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Difference between revisions of "Katana:Log 156"

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Revision as of 12:36, 17 June 2018

Dämonen
Autor: Alexandra Black
Autor: Mark de Boer
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Endsternzeit: {{{Endsternzeit}}}
Anfangsdatum: {{{Anfangsdatum}}}
Enddatum: {{{Enddatum}}}


Das fünfte und letzte Außenteam materialisierte nur wenige Hundert Meter von der Stelle, an der die gemessene Energiespitze ihren Ursprung gehabt haben musste. Auf diesem Teil der Erdkopie lag hoher Schnee, wie man ihn im Allgemeinen im Lebensraum der Inuit erwartete. Die eisige Kälte hatte den zuckergussartigen Belag so fest gefroren, dass nicht einmal die Fußspuren des Außenteams sich abzeichneten. Trotzdem setzten die fünf Sternenflottenoffiziere mit äußerstem Bedacht einen Fuß vor den anderen. Weit und breit war nichts zu sehen als eine kleine Anhöhe, ein See und ein sehr provisorisch wirkendes Lager, das allerdings verlassen da lag. Lichers betrachtete die Anzeigen auf seinem Tricorder. Die Sensor-Reichweite des in den Tarnanzug eingearbeiteten Gerätes reichte nicht einmal annähernd an die eines Standard-Tricorders heran. Trotzdem war die Anomalie auch jetzt nicht zu übersehen. "Es kommt von dort drüben.", flüsterte er. "Was?", erklang die Stimme seiner Vorgesetzten in normaler Lautstärke und ließ ihn zusammenzucken. Obwohl nirgends eine Menschenseele zu sehen war, hatte er den Eindruck, so leise wie möglich sein zu müssen. Allein das Wissen, dass man ihn nicht sehen konnte, genügte ihm nicht als Tarnung.

"Die Energiespitze geht von dort drüben aus.", wiederholte er etwas lauter und deutete zu dem provisorischen Lager hinüber. Black, die dieses Team anführte, runzelte die Stirn. Das konnten die anderen zwar nicht sehen, doch als sie ihrem fragenden Blick zu den paar Fetzen hinüber folgten, welche den Eingang jener primitiven Behausung vor Wind schützen sollte, zweifelten auch die anderen.

"Lebenszeichen?", wollte Black wissen. Sie steuerte auf das Lager zu. "Keine.", bestätigte Lichers ihre Annahme. Gerade als er den Tricorder sinken lassen wollte, bemerkte er jedoch eine Veränderung auf dem Display. "Moment. Doch." Das Team hielt an, und mehr als ein irritierter Blick richtete sich auf den Ensign. Black überprüfte seine Aussage anhand ihres eigenen Tricorders. Tatsächlich tauchte nahe der Anomalie, da, wo soeben ein Lebenszeichen registriert worden war, noch ein zweites auf. Das erste, was der EliteForce-Leaderin einfiel, schien ihr gleichermaßen die einzig logische Erklärung, als auch völlig absurd zu sein: War eines der anderen Teams von der Katana versehentlich auch hierher gebeamt worden? Als es schließlich nicht mehr als zwei Lebenszeichen wurden, erklärte die Lieutenant: "Also gut, dann sehen wir uns das mal an." Sie schlug einen Haken nach rechts, um den Ausläufer des zugefrorenen Sees zu umgehen, ohne die Augen von dem Eingang zu lassen. Inzwischen waren zwei dunkel gekleidete Gestalten dahinter aufgetaucht. Sie starrten auf einen nicht näher zu definierenden Punkt am Horizont und kehrten dem Außenteam praktischerweise den Rücken zu.

Lichers schüttelte ansatzweise den Kopf unter dem unförmigen Helm und rief sich so in Erinnerung, dass die beiden Gestalten sie ohnehin nicht sehen konnten. "Was bewegt sich denn da hinten?", wollte Jolina, der Wissenschaftler dieses Außenteams, wissen und starrte auf den Horizont in der Blickrichtung der beiden Gestalten. Lichers konsultierte ein weiteres Mal seinen Tricorder, stellte aber grummelnd fest, dass die Sensoren nicht weit genug reichten. "Zu weit weg.", antwortete er knapp.

Auf dem weiteren Weg dem Lager entgegen schwiegen alle. Nur das leise Knirschen von fest gefrorenem Schnee unter ihren Schuhsohlen war zu hören. Als sie schließlich so nahe an dem Lager waren, dass die Energiespitze die komplette Anzeige des Displays einnahm, wurden die Schritte des Außenteams noch vorsichtiger und leiser. Die beiden fremden Gestalten im Nacken ging Black in die Hocke, um einen Blick unter den zerfetzten Windschutz zu werfen. Zu ihrer Überraschung führte darunter eine lehmige Treppe in die Tiefe hinab. Das dahinter liegende Lager war so verlassen, wie es schon aus der Ferne ausgesehen hatte. "Faszinierend.", konnte sie sich einen Kommentar nicht verkneifen - nicht ahnend, was sie damit auslöste. Jolina hatte sich gerade ebenfalls hinunter gebeugt und ließ ebenso überrascht die Kinnlade herunter klappen, als Lichers ein warnendes "Lieutenant!" entfuhr. Black zögerte nicht sich umzudrehen. Die Dringlichkeit in der Stimme des Ensigns war nicht zu überhören.

Die beiden Gestalten hatten sich eben umgedreht. Für einen Moment glaubte die Lieutenant, Lichers habe ihnen lediglich mitteilen wollen, dass sie aus dem Weg gehen mussten, damit die Vermummten nicht unvermittelt gegen eine unsichtbare Barriere prallten. Doch irgendetwas an der Art, wie die beiden plötzlich Inne hielten, ließ alle Alarmsirenen in ihr losschrillen. 'Sie sehen uns', schoss es ihr durch den Kopf.

Der kleinere der beiden Fremden löste sich zuerst aus seiner Starre, stieß seinen Kumpel an und zog gleichzeitig einen altmodisch wirkenden Blaster hervor. Black schnellte zwar sofort auf die Füße, doch die Waffe richtete sich bereits gegen Lichers, Manolo und Keltaq. "Immer ruhig mit den jungen Pferden", kommentierte der Kleinere knurrend die abrupte Bewegung.

