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Ausgenutzt - Teil 1
Autor: Alexandra Black

Benjamin Ebbersmann setzte sein grimmigstes Gesicht auf, als er den kleinen Kommunikationsbildschirm auf seinem Schreibtisch aktivierte. Der eingehende Ruf der Stationskommandantin Geodis war ihm soeben angekündigt worden und gerade ihr gegenüber musste er glaubwürdig wirken. Nur wenn sie davon überzeugt war, dass er den Dingen hier einzig deshalb ihren Lauf ließ, weil es sein Befehl war, dann hatten sie eine reelle Chance, an die Hintermänner zu kommen und dem ganzen Wahnsinn ein Ende zu bereiten.

„Captain.“, knurrte er die Trill missbilligend an und war ehrlich gespannt, was sie wohl von ihm wollte. Doch Geodis ließ sich nicht auf Spielchen ein. Jedenfalls nicht auf dieses. „Captain“, erwiderte sie freundlich. Keine Spur davon, dass ihre Freundlichkeit nur gespielt war. Ihr Gesicht sah ihm offen entgegen. „Commander Andersson und Doktor Maddigan werden gerade zu ihrem Schiff gebracht. Sobald die beiden an Bord sind, können Sie uns verlassen und die Gemini-Station anfliegen.“ Ebbersmann wollte überrascht Einwände erheben, doch Geodis ließ ihn noch nicht zu Wort kommen: „Lassen Sie mich Ihnen noch einmal meinen ausdrücklichen Dank für Ihre Kooperation aussprechen. Ohne Ihre Hilfe hätte das alles noch viele Monate gedauert. Wer weiß, ob wir unser Ziel überhaupt erreicht hätten… Also, - Danke.“

„Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz…“, hob Ebbersmann an. Laut seinen Informationen befanden die Forschungen sich zwar durchaus auf ‚gutem’ Weg, aber abgeschlossen waren sie noch nicht. „Sie sind schon… fertig?“

Die Trill wirkte für einen Moment belustigt, ging aber nicht darauf ein. „Das sind wir, in der Tat.“, antwortete sie. „Und das verdanken wir Ihnen, Captain. Und nicht zu vergessen – selbstverständlich auch Doktor Maddigan und Commander Andersson. Wie auch immer… Die beiden sollten inzwischen auf der Katana sein und ich glaube, Sie wollten nicht länger hier bleiben, als unbedingt nötig – wenn ich das richtig in Erinnerung habe. – Ich wünsche Ihnen einen guten Flug. Und nochmals: Vielen Dank für Ihre Hilfe. Es ist gut zu wissen, dass die Katana in so fähige Händen übergegangen ist.“

Ebbersmann runzelte die Stirn. Im Grunde ein Lob – doch aus dem Munde Natall Geodis’ klang es mehr wie eine verbale Ohrfeige. Das Gespräch war bereits beendet, ehe er noch etwas darauf antworten konnte. So betrachtete der Captain schon Sekundenbruchteile später ratlos das Föderationsemblem auf seinem Display.


Nur wenige Augenblicke später betrat er die Brücke. Wenn Andersson zurück an Bord war, würde sein erster Weg ihn ohnehin hierher führen. Und je eher er erfuhr, was hier eigentlich los war, desto besser. Lange musste er nicht warten, dann öffnete sich zischend die Tür des Turbolifts. Andersson steuerte sofort auf den Captain zu, gefolgt vom Schiffsarzt, der von der plötzlichen Rückkehr offensichtlich ebenso überrascht war, wie Ebbersmann.

„Was ist los? Ist da drüben etwas vorgefallen? Und was soll das alles?“, verlangte der Kommandant augenblicklich ein paar Antworten von seinem XO.




ca. 32 Stunden vorher


Wie geheißen verließ Demitri Lehnenko das wissenschaftliche Labor. Das Abspeichern seines Arbeitsstandes war das einzige gewesen, was er noch zu tun gehabt hatte. Das Aufräumen seines Arbeitsplatzes hatte sich durch seine ordentliche und gewissenhafte Art erübrigt.


Mit langen Schritten ließ er den Korridor rasch hinter sich und brauchte nur wenige Minuten, bis er sein Quartier erreicht hatte. Automatisch schaltete sich gedämpft das Licht ein. Der Wissenschaftler hielt sich nicht damit auf, sich erst hier umzusehen. Schließlich wohnte er bereits einige Monate hier. Die kleineren Standardquartiere der Station bestanden nur aus zwei Zimmern: Einem kleinen Bad, sowie einem genormten Raum, in dem sich neben einem leicht abgegrenzten Arbeitsbereich, ein Esstisch für zwei Personen und ein einfaches Bett nebst Kommode befanden.


