hatte. Auf der Katana machte sowas ganz schnell die Runde. Und wie würde er dann vor seinen Kameraden dastehen? Mit größtmöglicher Würde verließ er das Diners.

Natalie hatte die Szenerie mehr oder weniger amüsiert beobachtet. Jetzt schaute sie Lew hinterher, der beleidigt wie ein kleiner Junge davon stapfte und das Diners verließ, ohne sich noch einmal umzudrehen. Solera brach bei dem Anblick in schallendes Gelächter aus. Natalie musste unwillkürlich lauthals mit einstimmen. Es dauerte einen Moment, bis die beiden sich wieder beruhigt hatten.

„Wer war das denn?“, fragte Solera noch immer kichernd und wischte sich dabei die Tränen aus den Augen. „Das war Lew Sulik. Einer der Piloten der Kampfflieger.“, antwortete Natalie. Ihr war das ganze mittlerweile schon ein wenig unangenehm. Aber er hatte einfach zu niedlich ausgesehen, wie er so völlig aus dem Konzept gebracht wurde. „Ein Pilot? Ich dachte, die sind draufgängerischer und nicht so unsicher.“, grinste Solera. „Ach, Lew ist schon okay. Er ist eigentlich ganz nett.“, erwiderte Natalie leise. Solera zog eine Augenbraue hoch. „Ach???“ Sie nahm einen Schluck ihres Getränks und schaute ihrer Freundin dabei intensiv ins Gesicht. „Gibt’s noch mehr, das du von ihm sagen kannst? Natalie merkte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. Schwache Erinnerungen an den Kuss erschienen in ihrem Geist. Schnell nahm sie sich ihr Glas. „Er ist einfach nur nett.“, murmelte sie in ihr Getränk. Dann sah sie Solera an. „Sag mal, wolltest du eben nicht etwas von den Sexkünsten deines Ex erzählen?!?“ Solera sah Natalie einen Moment durchdringend an und nickte schließlich. Dann nahm sie einen weiteren Schluck und setzte begeistert an: „Also eines Abends…“



Seine Augen mussten sich erst an das schummrige Licht gewöhnen, als Lew aus dem hellen Korridor durch das Tor des Holodecks in die kleine schäbige Halle trat, die einen New-Yorker Boxstall darstellte. Es war sein übliches Holo-Programm, wenn es darum ging, seinem zweiten Hobby nachzugehen. Zwischen den obligatorischen Trainings für den speziellen Kampfsport der Piloten bevorzugte es der Staffelführer, seine Kampftechniken im Boxsport zu pflegen. Wobei es ihm dabei mehr darum ging, seine Aggressionen abzubauen als um echte Selbstverteidigung.

Als er sich an die Lichtverhältnisse in der etwas zu klischeehaft simulierten Boxhalle gewöhnt hatte, staunte er nicht schlecht. Neben seinem erwarteten Sparringspartner Mike Clark erkannte er auch Natalie Bardal im Boxring. Er ging auf das Podest zu und sah interessiert dabei zu, wie Natalie auf die von Mike hingehaltenen Hook&Jab-Pads einschlug. Dieser gab ihr dabei Anweisungen: „Nicht so zaghaft! Ruhig fester zu schlagen! Und lass die Schultern nicht so hängen!“

Am Boxring angekommen legte Lew seine Tasche ab, ohne den Anblick von der boxenden Natalie abzuwenden. Aufmerksam musterte er sie in ihrem Sportdress und bewunderte ihre langen, nackten Beine und den in den Boxerhosen voll zur Geltung kommenden, knackigen Po. Der durch die Sportbekleidung besonders betonte Oberkörper der jungen Technikerin war ebenfalls nicht zu verachten. Auch wenn sie in diesem Aufzug etwas ungewohnt martialisch wirkte, es machte sie noch mal um einiges attraktiver für ihn, als sie es ohnehin schon war.

„Nur mal so aus purem Interesse…was wird das hier, wenn’s fertig ist?“, fragte Lew schmunzelnd und unterbrach so die beiden in ihrem Treiben. Mike, einer der Techniker der Staffel, registrierte den Squadron Leader erst jetzt und erklärte: „Natalie wollte etwas übers Boxen lernen.“ „Ja. Als er heute davon erzählte, dass ihr euch regelmäßig zum Boxen trefft, bin ich neugierig geworden.“, meinte Natalie und wendete sich Lew zu. Etwas umständlich versuchte sie, sich mit dem rechten Arm den Schweiß von der Stirn zu wischen. Pustend meinte sie: „Aber es ist anstrengender, als ich gedacht hatte…“

Während dessen kletterte Lew in seinem Jogginganzug durch die Seile in den Boxring und schaute sich die zwei amüsiert an. Erst jetzt erkannte er richtig, wie der Schweiß dafür sorgte, dass sich ihr Shirt eng an ihren Oberkörper anschmiegte. Frech lächelnd meinte er: „Also Natalie. Deinen sportlichen Eifer in allen Ehren, aber zum Schwitzen hätte ich dich auch viel einfacher bringen können.“

Mike verzog das Gesicht über diesen Spruch und vergrub seinen Kopf in den Pads in seinen Händen. Im war die ganze Situation ziemlich peinlich. Nur Lew grinste weiterhin frech Natalie an. Diese lächelte gezwungen, überlegte nicht lange und holte zu einem Schlag aus, der Lew an der Schulter traf und ihn zurücktaumeln ließ. Er hatte nicht mit einem derart kräftigen Schlag von ihr gerechnet, und so waren es erst die Seile des Boxringes, die seine Rückwärtsbewegung stoppten. Als er sich wieder aufgerichtet hatte stand Natalie direkt vor ihm und schaute ihn herausfordernd ins Gesicht, wobei sie ihm drohend mit der Hand auf den Brustkorb klopfte. Energisch sagte sie: „Wenn du es schon so sehr darauf anlegst, dann mache es wenigstens anständig mit einer ordentlichen Einladung!“

