Log 208
Lost and Found
Autor: Mark de Boer
Autor: Lew Sulik
Sternzeit 60.837,5 Logbuch des Captains: „Die Suche nach der USS Katana und seiner Crew gestaltet sich schwieriger als gedacht. Die Reststrahlung durch den Novablitz behindert unsere Scans sehr. Außerdem wurde bei dem Vorgang harte Strahlung emittiert, die unsere Schilde durchdringt und die Crew gefährdet. Wir waren also gezwungen, unsere Schilde so zu modellieren, dass die Strahlung geblockt wird. Leider führt dies zu einer weiteren Verminderung der Sensorleistung. Wir befinden uns bereits seit drei Tagen in diesem System, haben aber gerade einmal 13 % gescannt. Bislang gibt es von dem Schiff und seiner Besatzung keine Spur. Wir werden unsere Suche fortsetzen. Aber dieses System ist verdammt groß. Captain Jaeger Ende.“
„Leeheew! Aufstehen!“ Lew drehte sich auf die Seite, weg von der Stimme, die ihn aus dem Land der Träume gerissen hatte. Er murmelte brummig vor sich hin und drückte sich das Kissen auf den Kopf. „So kommst du mir nicht davon, Lew.“ Natalie zerrte das Kopfkissen aus seinen Händen, aber Lew zog seine Decke über den Kopf. Die junge Frau stöhnte frustriert auf. „Du hast es mir versprochen. Wir wollten zusammen los. Und du bist noch nicht einmal angezogen…“ Mit verschränkten Armen stand sie vor dem Bett und blickte den Piloten vorwurfsvoll an. Dieser blieb jedoch unbeeindruckt unter seiner Decke. „Leheew!!!“ „Will er nicht aufstehen?“ Natalie zuckte zusammen. „Mark! Hast du mich erschreckt… Oh Gott, wie siehst du denn aus? Dein Gesicht ist voller Blut.“ Mark verzog das Gesicht. „Ja, es war mein erster Versuch, mich mit einem Jagdmesser zu rasieren. Jetzt juckt der Bart nicht mehr, dafür brennen die Schnittwunden. Sieht’s sehr schlimm aus?“ „Als hättest du mit einer Wildkatze gekämpft.“ „Oh… Also war das ein einmaliger Versuch.“ „Sag mal. Kommt Lew immer so schwer aus dem Bett?“ „Keine Ahnung. Ich krieg das erst seit zwei Wochen mit. Aber mir fällt es auch immer schwerer, morgens aufzustehen. Kann das an diesem komischen Feld liegen?“ Natalie zuckte mit den Schultern. „Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht viel über duonetische Felder. Trotzdem muss Lew langsam mal aufstehen.“ „Wieso stört es dich denn, dass er noch im Bett liegt?“ „Na ja… Also er und ich… wir wollten…“, fing Natalie an zu stottern. Dann räusperte sie sich. „Wir wollen einfach nur ein wenig spazieren gehen und…“ Sie wurde ein wenig rot. „…ein wenig Zeit für uns haben.“ Natalie sah Mark kurz an und sah dann verlegen zu Boden. Mark zog die Augenbrauen hoch. Er war sich immer noch nicht so ganz sicher, was er von der Liaison der beiden halten sollte. Natalie war quasi seine kleine Schwester, und er wollte, dass sie glücklich wurde. Sicher, es gab eine Phase, da hätte aus ihnen mehr werden können. Aber Mark hatte noch viel zu sehr an Annie gehangen, und bei Natalie war es mehr eine faszinierte Schwärmerei für diesen Mann aus der Vergangenheit. Und so war dieser Augenblick vergangen, und zwischen den beiden war eine innige Freundschaft entstanden. Und soweit es Mark betraf, konnte dieser Zustand auch so bleiben. Seine Vorbehalte kamen also nicht aus Eifersucht. Sein Problem war, dass er auch Lews Freund war und leider genau dessen Schwächen bei Frauen kannte. Er hielt es nie lange bei einer Frau aus. Eigentlich maximal nur so lange, bis sie nach dem Sex eingeschlafen war und er sich aus dem Staub machen konnte. Allerdings musste Mark auch zugeben, dass Natalie offenbar einen positiven Einfluss auf Lew hatte. Schon öfter war Lew nicht zu den regelmäßigen Treffen der Piloten gekommen und hatte sich stattdessen mit Natalie getroffen. Und das trotz echtem Alkohol bei den Treffen. Lews Bemühungen hatten Mark beeindruckt. Und so hatte Mark sich entschlossen, der Beziehung der beiden eine Chance zu geben. „Natalie. Ich kümmere mich darum. Gib mir ein paar Minuten. Er wird dich gleich abholen.“ „Danke Mark!“ Sie drehte sich um und verließ die Höhle. Mark lächelte ihr nach. Er wurde ernst und wand sich dem immer noch im Bett liegenden Lew zu. „Okay, du hast es ja nicht anders gewollt. Ich habe dir damals gesagt, wenn du Natalie weh tust, werde ich dir auch weh tun.“ Dann warf er Lew mitsamt seiner Matratze um.
