Difference between revisions of "Katana:Log 210"
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Latest revision as of 20:54, 14 August 2018
CSI Gemini
Autor: Mark de Boer
Autor: Lew Sulik
„Computerlogbuch der USS Katana, Captain Andersson, Sternzeit 61.892,5. Die Reparaturen der Katana stehen kurz vor der Fertigstellung. Die notwendigen Arbeiten haben sich dann doch als umfangreicher als zunächst gedacht herausgestellt. Einige Sektionen und Decks mussten komplett ausgetauscht werden. Insbesondere im unteren Bereich war vieles nicht mehr zu reparieren und musste komplett neu aufgebaut werden. In Anbetracht dieser katastrophalen Schäden kommt die Leistung meiner Crew einem Wunder gleich. Lange Zeit ohne echte Unterstützung professioneller Wartungsteams haben sie das Schiff von Grund auf renoviert. Dabei gibt es keinen Mannschaftsbereich, der nicht tatkräftig mit angefasst hat. Ich muss insbesondere Commander Krann ein großes Lob aussprechen. Sie hatte bei der Einteilung der Mannschaft ein gutes Händchen und konnte so die Motivation hochhalten. Mittlerweile ist das Trockendock mit einer regulären Mannschaft ausgestattet, so dass meine Crew sehr entlastet wird. Counselor Prehja bespricht derzeit mit jedem die individuelle Ausgestaltung der Kabinen. Hier nutzen wir die Chance des Moments. Captain Andersson Ende.“
Der lange Däne nahm einen Schluck des Synthehols und genoss die Wärme, die sich in ihm ausbreitete. Dann nahm er eines der PADDs zur Hand, die ihm Seeta auf den Tisch gelegt hatte. „Höchste Priorität!“ leuchtete auf jedem in großen Buchstaben. Er aktivierte die Datei und sah eine lange Liste von Tischdekors mit vielerlei Details. Er zog die Augenbrauen kraus und wählte ein anderes PADD. Er scrollte durch die Datei und sah eine Auswahl diverser Gerichte, die in unzähligen Kombinationen zusammengestellt waren und immer neue Menüs bildeten. Seeta hatte bei der Liste peinlichst genau darauf geachtet, dass jeder Gast etwas für ihn Köstliches vorfand. Garrick schwirrte schon nach wenigen Minuten der Kopf, und er legte das PADD zur Seite.
„Computerlogbuch der USS Katana, Captain Andersson, Zusatzeintrag. Neben der Aufgabe, den Wiederaufbau der USS Katana zu überwachen und zu leiten, gibt es ein weiteres Großprojekt. Seeta und ich haben uns entschlossen, endlich zu heiraten. Und nun stecken wir voll in den Vorbereitungen. Seeta scheint richtig darin aufzugehen. Jede freie Minute durchforstet sie Datenbanken und macht sich Gedanken, was sich noch verbessern ließe. Um ehrlich zu sein, bin ich echt froh, wenn die Hochzeit vorbei ist.“ Er überlegte kurz. „Computer, streiche den letzten Satz. Ich freue mich auf die Hochzeit, aber die zusätzlichen Aufgaben sind schon sehr stressig. Captain Andersson Ende.“
„Nicht schlecht, Herr Specht!“, kommentierte Lew Sulik bewundernd den Anblick, als er zusammen mit Mark de Boer und Manoel Ramirez durch den Hangar der USS Kosciuszko ging. Sie folgten dem Sicherheitschef und Leiter der Taktikabteilung des Schiffes Commander Edward R. Lee sowie Wing-Commander Morgan Cracket auf einer Besichtigungstour durch das Schiff. Insbesondere die Shuttlebay mit den beiden Attack-Fighter-Geschwader aus Spitfire- und Azrael-Klassen interessierten die vier Besucher von der Katana.
Solange die Sternenflotte noch über keine eigens entwickelten Fighter-Träger verfügte, waren die Schiffe der Akira-Klasse für diese Aufgabe vorgesehen. Aufgrund der durchgehenden Hangardecks auf zwei Ebenen von Heck bis Bug war das Schiff von allen bestehenden Schiffstypen am besten dafür geeignet. Durch jeweils eine Öffnung am Bug und am Heck waren gleichzeitige Starts und Landungen von Staffeln und Geschwader möglich, und durch einen Umbau hatte man genug Platz für zwei Geschwader schaffen können. Auch viele Entwicklungen und Errungenschaften, die durch den Feldversuch auf der Katana entstanden waren, hatten Einfluss auf den Umbau der Akira-Klasse zum Jagdträger gehabt.