Mit wenigen Handgriffen hatte der Wissenschaftler bequeme Kleidung zu Tage gefördert und sich umgezogen. Dann nahm er am Schreibtisch Platz und öffnete eine der unzähligen verschlüsselten Dateien und startete mit einem Tastendruck die Audioaufnahme: „Persönliches Computerlogbuch Lieutenant Lehnenko.“ Danach hielt er kurz inne und atmete tief durch. Normalerweise hielt er nicht sehr viel von dieser Art Journal. Die üblichen Berichte, die er arbeitsbedingt zu verfassen hatte, genügten ihm als Rückblick auf einen vergangenen Tag und dessen Ereignisse. Doch seit er auf Epsilon-Athena war, war das Führen eines persönlichen Logbuches zur Pflicht für ihn geworden.

Überhaupt hatte er festgestellt, dass er sich hier Dinge angewöhnt hatte, für die er sich selbst verachtete. Aber im Krieg mussten nicht nur jene Opfer bringen, die an der Front standen. – Ein Gedanke, der ihm mittlerweile fast schon zum Mantra geworden war.

Nun schweifte sein Blick doch durch das kleine Quartier – voller Abscheu. Er sehnte sich, nach seinem eigenen Bett. Nach seiner Frau! Nach seinen ‚wirklichen’ Kollegen.

Hier würde er niemals wahre Anerkennung für seine Arbeit erhalten. Meist nahmen die anderen Wissenschaftler eh nur am Rand von ihm Notiz. Wer nicht aktiv die Forschungen vorantrieb, galt eher als unterstützendes Personal. So auch Demitri. Nicht dass er Wert darauf gelegt hätte, Anerkennung für Forschungen an einer biologischen Waffe zu erhalten. Er hielt sich ohnehin lieber im Hintergrund und vermied allzu engen Kontakt zu seinen Kollegen. Schon bald würde er all das hinter sich lassen können, zu seiner Frau und den Kindern zurückkehren – und die Anerkennung erhalten, die ihm für seine eigentliche Arbeit zustand.

Sie würden hier schon noch sehen, was sie von all dem hatten. Wer Wind sät... Ein höhnisches Grinsen umspielte seine Lippen bei diesem Gedanken, dann begann er mit seinem Logbucheintrag: „Die Forschungen schreiten nun rasch voran. Mit dem Eintreffen Doktor Maddigans, dem Entdecker des Grundprinzips, auf dem wir aufbauen, ist auch sonst neue Motivation eingekehrt. Mit seiner Hilfe werden die letzten Modifikationen kaum mehr eine Woche brauchen. Wir treten nun in eine... 'heiße' Phase ein.“ Ein weiterer Tastendruck, dann war der Eintrag auch schon beendet. „Computer: Eintrag verschlüsseln und weiterleiten.“ Damit war seine Arbeit für heute endgültig getan.


Als er kurz darauf im Bad stand und sein Spiegelbild betrachtete, huschte erneut der höhnische Ausdruck über sein Gesicht. Nicht mehr lange, bis dieser Job endlich beendet war und er zu Hause sein würde. Bei seiner Familie, einer wesentlich angenehmeren Arbeit und Lichtjahre entfernt von dieser Station des Wahnsinns, getarnt als einer von ihnen.




„Hm...“, Borkal kniff die Augen zusammen. Er war einer der ersten im Labor gewesen und starrte, inzwischen unterstützt durch Winnie Maddigan, gefühlte Stunden auf ein und dieselbe Gensequenz. Der Hauptteil des Virus, der ihm als eine Art Baustein angezeigt wurde, schien zwar ihren Erwartungen gemäß an die entsprechenden Basis-Bausteine der romulanischen DNA angedockt zu sein, dennoch zeigte sich kaum eine Auswirkung.

Dabei war der Wissenschaftler sich sicher gewesen, dass er am vergangenen Abend andere Ergebnisse erzielt hatte. Borkal warf einen Seitenblick zu Maddigan hinüber. „Hatten Sie gestern noch etwas an der Sequenz verändert?“, fragte er den Arzt genervt, da dieser sich offensichtlich nicht zu einem Kommentar berufen fühlte.

„Was?“ Maddigan tauchte aus seinen Grübeleien auf und nahm erst jetzt die Anzeige überhaupt wahr.