„Wie weit ist es denn noch?“, nörgelte Natalie hinter ihm erschöpft, als sie sich an einem Felsbrocken vorbei weiter den Berg hoch kämpften. Langsam fing er an, es zu bereuen, sie auf seinen Streifzug für die Lebensmittelbeschaffung mitgenommen zu haben. Er drehte sich um und reichte der Technikerin die Hand, um ihr über den schmalen Grad zum Felsen zu helfen. Sie packte seinen Arm und er zog sie zu sich herauf. Dann meinte er: „Es ist noch eine gute Strecke, aber glaube mir, es lohnt sich.“ Dann wandte er sich wiederum und ging weiter in der Hoffnung, das Thema wäre damit erledigt. Allerdings hatte er sich geirrt. Mit einem leicht ironischen Unterton resümierte sie: „Also wenn das ein romantischer Spaziergang sein soll... müssen wir uns mal ernsthaft über dein Verständnis von Romantik unterhalten!“ Lew seufzte: „Ich habe nicht gesagt, dass es eine romantische Wanderung wird. Ich habe nur gesagt, dass ich dir etwas Romantisches zeigen will. Der Weg dahin wird aber etwas anstrengend.“ „Also in genau diesem Wortlaut hast du das nicht gesagt.“, entgegnete sie, als sie ihm über einen ausnahmsweise leichten Anstieg auf einem Berg folgte. Für einen Moment blieb sie stehen und betrachtete die Aussicht. Vor ihr lag die weite Ebene, in der irgendwo der Rumpf der Katana liegen musste. Sie glaubte, das Wrack ausmachen zu können, war sich aber nicht sicher. Die Entfernung war doch zu groß. Links von ihr, in weiter Ferne konnte sie gerade noch das Lager der Katana-Crew ausmachen. Einige Rauchsäulen von Lagerfeuern und die groben Umrisse der Höhlen waren alles, was darauf hindeutete. Dann hastete sie wieder Lew hinterher, der von ihrer Pause nichts bemerkt hatte und unbeirrt weiter gegangen war. Als sie endlich wieder zu ihm aufgeholt hatte, fragte sie etwas außer Atem: „Sind wir überhaupt noch in Gebiet, das von Ramirez und seinem Team als sicher gekennzeichnet worden war?“ „Nein.“, war die knappe Antwort des Piloten, ohne sich näher zu erklären. Doch Natalie ließ nicht locker: „Sag bloß, du hast dich auf deinen Streifzügen noch weiter herum getrieben?“ „Ja. Dieser ewig selbe Trott jeden Tag machte mich noch irre. Also hab ich die Gegend auf eigene Faust erkundet.“ Natalie lachte und klang dabei dennoch etwas besorgt: „Du hast also mal wieder einen direkten Befehl eines Vorgesetzten missachtet?“ „Und wenn schon?“ „Na ja, wenn das raus kommt...“ Nun hielt Lew inne, wandte sich zu ihr um und umfasste ihre Taille, um sie näher zu sich zu ziehen: „Dann sollte das besser uns kleines Geheimnis bleiben...“ Die ganzen letzten Tage hatte er vorgehabt, ihr seine Entdeckung zu zeigen. Etwas, das er nur mit ihr teilen wollte. Mit ihrer Fragerei nun drohte sie alles zu verderben. Er war in Beziehungssachen unerfahren und ließ sich leicht entmutigen oder aus dem Konzept bringen, wenn sie sich so verhielt. Schließlich wollte er von ihr wissen: „Weißt du was die schönste Art ist, eine Frau am sprechen zu hindern?“ Sie sah ihn verständnislos an und schüttelte den Kopf. Er gab ihr einen langen, intensiven Kuss und erklärte dann: „Das hier! Und jetzt müssen wir weiter!“ Sie sah ihn einen Moment verträumt an und folgte ihm dann.