"Verdammt", fluchte hingegen der andere, der inzwischen ebenfalls eine Waffe zu Tage gefördert hatte. "Wenn die hier rumschnüffeln, wimmelt es hier bald nur so von Sternenflotte." Er bedeutete Jolina und Black sich zu ihren drei Kollegen zu gesellen. Die Lieutenant ließ dem Wissenschaftler den Vortritt und nutzte die sich ihr bietende Gelegenheit. An dem seltsamen Vorbau vorbeigehend, heftete sie ihren Blick auf die Fremden und konnte so vortäuschen, über den hölzernen Stock zu stolpern, der den größten Fetzen über dem Eingang hielt. Eine Ablenkung, die Keltaq aus dem Sicherheitsteam nutzen konnte, den ihr näher stehenden Mann zu entwaffnen. In dem Tarnanzug fielen ihre Bewegungen zwar schwerfälliger aus als üblich, dennoch genügte ein Tritt, um den Blaster in hohem Bogen durch die Luft fliegen zu lassen. Der Mann taumelte erschrocken zur Seite gegen seinen Partner. Dieser hatte als Antwort auf den Angriff bereits den Arm herumgerissen und Keltaq anvisiert. Sein Schuss verfehlte durch den Zusammenstoß schließlich das Ziel um mehrere Meter und schmolz am Ufer des Sees einen kleinen Krater in den Schnee. Auch die EliteForce-Leaderin verschwendete keine weitere Zeit, rollte sich nach dem Stolpern gekonnt ab und riss den bereits aus dem Gleichgewicht gebrachten zweiten Mann mit einem Beinfeger vollends zu Boden. Im Stillen dankte sie den zahllosen Trainings, die das EliteForce-Team gemeinsam mit dem Sicherheitsteam durchgeführt hatte, sonst hätte Keltaq das Ablenkungsmanöver wahrscheinlich nicht erkannt.

Lichers hatte derweil geistesgegenwärtig seinen Kommunikator aktiviert. „Außenteam 5 an Katana.“ Eigentlich hatte er zunächst davon berichten wollen, dass man sie – wie auch immer – entdeckt hatte und dass es zu einer Auseinandersetzung gekommen war. Allerdings erhielt er schon auf seinen gewöhnlichen Ruf keine Antwort. Der Größere, der beiden Fremden hatte sich mittlerweile wieder aufgerichtet und stieß ein höhnisches Lachen aus. „Dein Kommunikator funktioniert hier nicht, Junge“, knurrte er. „Genauso wenig wie Eure Phaser übrigens.“ Damit wandte er sich blitzschnell zu seinem Kumpel um, rief ihm zu: „Los hol Verstärkung hoch!“ und hechte zu seinem Blaster hinüber. Neben ihm traf leuchtend orange das auf, was ein Phaserstrahl sein sollte, hier jedoch allenfalls wie ein Laserpointer wirkte. „Verdammt!“, fluchte Keltaq.

„Zurück zum Ausgangspunkt!“, bestimmte Black gleichzeitig. Auch wenn ihr ein Rückzug nicht recht passen wollte – allein wenn man bedachte, dass sie in der Überzahl waren – war es doch die einzig richtige Option. Der Lange war seinem Blaster viel zu nah, als dass ein Angriff auf ihn noch klug gewesen wäre und offensichtlich trug er die eigentlich veraltete Waffe nicht grundlos, sondern weil sie eben funktionierte. Vermutlich eine einfache Frage der richtigen Kalibrierung, aber für derlei Spielchen hatten sie jetzt einfach keine Zeit. Während der Fremde nach seinem Blaster langte, konnten sie immerhin einen kleinen Vorsprung erhalten und waren dann hoffentlich schon wieder für die Katana erreichbar.

Die Flucht sollte nicht lange dauern. Haken schlagend sprintete das Außenteam los, zurück zu den Koordinaten, an denen sie auf dem Planeten materialisiert waren. Dabei umrundeten sie zunächst das Lager, damit der Hüne kein freies Schussfeld hatte. Dieser schimpfte los und pfiff seinen Kollegen zurück. „Hinterher, sie dürfen nicht entkommen!“

Einen großen Vorsprung hatte das Team nicht herausholen können, daher missachteten die Sternenflottler geflissentlich den umständlichen Weg um den See herum und schlidderten über die Eisfläche. Ausweichen konnten sie hier kaum noch, jedenfalls nicht so kontrolliert, wie sie es gerne wollten. Immerhin, so sagte Alex sich, war das Eis hier dick genug, solange…

Zischend traf eine Blaster-Entladung hinter ihr auf den zugefrorenen See. Sofort entstand an der Stelle ein Loch und darum herum wurde das Eis merklich dünner. Auf dem entstehenden Wasserfilm rutschte die Lieutenant eben bis ans andere Ufer, wo sie bereits Knöcheltief im Wasser stand. Wütend erwiderte sie das Feuer. „Oh“, bemerkte Manolo. „Die Phaser funktionieren wieder.“ Der zweite Wissenschaftler im Team blieb unvermittelt stehen und beobachtete das Schauspiel, das sich ihm bot. Blacks blind abgefeuerter Schuss hatte zwar keinen ihrer Verfolger getroffen, dafür aber die Eisfläche vor ihnen. Anders als der Blaster, verursachte die Sternenflottenwaffe jedoch kein riesiges Loch, sondern ließ aufgrund des Schusswinkels die Fläche von der Mitte des Sees ausgehend aufbrechen. Der Hüne brach nur Sekundenbruchteile später mit einem Aufschrei ein. Der andere wollte eben umkehren, erreichte aber das Ufer nicht mehr, sondern versank ebenfalls.