„Hier sehen Sie die 3-Punkt-Halterungen und das Lifting-System.“, erklärte Lieutenant-Commander Cracket, als sie vor einer Gruppe von Spitfires standen: „Es handelt sich um dieselbe Technik wie bei Ihnen auf der Katana. Nur dass wir hier ausreichend Platz haben, die Jäger in Vierer-Einheiten zu gruppieren und für jede Vierer-Gruppe eine Reparaturbox bereitzustellen. Damit können auch größere Reparaturen direkt am Standort ausgeführt werden.“ Nun übernahm Commander Lee die weiteren Erklärungen: „Wir müssen also nur noch für schwerwiegende Schäden den jeweiligen Fighter in einen speziellen Reparaturbereich bringen. Dieser befindet sich auf der zweiten Ebene des Hangars, also ein Deck direkt unter dem Flugdeck. Auch hier sparen wir Zeit, da wir das Lifting-System so erweitert haben, dass jeder Fighter durch eine Klappe direkt eine Ebene nach unten gefahren werden kann.“
Die drei Offiziere der Katana im Gefolge der beiden Kosciuszko-Offiziere gingen weiter und ließen sich jede Einrichtung der Attack-Fighter-Abteilung des Schiffes zeigen. Darunter etliches Bekanntes von der Katana, aber auch sehr viele Weiterentwicklungen und Neuerungen. Dabei ergingen sich die fünf Offiziere immer wieder in Fachsimpel um Technik und Organisation, bis sie endlich in der Flugleitzentrale angekommen waren. Es handelte sich dabei um eine wesentliche Erweiterung des Towers einer jeden Shuttelbay. Die der Kosciuszko ähnelte fast einer kleinen Schiffsbrücke mit einem großen Hauptmonitor für taktische Darstellungen sowie mehreren Konsolen, von denen aus die einzelnen Staffeln oder Geschwader geleitet werden konnten. An einer zentralen Hauptkonsole saß, einem Captain nicht unähnlich, der Flight-Commander, um in Abstimmung mit der Brücke den Einsatz der Attack-Fighter zu koordinieren. All dies wirkte noch um einiges professioneller als die provisorischen Einrichtungen auf der Katana.
„Unglaublich! Genau so, wie es sein sollte!“, lobte Lew das Gesehene und Mark pflichtete ihm bei: „Ja, ich würde mal liebend gerne unter diesen Bedingungen einen Einsatz fliegen...“ „Nun... möglicherweise können Sie das bald.“, überlegte Lieutenant Commander Lee etwas laut und meinte dann zu seinem Kollegen Ramirez von der Katana: „In einigen Tagen planen wir ein Manöver zusammen mit der Von Steuben bei der Angriff und Abwehr von Attack-Fightern simuliert werden sollen. Wenn Sie erlauben, lade ich Ihre beiden Staffeln herzlich zu diesem Training ein.“ Beide Piloten, die schon lange nach Trainingsflügen lechzten, schauten ihren Taktikoffizier mit großen Augen an, als wären sie Kinder, die eben zum Spielen in einem Spielwarenladen eingeladen worden waren. Noch bevor sie zu Betteln anfangen konnten, gab Manoel seine Zustimmung: „Einverstanden. Ich möchte dann gerne als Beobachter bei diesem Manöver dabei sein. Die Erfahrungen und Erkenntnisse daraus können uns nur von Nutzen sein.“
Captain Alizondo saß in seinem Büro und tippte ungeduldig mit seinem Zeigefinger auf den Tisch. Die Situation gefiel ihm gar nicht. Noch weniger gefiel ihm die Aussicht, was diese Situation womöglich implizierte. So hatte er sich seinen Einstand als stellvertretender Befehlshaber für die Gemini-Flottille nicht vorgestellt. Der Türsummer erklang und riss ihn aus seinen Gedanken. „Herein!“, rief er. Die Tür glitt auf, und Garrick trat ein. Er reichte dem Chef der Station die Hand. „Ethan. Wie geht es Ihnen?“ „Gut soweit. Wie ich höre, sind die Reparaturen an der Katana fast abgeschlossen?“ „Ja, ich denke, wir werden in zirka einem Monat den Stapellauf haben. Es war ja jetzt auch eine lange Phase ohne Schiff. Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, aber ich bin froh, wenn ich die Station verlassen kann.“ Beide Männer lachten, aber dann wurde Alizondo ernst. „Nun ja, momentan bin ich ganz froh, dass Ihr Schiff noch nicht fliegt.“ Andersson runzelte die Stirn. „Wie soll ich das denn verstehen? Ich war bereits ein wenig überrascht von Ihrer kryptischen Mitteilung. Um was geht es denn?“ Alizondo hob die Hand. „Einen Moment Geduld bitte noch.“ Er betätigte einige Tasten an seinem Schreibtisch. „So, jetzt ist dieser Raum abhörsicher. Garrick, ich muss Ihnen etwas zeigen.“ Gemeinsam gingen Sie zu einer Kommode. Alizondo zog die oberste Schublade heraus. Darin lag zusammengefaltet ein brauner Umhang, dazu ein rohrähnlicher Gegenstand von etwa 15 cm Länge und eine Brosche. „Haben Sie diese Gegenstände schon einmal gesehen, Garrick?“, fragte Ethan seinen Kollegen. „Sie kommen mir vage bekannt vor, aber ich kann sie nicht einordnen.“ Der Däne griff nach dem Umhang und breitete ihn aus. Nachdenklich betrachtete er ihn. Es war ein ärmelloser Umhang aus einem karierten Stoff und lederähnlichen Schulterpartien. Dann schüttelte Garrick den Kopf und legte ihn zur Seite. Dann nahm er die Brosche in die Hand. „Ich habe das schon einmal gesehen. Aber ich weiß beim besten Willen nicht, woher.“ Er legte die Brosche wieder in die Schublade. Als er nach dem Rohr greifen wollte, warnte ihn Alizondo: „Passen Sie auf damit. Das ist nicht so harmlos, wie es aussieht.“ Vorsichtig griff Garrick danach und besah sich das Rohr. Er entdeckte einen Schalter und sah Ethan an. „Darf ich da draufdrücken oder fliegt dann alles in die Luft?“ „Ganz so schlimm ist es nicht, aber halten Sie das Rohr lieber senkrecht.“ Andersson hielt das Rohr von sich weg, und auch Alizondo machten einen kleinen Schritt zur Seite. Als Garrick schließlich den Schalter betätigte, wurde aus dem kurzen Rohr ein zwei Meter langer Stab. Sein Gesicht erhellte sich. „Jetzt weiß ich es. Das hier ist ein Denn’Bok, ein Kampfstab der Anla'Shok, der Rangers. Und diese Brosche ist deren Abzeichen und der Umhang gehört auch einem Ranger.“ Alizondo nickte. „Ja, genau. Und genau das ist das Problem.“ Er drehte sich um und ging zu seinem Schreibtisch. Garrick fuhr den Stab wieder ein und legte ihn zu den anderen Sachen. Als die beiden wieder am Schreibtisch saßen, räusperte sich der Stationschef. „Diese Sachen wurden bei einem Schwarzhändler aufgegriffen, der sie offenbar an einen Sammler verkaufen wollte.“ „Der Handel mit Gegenständen aus anderen Universen unterliegt strengen Kontrollen, insbesondere der mit fremden Uniformen und Waffen. Ich nehme an, der Schwarzhändler konnte nichts dergleichen vorweisen?“ „Natürlich nicht.“ „Dann ist der Fall doch klar. Warum diese Geheimniskrämerei?“ „Er ist nur die Spitze des Eisberges. Es ist schon mehrfach gelungen, illegale Ware aus insgesamt zwei verschiedenen Universen zu beschlagnahmen, aber bislang konnten wir nie jemanden dafür festnehmen. Dies ist das erste Mal, dass uns das gelungen ist. Und auch wenn er weit davon entfernt ist, der Kopf der Band zu sein, hat er aber doch immerhin vielleicht genug Wissen über die Hintermänner.“ „Ja, das klingt gut. Die Spezialisten sollen ihn verhören.“ Garrick machte eine Pause und sah seinen Gegenüber prüfend an. „Ethan, dies ist sicherlich ein interessanter Wirtschaftsfall und leider einer der unschönen Dinge, die im Zuge unserer Entdeckungen passieren. Aber warum kommen Sie damit zu mir? Weder bin ich Ermittler noch kenne ich irgendwelche Leute aus dem Milieu.“ „Nein, Garrick, das ist auc nicht der Grund, weshalb ich Sie hergebeten habe.