Sie kletterten noch eine Weile über Bergkuppen und wanderten kleinere Abhänge hinauf und hinunter, bis sie endlich zu einer großen Klippe kamen, die weit über ein kleines Tal hinaus ragte. Von hier aus sah man auf der gegenüberliegenden Seite einen riesigen Wasserfall, der sich tief in das Tal ergoss und einen großen See speiste. An dessen Ufer hatte sich eine farbenfrohe Flora entwickelt, die sich im ganzen Tal ausbreitete. Unwillkürlich hielt Natalie den Atem an. Sie ergriff Lews Hand. „Das ist… wunderschön.“, hauchte sie. Lew lächelte erfreut, dass er ihr eine Freude machen konnte. Sie drehte sich zu ihm. „Danke, dass du mir das gezeigt hast,Lew!“ Dann sah sie ihn mit ihren großen Augen an. „Bitte bring mich nochmal zum Schweigen.“
Garrick sah seine Führungscrew an. Die zweieinhalb Wochen ohne jegliche Technik hatten bei ihnen Spuren hinterlassen. Natürlich achteten sie auf Hygiene, aber noch nie hatte Garrick so viele ungekämmte Frauen und Männer mit Bärten gesehen – von den Klingonen mal abgesehen. Aber ihm fiel noch etwas auf: Die Crew arbeitete hart, legte weite Wege zurück, um Nahrung, Holz und Wasser zu beschaffen. Und die körperliche Arbeit hatte die Menschen muskulöser und fitter gemacht. Auch wenn jeder bei der Sternenflotte auf seine Gesundheit und seinen Körper achtete, wurde Garrick bewusst, wie bequem das Leben auf der Katana doch tatsächlich war. Wenn man so wollte, war dies noch die positive Seite des Absturzes.
Als mit Ramirez die letzte Führungsperson die kleine Höhle betrat, räusperte sich der Captain. „Ich wünsche Ihnen einen schönen guten Morgen. Heute ist Tag 17 auf diesem Planeten. Spätestens jetzt müssten wir als vermisst gelten. Wir müssen also gegebenenfalls noch ein oder zwei Wochen hier auf dem Planeten ausharren. Allerdings gehe ich davon aus, dass wir schon länger vermisst werden und daher auch die Suche schon auf vollen Touren läuft. Dennoch sollten wir für uns vom schlechteren Fall ausgehen. Sie alle wissen mittlerweile, welche Informationen mich interessieren. Counselor, wenn Sie bitte anfangen.“ Rahja Preja straffte sich und schob eine widerspenstige Locke aus ihrem Gesicht. „Die Moral der Crew ist weiterhin gut. Ich konnte keine Anzeichen für Resignation erkennen. Die Menschen vertrauen Ihnen und sind sich sicher, dass Sie sie bis zur Rettung gut führen werden. Die veränderte Aufgabenverteilung macht sich ebenfalls bezahlt. Die anfänglichen Widerstände insbesondere bei Wissenschaftlern gegen die körperlichen Aufgaben sind deutlich geringer geworden. Vielen Skeptikern macht es mittlerweile sogar Spaß, so zu arbeiten. Allerdings verspüre ich insgesamt einen erhöhten Erschöpfungsgrad bei vielen Crewmitgliedern. Und noch etwas ist mir aufgefallen. Die Gereiztheit bei vielen Personen nimmt zu. Noch spüre ich keine Aggressionen dabei, also besteht erst einmal kein Grund zur Besorgnis, allerdings rate ich, dass wir alle hier die Augen offen halten.“ „Die Beobachtungen vom Counselor kann ich nur bestätigen.“, schaltete sich Manoel Ramirez ein. „Ich muss immer häufiger bei Auseinandersetzungen eingreifen, bevor aus den teilweise hitzigen Diskussionen Handgreiflichkeiten werden. Interessant ist, dass es sich dabei fast immer um lächerliche Nichtigkeiten handelt. Ich kann das, ehrlich gesagt, mit der positiven Moral nicht in Einklang bringen.“ Yadeel und De Soto nickten zustimmend und berichteten von ähnlichen Erfahrungen. „Vielleicht kann ich Licht ins Dunkel bringen.