In Transporterraum 1 der Katana herrschte reger Andrang. Das Außenteam um Lieutenant Black war nicht das einzige, das auf Schwierigkeiten gestoßen war. Andersson, Yadeel und Lazarus, die jeweils 3 andere Teams angeleitet hatten, standen bereits etwas abseits zusammen und diskutierten, was vorgefallen war. „Langsam wird’s hier eng.“, murmelte der Transporterchief etwas hilflos und wusste nicht, an wen er sich mit seiner Bitte, die Versammlung doch nach draußen oder in einen Besprechungsraum zu verlagern, zuerst wenden sollte. In den orangen Tarnanzügen waren die meisten der Anwesenden kaum voneinander zu unterscheiden. Doch auch der XO hatte das Problem inzwischen ins Auge gefasst und bestimmte, dass dies kein guter Ort für weitere Spekulationen war. „Jetzt ziehen sich alle erst einmal um, und dann will ich die Führungsoffiziere in zehn Minuten auf der Brücke sehen.“, ordnete er an. Als sich der Transporterraum einigermaßen geleert hatte, wandte er sich an den Chief: „Kontaktieren sie Ramirez und beamen sie Team 3 so bald wie möglich hoch. Wir müssen uns erst weiter besprechen.“




Keine zehn Minuten später betrat Garrick Andersson die Brücke, wo sich die Führungsoffiziere bereits um die wissenschaftliche Konsole und Dr. Lazarus versammelt hatten. „Viel ist das ja nicht gerade.“, äußerte Ebbersmann, der sich ebenfalls zu der Gruppe gesellt hatte, wenig begeistert. „Das sind diese Energieemissionen.“, erklärte Yadeel. „Sie verursachen diese Interferenzen und haben die Tarnung quasi neutralisiert.“ „Die Phaser haben auch nicht mehr funktioniert.“, fügte Black hinzu. „Nun wir können von Glück sagen, dass uns keine Einheimischen gesehen haben.“, meinte Andersson frustriert. Er hatte sich mehr von den Außenmissionen versprochen. Sein Team hatte noch annähernd Glück gehabt. Ensign Parrish hatte sich mit seinem Tarnanzug in dem Gestrüpp, in dem er materialisiert war, verfangen und nach einem abrupten Ausbruchsversuch seinen Helm beschädigt. Nur dadurch war ihnen frühzeitig aufgefallen, dass die Tarnung an sich ohnehin keine Wirkung zeigte. „Also Tricorder und Phaser so anzupassen, dass sie funktionieren, bzw. eine ausreichende Reichweite haben, sollte kein Problem sein. Das sind nur ein paar Konfigurationen. Bei den Tarnanzügen sehe ich allerdings schwarz.“, sagte die Chefingenieurin nachdenklich. „Das sehe ich genauso.“, pflichtete der XO ihr bei, der ebenfalls die Anpassungsmöglichkeiten überdacht hatte. „Verstehe.“, grübelte Ebbersmann laut. „Wie sehen unsere Alternativen aus? Was ist mit unseren Sensoren? Können wir diese Anomalien nicht vom Schiff aus untersuchen?“ Andersson war versucht, an Seetas statt zu antworten, schwieg dann aber doch. Die Zanderianerin wog derweil sorgfältig die Möglichkeiten ab. „Nun ja – Wie gesagt, das ist eine Frage der Konfiguration... Aber die Reichweite wäre sehr eingeschränkt. Damit sind die Schiffssensoren praktisch ungeeignet. Sie könnten die Anomalie-Ausläufer zwar durchdringen – würden aber nicht einmal durch die Stratosphäre reichen...“ Ebbersmann unterdrückte ein Seufzen. „An den Tarnanzügen ist nichts zu machen?“, hakte er noch einmal nach. Doch es war ihm bereits anzuhören, dass er nicht viel Hoffnung darauf verschwendete. Es wurmte ihn, dass hier so wenig auszurichten war. Mit einer Horde Romulanern fertig zu werden, war die eine Sache. Nicht gerade einfach und die zahlreichen Verluste, die man hatte hinnehmen müssen, hatten jene Mission zu einem Pyrrhus-Sieg gemacht. Aber einen kleinen Kampf gegen ungewöhnliche Energieemissionen zu verlieren, schmeckte ihm genauso wenig. So leicht wollte er sich nicht geschlagen geben. Und nach den knappen Berichten der Führungsoffiziere zu urteilen, barg dieser Planet ein eigentümliches Geheimnis. Oder zumindest seine Bewohner – falls die Fremden, auf die das Team von Black gestoßen war, überhaupt Bewohner waren. Die Emissionen waren mit Sicherheit kein natürliches Phänomen. „Irgendwelche Vorschläge?“, fragte er in die Runde, nachdem Yadeel ihm seine Vermutung bezüglich der Tarnanzüge noch einmal bestätigt hatte.

„Wie wäre es mit einer modifizierten Sonde? Die könnte man mit einer gewissen Tarnung sicher sogar recht nahe an diese Energiequellen heranbringen...“, schlug Ramirez vor. „Dort hätten wir das gleiche Problem mit der Tarnung wie mit den Anzügen auch.“, widersprach die Chefingenieurin. „Ich dachte dabei mehr daran, sie evtl. in einem niedrigen Orbit um den Planeten kreisen zu lassen. Evtl. auch ein atmosphärischer Flug, falls es nötig ist. Die Einwohner besitzen kaum die Technologie um festzustellen, dass ein in gewisser Höhe fliegendes Objekt... nun ja...eine Sonde ist und nicht irgend ein Vogel...“, ergänzte der Sicherheitschef seinen Vorschlag. „Die Einwohner vielleicht nicht“, lenkte Black jedoch sofort ein. „Aber die Männer, auf die wir gestoßen sind, waren definitiv keine Einwohner. Sie wussten, dass unsere Phaser nicht funktionieren würden – das muss jemand von außerhalb sein. Von daher ist nicht auszuschließen, dass die durchaus in der Lage sind, eine unserer Sonden zu erkennen.“ Nach einem Moment des Nachdenkens fügte sie hinzu: „Wenn ich mich nicht irre, hat uns einer von ihnen sogar als 'Sternenflotte' bezeichnet...“

Commander Andersson legte die Stirn in nachdenkliche Falten. „Sehr seltsam“, murmelte er dabei vor sich hin. Er überlegte, ob es hier nicht klüger wäre, ein Team anzufordern, dass auf Missionen auf Prä-Warp-Planeten spezialisiert war. Aber auch seine Neugier war längst geweckt. Abgesehen davon, war nicht auszuschließen, dass man die Katana im Orbit entdeckt hatte. Und wenn da unten tatsächlich etwas nicht mit rechten Dingen zuging, mussten sie damit rechnen, dass es nichts mehr zu erforschen oder entdecken gab, wenn ein Spezialteam erst eingetroffen war. „Vielleicht sollten wir nicht die Tarnanzüge anpassen.“, gab er zu bedenken. „sondern unsere eigene Tarnung...“ „Commander?“ Ebbersmann hakte auf seine eigene Art die Details des Vorschlags nach und sah seinen XO erwartungsvoll an.