“ Alizondo rückte ein wenig unwohl auf seinem Stuhl hin- und her und nestelte umständlicher als nötig an seiner Tasse. „Der Schwarzhändler war bis zu einem gewissen Grad bereit, mit uns zu kooperieren. Im Gegenzug verbringt er fünf Jahre in einem Straflager auf Neuseeland.“ „Und was hat er nun berichtet?“ „Die Männer, von denen er die Ware erhält, sollen Mitglieder der Sternenflotte sein!“ Totenstille breitete sich im Raum aus. Garrick war mitten in der Bewegung verharrt und bewegte sich eine ganze Weile nicht. Dann verdüsterte sich sein Gesicht, und er sprang auf. „Er beschuldigt also mich und mein Schiff? Dieser kleine Pi…“ „Nein, nein, Garrick. Beruhigen Sie sich. Er hat Sie nicht beschuldigt.“ Der lange Däne beruhigte sich ein wenig und setzte sich wieder. „Garrick, wir wissen, dass Ihr Schiff mit der ganzen Angelegenheit nichts zu tun hat. Sie waren noch auf dem Planeten gestrandet, als uns die ersten Fundstücke in die Hände fielen. Und auch jetzt ist Ihre Mobilität nicht gerade ausreichend, um so etwas durchzuziehen. Wir wissen also mit Sicherheit, dass Ihre Crew es nicht war. Aber damit hört unser Wissen praktisch schon auf.“ Alizondo stand auf und ging ein paar Schritte zum Fenster. „Der Schwarzhändler konnte uns keine Personenbeschreibungen geben. Alle Kontakte fanden anonym oder über tote Briefkästen statt. Das bedeutet, es könnte theoretisch jeder aus dem Gemini-Verband sein. Wir kennen keine Ränge, keine Namen, keine Beschreibungen, keine Schiffe, nichts.“ Er schnaubte voll hilfloser Wut. „Und glauben Sie dem Mann?“ „Ich habe meine Bedenken, aber der Verhörspezialist Jon Savarro bestätigte, dass die Geschichte zumindest einen wahren Kern enthält. Und das ist genug, dass ich dem nachgehen muss.“ Garrick hob die Hand. „Ich ahne, worauf das hinausläuft. Weil mein Schiff das einzige ist, das sauber ist, sollen wir intern ermitteln. Gegen unsere Freunde und Kollegen. Und das alles nur auf die windige Aussage eines Kriminellen, der ohnehin nichts mehr zu verlieren hat?“ Ethan legte seinem Kollegen beruhigend die Hand auf den Unterarm. „Ich weiß, dass das eine große Aufgabe ist und kein kleiner Gefallen. Ich würde den Fall liebend gern an irgendeine zuständige Stelle in San Francisco abschieben. Nicht nur, dass ich riskiere, dass der frisch gegründete Gemini-Verband zerbricht, sei es wegen der Tat oder den Ermittlungen, nein, ich riskiere auch meinen Ruf, indem ich mich dem möglichen Vorwurf aussetze, womöglich unliebsame Ergebnisse vertusche oder sogar darin verstrickt zu sein. Wenn es nach mir ginge, würde morgen hier eine Kompanie Ermittler anrücken und hier alles auf den Kopf stellen, bis die Wahrheit ans Licht gekommen ist. Nur leider sind der Krieg und seine Folgen immer noch nicht verschwunden. Es gibt so viele Verbrechen, die aufgeklärt werden müssen, und so wenige Ermittler, dass dieser hier keine Priorität besitzt. Gleichzeitig ist er aber auch zu wichtig, um einfach beiseitegeschoben zu werden. Immerhin belastet diese Affäre die Beziehungen zu unseren neuen Partnern in den benachbarten Universen. Um es kurz zu machen: Die Kompanie wird nicht kommen. Neben dem Verhörspezialisten wird ein Mitglied des Generalinspekteurs herkommen und die Untersuchungen leiten. Ein gewisser Allister McBride. Er soll ein gewiefter Ermittler und Beobachter sein, der ihn landläufig schon den Spitznamen Sherlock einbrachte. Unterstützt werden die beiden von einem Sicherheitsteam der Station und einem Team von Ihnen. Mehr kann ich Ihnen aktuell leider noch nicht mitteilen. Die beiden werden heute Abend in der Station erwartet. Sie werden Ihnen dann alle weiteren Informationen mitteilen.“ Die beiden Captains gaben sich ein wenig steif die Hand. „Haben Sie noch Fragen?