“, ergriff Dr. Tyrone das Wort. „Ich hatte etliche Patienten, die über Müdigkeit, Konzentrationsschwäche, Zittern, Unruhe und Gereiztheit klagten. Ich habe ein paar Untersuchungen angestellt und konnte Beriberi diagnostizieren, eine Vitaminmangelerkrankung. Offenbar beinhaltet unsere bisherige Nahrung nicht ausreichend Thiamin.“ „Was können wir tun?“ „Wir verteilen die Nahrungsrationen der Katana. Jeder sollte täglich eine Mahlzeit zu sich nehmen. Das sollte den Bedarf an Thiamin decken. Da wir ja davon ausgehen können, dass wir in absehbarer Zeit gerettet werden, sollte die Menge an Notrationen ausreichen.“ „Dann werden diese Rationen also ihren Namen gerecht. Organisieren Sie die Verteilung, Doktor. Gehen Sie dabei, wenn möglich, davon aus, dass wir noch drei Wochen auf diesem Planeten sein werden.“ „Captain. Wie soll die Rettung eigentlich ablaufen?“, fragte Alex Black plötzlich. Sie erntete verunsicherte Blicke. „Nun, ich meine, hier auf dem Planeten funktioniert keine Technik. Wie können wir den Planeten denn verlassen? Können wir ihn überhaupt verlassen?“ Für einen Moment trat Stille ein. „Nun ja…“, meinte die Chefingenieurin schließlich. „Es ist richtig, dass keine Shuttles landen können, die uns dann mitnehmen. Aber in meinen Augen spricht nichts dagegen, dass uns die Schiffe einfach hochbeamen, solange die außerhalb der Feldwirkung bleiben.“ „Ich bin ja keine Ingenieurin und kenne mich mit all‘ diesen Phänomenen nicht aus. Aber könnte dieses duonetische Feld nicht auch verhindern, dass wir entmaterialisiert werden? Immerhin findet dieser technische Vorgang ja auf dem Planeten statt.“ „Ganz ausschließen kann man das nicht.“, erklärte Seeta. „Dafür sind diese duonetischen Felder nicht ausreichend genug erforscht. Aber uns bleibt nichts anderes übrig, als es einfach auszuprobieren. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass nichts passiert. Und dann können wir uns immer noch überlegen, was wir dann tun.“ „Das sehe ich genauso.“, stimmte ihr Garrick zu. „Wir sollten uns nicht mehr Probleme bereiten, als wir ohnehin schon haben. Wir sollten…“ „Was ist mit dem Schiff?“, fiel Alex ihrem Captain ins Wort. „Wie bitte?“, fragte dieser irritiert. „Wie wird die Katana geborgen?“, wiederholte die junge Frau ihre Frage. „Wenn ich es richtig verstanden habe, verhindert dieses duonetische Feld, dass die Antimaterie mit der Materie reagiert, obwohl die Eindämmungsfelder versagt haben. Wenn das Schiff gehoben wird, setzt sich doch der Prozess fort und zerstört das Schiff. Und wir haben ja neben dem Warpkern und den Antimaterietanks der Katana noch die der Shuttles und Fighter. Vom Schiff bleibt also nichts übrig.“ „Es kommt sogar noch schlimmer, Garrick. Heute Morgen wurde das Team, das auf der Katana geblieben ist routinemäßig ausgetauscht worden. Ich habe einen Bericht des ausgetauschten Personals erhalten. Was Dr. Lazarus vor einigen Wochen angenommen hatte, hat sich bewahrheitet. Die Reaktion der Antimaterie mit der sie umgebenden Materie wurde nur verlangsamt, nicht gestoppt. Und wenn man diesen Geschwindigkeitsfaktor einbezieht, ist der bisherige Ablauf typisch, so dass wir den weiteren Verlauf extrapolieren können. Und die Ergebnisse sind erschreckend: Bei der großen Menge an Antimaterie reicht auch der gebremste Verlauf, um die Katana zu zerstören.“ Betreten blickten sich alle an. Der Großteil der Führungscrew hatte mittlerweile viele Jahre auf der Katana verbracht, so dass sie sowas wie Heimat für sie geworden ist. Und eines war ihnen auch klar. Sollte die Katana wirklich unumstößlich verloren sein, wird die Crew in dieser Zusammensetzung nicht mehr existieren. „Es wäre eine Schande, wenn das soweit kommt, nachdem sie so viele Schlachten und Missionen überstanden hat.