Borkal schnaufte. „Ob Sie an der Sequenz noch was geändert hatten!“

„Oh… eh ja. Ich hatte eine Anpassung versucht.“ Der Doktor deutete auf eine Stelle des DANN-Strangs. „Hier. Aber es hat nicht geklappt, deshalb habe ich es rückgängig gemacht. Irgendwie ist dann aber ein Fehler aufgetreten und…“

„Solche Änderungen werden hier üblicherweise dokumentiert.“, knurrte Borkal und hielt ihm auffordernd ein PADD unter die Nase.

„Das habe ich. Auf dem DNA-PADD.“ Er streckte dem Wissenschaftler seinerseits einen der Datenblöcke entgegen und hielt seinem Blick mühelos stand.

„Na schön.“ Borkal nahm das Protokoll entgegen und überflog es kurz. „Dann brauche ich Ihre Hilfe jetzt hier nicht mehr.“


Kopfschüttelnd wandte der Arzt sich einem anderen Terminal zu, das ihm inzwischen zugeteilt worden war. Hier konnte er ungestört und vor allem selbstständig arbeiten, ohne dass Borkal oder einer der anderen Wissenschaftler ihm ständig über die Schulter sah. Nur so war es ihm überhaupt möglich gewesen, die erwähnten Änderungen vorzunehmen. Dokumentiert hatte er allerdings seine Arbeit mit kleinen Abweichungen. Worauf er bei den Tests nämlich gestoßen war, war durchaus interessant gewesen.

Er rückte sich die Brille zurecht, als er sich eine weitere Modifikation aufschaltete und unter die Lupe nahm. Wenn seine Vermutung zutraf, waren die Forschungen doch noch nicht so weit fortgeschritten, wie er befürchtet hatte. Oder vielmehr schritten sie aktuell in eine Richtung voran, die in eine Sackgasse führen würde.

Winnie warf einen raschen Blick über den Rand seiner Konsole. Alle waren mit ihren eigenen Arbeiten beschäftigt. Also wagte er es, sich weiter in seine neue Theorie zu vertiefen.


„Kommen Sie voran?“ Es war Garrick Andersson der ihn zusammen zucken ließ. Erneut war er so tief in Gedanken versunken, dass er um sich herum kaum noch etwas wahrgenommen hatte.

„Besser als ich gedacht hätte.“, antwortete Winnie völlig wahrheitsgemäß und atmete erleichtert durch. Jeder andere hier, wäre bei seiner Reaktion sicher misstrauisch geworden. Garrick bemerkte zufrieden das verschwörerische Aufblitzen in den Augen des Doktors. „Wie wäre es mit einer Pause?“, schlug er vor. Er war neugierig, worauf Maddigan gestoßen war.

Winnie blickte verwirrt auf die Uhr und stellte fest, dass er bereits seit vier Stunden an seiner Theorie und den damit verbundenen Anpassungen gesessen hatte. Eine Pause war also durchaus angebracht.




Natall Geodis hatte auch an diesem Morgen ihren üblichen Rundgang durch die Station nicht ausgelassen. Die kurzen Besuche bei den unterschiedlichen Abteilungen hatten sich als wesentlich kurzweiliger und auch informativer herausgestellt, als eine allmorgendliche Besprechung. So hatte sie sich diese Rundgänge angewöhnt, an deren Ende sie die Sachverhalte, die für mehrere Abteilungen von Interesse waren, immer noch als Notiz rundschicken konnte. Davon einmal abgesehen, genoss sie es durch das noch beinahe leere Promenadendeck zu schlendern und es einmal von seiner ruhigeren Seite zu sehen.


Der letzte Weg der üblichen Runde führte die Trill wie jeden Tag in ihr Büro. Im Vorbeigehen strich sie an den Blättern der Grünpflanze entlang und überprüfte dann die eingetroffenen Berichte und Anforderungen. Heute gab es in dieser Hinsicht angenehm wenig Arbeit. Sie wollte sich bereits dem nächsten Punkt auf ihrer Tagesordnung – dem wissenschaftlichen Labor und den dortigen Forschungen im allgemeinen – zuwenden, als eine eingehende Nachricht ihre Aufmerksamkeit erregte.

Mit einem Tastendruck legte sie das Gespräch auf ihre Konsole, bekam hier jedoch nur das Symbol einer Audionachricht angezeigt. „Captain Natall Geodis.“, eröffnete sie sachlich das Gespräch.