„Was?“, war die verblüffte Reaktion von Lew, der sprichwörtlich in den Seilen hing. Er hatte tatsächlich eine Wirkung erzielt mit seinem Spruch, aber nicht die, die er bei der kleinen Technikerin erwartet hatte. In der jungen Frau steckte offensichtlich mehr Energie, als er ihr zugetraut hatte. Doch diese wich wieder zurück, ganz offensichtlich von ihrem eigenen Mut erschrocken. Sie wandte sich an Mike und bat ihn, die Handschuhe aufzuschnüren. Dieser half ihr beim Ausziehen der Boxhandschuhe. Dabei murmelte sie etwas verlegen: „Ich glaube, das Boxen ist nichts für mich… viel zu statisch. Thai-Chi gefällt mir da einfach besser. Die Bewegungen sind fließender!“

Damit kletterte sie wortlos aus dem Boxring und verließ, ohne sich zu verabschieden, fluchtartig das Holodeck. Lew, der ihrem Abgang ebenfalls sprachlos zugesehen hatte, wandte sich zu Mike um. Dieser lehnte an einem der Eckpfosten und schüttelte demonstrativ tadelnd den Kopf: „Ich weiß ja nicht so recht, aber ich glaube, du hast ein Date... mehr oder weniger…“

„Ein Date?“, entgegnete Lew gleichzeitig entsetzt und ratlos: „Ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie ein richtiges Date. Keine Ahnung, wie ich sie überhaupt einladen soll!“ „Was für ein Tag… Erst bring ich der Kleinen das Boxen bei, und jetzt muss ich dir auch noch erklären, wie man ein Date organisiert.“, lachte Mike und schüttelte den Kopf: „Ich glaube, ich sollte Latinum für meine Beratertätigkeit verlangen…“



Mark war auf dem Weg zu den Bereitschaftsräumen der Elite Force-Einheiten, um Tessa abzuholen. Er war etwas zu früh dran, also schlenderte er gemütlich den Gang entlang. Er war dabei völlig in Gedanken vertieft, so dass er beinahe Alexandra Black über den Haufen gelaufen hätte, die gerade aus in den Korridor trat. Sie reagierte aber schneller als er, so dass er sie nur anrempelte. „Na, wo sind wir denn gerade mit den Gedanken?“, fragte sie mit verzerrtem Gesicht, während sie sich die Schulter rieb. „Ach, hier und da.“, entgegnete Mark. „Ist das Baby eigentlich schon da?“ „Ja, es wurde heute geboren. Vielen Dank übrigens vom stolzen Papa für das Zusammenbauen des Bettchens.“, meinte Alex, um dann süffisant zu ergänzen: „Wenn also das Fliegen nichts mehr ist, können Sie ja noch Schreiner werden.“ Mark wollte gerade etwas erwidern, als er Tessas Stimme hinter sich hörte und sich umdrehte. „Ah, Mark. Du bist schon da! Das ist schön.“ Die junge Frau gesellte sich zu ihm und versteifte sich. „Oh, Lieutenant!“ „Fähnrich… Halten Sie sich den Burschen warm. Er kann Babybettchen aufbauen!“ „Es ist immer gut, mehrere Talente zu haben.“, konterte Mark. „Wenn ich mir Ihren blauen Daumen so ansehe, frage ich mich nur, was war im 24. Jahrhundert zuerst: Fehlendes handwerkliches Geschick oder die Replikatortechnologie.“ Alex öffnete den Mund für eine Erwiderung, aber Mark setzte grinsend noch einen drauf: „Ich hoffe nur, dass Sie besser kämpfen, als sie mit dem Hammer umgehen können.“ Er zwinkerte ihr zu, wünschte ihr noch einen schönen Abend und ging mit Tessa zu den Turboliften. Die Elite-Force-Leader schloss perplex den Mund und murmelte kopfschüttelnd nur: „Piloten…“ „Mark, was war das denn gerade?!?“, fragte Tessa bestürzt mit rotem Kopf. „Das war nur eine kleine Revanche, nichts weiter.“, meinte Mark. Tessa konnte es kaum fassen. „Das war mein Boss! Du kannst doch nicht so mit ihr reden.“ „Och, es kochen alle nur mit Wasser… Mach dir mal keine Gedanken.“ Dann wechselte er schnell das Thema. „Was machen wir denn heute so?“ Tessa sah ihn an und lächelte verschmitzt: „Ich habe eine wundervolle Idee. Komm mit!“



Zischend schloss sich hinter Lew die Tür zum Bereitschaftsraum der Staffel. Für einen Moment verharrte er und horchte in die große Halle der Shuttlebay hinein. Es war weit nach Feierabend, und dennoch hörte er Geräusche, die darauf hindeuteten, dass jemand an den Fightern arbeitete. Langsam und möglichst leise ging er zwischen mehreren der Jagdshuttles hindurch auf die Quelle des Geräusches zu.

Er blieb schräg hinter einer der Spitfires stehen und spähte über die Tragfläche hinweg zu einem der Azraelfighters, definitiv der Ausgangsort der Laute. Als er sich sicher war, dass es sich da vorne um Natalie handelte, stieg er vorsichtig auf den Flügel der Spitfire und überschaute so die Shuttlebay, um nach anderen Personen Ausschau zu halten.