“, erwiderte Andersson schließlich ruhig. „Aber ich bin einzig und allein dieser Crew verpflichtet. Für mich zählt als erstes, dass sie in Sicherheit ist. Seeta, hol‘ das Team aus der Katana. Es ist zu gefährlich, sich dort aufzuhalten. Dr. Lazarus, ich benötige von Ihnen eine Einschätzung, wie groß der Explosionsradius sein wird, wenn der Worst-Case eintritt. Gehen Sie in Ihrer Berechnung bitte konservativ vor.“ Dann straffte sich der Däne und fuhr fort: „Wenn heute Mittag alle wieder in den Höhlen sind, werde ich zu ihnen sprechen. Ich werde die Katana und den errechneten Radius zum Sperrgebiet erklären.“ Dann stand er auf. „Aber Sir. Wir können doch die Katana nicht einfach aufgeben.“, warf Ramirez ein. Der Captain drehte sich zu dem Spanier um. „Wir haben keine Chance, das Schiff zu retten! Also werde ich niemanden opfern bei einem Versuch, der ohnehin zum Scheitern verurteilt ist! Meine Entscheidung steht fest! Wegtreten!“ Langsam und teilweise widerstrebend verließen alle die Höhle. Nur Seeta blieb sitzen. Sie stand auf und legte dem großgewachsenen Mann eine Hand auf den Rücken. „Garrick…“, begann sie, aber er fuhr dazwischen. „Sieben Jahre hat dieses Schiff überstanden. Sieben Jahre in vielen Gefechten und sogar einen Krieg gegen die Romulaner hat es überlebt. Und nun verliere ich dieses Schiff auf meiner ersten Wissenschaftsmission. Es heißt doch immer: Aller guten Dinge sind drei. Der dritte Captain hat diesem Schiff jedenfalls nicht gut getan.“ „Ja, ja, tolle Rede, Mann. Selbstmitleid steht dir wirklich gar nicht! Du verlierst das Schiff – na und? Du hast 700 Menschen gerettet – DAS zählt! Deine Entscheidung war richtig, auch wenn du sie ungewohnt undiplomatisch bekannt gegeben hast. Scheinbar setzt dir auch der Vitaminmangel zu.“ Sie schlang die Arme um ihren geliebten Mann und grinste ihn frech an. Er lächelte sie schief an. „Ja, vermutlich hast du Recht.“ „Vermutlich? Natürlich habe ich Recht! Ich bin deine Frau!“ Nun wurde auch sein Lächeln zu einem Grinsen. „Und zwar eine ganz schön freche.“ Mit diesen Worten küsste er sie und erstickte aufkommende Widerworte schon im Keim.
Der Raum war abgedunkelt. Um die 3D-Simulation des Kemen-Systems hatten sich ein Dutzend Personen versammelt, darunter die Captains und Ersten Offiziere der Alaska, Schweitzer und Stargazer. Punkte, Linien und Bereiche in verschiedenen Farben symbolisierten den Fortschritt der Suche und hüllten den Raum und die Personen in ein unwirkliches Licht. Captain Jaeger ergriff das Wort: „ Also fassen wir unsere bisherigen Erkenntnisse zusammen. Lieutenant Alicanto, bitte.“ „Wir konnten unsere Sensoren so anpassen, dass sie brauchbare Daten liefern. Wir konnten somit schon 75% des Systems scannen. Die Reststrahlung nimmt außerdem weiter ab, so dass unsere Suche jetzt schneller vorankommen sollte.“ „Sehr gut, Mr. Alicanto.“ „Und wir können mit großer Sicherheit ausschließen, dass die USS Katana von einem fremden Schiff zerstört wurde. Wir haben weder Trümmer noch Anzeichen eines Kampfes gefunden. Auch wenn die energetischen Reste hier ohnehin nicht mehr zu erkennen gewesen wären.“ „Wie kommen Sie dann darauf?“ „Wir haben etwas Interessantes herausgefunden. Die Reststrahlung passt nicht zum erwarteten Zeitpunkt der Nova. Ich schätze, dass sie deutlich früher ausgebrochen ist und die Crew der Katana überrascht hat.“ „Sie meinen, sie wurde durch die Nova zerstört?