“ „Mir gefällt die ganze Sache nicht…“ „Garrick…“, unterbrach ihn Alizondo sofort, wurde aber mit einem Handzeichen vom Dänen zum Schweigen gebracht. „Wie gesagt, es gefällt mir nicht, gegen meine Kollegen und Freunde ermitteln zu müssen. Noch weniger gefällt es mir, was dieser Kriminelle unterstellt, nämlich, dass meine Freunde und Kollegen Gesetzesbrecher sind. Aber noch weniger würde es mir gefallen, wenn ich nichts tun würde und sich die Geschichte hinterher als wahr herausstellen sollte. Dann müsste ich mich nämlich fragen, warum ich Verbrecher nicht dieses Mal auch mit der vollen Energie verfolgt habe. Ich werde also mein Möglichstes tun und hoffe inständig, dass am Ende meiner Bemühungen herauskommt, dass dieser Händler nur gelogen hat, um seinen erbärmlichen Hals zu retten.“ Er drehte sich um und verließ Alizondos Büro.
Die zwei Gestalten lösten sich aus dem Schatten, als ihre Geschäftspartner die dunkle Gasse zum Hinterhof durchquerten. Sie schritten langsam auf die beiden zu, ständig bedacht, kein gemeinsames Ziel abzugeben. Sie blieben etwa vier Schritte vor den Neuankömmlingen stehen. Sie waren etwa zwei Köpfe größer und wirkten in ihren Bewegungen und Staturen äußerst roh und brutal. Die beiden anderen wirkten geradezu schmächtig, aber nichts desto trotz unheimlich. Sie hatten dunkle Umhänge mit Kapuzen an, die sie sich tief ins Gesicht gezogen hatten. Die Umhänge schienen ununterbrochen zu flattern, so dass der Eindruck entstand, die beiden Figuren wären ständig in Bewegung und würden darüber hinaus noch einige Zentimeter über dem Boden schweben. Eine Weile blieben jeder, wo er war. Schließlich trat einer der beiden kleineren Männer vor. „Wer seid ihr? Wo ist unser Kontaktmann?“ Der größere der beiden Hünen schnaubte und murmelte etwas Unverständliches. Dann war er dem Vorderen einen Datenkristall zu, der diesen sofort scannte, und meinte: „Der ist etwas zu unvorsichtig geworden. Und ihr wisst ja… Man kann ja nicht vorsichtig genug sein.“ Mit einer schnellen Bewegung war er bei dem vorderen Mann und griff nach seiner Kapuze. Doch ein unheilvolles Sirren ließ ihn innehalten. Der Angegriffene hatte eine bläulich leuchtende Klinge aus dem Ärmel gezogen und drückte die Spitze direkt oberhalb des Bundes gegen den Bauch des Riesen. „Zieh die Kapuze zurück, und ich werde dir die Haut in Streifen abziehen.“ Der Angreifer bewegte sich nicht, und so vernahm er wenige Momente später das vertraute Geräusch einer Energiewaffe wahr, die geladen und auf ihn gerichtet war. Der zweite Mann im Umhang hatte eine Waffe gezogen. „Du hast gehört, was mein Geschäftspartner gesagt hat.“ Der Hüne ließ die Kapuze los und trat ein paar Schritte zurück. Sein Begleiter hatte sich die ganze Szenerie interessiert angesehen, aber nicht eingegriffen. „Wenn Sie jetzt genug Spielchen gespielt haben, lassen Sie uns endlich zum Geschäft kommen.“ Zum Beweis holten die beiden Männer zwei mittelgroße, verschnürte Stoffpakete aus ihren Umhängen. In den nachfolgenden Minuten wechselten die Pakete sowie mehrere Streifen Latinum die Besitzer. „Immer wieder eine Freude Geschäfte mit Ihnen zu machen, meine Herren. Nur lassen Sie das nächste Mal das Testosteron zuhause.“ Langsam gingen die bemäntelten einige Schritte rückwärts und verschwanden dann in der Gasse und aus den Augen der beiden zurückbleibenden Männer. „Amateure!“, knurrte der der Größere von beiden. „Ich hätte ohne Mühe beide erledigen können.“ „Ich weiß. Und später ist dafür auch noch genug Zeit. Aber erst mal bringen sie uns erstklassige Waren.“ Jeder schnappte sich ein Paket und verschwand in der Dunkelheit des Hinterhofes.