Erst als er sich vergewissert hatte, dass außer ihnen sonst niemand anwesend war, kletterte er wieder von der Tragfläche und versteckte sich erneut hinter dem Jagdflieger. Nervös zog er, völlig erfolglos, seine Fliegerjacke zu Recht und schnaufte leise angesichts der ihm bevorstehenden Tortur. Dann ging er los und versuchte, einen möglichst lockeren Eindruck zu erwecken, so als ob er nur rein zufällig um die Ecke bog.

„Ja schau an, wer da vorbei kommt.“, kommentierte Natalie belustigt, die sich genau in diesem Moment von ihrer Arbeit abgewandt hatte. Sie lehnte sich an die Backbordseite der Azrael an und verschränkte die Arme, schon fast in einer Abwehrhaltung ob des zu erwartenden dummen Spruches von Lew. Doch dieser war nun völlig aus dem Konzept gebracht, denn der zuvor sorgfältig zurecht gelegte Satz passte nun in keinster Weise mehr, weshalb er auch nur ein total verlegenes „Ah, Hi Natalie, du auch hier?“ heraus brachte und sich noch im selben Moment für diese dämliche Begrüßung am liebsten in den Hintern getreten hätte. Doch Natalie schien ebenfalls mit einer unerwarteten Antwort konfrontiert zu sein, weshalb ihr ebenfalls nur ein „Dasselbe könnte ich dich eigentlich auch fragen…“ einfiel.

„Hm… ja…“, stammelte Lew etwas verlegen und entschloss sich, seinen ursprünglichen Plan mit den Wort für Wort zurecht gelegten Sätzen über den Haufen zu werfen. Er konnte sich ohnehin nicht mehr an den genauen Wortlaut und seine ursprüngliche Idee erinnern. Schon so zu tun, als wäre es nur eine rein zufällige Begegnung, war eine bescheuerte Idee gewesen, gestand er sich ein. Darum dachte er sich aus dem Stehgreif eine andere, wenn auch nicht ganz unwahre Ausrede aus: „Also ich wollte dir sagen dass…“, er stockte noch für einen Moment, denn im Lügen war er noch nie besonders gut gewesen: „…also ich habe das Segelflugzeug fast fertig.“ „Ah schön. Gibt es dann bald auch eine Taufe und einen Jungfernflug?“, wollte Natalie wissen, die seine kleine Notlüge offenbar nicht durchschaute. Lew schüttelte den Kopf: „Nein. Soweit ist es noch nicht so ganz.“

„Aha…“, grinste Natalie auf einmal: „Du bist also extra zu mir in die Shuttlebay gekommen, um mir zu sagen, dass du mit dem Segelflieger fast fertig bist, es aber noch keine Taufe und keinen Jungfernflug gibt…?“ „Ja.“, antwortete Lew und korrigierte sich hastig: „Nein! Natürlich nicht! Ich wollte sagen, dass… also ich meine... da du mir geholfen hast… also das ist ein Grund zum Feiern und…“ „Ja?“ „Also ich wollte einfach mal schnell fragen, ob du am kommenden Donnerstag schon was vor hast?“ Natalie schwieg für einen Moment und starrte Lew eindringlich an. Sie hatte den gestrigen Zwischenfall im Boxring auf dem Holodeck schon als unwichtig abgetan und beinahe verdrängt. Darum war sie sich jetzt nicht ganz sicher, ob sie Lew auch richtig verstanden hatte: „Soll das jetzt etwa eine Einladung zu einem Date sein?“ „Tja…“, fing Lew unsicher an und ergänzte dann schnell, aber immer noch verlegen: „Ja. Ich wollte dich einladen… in ein Restaurant… zum Essen...“ Natalie lächelte, denn der sonst so selbstsichere und draufgängerische Pilot wirkte nun auf einmal ziemlich auf verlorenem Posten bei seiner unbeholfenen Einladung. Bei jedem anderen hätte sie jetzt vermutlich abgesagt, doch da er aber offensichtlich bereit war, einen inneren Schweinehund zu überwinden, und er bei diesem Versuch trotz seines restlichen Erscheinungsbildes beinahe niedlich wirkte, sagte sie zu: „Ich nehme die Einladung gerne an.“ Nun schien es, als ob von Lew eine große Last abfiel, und er seine Nervosität verlöre: „Super. Passt es am kommenden Donnerstag um 20 Uhr? Ich hol dich ab!“ Natalie lächelte: „Das passt bei mir prima. Ich freu mich!“



