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Ein Schritt weiter
Autor: Elisheba Krann
Elisheba legte das PADD mit dem Brief, dass ihr Leandra Johnson, einer alten Freundin und Kollegin, geschickt hatte beiseite. Der Inhalt war schon sehr interessant und ohne es zu beabsichtigen, hatte er einiges mit der Crew der Katana zu tun. So schrieb sie: „Ich durfte mit Freunden letztens eine Art Trauerfeier feiern. Es war irgendwie seltsam, da machte man eine Trauerfeier, hängt die Flaggen tief und trifft sich mit den besten Freunden, aber das wichtigste ist nicht da: Die Leiche. Dass ausgerechnet Du auf dem Schiff mit den Leuten bist, die das letzte Mal mit Rhana Kuroneko Kontakt gehabt hatten, macht das ganze gleichsam Mysteriös. Du weißt ja: Ich und die anderen waren zusammen mit ihr Kriegsgefangen im Dominionkrieg Kriegsgefangene und haben uns gemeinsam aus der dieser befreit. Rhana war schon immer ein verrücktes Huhn, schade, dass wir davon nicht mehr kosten dürfen. Hoffentlich lernen die Romulaner davon und sie wird zumindest als Märtyrerin gefeiert. Im Grunde ist sie eine Heldin – welcher Senator hat vorher in der Geschichte Romulus soviel für sein Reich getan, dass er sogar sich selbst dafür Preis gab. Ich weiß, ich weiß einen Dreck über die Romulaner, aber ... na ja. Ich wünsche Dir jedenfalls viel Erfolg auf Deinem neuen Posten. Und lass Dich nicht ärgern. In Liebe: Deine Leandra.“
Bekannt mit Rhana Kuroneko, der eigentlich noch offiziell unbekannten Märtyrerin von Romulus. Dass Leandra überhaupt davon wusste lag wohl an einer der Freunde, diese ist Captain eines taktisch wichtigen Schiffes und hatte somit sicherlich freien Zugang zu den Berichten der Crew der Katana. Elisheba wusste, dass Leandra damals mit drei anderen Frauen die Flucht aus dem Gefangenenlager gewagt hatte, doch dass es ausgerechnet jede Senatorin war, die sich für den Frieden und gegen die Drakh eingesetzt hatte, war schon erstaunlich.
Elisheba legte das PADD zur Seite und lehnte sich zurück. Der letzte Brief ihrer Freundin war vor einigen Stunden angekommen und sie hatte nun endlich Zeit gefunden diesen zu lesen, kurz nachdem sie ein Treffen mit dem ersten Offizier des Warbirds abgehalten hatte. Natürlich war sie nicht so heiß darauf gewesen ihn zu sehen; obschon sie versuchte ihre Vorurteile von Bord zu schmeißen, doch die Ereignisse der letzten Wochen und Monate hatten sich doch recht tief in sie hineingebrannt. Natürlich wusste sie auch davon, was und wer die Drakh und was Keeper waren. Doch das alles machte die Taten der Romulaner nicht gleich ungeschehen.
Eigentlich wollte sich Elly, wie sie in Studienjahren oft genannt wurde, noch ein wenig zu andorianischem Softrock entspannen, doch das Piepen des Interkom sollte sie davor bewahren.
„Auf zurück zum Dienst!“, stachelte die Aenar sich selbst auf und verließ ihr kleines Büro, dass ohnehin nur dafür da war, Papierkram zu erledigen und kein Ort für Entspannung war.
„Das heißt also, wir wissen nicht, ob jemand lebt, wer von denen noch lebt. Aber wir wissen, dass wenn beide Seiten leben, diese noch nicht vom Waffenstillstand wissen“, fasste die Aenar Captain Anderssons kurzen Briefingsausführung zusammen.
„Schicken denn die Romulaner auch jemanden hin, oder sollen wir die Sache alleine erledigen?“, fragte sie und versuchte den Captain „anzusehen“, auch wenn sie wenig davon hielt Verhaltensmuster der anderen Spezies zu kopieren. Doch manchmal war es geschickter dies zu tun, vor allem wenn man jemanden direkt ansprach. Dennoch: Ihre Augen schauten faktisch vorbei.
„Davon können Sie ausgehen, XO, dass die jemanden schicken. Vor allem ist denkbar, dass sie den dortigen Posten unschädlich machen wollen.“
„Mit anderen Worten, dieser Posten und das Ablaufen unserer Mission haben Einfluss auf die Friedensverhandlungen?“, hakte sie rhetorisch nach.
„Zunächst einmal gehen wir davon aus, dass beide Seiten noch am Leben sind und den Krieg weiterführen. Und ja, unsere Handlungen könnten Auswirkungen auf die Verhandlungen haben.“
„Muss aber nicht“, fügte Marina DeSoto an und zog die Augenbrauen hoch, Romulaner waren schließlich immer für eine Überraschung gut.
„Richtig. Es kann natürlich auch sein, dass eine der beiden Seiten alleine dort ist, oder gar keiner. Aber im Moment gehen wir vom Schlimmsten aus, und das ist der Gefechtsstatus.
Gibt es irgendwelche Fragen?“, fragte der Captain.
Natürlich gab es die und so erhob der frischgebackene Lieutenant Commander Sulik seine Hand, welcher wegen dieser besonderen Sitzung mit an dem großen Tisch saß.
„Ich wüsste gerne, wie es mit den Staffeln aussieht ...“
„Die bleiben auf Bereitschaftsstufe eins. Ob ihr ausrücken müsst und wie eure Aufgabe aussieht, können wir erst dann sagen. Ein Gefecht wird das hoffentlich nicht sein.“
Sulik nickte verstehend und lehnte sich angespannt in seinen Sessel zurück.