„Wir könnten Crewmitglieder hinunter schicken, die den Völkern abstammen, in deren Nähe wir die Anomalien entdeckt haben.“, erklärte Andersson. „Natürlich sollten sie sich auch etwas mit der jeweiligen Kultur auskennen. Wenn sie sich dann als Nomaden ausgeben... nun ja. Mit so einer Tarnung könnte man auch herausfinden, ob die Einheimischen vielleicht etwas über die Anomalien wissen – oder über die Unbekannten...“

Der Captain stutzte für einen Moment über diese etwas andere Art des Undercover-Einsatzes. Die Idee gefiel ihm allerdings. Es war die einfachste Möglichkeit und eigentlich hätte ihnen so etwas eher zuerst als zuletzt einfallen können, wie er fand. „Das klingt nach einer guten Alternative.“, meinte Ebbersmann. „Commander, stellen Sie neue Teams zusammen, die neben den jeweiligen Einwohnern nicht auffallen. Sorgen Sie dafür dass sie angepasste Kleidung erhalten und vor allem, dass sie wissen, wie sie sich verhalten müssen, um nicht aufzufallen, falls sie auf Einheimische treffen. – Miss Yadeel, Sie nehmen die nötigen Anpassungen an Tricordern, Phasern und Kommunikatoren vor, damit die Teams mit uns in Kontakt treten können.“, erteilte er die nächsten Befehle. Es gab eindeutig Klärungsbedarf, und nicht funktionierende Tarnanzüge würden ihn von weiteren Recherchen nicht abhalten.




Lieutenant Mokhtar Said materialisierte auf der Planetenoberfläche und sah sich um. Neben ihm stand Fähnrich Bisa Ayadi, eine junge, schlanke Frau. Instinktiv hatte sie eine leicht gebückte Haltung eingenommen und beäugte argwöhnisch die Umgebung. Dies war streng genommen unnötig, denn im Vorfeld war das Gebiet ausgiebig gescannt worden. Im Umkreis von vier Kilometern gab es kein Lebewesen, das größer war als ein Skorpion. Hinter den beiden stand Fähnrich Lankitek. Said war nicht sonderlich begeistert davon, dass der junge Fähnrich in seinem Team war. Dies lag nicht daran, dass er den jungen Mann nicht mochte, auch wenn es ihm gar nicht geschmeckt hatte, wie dieser sich in sein Team gedrängt hatte. Vielmehr lag es daran, dass dies seine Arbeit deutlich erschweren würde. Ayadi und er stammten beide in direkter Linie von den Berbern ab. Sie waren stolz auf ihr Erbe und lebten, soweit es die Sternenflotte und die Pflicht zuließen, weiterhin nach althergebrachten Regeln und in einer Jahrhunderte alten Kultur. Und sie sprachen beide fließend Tamazight. Darüber hinaus hatte sich Ayadi schon seit langer Zeit mit der Geschichte ihres Volkes auseinander gesetzt, so dass sie eine echte Expertin geworden war. Mokhtar war nicht nur überrascht gewesen, als er erfahren hatte, dass es eine Maurin an Bord der Katana gab, sondern auch überaus erfreut, als sich herausstellte, dass sie ebenso wie er an der Kultur und den Gebräuchen interessiert war. Demgegenüber war Lankitek ein Bewohner einer anderen Welt. Diese Welt war zwar ein Wüstenplanet, aber damit endete auch schon jegliche Gemeinsamkeit. Der Fähnrich kannte nichts von der Kultur, der Geschichte oder der Sprache der Mauren. Er kannte nur die allgemeinen Geschichten der Sarazenen, wie man sie aus billigen Holo-Romanen kannte. Darüber hinaus war er schwarz wie die Nacht, während sie beide doch eher ins Kaffeebraune gingen. Dieser Unterschied in den Hautfarben bedeutete aber eine schwierige Situation, da bei den Mauren Menschen so dunkler Hautfarbe in früheren Zeiten zur Sklavenkaste gehört hatten. Heutzutage war dies natürlich nicht mehr so, aber da die Berber auf diesem Planeten nichts von den Entwicklungen auf der Erde, dem Islam, den Glaubenskriegen und der Abschaffung der Sklaverei wissen konnten, mussten sie davon ausgehen, dass hier die Unterschiede weiterhin galten.

„Wo müssen wir hin, Sir?“, fragte Lankitek, während er sich unschlüssig um seine Achse drehte. Mokhtar sah sich um und suchte den Horizont ab, bis er in der Ferne die sanften Erhöhungen einer Bergkette entdecken konnte. Er rief in Gedanken die Karte der Gegend ab. Im Süden von ihnen lag die Wüste, im Norden und Nordosten lag ein Gebirge und im Westen lag eine Ebene, die durch einen kleinen See in eine fruchtbare Oase verwandelt wurde. Die Energieanomalie, und somit auch ihr Ziel, lag im Nordosten am Fuß des Gebirges. Er drehte sich um und zeigte in die entsprechende Richtung. „Dorthin!“, sagte er, während er seinen Sack mit Habseligkeiten schulterte und losging. „Und lassen Sie das ‚Sir‘ weg! Wir müssen uns anpassen und dürfen nicht auffallen. Los jetzt!“ Mit strammem Schritt ging er voran. Bisa und Lankitek folgten ihm.