Mark schwitzte, als er durch den rötlichen Sand stapfte. Er wusste nicht, wohin Tessa ihn führen wollte, und hatte es mittlerweile auch aufgegeben, danach zu fragen. „Lass dich überraschen.“ war ihre Antwort auf seine bisherigen Versuche, die sie ihm jedes Mal mit einem verschmitzten Lächeln servierte. Plötzlich blieb Tessa stehen. „Wir sind da!“, verkündete sie. Mark sah auf und konnte nichts erkennen, was so besonders war. Der Sandboden hatte sich in einen massiven Untergrund verwandelt. Es schien sich um eine Felsplatte zu handeln. Mark sah sich weiter um und entdeckte einige grüne Flecken an einer Felsformation. Er war kein Experte für Geologie oder solchen Dingen, aber das musste wohl etwas ganz Besonderes sein. Als er es sich näher ansehen wollte, warnte Tessa ihn eindringlich: „Ich würde da jetzt nicht hingehen!“ Mark blieb stehen und drehte sich überrascht um. „Wieso denn nicht?“ Tessa sah auf den Tricorder in ihrer Hand, den sie mitgenommen hatte. „Du wirst es erleben. Und zwar… JETZT!“ Wie auf Kommando schoss aus dem Boden eine riesige Wasserfontäne. Das Wasser verwandelte sich zu einer Gischt, die heiß auf die Felsen niederregnete. Mark hatte erschrocken ein paar Schritte zurück gemacht. Tessa lachte, als sie sein verdutztes Gesicht sah, dann ging sie zu dem Loch in den Boden und sah hinein. „Tessa!“, rief Mark entsetzt aus. „Komm da weg!“ Tessa sah ihn an und bewegte sich keinen Millimeter. Mark lief zu ihr und zog sie vom Loch weg. „Bist du wahnsinnig?!?“, schrie er sie an. „Du wärst bei lebendigem Leib verbrannt worden!“ Die junge Frau lächelte ihn an. „Nein, es bestand keine Gefahr. Dieser Geysir bricht auf die Millisekunde alle vier Minuten und 32 Sekunden aus.“ Mark war noch nicht beruhigt. „Und wenn er seinen Rhythmus plötzlich ändert?“ Dann wurde sein Gesichtsausdruck weicher. „Wie hast du den eigentlich gefunden? Hier mitten im Nirgendwo?“ „Ein Freund, der Geologe ist, hat mir den gezeigt. Die Wissenschaftler auf der Station wissen immer noch nicht so genau, warum er seit Ewigkeiten so präzise ausbricht. Und die grünen Flecken auf den Felsen sind seltene Sporen, die die extreme Hitze überleben und sie sogar brauchen.“ Nachdem der Schreck nachgelassen hatte, hatte Mark auch endlich die Ruhe, diesen Platz wirklich zu würdigen. So unscheinbar er auch war, besaß er doch eine ganz eigene, ganz besondere Schönheit. Er sah Tessa an, die ihm zulächelte. Er lächelte verlegen zurück. Sie hakte sich bei ihm unter. „Jetzt.“ Mark zuckte trotz der kurzfristigen Warnung noch zusammen, als der Geysir wieder ausbrach. Er legte den Kopf in den Nacken und beobachtete, wie hoch das Wasser in die Luft geschleudert wurde. Dann sah er Tessa an, die ihn immer noch anlächelte. „Ich finde es süß, dass du dir so große Sorgen um mich machst.“, sagte sie. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn.



Natalie war gerade auf den Weg in die Dusche, als es an ihrer Tür klingelte. Sie seufzte, schnappte sich das große Badehandtuch, wickelte es sich um und ging zur Tür. „Wer ist da?“, fragte sie. „Ich bin’s, Mark.“, kam die Antwort. „Ah! Komm rein!“ Die Tür glitt auf und Mark trat ein. Natalie umarmte den Mann und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Schön, dich zu sehen. Wie geht’s? Was gibt’s?“ „Danke, ganz gut. Wir haben uns heute den ganzen Tag nicht gesehen, da wollte ich mal schauen, wie’s dir so geht. Ähm… stör ich dich gerade?“ „Was? Ach so… Nein, ich wollte nur unter die Dusche gerade.“ „Schall oder Wasser?“ „Es war ein harter und anstrengender Tag. Also ganz klar Wasser! Ich bin echt so froh, dass du mich damals von einer echten Wasserdusche überzeugt hast.“ Mark grinste. „Ich weiß. Schallduschen machen zwar sauber, aber Wasserduschen entspannen den ganzen Körper.“ „Eben. Darum hüpf ich jetzt nochmal schnell drunter. Fühl dich einfach wie zuhause.“ Natalie drehte sich um und verschwand im Badezimmer. Kurze Zeit später erklang das Plätschern von Wasser.

Mark setzte sich aufs Sofa, überlegte es sich dann aber doch anders. Er stand auf und ging zum Replikator. „Ein Glase kalte Kuh-Milch von der Erde. Und einen Mark III Spezial.“ „Dieses Getränk wurde manuell eingespielt und mit einem Zugangscode versehen.“, antwortete die Computerstimme. „Ja, klar. Ich war das ja auch.“, murmelte Mark und antwortete dann etwas lauter: „Freigabe: Mark de Boer, Oranje boven.“ Sekunden später erschienen die Milch und ein dampfendes, heißes Getränk. Er nahm beides, ging damit zur Sitzecke und stellte die Getränke auf einem kleinen Tisch dort ab. Dann setzte er sich hin. „Computer, Musik bitte. Ein Mix aus Easy Listening und Lounge des 21. Jahrhunderts.“ Es dauerte nur einen kurzen Moment und leise Hintergrundmusik erklang. Mark seufzte wohlig, lehnte sich zurück und nahm einen Schluck seiner Milch.