“ „Nein, Sir, nicht unbedingt. Wie gesagt haben wir keine Trümmer gefunden. Natürlich hängt es sehr von der jeweiligen Situation ab, ob überhaupt welche übrig bleiben. Aber wenn wir davon ausgehen, dass Captain Andersson das Schiff noch aus der akuten Gefahrenzone steuern konnte, besteht die Hoffnung, dass das Schiff die Nova überstanden hat. Weshalb sie bisher kein Notsignal gesendet haben, kann verschiedene Ursachen haben.“ „Klingt plausibel. Aber ich will die Möglichkeit eines feindlichen Angriffs noch nicht völlig ausschließen. Dennoch sollten wir vorerst Ihre Theorie weiter verfolgen, Mr. Alicanto.“ Katrin Jaeger drehte sich zum Modell um. „Ich sehe, es gibt zwei Planeten in dem Bereich, den wir noch nicht untersucht haben. Was können Sie uns dazu sagen, Lieutenant Byress?“ Der Angesprochene zoomte in den noch nicht durchsuchten Bereich und tippte einige Befehle in seine Konsole ein. Sofort erschienen einige Daten und Grafiken bei den beiden Planeten. „Der innere Planet gehört zur Klasse Y, also mit großen Temperaturschwankungen und giftiger Atmosphäre. Ein Absturz auf diesen Planeten würde die Überlebenschancen gen Null senken. Allerdings hat dieser Planet noch drei Monde, einer davon ständig auf der Rückseite des Planeten und mit einer dünnen Atmosphäre. Hier wäre Überleben für eine begrenzte Zeit möglich. Bei den beiden anderen Monden sind keine Atmosphäre und nahezu keine Gravitation vorhanden. Der äußere Planet ist ein mondloser Planet der Klasse M. Hier wäre die Chance auf Überleben am höchsten. Mehr Informationen kann ich derzeit nicht anbieten. Die Interferenzen verhindern eine genauere Analyse.“ „Okay, vielen Dank, Lieutenant. Wenn Sie keine weiteren Fragen mehr haben, kehren Sie bitte auf Ihre Schiffe zurück und setzen Sie die Suche fort. Bitte seien Sie aber weiterhin auf der Hut und achten Sie auf Anzeichen für fremde Schiffe.“
„Damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Der Captain gibt das Schiff auf…“ Jon schüttelte den Kopf. Er saß mit den anderen Fighter-Piloten und -Mechanikern im Freien und diskutierte über Anderssons Bekanntmachung. „Ich auch nicht. Irgendwie fühlt es sich an, als hätte er nicht nur das Schiff aufgegeben. Wie sollen wir hier denn wegkommen?“, fragte Todeki Kobayashi. „Denk doch mal darüber nach. Was sollte er denn anderes tun? Er muss das Schiff aufgeben. Er hat doch gar keine andere Wahl. Er kriegt die Antimaterie nicht aus dem Schiff raus, weil die Tanks zu groß sind und nebenbei kochend heiß. Und sie reagiert weiter mit der Materie und wird das Schiff zerstören. Und wenn das Schiff vorher aus dem Einfluss dieses Feldes gebracht wird, setzt wieder der normale Reaktionsprozess ein und zerstört das Schiff.“, erwiderte Natalie. „Na super!“, wetterte Lew. „Jetzt haben wir es geschafft, ein halbwegs vollständiges Geschwader aufzubauen, und jetzt werden die auf diesem beschissenen Planeten in die Luft gejagt!“ „Warum eigentlich?“, fragte Charlie Brooker. „Na, weil die Dinger in der Katana sind.“, erwiderte Mark. „Und wenn wir sie herausschaffen?“ „Du willst die Fighter herausschaffen? Wie soll das denn gehen. Weißt du wie groß und schwer die eigentlich sind?“ „Klar weiß ich das.“, brummte Charlie und versetzte Ian einen leichten Schlag in den Nacken. „Wenn du willst, kann ich dir die genauen Spezifikationen herunterbeten. Ich bin für die Dinger zuständig. Vergiss das nicht!“ Er machte eine kurze Pause, bevor er fortfuhr: „Ich meinte die Antimaterie-Tanks der Fighter. Sie sind nicht sonderlich groß. Und sie bestehen aus einem speziell beschichteten Material, das im Notfall die Eindämmung übernimmt, sollte diese einmal ausfallen. So soll der Pilot noch Zeit bekommen, sich in Sicherheit zu beamen. Und wenn ich diesen Feldmist richtig kapiere, hält diese Beschichtung gerade länger durch als gewöhnlich. Wir können sie also heraustragen.