Der Anrufer hielt sich jedoch nicht Floskeln auf. „Treffen Sie mich in fünf Minuten.“, antwortete eine raue Stimme, die Geodis sofort erkannte. „Verstanden. Geodis – Ende.“


Es gab nur eine Person, die sich so melden würde. Die Stimme war ohnehin unverkennbar. Und Nachrichten dieser Art, waren nichts Ungewöhnliches von ihm. Nichtsdestotrotz war die Trill verwundert. Ein Treffen setzte immerhin voraus, dass er sich an Bord befand und dass dies der Fall sein sollte, war ihr bislang unbekannt gewesen. Allerdings war das willkürliche Erscheinen und Verschwinden dieses Mannes quasi seine Visitenkarte.


Sie brauchte keine fünf Minuten bis zu ihrem Quartier. Ein anderer Treffpunkt kam gar nicht in Frage.

Der Agent war bereits da. Kaum das Natall angekommen war, trat er aus dem Dunkel des Nebenraumes. Eine Angewohnheit, die wohl in irgend einer Form mysteriös wirken sollte, die Trill aber schon lange nicht mehr beeindrucken konnte.


„Was gibt es?“, fragte sie forsch und deutete auf die Sitzgruppe.

Der Agent hob ablehnend eine Hand. „Das wollte ich eigentlich Sie fragen? Maddigan ist also jetzt im Boot... und Andersson?“

Natall konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Maddigan gehörte zum Plan. Andersson nicht. Und solche Änderungen blieben nicht unbemerkt. Dessen war sie sich von vornherein bewusst gewesen. Dass Sektion 31 dadurch gleich kalte Füße bekäme, hätte sie allerdings nicht erwartet. „Ebenfalls“, antwortete sie knapp. „Ist das etwa ein Problem?“

Ihr Gegenüber räusperte sich. „Ihnen ist hoffentlich bewusst, dass er ein zusätzliches Risiko bedeutet? Wir haben besseres zu tun, als für diesen Commander das Kindermädchen zu spielen...“

„Das ist mir klar. Aber er könnte durchaus nützlich sein. Er hat uns bereits gute Dienste bei der Rekalibrierung des Biomatrix-Sequenzers erwiesen.“, entgegnete die Trill vielsagend.

Der Agent betrachtete sie skeptisch. „Gab es Probleme damit?“

„Keine, die wir nicht hätten lösen können... Aber ich wollte wissen, wie sehr er dazu bereit ist, sich für unsere Sache einzusetzen. Er arbeitet sehr effizient und...“

Der völlig in schwarz gekleidete Mann unterbrach sie mit einer simplen Geste. „Sie vertrauen ihm?“, wollte er zweifelnd wissen.

Natall atmete tief durch. „Bedingt.“, antwortete sie zögernd. „Seine Geschichte ist stimmig. Es gibt genug Arbeiten, die für jemanden mit seinen technischen Fähigkeiten mehr als geeignet sind, durch die er sich... beweisen kann.“

„Dann behalten Sie ihn weiter im Auge?“, hakte der Agent nach.

„Selbstverständlich.“

„Gut. Halten Sie mich weiter auf dem Laufenden.“, verlangte der Mann und nachdem Geodis ihm diesbezüglich zugenickt hatte, fügte er hinzu: „Ich melde mich bei Ihnen, sobald es etwas Neues gibt.“




Für das gemeinsame Mittagessen von Commander Andersson und dem Schiffsarzt musste das Quartier der Maddigans herhalten. Bei dem Thema, das die beiden Männer zu besprechen hatten, wäre es allzu leichtfertig gewesen, sich in eines der Restaurants auf der Station zu setzen. Eleyne hatte nicht lange überredet werden müssen, mit den Kindern und den Hunden einen Spaziergang auf dem Holodeck zu machen, so dass die Männer hier ungestört reden konnten.

„Also?“, wollte der XO wissen, kaum dass sich die Quartierstür hinter Eleyne geschlossen hatte. „Ich hatte den Eindruck, dass Sie wirklich gut voran kommen… Also… in unserem Sinne.“

Maddigan stapelte eine Ladung Gemüse auf seiner Gabel. „Könnte man so sagen.“, nickte er. „Mir ist schon gestern Nachmittag etwas aufgefallen… Also… es gab eine Varianz in dem Viren-Baustein. Erst hielt ich es für eine absichtliche Modifikation, aber bei meinen Test stellte sich heraus, dass es eine Art – wie soll ich sagen – eine Art… Nebeneffekt ist. Da sich das Virus schnell ausbreiten, sich die Inkubationszeit aber pro Befall-Generation möglichst verringern soll, ist der Basis-Baustein an sich schon sehr komplex. Dieser Nebeneffekt kann daher leicht übersehen werden, weil er erst ab der zweiten Generation auftritt und man könnte ihn fälschlicherweise für einen Teil der Modifikationen halten… Tatsächlich ist es aber eher eine eigenständige Weiterentwicklung…“ Der Doktor sah sein Gegenüber triumphierend an und schob sich die Gabel endlich in den Mund.