„Also, noch andere Fragen?“, keine Meldung von irgendjemanden. „Na dann los, Doktor Tyrone, bereiten sie ihre Leute auf Verletzte vor, optional mit Zeltlazarett. Mister Ramirez, bereiten sie ihre Leute vor. Was die Technik und den Rest angeht: Nur, weil wir Friedensverhandlungen betreiben, heißt das nicht, dass wir Frieden haben. Bereiten sie das Schiff also vorsichtshalber auf Gefechte vor.“
Elisheba nickte verstehend. „Ich werde mich drum kümmern“, warf sie kurz ein.
„Na dann los! Keine Zeit verlieren“, war der letzte Befehl des Captains und sie verließen allesamt die Besprechungslounge.
Obwohl sie auf einer Rettungsmission waren trug sie ihren Typ zwei Phaser im Schaft. Und sie musste lügen zu behaupten, es sei ein befremdliches Gefühl gewesen. In den vergangenen Monaten hatte sie täglich ein Phasergewehr oder einen Phaser des Typ zwei in ihrer Nähe gehabt. Unter ihrem Kopfkissen lag, zur Sicherheit, immer noch ein Typ eins Phaser und auf dem Nachttisch lag stets ihre Dienstwaffe, die sie nun erneut zum ungezählten millionsten Mal berührte, als müsste sie nachfühlen, ob es noch da war.
Es war ein Verhalten, dass sie nach dem Dominionkrieg hart ändern konnte und auch dieses Mal wird wohl die Entwöhnung wieder Monate in Anspruch nehmen – sofern es Frieden geben sollte.
Was die Crew betraf, so war sie darauf vorbereitet. Wie auch anders, vom Krieg war sie daran gewohnt in Bereitschaft zu sein. In der gesamten Föderation war wahrscheinlich der Gefechtstatus momentan wohl der vertrauteste von allen Status, so auch auf der Katana.
„Commander?“, sprach sie eine Ensign an und holte sie aus einem meditativen Gedankengewirr. Kurz zeigte diese der Ersten Offizierin ihr PADD, und ließ es, nachdem Elisheba es durchgelesen hatte – Elisheba war Speedreader – absegnen.
Schließlich stand sie vom Stuhl des Captains auf und schaute sich einmal in der Brücke um. Nicht mit ihren Augen, sondern mit ihren Fühlern. Dafür brauchte sie sich nicht im Kreis drehen, nicht einmal ihr Kopf bewegte sich dabei. Lediglich ihre Fühler bewegten sich ein wenig ab und an, um tote Winkel zu kompensieren. Doch im Grunde war es ihr, und allen anderen Aenar, möglich einmal im kreis, also alle dreihundersechzig Grad, zu ‚sehen’. Dass das Sehen nicht das selbe Verständnis bedurfte wie bei Wesen, die mit den Augen sahen war schwer erklärbar. Es war wohl so, als würde man einem Blinden die Welt der Sehenden erklären. Andersherum war es für Elisheba schon immer schwierig gewesen die Welt der Augen komplett zu verstehen. Die Prinzip verstand sie, doch nicht ihre Wirklichkeit.
Elisheba erfasste bei der Musterung der Brücke einen der Chronometer an einem der Wandkonsolen und begab sich zu ihrem Stuhl, der ihr etliche Daten zum Status des Schiffes bei gab.
„Commander Krann an Captain Andersson. Wir erreichen in wenigen Minuten M-47.“
„Danke Commander, ich bin auf dem Weg.“
Die Interkomm schloss sich und die Tür zum Bereitschaftsraum öffnete sich. Heraus trat der dänische Captain und schaute einmal in die Runde, bevor er sich zum eben noch von Elisheba vorgewärmten Stuhl begab.
„Captain auf der Brücke!“, ertönte es aus einer Ecke.
„Lassen Sie gut sein, Lieutenant“, meinte der Captain und blieb vor seinem Stuhl stehen.“ DeSoto, was sagen die Sensoren? Irgendwelche ‚Freunde’ in der Nähe?“, fragte er ironisch und setzte sich in seinen Sessel, bemerkte seine Temperatur und schaute, solange DeSoto noch ihre Scannwerte durchlas, zur Ersten Offizierin und meinte: „Danke fürs Vorwärmen.“
„Captain, ich kann kein Schiff der Romulaner ausmachen. Auf erhöhte Tachyonwerte kann ich allerdings erst vor Ort untersuchen.“
„Schon gut, Commander“, beschwichtigte der Captain und schaute auf den Hauptbildschirm, der bis jetzt nur taktische Daten und Statuswerte zeigte.
„Sir, wir erreichen nun M-47“, gab Lieutenant Lucas an, welcher an der Navigationskontrolle saß.
„Auf den Schirm“, befahl Commander Krann, die bereits wusste, was ihr Vorgesetzter gerne sah – auch ohne ihre telepathischen Fähigkeiten einzusetzen, was sowieso gegen ihr ethisches Verständnis gewesen wäre – und es zeigte sich ihnen ein Klasse L-Planet, der langsam immer größer anschwoll.
„Das wird eine kalte Sache, Captain. Laut Datenbank ist es entlang des Äquators durchschnittlich zwölf Grad warm“, gab Elisheba an. Sie und die anderen konnten sehen, dass nur entlang eines breiteren Gürtels des Äquators ein grüner Streifen zu sehen war. Immerhin lag der Horchposten selbst direkt am Äquator, doch es war gerade Hochsommer und am Äquator Tags über nur sechs Grad. Der Aenar konnte dies egal sein, sie wäre ohne Jacke, eventuell sogar mit T-Shirt dort hinunter gebeamt, wie es mit dem Rest der Crew aussah, so malte sie sich bereits Wetterkleidung aus.