Sie waren nun schon seit einigen Stunden unterwegs. Der Plan hatte vorgesehen, dass sie etwas abseits heruntergebeamt werden, um das Risiko zu verringern, dabei entdeckt zu werden. In einem Tagesmarsch sollten Sie sich dann einer kleinen Siedlung nähern, die unweit der Energieanomalie lag. Hier sollten sie sich ein wenig umsehen und Informationen sammeln, um dann gegebenenfalls noch direkt zum Ort der Anomalie aufzubrechen, um sie zu untersuchen. Womit sie aber nicht gerechnet hatten, nicht hatten rechnen können, war die unglaubliche Hitze, die sich über das Land gelegt hatte und jeden Schritt zur Qual werden ließ. So verloren sie nach und nach immer mehr Zeit gegenüber dem Zeitplan. Aber Mokhtar hatte entschieden, dass sie lieber mit ihren Kräften haushalten sollten. Und so hatten sie einige Pausen eingelegt, wenn sich irgendwo ein Plätzchen Schatten bot. Gerade saßen sie unter einem Felsvorsprung, der ihnen ein wenig Schutz vor der Sonne bot. Bisa Ayadi nahm einen tiefen Schluck aus ihrem Wasserbeutel. Sie verzog ein wenig das Gesicht, als sie das warme Wasser im Mund spürte. „Ich hatte ganz vergessen, welche Vorteile die Trinkpackungen der Sternenflotte bieten. Was würde ich für einen Schluck kaltes Wasser geben…“, stöhnte sie. Sie hatten vollständig auf moderne Technik verzichtet und hatten sich so ausgestattet, wie es bei den Berbern vor Tausenden von Jahren üblich war. Einzige Ausnahme bildeten kleine Schmuckstücke, in denen kleine Sender versteckt waren, mit denen sie von der Katana geortet werden, sowie ihr ein Signal zum Hochbeamen geben konnten. „Na ja, Sie würden sich wahrscheinlich die Seele aus dem Leib kotzen bei dieser Hitze und den stundenlangen Anstrengungen.“, erwiderte Lankitek. „Das ist eine Lektion, die man auf unserer Welt schon als Kleinkind lernt. Entweder indem man es den Erwachsenen glaubt oder indem man die Erfahrung selbst macht.“ Bisa sah ihn an. „Wie haben sie es gelernt?“ „Was denken Sie? Ich habe mich noch nie so schlecht gefühlt wie an dem Tag. Ich dachte, ich müsste sterben. Eine sehr lehrreiche Erfahrung.“, erwiderte Lankitek. Bisa lachte auf. „Gut, dann werde ich mich über das warme Wasser hier nicht weiter beschweren.“




Es war mittlerweile später Abend. Die Hitze des Tages war verschwunden und hatte einer kühlen Brise Platz gemacht. So angenehm diese Temperatur nach dem unerträglichen Marsch durch den Glutofen auch war, so belastend wurde sie nach kurzer Zeit. Sie waren nass geschwitzt gewesen, und nun wurde ihnen langsam jegliche Körperwärme entzogen. Außerdem waren sie müde, so dass ihnen jeder Schritt immer schwerer fiel. „Mokhtar, wir sollten langsam unser Nachtlager aufschlagen. Wir laufen schon den ganzen Tag.“, murmelte Bisa müde und geistesabwesend. Sie zuckte zusammen, als ganz in der Nähe der Schrei eines wilden Tieres erklang. Sie wusste nicht, um welches Tier es sich handelte, aber der Schrei ließ darauf schließen, dass es ein recht großes Raubtier sein musste. Außerdem schien es die kleine Gruppe seit einiger Zeit schon zu verfolgen. Offenbar sahen sie nach einer leichten Beute aus. Bisa erschauerte, was nicht allein an den kühlen Temperaturen lag. „Also was ist, Mokhtar?“, fragte sie schnell, um sich nicht weiter mit dem Tier beschäftigen zu müssen. Sie setzte ihr Gepäck ab und setzte sich erschöpft darauf. Der Angesprochene blieb stehen und sah sich um. Sie befanden sich in einem Tal, umschlossen von hohen, felsigen Wänden zweier Plateaus im Norden und im Südwesten. Im Südosten befand sich ein steiniger Hügel. Außerdem schlängelte sich ein kleiner Fluss von Nordost nach Süden zwischen den Plateaus und dem Hügel und bildete somit eine weitere natürliche Grenze des Tals. Das Team war durch einen schmalen Pfad zwischen dem Fluss und dem südwestlichen Plateau ins Tal gelangt. Der einzig offene Weg aus dem Tal führte nach Nordwesten, also durch das Tal, das sich in diese Richtung trichterförmig verengte. „Das Tal gefällt mir nicht. Hier sind wir zu verletzlich und anfällig. Wir sollten es verlassen und dann ein Lager aufschlagen.“, meinte Mokhtar schließlich. „Vielleicht sollten wir sogar wieder ein Stückchen zurückgehen und auf dem Hügel übernachten.“ Fähnrich Ayadi musste an das Raubtier denken und hatte schlagartig das Bild vor Augen, wie sie dem Tier direkt in die Fänge liefen, während sie zum Hügel liefen. Sie schüttelte den Kopf, um die Bilder zu vertreiben. „Dann müssen wir aber den Fluss überqueren. Ich finde, wir sollten weiter gehen und das Tal im Norden verlassen.“ Lankitek konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ihm war durchaus aufgefallen, dass die junge Frau jedes Mal erschrak, sobald der Schrei des Tieres erklang. Seiner Meinung nach musste es sich um einen Karakal handeln, auch Wüstenluchs genannt. Die Raubkatze war zwar mit ungefähr einem halben Meter Höhe ein beeindruckendes Tier, aber für Menschen ziemlich ungefährlich, da es sich auf Hasen, Vögel und andere Kleintiere spezialisiert hatte. Dennoch war er ganz Bisas Meinung. Er hatte keine Lust, bei dem Wetter durch einen Fluss zu waten. Außerdem hasste er es, einen Weg zweimal laufen zu müssen. „Ich finde, Bisa hat Recht. Außerdem haben wir schon ziemlich viel Zeit verloren. Wenn wir jetzt einen Teil des Weges wieder zurückgehen, verlieren wir noch mehr Zeit.“ Said sah die beiden an und nickte. „Ja, ihr habt Recht. Lasst uns weitergehen und das Tal zügig verlassen. Und dann sollten wir wirklich bald unser Lager aufschlagen.“ Die drei nahmen wieder ihr Gepäck auf und wandten sich gen Norden. Stumm marschierten sie hintereinander, ständig darauf bedacht, in dem Dämmerlicht nicht zu stolpern.