Andersson hingegen hielt inne und zog eine Augenbraue hoch. „Also… ganz ehrlich? Ich habe keinen Schimmer, wovon Sie sprechen… - Klar, das Virus entwickelt sich teilweise selbst weiter. Habe ich verstanden. Und dass es sich dadurch logischerweise auch irgendwie verändert… ist – naja: logisch. Aber ich sehe nicht, wie uns das jetzt helfen könnte. Es ist doch Absicht, dass es das tut?“

„Schon“, der Arzt spülte den letzten Bissen mit einem Schluck Wasser hinunter. „Aber genau diese Veränderung ist keine, die beabsichtigt wäre. Sie stört auch nicht, okay. Aber das ist ja das Gute daran. Das ist die perfekte Hintertür! Mit den entsprechenden Anpassungen am sekundaren Baustein des Virus’ kann man zum Beispiel dafür sorgen, dass es sich noch schneller ausbreitet – wenn man das will. Man kann aber auch das Gegenteil bewirken: Dass es sich noch langsamer verbreitet oder dass es nicht so ansteckend ist…“

„Hm“, mampfte der XO. „Irgendwie hatte ich auf noch bessere Nachrichten gehofft.“

Maddigan zuckte die Schultern: „Etwa so was wie: Die Veränderung fällt nicht mal bei den Simulationen auf?“ Er grinste breit. „Oder eher so was wie: Die Art und Weise auf die der Baustein aktuell an die DNA angekoppelt wird, ist ohnehin sehr unbeständig und führt über kurz oder lang in eine Sackgasse…“

Garricks Miene hellte sich augenblicklich auf. „Ja,… so was in der Art. – Allerdings: Es ist wirklich schwer vorstellbar, dass das keinem dieser Wissenschaftler aufgefallen sein soll? Wie lange arbeiten die schon daran? So unfähig können sie ja nicht sein, wenn sie extra für so ein Monster-Projekt hier her geholt worden sind…“

„Ja, darüber habe ich auch schon nachgedacht. Und ich gebe zu, diese Ankopplungsgeschichte sollte relativ offensichtlich sein. Meinen Sie, man versucht uns zu testen?“

„Klingt jedenfalls ganz danach.“, erwiderte Garrick.

Der Arzt seufzte leise. So etwas hatte er schon die ganze Zeit befürchtet. Schließlich war sein Sinneswandel auch relativ plötzlich gekommen und gab damit durchaus Anlass für Misstrauen seitens des Teams. Außerdem konnte man bei einem so heiklen Forschungsauftrag gar nicht vorsichtig genug sein. „Ich denke, ich werde den 'Kollegen' mal etwas auf den Zahn fühlen und ihnen ein Stück entgegen kommen. Sicher ist sicher. Mit etwas Glück bleibt uns die Hintertür erhalten...“




Es war bereits später Nachmittag, als Andersson die ihm aufgetragenen Arbeiten auf der Epsilon-Athena-Station oder viel mehr in deren wissenschafltichem Labor beendet hatte. Es gab tatsächlich einige Geräte die so ihre Macken hatten. Nichts was er als wirkliche Herausforderung angesehen hätte und insgeheim war es ihm wirklich schwer gefallen, sich zurück zu halten und keine die Effizienz steigernde Verbesserungen vorzunehmen.


Sein Tagewerk hatte er allerdings noch nicht vollkommen erledigt. Bevor er in den wohlverdienten Feierabend gehen konnte, stand noch ein Bericht bei Captain Ebbersmann an.


„Nun, wie kommen Sie voran?“, wollte der Kommandant wissen.