Garrick saß mit Savarro, McBride und Ramirez in einem abgeschotteten Besprechungsraum. Die beiden Ermittler hatten die beiden Mitglieder der Katana in knappen Worten auf den Stand der Untersuchungen gebracht. Bislang gab es nur einige beschlagnahmte Pakete mit Uniformen, Rüstungen und leichteren Waffen. Der Schmuggler war der erste Fish, der ihnen ins Netz gegangen war. Aber außer seiner Aussage bot er keine weiteren Ansatzpunkte. Also galt der Spur der Sternenflottenangehörigen, die darin verwickelt sein sollten, ihr Hauptaugenmerk. An dieser Stelle war Captain Andersson aufgesprungen. „Ich glaube immer noch nicht, dass uns dieser Schurke einfach ein Stöckchen hinhält, und wir springen drüber. Ich bin immer noch überzeugt, dass meine Kameraden hier ein reines Gewissen haben!“ „Das ist der Grund, weshalb wir ungern Außenstehende hinzuziehen: emotionale Verwicklungen. Es erschwert unsere Arbeit. Aber glauben Sie mir, wenn ich sage, dass ich den Kerl ordentlich in die Mangel genommen und auf links gedreht habe. Wenn er mich angelogen hätte, hätte ich es erfahren. Lieutenant Commander, Sie wissen, wovon ich rede. Ihre Akte weist einige spektakuläre Aufklärungen auf.“ Ramirez nickte. „Die Augen, die Mimik, die Stimme, die Gestik. Unkontrolliert verraten diese Aspekte sehr viel über eine Person. Im Verhör geht es darum, zu erreichen, dass der Verhörte seine Reaktionen nicht mehr kontrolliert. Irgendetwas, was ihn letztendlich verrät.“ „Sehr bildlich erklärt. Und ohne angeben zu wollen, kann ich doch sagen, dass ich ein Meister darin bin. Ich habe ihn auseinander genommen und kann Ihnen versichern, dass er die Wahrheit sagt, bzw. genauer gesagt, das, was er für dir Wahrheit hält.“ „Sehen Sie! Das meine ich! Ich glaube nicht, dass jemand aus der Sternenflotte sowas tut!“ „Ich habe gute Menschen schon viel schlimmere Dinge tun sehen.“, entgegnete Savarro ruhig. Sein Kollege schaltete sich ein. „Captain Andersson. Ich verstehe, dass Ihnen dieser Auftrag nicht gefällt. Und auch wir hätten lieber, bitte entschuldigen Sie die harten Worte, ausgebildetes Personal. Nur steht uns das nicht zur Verfügung. Sie und Ihre Crew ist sauber. Also nehmen wir, was wir kriegen können.“ „Wie auch die Schmuggler.“, entgegnete Garrick mürrisch. McBride sah ihn einen Moment an, sagte aber kein Wort. Seine Erscheinung wirkte verweichlicht, sein Gesicht strahlte Schlafmangel aus. Aber Andersson war nicht entgangen, wie wachsam sein Blick war und wie geschmeidig seine Bewegungen waren. Dieser Mann war definitiv viel gefährlicher, als er zu sein schien. In diesem Moment schien er abzuwägen, ob Garrick ein Risiko für seine Ermittlungen werden könnte. „Ich hatte sowohl Captain Alizondo und als Admiral Cunningham meine volle Kooperation zugesichert.“, beeilte sich Garrick daher klarzustellen. „Das ist gut. Und wir wollen Ihre Zeit auch nicht überstrapazieren. Weder jetzt noch während der Ermittlungen. Wir benötigen ein Dutzend Sicherheitskräfte, die uns direkt bei den Ermittlungen unterstützen, dazu ein weiteres Dutzend in Bereitschaft. Und wir brauchen Sie, Mister Ramirez. Sie kennen die Leute und die Station.