Log 248
As time goes by
Autor: Lew Sulik
Endsternzeit: 63361.75
Anfangsdatum: 63363.29
Enddatum: 13.05.2014 (1:00)
Schnell rieb sich Captain Garrick Andersson noch den Schlaf aus den Augen, bevor er auf das Türsignal reagierte. Die Pflichten eines Captain konnten mitunter sehr ermüdend sein. Auf seinen Befehl hin öffneten sich die Türflügel zu seinem Bereitschaftsraum und Counselour Rahja Preja trat ein, gefolgt von einer ihm bis dato unbekannten Frau. Beide positionierten sich vor Garricks Schreibtisch und etwas verlegen aber sichtlich aufgeregt grüßte die Counselour den Captain: "Guten Abend Sir. Entschuldigen Sie bitte die späte Störung, aber ich habe auf Gemini die Bekanntschaft von Frau Cassandra Spiros gemacht." Rahja Preja deutete auf die Frau neben ihr: "Miss Spiros hat mir ihre außergewöhnliche Geschichte erzählt und ich glaube, diese dürfte von äußerster Dringlichkeit sein."
Der Captain musterte für einen schweigsamen Augenblick die fremde Frau. Ihr langes, schwarzes Haar fiel in geschwungenen Bögen auf ihr dunkelrotes Abendkleid, welches ihre schlanke aber attraktive Figur noch betonte. In all ihrer Eleganz und ihrer auffallenden aber unaufdringlichen Schönheit sowie der Aura ihres natürlichen Charmes wirkte diese Frau völlige deplatziert in der steril-unterkühlten Umgebung eins Sternenflottenschiffes.
Dann forderte er die beiden Frauen auf Platz zunehmen und in seinen Schreibtischsessel zurück gelehnt hört er sich die Geschichte von Cassandra Spiros an. Die Frau erzählte von ihrer Heimat, der Erde im Jahr 2350, dem sogenannten Chronos-Schlüssel sowie über die fehlgeschlagene Zeitreise-Mission zusammen mit einem gewissen Joey sowie ihre Erlebnisse in den vergangenen 10 Jahren.
Während Miss Spiros erzählte, wuchs die Besorgnis des Captains, es sich immer mehr als eine verzwickte Zeitreisegeschichte herausstellte, was immer Komplikationen mit sich zog. Als Cassandra ihren Bericht abgeschlossen und nachdem Rahja noch einige Details über ihr Kennenlernen im Stardust ergänzt hatte, runzelte Garrick seine Stirn und betrachtete das erwähnte Medaillon. Auf ihn wirkte es matt-schwarz, wann auch elegant und außerordentlich hübsch.
Dann meinte er zu den beiden Frauen: "Danke dass sie mich informiert haben. Das ist alles in der Tat sehr mysteriös. Wir werden morgen zu ersten Schicht die Führungsoffiziere zu einer Besprechung zusammenrufen. Bis dahin, Miss Spiros, sind sie an Bord dieses Schiffes unser Gast. Counselour Preja wird ihnen ein Quartier zuteilen."
Die Runde der anwesenden Führungsoffiziere schwieg, als Cassandra Spiros ihren Bericht ein weiteres Mal vorgetragen hatte. Allen war die Bedeutung von Zeitreisen und deren Komplikationen – insbesondere der brühten Paradoxen – bewusst. Es war der XO Karl-Theodor Radon der als erstes das Wort in der Offiziersrunde ergriff: "Eigentlich schreiben die Fortschriften für so einem Fall vor, dass die zivile Föderationsbehörde für temporale Ermittlungen informiert wird. Diese entscheidet dann über das weitere Vorgehen."
Nun war es ausnahmsweise der Mensch Garrick Andersson, der skeptisch seine rechte Augenbraue hob. Er hatte bereits schon einmal vor langer Zeit Bekanntschaft mit den Beamten dieser sehr speziellen Behörde machen dürfen. Seiner Erfahrung nach, waren die Agenten der temporalen Ermittlung mitunter sehr unangenehme Zeitgenossen. Allerdings war das Gemini-774-System so abgelegen, dass mit einem Eintreffen eines Ermittlerteams kaum innerhalb zweier Monate zu rechnen war. Daher stimmte er seinem XO zu, aber nicht ohne eine kleine Einschränkung: "Gut. Ich schlage vor, dass wir zunächst das Medaillon, also diesen Chronos-Schlüssel, im Labor untersuchen. Wenn sich tatsächlich eine Verbindung zu Zeitreisen nachweisen lässt, informieren wir die FTE."
Im Labor von Dr. Dalen Lazarus hatte sich die Führungscrew im einen Halbkreis um den Wissenschaftler versammelt und wartete auf dessen Untersuchungsbericht. Hinter ihm war das das Medaillon auf einem kreisrunden Labortisch in eine Halterung gespannt worden und wurde von diversen Scannern und anderen Vorrichtungen auf Teleskoparmen umringt. Der Chronosschlüssel in seinem klassischen Design in Form eines Schmuckstücks wirkte in mitten der Sternenflottentechnik wie ein seltsamer Anachronismus. Rechts davon stand Cassandra Spiros etwas abseits und betrachtete ihr Medaillon besorgt.
"Wir konnten die Materiestruktur des Objekts einem bekannten Paralleluniversum zu ordnen.", begann nun Dr. Lazarus und zeigte auf einen Bildschirm an der Wand auf dem einige stichpunktartige Eckdaten aufgeführt waren : "Das Universum wurde als CF-01 katalogisiert und bereits von der USS Copernicus besucht. Allerdings ist die damalige Expedition nicht sehr weit vorgedrungen und nicht bis zur dortigen Erde gelangt."
Nun ging Dalen auf den Labortisch zu und zeigte auf das Medaillon in der Halterungsvorrichtung: "Zum Medaillon selber können wir nicht viel sagen. Die Technik entspricht offenbar keiner der uns bekannten Systeme. Bei den Scans habe wir jedoch Reste von zerfallender Chronitonen-Strahlung entdeckt, was Miss Spiros Erzählung über die Zeitreise stützt."
Dr. Lazarus deutete mit einer knappen Gestik an, dass er am Ende seines Berichts angekommen war und so antwortete der Captain: "Danke Doktor. Fordern Sie bitte den Missionsbericht der USS Copernicus für uns an." Andersson wandte sich an seinen XO: "Kontaktieren sie bitte Captain Alizondo. Ich möchte eine Expedition in das CF-01 Universum vornehmen um bei der dortigen Erde nachzuforschen."
"Sir. Mir gefällt es zwar genau sowenig, aber es handelt sich eindeutig um ein Zeitreisephänomen. So gesehen ein Fall für die Föderationsbehörde für temporale Ermittlungen.", kam der erste Offizier auf seinen früheren Einwand zurück. Doch der Captain wiegelte ab, er hatte sich bereits eine Strategie für diesen Fall zu Recht gelegt: "Da es sich nun ganz offensichtlich um eine Zeitreise in Verbindung Paralleluniversum handelt, ist die FTE in diesem Universum meiner Meinung nicht zuständig. Zumindest zum jetzigen Stand der Erkenntnisse."
"Captain. Es gibt noch einige weitergehende Untersuchungen die ich mit diesem Chronosschlüssel vornehmen könnte.", meldete sich der Wissenschaftler wieder zu Wort: "Dazu müssten wir jedoch die Laboreinrichtungen auf der Gemini-Station nutzen." Schnell fügte der Doktor noch an: "Das Einverständnis von Miss Spiros natürlich vorausgesetzt."