„Ganz gut.“, antwortete Andersson lapidar. „Von den Forschungen bekomme ich natürlich nicht viel mit. Ich habe allerdings den Eindruck, dass die technische Crew der Station mit den wissenschaftlichen Gerätschaften... eh... überfordert ist.“

„Sonst irgendwelche Neuigkeiten?“, beharrte Ebbersmann auf weiteren Informationen. „Vielleicht etwas von Doktor Maddigan?“

„Nicht wirklich.“ Der XO förderte ein PADD zu Tage und legte es lautlos auf den Stuhl neben sich. „Wir haben zusammen zu Mittag gegessen und ich habe den Eindruck, dass er sich allmählich mit seiner Aufgabe anfreundet. Zumindest berichtete er von guten Fortschritten.“ Er machte eine mehr als deutliche Geste in Richtung des PADDs und erhob sich dann.

„Aha.“, erwiderte Ebbersmann etwas missmutig. Nickte aber und stand ebenfalls auf. „Tja, wenn das dann alles war, können Sie wegtreten. Vergessen Sie über Ihren neuen Aufgaben aber nicht die alt vertrauten. Ich erwarte Morgen den kommenden Dienstplan und eine Aufstellung der Crewmitglieder, die für die kommende Beurteilung berücksichtigt werden müssen.“

„Verstanden, Sir.“, erwiderte der XO ebenso kühl wie sein Vorgesetzter und war erleichtert, dass dieser seinen Wink verstanden hatte. Die wirklich nützlichen Informationen hatte er auf dem PADD zusammengefasst, da er nicht sicher war, ob er wirklich frei sprechen konnte. Während seiner Arbeit auf der Station hatte ihm fast ständig jemand auf die Finger geschaut. Wer konnte da schon genau sagen, ob er nicht auf irgend eine Art und Weise abgehört wurde. Allmählich machte diese seltsame Mission ihn noch völlig paranoid.


Zischend schloss sich die Tür hinter dem ersten Offizier und Ebbersmann angelte sich die Notizen. Es war nicht unbedingt das, was er sich erwartet hatte und Zeit verschaffte ihnen Maddigans Entdeckung auch nicht unbedingt. Aber immerhin: Es war ein Anfang. Wenn alles weiter so gut lief, hatten sie bald eine gute Grundlage, um eine Meldung beim Hauptquartier machen zu können und den wahnsinnigen Plan der Ausrottung eines ganzen Volkes aufzudecken.




Am nächsten Morgen wurde Captain Geodis übliche Runde unterbrochen. Sie hatte eben ihr Gespräch mit dem Cheftechniker beendet, als sie einen Ruf von der Ops erhielt: „Captain Geodis, wir haben hier eine eingehende Nachricht mit Dringlichkeitsstufe für Sie.“

„Ich bin unterwegs.“, bestätigte sie dem Ensign. Nach dem Treffen mit dem Agenten am vergangenen Morgen hatte sie nicht so bald mit einer neuen Nachricht gerechnet. Aber wenn es etwas Dringendes gab, dann vermutlich von ihm.


Beinahe erwartete sie, den Agenten in einer Ecke ihres Büros sitzend vorzufinden. Es war jedoch leer. Nur das Symbol für eine neue Nachricht blinkte ihr ungeduldig vom Display entgegen. Sie umrundete gar nicht erst den Schreibtisch, sondern betätigte die Schaltfläche gleich von dieser Seite aus. Falls etwas angezeigt werden sollte, was nur für ihre Augen bestimmt war, verdeckte sie die Sicht ohnehin. Es handelte sich dann aber doch nur um einen Text, den sie rasch durchgelesen hatte. „Hm... er hat also angebissen.“ Ein grimmiges Lächeln legte sich auf ihr Gesicht, als sie den Erhalt bestätigte und eine kurze Antwort formulierte.


Die nächste Phase war soeben angelaufen.




An diesem Morgen fiel es Winnie Maddigan schwer, den Schein zu wahren, sich nicht um 180 Grad gewendet zu haben. Wissend um die Möglichkeiten, die sich ihm boten, erschien er beinahe gut gelaunt im Labor. Nachdem er Geduldig einige Fragen seiner hiesigen Kollegen beantwortet hatte, konnte er sich endlich wieder an sein Terminal setzen. Er benötigte nur wenige Tastendrücke um sich das gewünschte Schema aufzuschalten.

Noch am vergangenen Nachmittag hatte er darauf hingewiesen, dass die Forschungen seiner Meinung nach in die falsche Richtung zu gehen schienen und letztlich zu nichts führen würden. Und er hatte gut daran getan. Borkal hatte schließlich etwas verlegen zugegeben, dass sie sich darauf geeinigt hatten, ihm diesen alten Stand ihrer Arbeit vorzulegen, um sicher zu gehen, dass er ehrlich versuchte, sie zu unterstützen.