Die Badezimmertür glitt auf, und Natalie kam heraus. Sie hatte sich wieder das Badetuch umgewickelt. Außerdem trug sie wie ein Fakir ein Handtuch auf dem Kopf. „Ich bin gleich bei dir.“, rief sie Mark zu und verschwand im Schlafzimmer. Dabei hinterließ sie Fußabdrücke aus Wasser. Mark sah ihr nach und lächelte. Kurze Zeit später kam sie aus dem Schlafzimmer. Diesmal trug sie nur einen Slip und ein Shirt, das kaum ihren Po bedeckte. „Einen Moment noch!“, rief sie und eilte wieder ins Badezimmer. Mark sah ihr wieder nach und zog eine Augenbraue hoch. Als sie das zweite Mal das Badezimmer verließ, hatte sie sich eine knappe Sporthose angezogen und rubbelte sich mit dem Handtuch noch die letzte Feuchtigkeit aus den Haaren. „Ich hatte die Hose noch im Bad.“, entschuldigte sie sich. Sie setzte sich neben Mark aufs Sofa. Sie nahm die Tasse vom Tisch und schnupperte. „Oh, ist das etwa…?“, fragte sie verzückt, als sie den süßlich-herben Geruch wahrnahm. Mark nickte. Natalie nahm begeistert einen Schluck und ließ sich in die Rückenpolster sinken. „Ooohhh, das tut gut.“, murmelte sie zufrieden, als sich ein wohliges Gefühl in ihrem Körper ausbreitete. „Das habe ich echt gebraucht. Der entspannt total.“ „Hey, zu meiner Zeit waren wir Niederländer das entspannteste Volk in Europa. Wenn sich einer mit Kräutern und Entspannung auskannte, dann wir.“, witzelte Mark, wurde dann aber ernst. „Ist es bei dir so stressig momentan?“, fragte er. „Oh ja, wir testen gerade neue Antriebsaggregate für die Azraels. Bessere Beschleunigung und höhere Endgeschwindigkeit. Allein heute haben wir fünf Aggregate in die Luft gejagt und dann gemerkt, dass es nicht so funktioniert, wie gedacht. Dabei sahen die Simulationen so gut aus…“ „Oh, das ist bitter. Ich hatte mich schon gewundert, dass du die letzten Tage gar nicht im Hangar warst.“, bemerkte Mark. Dann hielt er irritiert inne und sog die Luft scharf durch die Nase ein. „Hast du Parfüm aufgelegt?“ „Ja, etwas. Ich wollte mal was Neues ausprobieren. Wie findest du’s?“ Sie drehte den Kopf zur Seite und hielt ihm den Hals hin. Mark beugte sich vor und schnupperte an ihrem Hals. Er nahm einen wohlriechenden, leicht süßlichen Duft wahr. Er beugte sich näher heran und schnupperte ein zweites Mal. „Das ist sehr gut.“, lautete schließlich sein Urteil. Natalie grinste breit. „Ja, ich mag es auch sehr. Männer sollen angeblich total darauf fliegen.“ „Das glaub ich gern. Ich mag den Duft.“ Er sah Natalie an. „Du strahlst ja gerade so.“ Natalie wurde leicht rot und zupfte verlegen ein wenig an ihrem Shirt herum, während sie an ihrer Unterlippe nagte. Dann sah sie ihn aus großen, leuchtenden Augen an. „Ja, es gibt eine Neuigkeit. Ich bin übermorgen verabredet.“, sagte sie. Mark setzte sich gerade hin. „Das ist ja wunderbar!“, sagte er freudig. „Wer ist es denn? Kenn ich ihn?“ Natalie nagte wieder an ihrer Unterlippe und zupfte wieder an ihrem Shirt, als versuche sie, einen imaginären Fusel zu entfernen. „Ja, du kennst ihn gut. Ich bin mit Lew verabredet…“ Mark, der gerade im Begriff war, nach seinem Milchglas zu greifen, zuckte, als hätte ihn ein Stromschlag getroffen. „Du… triffst… WEN?“, fragte er schließlich. „Ich treffe mich mit Lew Sulik.“ Mark sah sie mit weit aufgerissenem Mund und mindestens genauso weit aufgerissenen Augen an. „Das kann nicht dein Ernst sein…“, brachte er schließlich mühsam hervor. „Lew?!? Ich weiß, er ist mein Kumpel, aber du bist meine beste Freundin. Du kannst dich nicht mit ihm treffen. Du weißt nicht, wie er in solchen Dingen ist. Er hat…“ „Ja, ich weiß. Er hat einen Ruf, den außer dir irgendwie alle Piloten haben.“, erwiderte Natalie. „Und sein Ruf…“ „…kommt nicht annähernd an die Realität heran. Ich bin sein Kumpel. Ich kenne einige Storys, die nicht die Runde gemacht haben.“ „Das ist doch alles übertrieben!“, konterte Natalie erregt. „Nimm den Ruf von Kirk und multipliziere den mit Casanova. Dann kommt das in etwa in die Region von Lew!“, Mark merkte, wie er seine entsetzte Lähmung langsam verlor und sich in Rage redete. „Der hat nicht auf jeder Raumstation ein Mädchen. Der hat auf jedem Deck eines!“ Natalie sprang auf. „Du bist bloß neidisch! Du gönnst mir keinen Freund, weil du auch keine Freundin hast und mit Tessa nicht voran kommst. Weil du immer noch dieser Annie hinterher trauerst!“ Mark versteifte sich augenblicklich. „Du bist wie meine kleine Schwester für mich.“, sagte er leise. „Ich habe Angst, dass er dir weh tut. Und das wird er.“ Mark stand auf und ging zur Tür. Natalie wurde bewusst, wie sehr sie Mark gerade verletzt hatte. Sie lief ihm hinterher und ergriff seine Hand. „Bitte versuch doch, dich für mich zu freuen.“, flüsterte sie leise. „Ich freue mich, wenn du glücklich bist.“ Er zog seine Hand aus Natalies Griff. „Aber Lew wird dir das Herz brechen und es noch nicht einmal merken. Er ist in solchen Dingen kalt wie eine Maschine.“ Er drehte sich um und verließ Natalies Kabine. „Aber…“, setzte Natalie an, aber die Kabinentür schloss sich bereits wieder. Sie lehnte mit dem Kopf gegen die Tür und seufzte, während ihr eine Träne übers Gesicht lief. „Scheiße!“, murmelte sie traurig. So hatte sie sich die Ankündigung nicht vorgestellt. Hinter Mark hatte sich gerade die Tür geschlossen, da ließ er sich schwer gegen die Wand des Ganges fallen. Er schloss die Augen. „Warum um Himmels Willen ausgerechnet Lew???“, fragte er sich halblaut. „Warum ausgerechnet er???“ Er atmete dreimal tief ein und aus. Er ballte die Fäuste, und seine Kiefermuskulatur arbeitete heftig. Dann öffnete er die Augen und nickte unmerklich, als würde er seinen Gedankengängen nochmals zustimmen. Schließlich straffte er seine Schultern und lief mit langen Schritten und starrem Gesichtsausdruck den Gang entlang in Richtung Turbolifte.