“ Sämtliche Piloten und Mechaniker starten ihn entgeistert an. „Hey, es geht um eure Fighter! Erst meckern und dann nicht anfassen wollen. Ihr seid mir die Richtigen…“ Murmeln setzte ein, bis schließlich Ian meinte: „Es mag an dem Schlag auf meinen Kopf liegen, aber ich bin dafür.“ Zustimmendes Gemurmel wuchs zu einem begeisterten Geschrei. Als sich alle wieder beruhigt hatten, fragte Natalie leise: „Und wer überzeugt den Captain?“ Lew und Mark sahen sich an und schlugen Charlie jovial auf die Schultern: „Natürlich der, der’s vorgeschlagen hat!“
„Captain!“, der junge Fähnrich schrie förmlich durch die Hauptbrücke. „Was gibt es denn Fähnrich?“ „Die Schweitzer meldet, dass sie die Katana auf dem äußeren der beiden Planeten gefunden haben.“ „Sehr gut. Setzen Sie Kurs auf den Planeten und geben Sie der Alaska Bescheid! Wie ist der Status der Crew und des Schiffs?“ „Die Schweitzer meldet, dass ein duonetisches Feld über dem Planeten liegt.“ „Ein duo… Was?“ „Ein Feld, das sämtliche Technik lahm legt, Sir, Ma’am. Das Schiff ist komplett tot. Von der Crew fehlt jede Spur. Die Schweitzer hat bereits begonnen, den Planeten zu scannen…“ Ein akustisches Signal ertönte. Der Fähnrich blickte auf ihr Pult. „…und hat sie gerade gefunden.“ „Lassen Sie die Crew hochbeamen. Stimmen Sie sich mit den beiden anderen Schiffen ab.“ „Aye Ma’am!“
„Sternzeit 60851,0 Logbuch des Captains: Die Suche war erfolgreich. Wir konnten die Crew der USS Katana sicher an Bord der USS Alaska, USS Schweitzer und USS Stargazer beamen. Gesundheitlich geht es ihr den Umständen entsprechend gut. Vorhandene Verletzungen konnten schnell geheilt werden. Unser Doktor hat allerdings Mangel- und Erschöpfungserscheinungen bei dem Großteil der Geretteten festgestellt. Sie benötigen noch eine ganze Weile, bis sie sich vollständig erholen haben. Die Katana liegt vorerst weiterhin auf dem Planeten. Die Bergung übersteigt unsere Fähigkeiten. Allerdings hat die Crew der Katana einiges an Vorarbeit geleistet, indem sie die Shuttles und Fighter von ihrer Antimaterie befreit haben. Dies sollte die weitere Bergung zumindest vereinfachen. Und wenn nicht, so haben sie zumindest dadurch die Wartezeit totgeschlagen. Captain Jaeger Ende!“
Garrick stand am Panoramafenster und blickte auf den Planeten. Ihm fiel auf, dass der Planet eigentlich sehr schön sein könnte. Aber dort unten lag die Katana, SEIN Schiff. Captain Jaeger hatte die Station benachrichtigt und Bergungsschiffe angefordert. Trotzdem war er sich nicht sicher, ob sie rechtzeitig anträfen und dann das Schiff tatsächlich würden bergen können. Es tat weh, die Heimat der vergangenen Jahre dort unten als Wrack liegen zu wissen. „Immerhin hat es meine Crew überstanden.“, murmelte er leise. Eine Hand legte sich auf seine Schulter. „Das sehe ich genauso, Garrick.“, erwiderte Seeta. „Du kannst stolz auf dich sein, dass alle diesen Crash so gut überstanden haben. Und die Katana wird es überstehen. Ich kenne sie. Sie ist zäh.“ „Sie hat ja auch die beste Chefingenieurin der Flotte.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn. „Dann komm mal mit, mein Captain. Es ist spät, und ich bin vollkommen erschöpft und freue mich auf ein schönes Sternenflottenstandardbett.“ Sie drehte sich um und ging in Richtung Tür. Er sah ihr nach. „Ja, darauf freue ich mich unter anderem auch. Und endlich wieder Privatsphäre.“ Dann lächelte er und folgte ihr.