Danach hatten sie ihm Zugang zum aktuellen Stand gewährt und er war mehr als erleichtert gewesen, als er festgestellt hatte, dass seine Entdeckung den anderen Wissenschaftlern immer noch nicht aufgefallen zu sein schien. Er hatte seine Chance genutzt zu punkten und auf jenen Nebeneffekt hinzuweisen – mit Einschränkungen natürlich.

„Kommen Sie voran?“, fragte Borkal interessiert und lugte dem Arzt über die Schulter.

„Sieht ganz gut aus bisher.“, erklärte dieser geschäftig. Tatsächlich schien er nun das volle Vertrauen der Wissenschaftler zu genießen. Trotzdem wollte er sich darauf nicht ausruhen. Ganz in seiner Rolle und nicht ohne Überzeugung hielt er mitten in der Bewegung inne. „Sagen Sie, was hat Sie davon überzeugt, bei so etwas mitzumachen?“, wollte er wissen und sah dem Kollegen direkt ins Gesicht.

Borkals Miene verzerrte sich. „Ich habe auf einem Forschungsschiff gearbeitet. Wir waren auf einer Mission nahe des Mutara-Nebels, als sie uns angegriffen haben...“ Borkal atmete tief durch. „ Es gibt nicht viele, die davon noch erzählen können. Ich habe keine Ahnung, warum sie uns überhaupt angegriffen haben oder wo sie so plötzlich her gekommen sind... Aber eins ist klar: Wenn sie die Möglichkeit hätten uns mit einem Virus auszulöschen, würden sie es tun. Und deshalb müssen wir ihnen einfach zuvor kommen.“

Maddigan zog die Augenbrauen hoch. „Hieß es nicht, die Forschungen zu diesem Virus seien... rein präventiv und mehr als ein Trumpf zu verstehen, mit dem man drohen kann...? Wenn ich Sie so höre, klingt mir das nicht nach einer Waffe, die man in der Hinterhand behält.“

Borkal schnaubte. „Ich weiß, Sie hängen an ihrem Hippokratischen Eid. Aber sagen wir es einmal so: Ich kann gut damit leben, an der Entwicklung eines Virus' mitgearbeitet zu haben, wenn ich damit meine Familie, mein Volk und nicht zu vergessen rund 150 weitere Völker, die zur Föderation gehören, beschützen kann...“

„Aber...“, begehrte Winnie auf, bremste sich dann aber selbst, um das neu gewonnene Vertrauen nicht sofort wieder zu verspielen. Auch wenn alles in ihm protestierte, winkte er beschwichtigend ab. „Tut mir leid. Das ist wohl...“, er lachte bitter auf, „Das ist wohl ein heikles Thema...“

Der Wissenschaftler atmete erneut tief durch und nickte. „Vergessen wir das. Nur... seien Sie versichert: Sie tun das Richtige.“ Mit diesen Worten wandte er sich seinem eigenen Terminal zu. Maddigan sah ihm noch einen Moment nach. Dann widmete er sich wieder seiner Anzeige. Auch er hatte gesehen, was die Waffen der Romulaner anrichten konnten und angerichtet hatten. Ganz besonders er hatte es gesehen. Als Arzt hatte er jeden Verletzten oder Toten gesehen, den es auf der Katana bisher gegeben hatte. Bei jedem hatte er sich gefragt, was die Romulaner überhaupt wollten. Weshalb führten sie überhaupt diesen Krieg? Nur zu gerne hätte er all dem einfach ein Ende gesetzt, wenn er es gekonnt hätte. Aber diese Waffe konnte und durfte nicht die Lösung eines Konflikts sein!

Es mochte zwar riskant sein, seine Anpassungen an dem Virus vorzunehmen – wenn es jemand bemerkte, wären die Konsequenzen auf dieser 'inoffiziellen' Mission sicher kein einfacher Eintrag in seiner Akte – trotzdem schien es ihm der einzige Ausweg zu sein.

Er vergewisserte sich noch einmal, dass ihm niemand über die Schulter sah, dann fuhr er mit seinen Modifikationen fort. Es dauerte keine fünf Minuten, bis die Bildschirme des Labors unvermittelt in den Tarnmodus schalteten. Diverse Abbildungen von Pflanzen, Querschnitte einiger Gesteinsarten und die Zusammensetzung einer Flüssigkeit ersetzten die etlichen DNA-Stränge und Viren-Bausteine, die noch vor wenigen Sekunden angezeigt worden waren.