“ McBride machte eine kurze Pause, die Ramirez nicht entgangen war. „Was benötigen Sie noch?“ „Es könnte dazu kommen, dass wir jemanden einschleusen müssen, um den Ring von innen zu sprengen. Das sollte keiner von Ihren Sicherheitsleuten sein.“ Andersson und Ramirez sahen sich an. „Sulik vielleicht? Er ist öfters schon mit Obrigkeiten zusammengerasselt.“ „Sie meinen den Piloten?“, unterbrach Savarro den Gedankengang. „Zu bekannt, zu auffällig. Wenn wir ihn in die Nähe bringen würden, wäre er für die anderen wie ein Leuchtturm im Dunkeln. Sie würden sich eher zurückziehen. Wir bräuchten jemanden Unauffälliges aus der zweiten oder dritten Reihe. Lieutenant Commander Ramirez, vielleicht fällt Ihnen ja noch jemand ein, der geeignet wäre.“ „Ich will bei der Auswahl dabei sein. Es sind meine Leute, über die da entschieden wird!“ Garrick hatte das vage Gefühl, in den letzten Minuten ausmanövriert worden zu sein. Und das schmeckte ihm gar nicht. „Wenn jemand auf Undercover-Mission geschickt wird, fällt das immer noch in meine Zuständigkeit.“ „Natürlich, Captain. Aber vorerst steht das ja noch nicht auf der Tagesordnung. Erst einmal machen wir unsere Polizeiarbeit.“
Auf der Cockpit-Konsole vor ihm beobachtete Lew Sulik die Geschehnisse in großer Entfernung. Dort beharkten sich schon seit längerem die Jäger der USS Kosciuszko und USS Von Steuben gegenseitig in einem Raumkampf bei Impulsgeschwindigkeit. In kompakter Formation versuchten die Azrael-Verbände der Kosciuszko Jagdbombern gleich zur Von Steuben durchzubrechen, während ihr Jagdschutz in großräumigen Kleinverbänden die Spitfire-Verteidiger abwehrten. Alles in allem Standardtaktiken und übliche Strategien, die bereits lange theoretisch entwickelt worden waren, aber bisher abgesehen von Manövern nie im Einsatz erprobt werden konnten.
Auf Grund der vergleichbaren Taktik und der gleichen Technik war nun zwischen beiden gegnerischen Verbänden eine Pattsituation entstanden, und keine der beiden Seiten konnte einen Vorteil erringen. Lew trommelte nervös auf seiner Armlehne, denn ungeduldig wartete er auf den Einsatzbefehl seiner Reserveeinheit von der Flugeinsatzzentrale der Kosciuszko. Es war aufgrund der Situation auf dem Schlachtfeld offensichtlich, dass nun die Von Steuben ihre bisher zurückgehaltenen Azrael-Fighter einsetzen konnte, um nun ihrerseits das gegnerische Schiff anzugreifen. Alle anderen Spitfires der Kosciuszko waren im Hauptkampf gebunden und wegen einer taktischen Fehleinschätzung des Flight-Commanders war die gemischte Einheit von Lieutenant Commander Sulik, die 1. JAW der Katana auf einen Kurs auf die andere Seite des Sternensystems beordert worden. Zwischen dem Hauptgefecht beider Schiffe und dem 1. JAW lagen nun die beiden Sonnen des Systems. Zwar konnte Lew seine Einheit, wie vermutlich vom Captain der Kosciuszko vorgesehen, um das Zentrum des Systems herum führen und den Gegner von hinten angreifen, aber die Zeit dazu war knapp.