Das Vibrieren der dünnen Metallfäden hallte im Rumpf und schuf so einen ganz eigentümlichen Klang, als Lew die Spannung der Ruderseile mit der Hand prüfte. Als er seinen Oberkörper wieder aus dem Cockpit heraus aufrichtete, setzte er seinen Rundgang um sein Segelflugzeug herum fort. Während er seinen prüfenden Blick über die Tragflächen gleiten ließ, strich er mit den Fingerkuppen über den Flügel, um jede noch so kleine Unebenheit zu bemerken. So ging er die gesamte Tragfläche entlang, bis er auf der anderen Seite wieder am Rumpf angekommen war. Auch dort prüfte er mit achtsamem Blick den Zustand des Rumpfes und strich mit seiner Hand beinahe zärtliche über den zum Heck hin verjüngenden Flugzeugkörper entlang. In mühsamer Kleinarbeit hatte er den holografischen Segelflieger zusammengestellt, nachdem er sich verschiedene Modelle, Studien und Analysen angesehen hatte. Aktuell nahm er noch einige Einstellungen an der Lenkung vor. Derzeit war dies seine Lieblingsfreizeitbeschäftigung, in die er fast jede freie Minute steckte. Es hatte oft Momente gegeben, da war er versucht, dem Computer einfach zu befehlen, ihm einen fertigen Segelflieger zu erstellen, und dann damit zu fliegen. Aber jedes Mal hatte er sich beherrschen können. Und mittlerweile hatte er ja auch mit Natalie Bardal eine in jeder Hinsicht angenehme Unterstützung bekommen. Aber wie er nun mit der Hand den schlanken Körper seines neuen Babys entlang glitt, konnte er es kaum erwarten, sich endlich in das Cockpit zu setzen. Er stellte sich vor, wie es sein würde, beim Start durch die Beschleunigung der Seilwinde in den Sitz gepresst zu werden, zu spüren, wie die Flügel Auftrieb entwickeln und das Flugzeug ganz ohne eigenen Motor abhob, um letztlich nur von der Thermik getragen durch den Himmel zu gleiten.

„LEW!“, riss ihn eine laute Stimme aus seinen Schwärmereien. Er war gerade am Heck angekommen und hatte eigentlich die Seiten- und Höhenruder prüfen wollen. Er hob den Kopf und sah Mark eilig auf ihn zukommen. Lew ging zurück um die Tragfläche herum und blieb neben dem Cockpit stehen und klopfte leicht mit der Hand auf den oberen Rumpf, um so seinen Stolz zu demonstrieren: „Hey Mark. Ich bin gerade dabei, den Flieger zu perfektionieren. Willst du…“ Weiter kam er jedoch nicht, denn Mark hatte ihn bereits am Kragen gepackt und ihn gegen die Seite des Flugzeugs gestoßen, das heftig schwankte. „Hey, Vorsicht! Was…“ Wieder packte Mark Lew und stieß ihn heftig gegen das Flugzeug. „WAS FÄLLT DIR EIGENTLICH EIN?“, schrie er den irritierten Sportpiloten an. „WAS… FÄLLT… DIR… EIN???“ Mit jedem Wort hatte er Lew einen weiteren Stoß verpasst. „Was ist los mit dir, verdammt nochmal?!?“, schrie Lew seinen Staffelkameraden an. Er stieß Mark von sich, heftiger als er es eigentlich gewollt hatte, aber Marks Reaktion hatten derartige Abwehrreflexe provoziert. „Du hast hier zig Weiber zur Auswahl!“, fuhr Mark ihn an. „Zig Weiber!“ „Ja, und weiter?“, erwiderte Lew sichtlich verwirrt. „Hey, wenn es um Tessa geht, ich hatte nie…“ Mark schnitt ihm mit einer wütenden Geste das Wort ab. „Natalie!“, schrie er ihn an. „Hä??? Was zum Teufel willst du von mir?“ Lews Verwirrung wuchs, zumal Mark keine Anstalten machte, klar zu sagen, was er eigentlich wollte. „Natalie!“, wiederholte Mark, als sei das Erklärung genug. „Was ist mit ihr?“ „Du triffst dich mit ihr!“ „Du doch auch?!“, erwiderte Lew irritiert. „Ein Date! Du hast ein Date mit Natalie!“ „Danke, dass du mich daran erinnerst. Aber das ist erst übermorgen.“, war die ironische Antwort, mit der Lew hoffte, endlich aus dieser völlig irrealen und irgendwie bescheuerten Situation herauszukommen. Lews flapsige Antwort reizte Mark jedoch noch mehr, und so packt er ihn an den Schultern, um ihn mit Nachdruck zurück zu reißen, als dieser Anstalten machte, sich umzudrehen: „Du ziehst deinen Scheiß immer wieder mit irgendwelchen naiven Krankenschwestern, unwissenden Wissenschaftsassistentinnen und mit Gott weiß wie vielen Weibern noch durch…“ „Nicht zu vergessen die notgeilen und frustrierten Weiber auf den Außenposten und Stationen!“, ergänzte Lew grinsend. Marks Gesicht verfinsterte sich weiter. „… Aber nein, du musst jetzt auch noch Natalie hineinziehen!“