Das kleine Team wanderte bereits wieder seit einer dreiviertel Stunde durch das Tal, das sich als länger herausstellte, als es zunächst den Anschein und Said es im Gedächtnis hatte. Es war mittlerweile dunkel geworden. Begleitet wurden sie vom Mond, der wie eine schmale Eissichel am Himmel hing und das Tal in ein kaltes und fast unwirkliches Licht tauchte. Sie waren gerade an einer kleinen Biegung vorbeigelaufen, als Lankitek Mokhtar am Arm festhielt. „Dort vorne!“, flüsterte er leise. Said blieb stehen und folgte dem ausgestreckten Arm mit den Augen, kniff die Augen zusammen und… Tatsächlich. Dort drüben war ein schwaches Feuer auszumachen. Er blinzelte und konnte schließlich einzelne Zelte erkennen. „Na super!“, rief Bisa erfreut auf und wollte sich schon auf den Weg zu den Zelten machen, aber Said hielt sie zurück. „Was ist?“, fragte sie verwundert. „Wir müssen vorsichtig sein.“, flüsterte er. „Wir wollen doch erfahren, was hier passiert. Dazu müssen wir schon mit den Leuten hier reden.“, erwiderte die Frau ruhig. Mokhtar schwieg und überlegte. Er hätte nichts gegen ein Feuer einzuwenden, an dem er sich niederlassen und wärmen konnte, gegen eine gute Unterhaltung mit einer guten Geschichte und natürlich auch nichts gegen eine warme Mahlzeit.“Ja, du hast Recht. Außerdem sind wir immer noch Mauren. Und wenn jemand etwas von Gastfreundschaft versteht, dann ja doch wohl wir.“, grinste er schließlich. „Lass uns losgehen.“ Er drehte sich um und machte drei Schritte, als sich fünf Gestalten aus den Schatten lösten, die mit Schwertern, Messern und Stäben bewaffnet waren. „Ihr geht erst mal nirgendwo hin.“ Bisa drehte sich um, als sie hinter sich ein Knacken hörte und stieß einen spitzen Schrei aus, als sie sah, wie eine große Raubkatze um die Biegung kam. Erst eine Schrecksekunde später sah sie, dass das Tier an einer Kette hing, die ein großer, muskulöser Mann in den Händen hielt. Er grinste und entblößte eine Reihe großer, gelber Zähne. „Waffen und Pack fallen lassen!“, bellte er. Said nickt seinen beiden Begleitern zu und nahm den Rucksack und sein Messer ab und legte sie auf den Boden. Ayadi tat es ihm gleich, und auch Lankitek legte seinen Stab zur Seite, den er unterwegs gefunden hatte. „Ja, ja. Gastfreundschaft.“, knurrte er.

Aus dem Schatten löste sich eine weitere Gestalt. „Wer seid ihr? Und was wollt ihr hier?“ Sie wirkte älter und schien der Anführer dieser Gruppe zu sein. Mokhtar tat einen Schritt vor auf ihn zu, und sofort traten ihm zwei der bewaffneten Männer entgegen. Er hob beschwichtigend die Hände und sprach den alten Mann an: „Mein Name ist Mokhtar Said. Das ist meine Frau Bisa. Und das ist Lankitek.“ Der Alte hob die Augenbrauen. „Ihr reist zu zweit, aber habt einen Sklaven?“ Said kniff für einen Sekundenbruchteil die Augen zusammen. Dies war genau die Situation, die er befürchtet hatte. Hoffentlich war seine Geschichte glaubwürdig, die er sich zusammengelegt hatte. „Nein, seine Familie hat uns fünf Generationen lang gedient. Sein Vater hat meiner Mutter einst das Leben gerettet. Und so hat mein Vater ihm den Wunsch erfüllt, dass sein Sohn als Harratin geboren wird. Und so war es. Er ist ein freier Mann, aber er hat sich entschlossen, bei uns zu bleiben.“ Der Alte sah Lankitek lang und durchdringend an. „So, so, dein Vater war also ein Abid?“ Lankiteks Augen blitzten, und Said hoffte, dass er sich beherrschte, wurde dann aber von ihm überrascht. „Er ist nicht im Bett gestorben!“, antwortete der junge Mann. Der Alte nickte leicht und verlor jegliches Interesse an ihm. Er wandte sich wieder Said zu. „Was macht ihr hier? Warum schleicht ihr hier herum wie Diebe in der Nacht?“, fragte er forsch. Mokhtar schluckte. Das hier verlief nicht so, wie er es sich erhofft hatte. „Wir waren unterwegs, als unser Clan angegriffen wurde. Viele wurden ermordet, einige sind verschwunden. Als wir zurückkamen, fanden wir nur Tod und Zerstörung vor. Wir haben uns auf die Suche nach den Vermissten gemacht, aber haben niemanden gefunden. Wir sind einer Spur gefolgt, die sich aber wieder verloren hat. Und nun versuchen wir, die Spur wiederzufinden.“ Said hielt die Luft an. Er hoffte, mit seiner Geschichte nicht zu dick aufgetragen zu haben. Der Alte drehte seinen Kopf zur Seite und sagte in die Dunkelheit: „Mahmoud, was sagst du?“ Ein alter, furchtbar gebrechlich aussehender Mann trat aus der Dunkelheit. Er lachte und offenbarte eine Reihe fehlender Zähne. „Seine Lippen sagen die Worte, die meine Ohren hören. Sie gehören nicht zu ihnen.“ Der Alte nickte. „Ich danke dir…“ „Du glaubst diesem verwirrten Mann und vertraust ihm unser aller Leben an?“, rief ein junger Mann laut aus. „Ich bin mir sicher, dass sie zu den Dämonen gehören. Wir sollten sie töten!“ Mit einer schnellen Bewegung, die Said ihm nicht zugetraut hätte, stand der alte Mann plötzlich vor dem jungen Mann und sah ihn bedrohlich an. „Stellst du meine Urteilskraft in Frage?“ Es folgte ein obskures Schauspiel. Der junge Mann überragte den Anführer um einen Kopf und war obendrein deutlich kräftiger. Dennoch wurde er unsicher und sah zu Boden. Verlegen antwortete er: „Nein, natürlich nicht. Aber diese Dämonen tauchen aus dem Nichts auf, sie stürzen vom Himmel auf uns herab, werfen Feuerbälle und hinterlassen Tod und Chaos. Und genauso schnell, wie sie gekommen sind, sind sie auch wieder verschwunden. Vielleicht ist es eine neue List, uns zu täuschen.“ Mokhtar hatte die vergangene Minute mit Interesse verfolgt. Was zunächst keinen Sinn ergab, wurde für ihn nun klar. Der Greis hatte von Translatoren gesprochen und der junge Mann vom Beamen, von Blastern und Phasern. Das konnten nur die Männer sein, die die ersten Gruppen gesehen hatten. „Wir sind auf der richtigen Spur. Wir dürfen sie nicht verlieren.“, dachte er. Also räusperte er sich und sprach mit ruhiger Stimme: „Also ich weiß nicht, was hier los ist, aber wenn wir diese Dämonen wären, bräuchten wir doch wohl keine List. Sie scheinen ja fast allmächtig zu sein. Wir sind jetzt seit vielen, vielen Tagen unterwegs und sind müde und hungrig. Ich habe immer gedacht, die Gastfreundschaft ist allen Berbern wichtig. Aber da das hier wohl nicht so ist, lasst uns weiterziehen. Wir werden unser Lager weit abseits eures Lagers aufschlagen.“ Er hatte bewusst, diese anklagende Form der Ansprache benutzt, und tatsächlich verfehlte sie ihre Wirkung nicht. Der alte Mann wirkte mit einem Mal sehr beschämt und trat auf Said zu. „Ihr habt natürlich Recht und ich entschuldige mich. Wir haben einige schlimme Erlebnisse gemacht und sind vorsichtig geworden. Aber das darf natürlich nicht dazu führen, dass wir unsere heiligsten Regeln vergessen. Diesen Sieg dürfen die Dämonen nicht erringen. Ich bitte zutiefst beschämt um Entschuldigung. Wir haben das Antlitz unserer Väter vergessen.“ Eine betretene Stille trat ein. Mokhtar trat auf den alten Mann zu. „Ich erkenne euren Schmerz und verstehe vollkommen, was ihr hier tut. Ihr schützt euren Clan. Ihr habt das Antlitz eurer Väter nicht vergessen.“ Der alte Mann sah zu Mokhtar auf und wirkte sichtlich erleichtert. „So kommt. Seid Gäste in unseren Zelten. Mein Name ist Tahar El Houssari.“