Als er über Subraum endlich den erwartenden Befehl von der Kosciuszko erhielt, analysierte der Geschwaderführer der Katana schnell die Situation auf dem Schlachtfeld. Mit den Sensoren war zu erkennen, dass auf der Von Steuben in Kürze ein erster Pulk an Azrael-Fightern starten würde, vermutlich zum Direktangriff auf die Kosciuszko. Nach seiner Einschätzung blieb für seinen Verband keine Zeit mehr über einer der Standardrouten um das Sonnenzentrum herum diesen Angriff abzuwehren. Eine kurze Computerberechnung bestätigte seine Bewertung der Lage.
Für einen Moment spielte er mit dem Gedanken, mit dem Geschwader mitten durch das Baaryzentrum zu brechen, was jedoch ein hohes Risiko bedeuten würde. Dann gab jedoch andere Befehle: Hier Rot-1 an gesamtes JAW. Wir fliegen in Doppelpfeil Formation auf Kurs 035-045-404 auf Position 510.149.498. Dort Formation auflösen und unterschiedlich Kurs nehmen. Staffel-Rot greift feindliche Azrael-Fighter an. Staffel-Gelb attackiert direkt die Von Steuben.“
„Hier Gelb-1 an Rot-1“, rief Mark de Boer über den Audiokanal der Subraum-Transmission, kurz davor die Funkdisziplin vergessend: „Der Kurs führt uns verdammt nah an das unmittelbare Gravitationsfeld der Doppelsterne heran!" „Ich habe das alles genau berechnet. Es ist knapp aber noch alles im Sicherenbereich!", beschwichtigte Lew: "Ihr müsst genau den von mir vorgebenden Kurs einhalten, dann nutzen wir die Gravitation beider Sterne sogar zur Beschleunigung.“
Noch während das Geschwader von Lieutenant Commander Sulik den neu programmierten Kurs aufnahm, murmelte der Pilot de Boer durch den Audiokanal: „Wenigstens fliegen wir nicht mitten druch das Baryzentrum... du verrückter Hund!"
Sie hatten eben die gemeinsame Formation aufgeben und sich ihren jeweiligen Zielen zugewandt, als die Spitfire von Lew in losem Formationsflug auf die Azrael-Fighter der von Steuben trafen. Die Azraels von Mark waren an anderer Stelle gerade dabei, die Von Steuben anzugreifen, während die einzelne Staffel von der Von Steuben in Pulkformation einen Kurs um das Hauptgeschehen herum auf die Kosciuszko einschlug. Sofort gab der Staffelführer Sulik den Angriffsbefehl, und seine Fighter stürzten sich auf die gegnerischen Jagdbomber, um sie mit Phasern und Kleintorpedos zu befeuern. Zwischen dem Abwehrfeuer der gegnerischen Akira-Klasse hindurch manövrierend näherten sie sich den feindlichen Azraels. Doch sie hatten gerade mit ihrem Angriff begonnen, als sie von einem unerwarteten Jagdschutz aus dem Hinterhalt überrascht wurden. Zwei Schwärme aus Spitfiren machten nun ihrerseits Jagd auf Lews Fighter. Dieser fluchte ebenso wütend wie verwundert: „Verdammt, wo kommen die denn her...“ Er ärgerte sich noch über diese Überraschung, bis ihm klar, wurde, dass diese aus dem Heckausgang des Hangars der Von Steuben kommen musste. Ihm war ein klassischer Fehler unterlaufen: Er hatte eine wesentliche Eigenschaft des Gegners übersehen, nämlich seine Fighter von zwei verschiedenen Ausgängen aus starten lassen zu können. Umgehend gab er de Boers Jäger neue Befehle: „Rot-1 an Gelb-1. Priorität hat der Heckhangar!“
Mit Verblüffung und noch mehr Wut im Bauch, sah Lew Sulik, wie sich seine Leute von dem gegnerischen Jagdschutz aus dem Konzept bringen ließen. Anstatt die Azraels der Von Steuben zu attackieren, gingen sie direkt zum Gegenangriff auf ihre feindliche Pendants über. Wieder die Funkdisziplin übergehend schrie Lew regelrecht über den Audio-Subraumkanal: „Konzentriert euch auf die verdammten Jagdbomber!“ Dann fasste er seine Befehle wieder kurz: „Rottenformation einnehmen. Rottenführer mit Angriff auf Primärziele. Flügelmänner feindliche Angriffe abwehren.“ Um dann wieder hinterher zu werfen: „Hab ich euch denn gar nichts beigebracht?“