„Du weißt doch wie das mit den Weibern ist. Die machen doch quasi von selbst die Beine breit.“, konterte Lew forsch, dem Marks Gehabe nun wirklich auf die Nerven ging. Doch Mark stieß ihn so heftig gegen den Flieger, dass ihm die Luft wegblieb. „Es geht hier um NATALIE und nicht um irgendeine besoffene Schlampe!“

Bevor Lew antworten konnte, packte Mark ihn schon wieder am Kragen und drückte ihn hart gegen das Flugzeug. Er schob sein Gesicht so nah an Lews heran, dass sie nur wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. „Ich kenne dich und deine Bettgeschichten. Und ich weiß, wie sie enden. Und ich weiß, dass Natalie für dich nichts anders sein wird als die anderen Frauen.“ Er schob sein Gesicht noch näher ans Lews Gesicht heran. Seine Stimme wurde gefährlich ruhig und kalt. „Aber für mich ist es nicht das Gleiche. Es geht hier um Natalie… Und ich schwöre dir: Wenn du ihr das Herz brichst, werde ich dir furchtbar weh tun. Und ich werde dafür sorgen, dass du genauso lange leiden wirst, wie sie es dann tun wird.“ „Mark…“, schob Lew dazwischen, der seinen Kumpel nicht mehr wiedererkannte, aber Mark ließ sich nicht beirren. „Es geht hier um Natalie…“, wiederholte er und fuhr noch leiserer Stimme fort: „Überlege dir gut, ob du unsere Freundschaft und deine Gesundheit riskieren willst!“ Mit diesen Worten ließ er Lew aus seinem Klammergriff und drehte sich um. Lew zog seine Kleidung zu Recht. Er wusste nicht so recht, ob er nun wütend oder einfach nur total perplex sein sollte: „Scheiße Mark. Warum machst du plötzlich so ein Theater wegen der Weiber?“ Mark drehte sich blitzschnell um. Lew hatte den Schlag gar nicht kommen sehen und erschrak regelrecht, als die Faust gegen das Flugzeug knallte. „Natalie! Es ist Natalie!“, knurrte Mark. „Überlege dir wirklich gut, was du tust.“ Erneut drehte er sich um und verließ das Holodeck. Lew sah ihm eine ganze Weile nach und erwachte aus seiner Starre erst, als die Tür zum Holodeck wieder der übrigen holografischen Umgebung gewichen war. „Tssss…“, schnaubte Lew und drehte sich zu seinem Segelflieger um. Der Schlag hatte eine Macke in der Seite hinterlassen. Lew beugte sich näher zur Stelle und verzog das Gesicht. Er erkannte nicht nur eine Macke, sondern auch einen Riss in der Hülle. Außerdem klebte etwas Blut daran. Zweifellos war es ein harter Schlag gewesen. Nachdenklich zog Lew die Stirn kraus. Nach ein paar Sekunden erhob er sich wieder. „Computer. Den Schaden am Flugzeug wieder beseitigen.“



Natalie ließ sich aufs Bett fallen. Sie sah an die Decke und seufzte wohlig. Sie fühlte sich wirklich gut. So angenehm wolkig. Das lag zum einen an dem Wein und den Cocktails, die sie getrunken hatte, aber zum anderen auch an dem Date mit Lew.

Sie ließ es noch einmal in Gedanken vor ihren Augen ablaufen und seufzte ein weiteres Mal. Es war wirklich ein schöner Abend gewesen. Lew hatte sich wie der vollendete Gentleman benommen. Er hatte sie sogar von ihrem Quartier abgeholt und ihr eine Rose überreicht. Dann hatte er sie in ein Restaurant geführt, das eigentlich nur für Senior-Offiziere und die obere Führungsebene vorgesehen war. Natalie hatte keine Ahnung, was Lew angestellt hatte, um dort einen Tisch zu bekommen. Natalie fühlte sie sich für einen Moment unwohl, als sie sich die übrigen Gäste und die Kellner und das ganze Ambiente angesehen hatte. Es saßen lauter Captains, Lieutenant Commander und andere ranghohe Offiziere dort. Sie hatte ein wenig das Gefühl, als würden sie missbilligend angestarrt. Aber das Essen war hervorragend, und währenddessen hatten sie sich ganz wunderbar unterhalten. Er hatte von seiner Jugend erzählt, von den Dingen, die er damals angestellt hatte, und von seiner Leidenschaft des Fliegens, die ihn schließlich sogar zur Sternenflotte gebracht hatte. Sie hatte ihm fasziniert zugehört. Er konnte gut von den Abenteuern erzählen, die er erlebt hatte, auch wenn sie glaubte, dass er an der einen oder anderen Stelle sicherlich zu dick auftrug oder für ihn unangenehme Dinge wegließ. Im Vergleich dazu war ihr Leben furchtbar langweilig gewesen. Eigentlich war alles immer recht gradlinig verlaufen. Die einzige regelmäßige Aufregung war das Telefonat mit ihrer Mutter, die jedes Mal wissen wollte, wann sie denn Kinder kriegen würde. „Ich will unbedingt Oma werden, bevor ich alt und grau bin. Als ich so alt war wie du, hatte ich schon zwei Kinder. Und Simon war sogar schon im Kindergarten“, hatte sie die Gardinenpredigt ihrer Mutter nachgeäfft. Dann war ihr bewusst geworden, dass man das Ganze auch anders verstehen konnte. Sie war rot geworden und hatte beschämt auf ihren Teller geguckt. Aber Lew war ganz locker geblieben und hatte gelacht. „Kommt mir bekannt vor.“, hatte er ihr gestanden. „Aber das Ganze hatte aufgehört, als meine Schwester dann ihr erstes Kind bekommen hatte.“ „Oh Gott, dann muss ich mich voll auf Simon verlassen? Dann werde ich das wohl noch einige Jahre vorgeworfen bekommen.“, hatte sie geseufzt. „Man weiß ja nie.“, hatte er nur erwidert. Natalie musste lächeln, als sie an das Gespräch zurückdachte, auch wenn sie sich immer noch fragte, wieso um alles in der Welt sie ausgerechnet so ein Thema beim ersten Date angeschnitten hatte.