Zusammen gingen sie zum Lager, gefolgt von Bisa, Lankitek und den übrigen Männern des Lagers. Ganz am Ende ging der junge Mann, der ihren Tod gefordert hatte. Argwöhnisch behielt er die drei im Auge.




Sie hatten reichlich gegessen und getrunken. Tahar hatte sich letztendlich als ausgezeichneter Gastgeber erwiesen. Mokhtar war sich sicher, noch nie so einen leckeren Hammelbraten gegessen zu haben. Die Gewürze in Verbindung mit Honig waren ein reines Feuerwerk für die Geschmacksnerven. Dazu hatte es eine raffinierte Auswahl diverser Beilagen gegeben. Den Abschluss bildete ein mokka-ähnlicher Kaffee, der unheimlich stark war. Dazu wurden Süßigkeiten gereicht, die dem türkischen Honig und dem Baklava ähnelten und unglaublich süß waren. Sowohl der Kaffee als auch die Süßigkeiten waren für sich genommen zu stark beziehungsweise zu süß, um sie wirklich genießen zu können. Nur wenn man sie gemeinsam zu sich nahm, entfalteten sie ihr ganzes Aroma. Mokhtar war sich sicher, danach nie wieder Replikatoressen zu sich nehmen zu können, weil es einfach nur fade und langweilig schmecken konnte.

Er seufzte selig, als er an der Pfeife zog, die ihm Tahar gereicht hatte. Er starrte ins Lagerfeuer, ließ das würzige Aroma des Tabaks sich für einen Moment im Rachen entfalten, bevor er den Rauch inhalierte. Er genoss das Gefühl der angenehmen Schwere, das sich in seinem Körper ausbreitete. Er schloss die Augen, satt und müde und hörte sich die Geschichten an, die die Männer zum Besten gaben, die mit ihm ums Feuer saßen. „Wir würden gerne eine Geschichte aus deinem Clan hören.“, sagte ein Mann schließlich zu ihm.

Mokhtar stand auf, räusperte sich und begann: „In einer Stadt lebten zwei Brüder, von denen der eine Casim, der andere Ali Baba hieß. Da ihr Vater ihnen nur wenig Vermögen hinterlassen und sie dieses Wenige gleichmäßig unter sich verteilt hatten…“