Einige Wissenschaftler begannen sich über die eigentümliche Zeichnung auf einem der Steine zu reden, die anderen starrten einfach stur auf ihre Displays. Nur Maddigan reckte neugierig den Kopf und war gespannt, wer der Grund für die automatische Abschaltung gewesen war: Natall Geodis betrat gefolgt von zwei Sicherheitsoffizieren das Labor.


„Commander Andersson, Doktor Maddigan – Wir bedanken uns herzlich für Ihre Mithilfe an diesem Projekt. Ohne Sie wären wir sicher noch nicht so weit, wie wir es jetzt sind. Das Projekt geht nun in die nächste Phase und dafür brauchen wir Ihre Hilfe nicht mehr. Die Lieutenants Aser und Cellan werden Sie zur Katana begleiten. Das Schiff hat Order die Station zu verlassen, sobald Sie an Bord sind.“

Die Trill stellte sich seitlich neben die Tür und deutete auf den Ausgang.

„Wie bitte?“, fragte Andersson irritiert.

„Sie müssen gehen. Jetzt.“, wiederholte Geodis und wies noch energischer auf die Tür.




Wenige Minuten später betraten Andersson und Maddigan die Brücke der Katana, wo sie bereits von Ebbersmann erwartet wurden.

„Was ist los? Ist da drüben etwas vorgefallen? Und was soll das alles?“, verlangte der Kommandant augenblicklich ein paar Antworten von seinem XO. Der zuckte mit den Schultern. „Ich fürchte, ich weiß auch nicht mehr als Sie... Wir sind einfach... rausgeschmissen worden.“


„Sir, unsere Langstreckensensoren empfangen ein Schiff im Anflug.“, meldete Lucas ehe noch weitere Fragen aufkommen oder gar beantwortet werden konnten. „Es handelt sich um das Schiff der klingonischen Delegation im Sol-Sektor...“

„Der klingonische Botschafter? Hier?“, überlegte Ebbersmann laut.

„Unsere Abflugerlaubnis wurde gerade widerrufen.“, berichtete DeSoto unterdessen.


„Rufen Sie die Station. Ich denke wir haben lange genug gespielt. Ich will jetzt ein paar Antworten.“, befand der Captain und setzte sich auf seinen angestammten Platz. Mit einer knappen Kopfbewegung beorderte er Andersson an seine Seite. „Doktor, Sie bleiben vorerst auch hier.“


„Keine Antwort von der Station.“, erklärte DeSoto.

„Wiederholen.“, bellte der Captain. „Ich lasse mich nicht ignorieren.“ So sehr er jedoch darauf beharrte, Geodis blieb genauso stur.




Das allerdings auch nur, weil sie nicht auf der Ops war und sich den beständigen Meldungen über den eingehenden Ruf ausgesetzt sah. Zusammen mit Borkal wartete sie an der Andockschleuse geduldig auf das Eintreffen der klingonischen Delegation. Zu lange hatte sie auf diesen Moment hin gearbeitet, als dass sie sich jetzt davon ablenken lassen würde, dass der Botschafter schneller hier eingetroffen war, als vermutet. Auch die Katana würde ihren Plan jetzt nicht mehr aufhalten.


„Botschafter Kravt. Willkommen auf Epsilon-Athena.“, empfing Geodis den Klingonen und seine beiden Begleiter. „Entschuldigen Sie diesen … wenig förmlichen Empfang. Wir wurden nicht über Ihr Kommen informiert.“

Der Klingone war mehr als zwei Köpfe größer als die Kommandantin und stellte schon so eine durchaus imposante Erscheinung dar. Ihn als einen Diplomaten anzusehen war nicht einfach. „Brauche ich etwa eine Einladung um die Station zu besuchen?“, fragte der Botschafter scharf ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten.

„Selbstverständlich nicht. Ich wollte nur sagen...“, stammelte Geodis vor den Kopf gestoßen.

„Wir wollen Ihre Labore sehen.“, bestimmte Kravt und richtete seinen Blick den Gang entlang in die Richtung in der er die Labore vermutete.

„Natürlich.“, schaltete Geodis sofort auf die diplomatische Schiene um. Sicher war es klüger, den Botschafter nicht zu verärgern. „Darf ich sie Ihnen im Rahmen einer Stations-Führung zeigen?“

„Mich interessieren nur die Labore.“, knurrte Kravt sie an. 'Ungeduldiges Bürschchen', dachte die Trill bei sich. Laut sagte sie: „Selbstverständlich. Wenn Sie mir bitte folgen wollen...“