Aber nach dem Essen war der Abend noch nicht vorbei gewesen. Er hatte sie in eine Tanzbar ausgeführt. Im Gegensatz zu den gemischten Bars, in denen sie sonst so war, handelte es sich bei dieser um ein gediegeneres Etablissement, das ebenfalls ausschließlich Offizieren zugängig war. Anfangs hatten sie sich hingesetzt und einige Cocktails getrunken. Spezielle Schilde verhinderten, dass die Musik so laut zu den Sitzecken herüberdrang, dass man sich nicht mehr unterhalten konnte. Dann aber waren sie auf die Tanzfläche gegangen und hatten ausgiebig getanzt. Man merkte zwar, dass Lew normalerweise sich eher im Thekenbereich aufhielt als zu tanzen, aber im Laufe des Abends war er zu einem durchaus passablen Tänzer mutiert, der sogar vor Paartänzen nicht zurückschreckte. Natalie durchfuhr ein leises Kribbeln, als sie daran dachte, wie er sie bei der Taille berührt hatte während des Tanzes.

Sie war überrascht gewesen, dass es früher Morgen war, als sie die Tanzbar verlassen hatten. Die Zeit war wirklich wie im Fluge vergangen. Und ganz Gentleman-like hatte er sie wieder zu ihrem Quartier gebracht. Sie hatten noch ein paar Minuten vor der Tür gestanden und geplaudert. Sie genoss seine Gegenwart, und ihm schien es ähnlich zu gehen. Jedenfalls machte keiner von ihnen irgendwelche Anstalten, sich zu verabschieden. Erst als ein Crewman vorbeilief und die beiden mit einem „Guten Morgen, Sir!“ grüßte, war sie langsam zur Tür gegangen. Sie hatte sich umgedreht und ihm für den wundervollen Abend gedankt. Dann war sie nochmal auf ihn zugegangen, um ihm einen Abschiedskuss zu geben.

Natalie lächelte und fuhr mit den Fingern über ihre Lippen. Es war ein sehr angenehmer Kuss gewesen. Und diesmal machte sie sich gar nicht erst die Mühe, darüber nachzudenken, was er zu bedeuten hatte. Sie hatten nicht darüber gesprochen, aber für sie stand fest, dass es nicht das letzte Date gewesen sein sollte. Und wenn es nach ihr ging, auch nicht der letzte Kuss. Sie runzelte kurz die Stirn. Sie hatte sein Zögern vor dem Kuss sehr wohl bemerkt. Für einen Moment hatte sie sich nach dem Grund gefragt. Empfand er etwas anderes? Wollte sie mehr als er? Aber als er ihren Kuss schließlich erwiderte, war sie sich sicher, dass es DAS definitiv nicht war. Gefühlsmäßig hatte der Kuss mehrere Stunden gedauert. Ihr hatte das Herz geklopft, als sich ihre Lippen voneinander gelöst hatten und sie mit einem gehauchten „Gute Nacht!“ in ihrem Quartier verschwunden war.

Und nun lag sie in ihrem Bett, todmüde, aber hellwach. Sie fühlte die angenehme Wärme in ihrem Körper und war sich sicher, dass es wohl nicht nur am Alkohol lag. Sie ließ ihre Gedanken kreisen und spürte den Schlaf näherkommen. Sie würde Mark morgen von ihrem Date erzählen. Mit einem Mal war sie hellwach. „War Mark etwa der Grund, weshalb Lew so zurückhaltend und mehr als höflich war?“, überlegte sie. „Ich hoffe, Lew hält sich nicht zurück, weil Mark und ich so gut befreundet sind.“ Dann setzte sie sich aufrecht hin. „Oder ist Mark sogar der Auslöser? Er war ja stinksauer gewesen, als er von dem Date erfahren hatte.“ Natalie war schon aufgefallen, dass die beiden sich ziemlich aus dem Weg gegangen waren. Bisher hatte sie dem nicht sonderlich viel beigemessen. „Ich werde morgen so oder so mit Mark reden. Er wird sich damit abfinden müssen, dass ich nicht seine kleine Schwester bin, die er beschützen muss.“ Zufrieden mit sich und der Welt löschte sie das Licht, drehte sich auf die Seite und war im selben Moment eingeschlafen.