Mokhtar war am nächsten Morgen aufgestanden, als sich Leben im Lager regte. Er sah Tahar an den Überresten des Feuers sitzen und gesellte sich zu ihm. Tahar sah ihn an, nickte ihm lächelnd zu und konzentrierte sich wieder auf seine Aufgabe. „Ihr habt gestern von Dämonen erzählt…“, begann Said das Gespräch vorsichtig. „Was hat es damit auf sich?“ „Ich habe mich schon gewundert, dass du das Thema nicht gestern schon angesprochen hast.“, erwiderte der alte Mann. „Es fing vor einiger Zeit an. Wir begegneten einzelnen alten Männern und Frauen, die wie ihr davon berichteten, dass ihr Dorf oder ihr Lager von Dämonen heimgesucht wurden. Diese Teufel töteten oder verschleppten die Leute und verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren. Zunächst haben wir diesen Menschen keinen Glauben geschenkt. Sie waren alt, krank und verwirrt. Aber dann wurden es mehr und mehr. Und es wurden auch zunehmend jüngere Menschen, die dieselben Geschichten erzählten. Es scheint fast so, als ob diese Dämonen sich nur junge oder starke Frauen und Männer aussuchen und rauben. Und dann eines Nachts…“ Er stockte und musste sich erst sammeln, bevor er fortfuhr. „Wir haben immer geglaubt, dass uns sowas nicht passieren könnte. Und dann waren sie plötzlich da. Mitten in der Nacht tauchten sie plötzlich auf. Ein helles Licht durchschnitt die Dunkelheit. Glimmen und Glitzern, dann standen plötzlich viele Männer vor uns. Sie schrien mit fremden Zungen und warfen mit Feuerbällen nach uns, die sich durch alles fraßen, was sie trafen. Sie raubten unsere Frauen und Kinder und die kräftigen Männer. Alle, die du jetzt noch hier siehst, sind entweder die Alten, die sie zurückgelassen haben oder die Männer, die unterwegs waren, als wir überfallen wurden. Aber unsere Frauen, unsere Kinder sind verschwunden…“ Der alte Mann sackte in sich zusammen und wurde immer kleiner. Er war in der kurzen Zeit scheinbar um Jahre gealtert und weinte, ohne sich seiner Tränen zu schämen. Mokhtar legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Habt ihr nach den Frauen und Kindern gesucht?“ „Was denkst du denn? Natürlich haben wir gesucht. Viele Tage und Nächte, aber ohne Ergebnis. Sie sind einfach verschwunden… Meine Tochter, meine Enkelin…“ Said drückte ihm kurz die Schulter als Zeichen seines Mitgefühls. Er wollte etwas Tröstendes sagen, aber ihm fiel nichts ein, was den Schmerz des alten Mannes lindern konnte und schwieg. Nach einem endlos scheinenden Moment flüsterte er schließlich: „Gib nicht auf, Tahar. Allah wird nicht zulassen, dass deiner Familie etwas passiert.“ „Ich kenne diesen Allah nicht, aber wenn er nicht stärker als diese Dämonen ist, kann er mir nicht helfen.“




Mokhtar, Bisa und Lankitek standen zusammen und beratschlagten, was sie nun als nächstes tun wollten. Sie wussten nun immerhin so viel, dass diese Unbekannten Menschen verschleppten. Wer sie waren und warum sie das taten, wussten sie noch nicht. Und was hinter diesen Energieanomalien steckte, war noch völlig offen. „Ich denke, wir sollten uns weiter in Richtung der Anomalie bewegen. So wie Tahar sagte, sind die ersten Menschen, die den Überfall überstanden hatten, von dort gekommen.“, schlug Lankitek vor. „Was wird aus den Menschen hier?“, fragte Ayadi besorgt. „Wir können ihnen nicht helfen, indem wir hier bleiben.“, entgegnete Lankitek. „Das einzige, was ihnen helfen könnte, wäre, wenn wir das Rätsel lösen und die Vermissten befreien könnten.“ „Er hat Recht, Bisa. Es hilft niemandem, wenn wir unseren Auftrag vernachlässigen.“, bekräftigte Said. „Ja, ich weiß, ihr habt Recht…“, lenkte die junge Frau ein. „Aber die Menschen tun mir so leid…“ Sie stockte. „Hört ihr dieses Sirren auch?“

Noch bevor irgendjemand etwas sagen konnte donnerten fünf große Transportshuttles über das Lager hinweg. Nur einen Moment später materialisierten gut ein Dutzend Männer im Lager verteilt. Sie waren bewaffnet mit Blastern, Schockstäben und anderen Waffen. Sofort entstand Panik im Lager. Die Berber stoben auseinander und schrien aufgeregt durcheinander. „Dämonen! Die Dämonen sind wieder da!“ Die Männer aus den Shuttles ließen sich von der Panik nicht beirren, spielte sie ihnen doch sogar eher noch in die Karten. Einen Mann nach dem anderen paralysierten sie mit ihren Schockstäben, um sie anschließend mit einem Chip zu markieren und sie auf die Shuttles beamen zu lassen.

Die drei Sternenflotten-Offiziere sahen mit lähmendem Entsetzen, mit welcher Professionalität die Männer zu Werke gingen. Jegliche Gegenwehr wurde im Keim erstickt, indem die Männer entweder getötet oder paralysiert wurden. Sie sahen keine Chance zur Hilfe. Daher hielten sich die drei versteckt. Der große Mann mit dem Karakal wollte sich hingegen nicht kampflos ergeben. Er ließ das Tier von der Kette und schrie ein paar Befehle, worauf die Katze einen der Männer aus dem Shuttle wütend ansprang und ihn zu Boden warf. Der Mann reagierte mit Gekreische und versuchte, die Katze mit Schlägen von sich zu vertreiben, was sie aber nur noch wütender machte. Sie bearbeitete ihn mit ihren Tatzen, die jedes Mal einen breiten Streifen Fleisch aus seinen Armen rissen. Seine Gegenwehr erlahmte mehr und mehr, bis er das Raubtier nicht mehr von sich fernhalten konnte. Das Tier biss zu und erwischte seine Kerle. Aus dem Geschrei des Mannes wurde augenblicklich ein Gurgeln. Er zappelte und kämpfte verzweifelt um sein Leben. Er hörte erst auf, als es im Kiefer der Raubkatze knackte. Der Körper des Mannes erschlaffte sofort. „Verdammtes Mistvieh!“, schrie einer der anderen Männer und ballerte drei Schuss in die Wildkatze, die daraufhin quasi explodierte. Die nächsten drei Schüsse gingen in den Besitzer der Katze. Bisa hatte das ganze Schreckensszenario mit ungläubiger Fassungslosigkeit angesehen. Das Ganze war so surreal, so unwirklich, dass sie es einfach nicht begreifen konnte, was sie da sah. Als der Karakal explodierte, war das zu viel und sie musste einfach loslachen. Sie hielt sich entsetzt den Mund zu, aber es war bereits zu spät. Der Mann, der die Schüsse abgefeuert hatte, entdeckte sie und ging mit dem Schocker auf die Frau los. „Wen haben wir denn hier? Eine wundervolle Frau wie du bringt auf den Märkten von Verex III sicher ein hübsches Sümmchen ein.“ Dem ersten Stoß konnte Ayadi noch ausweichen, aber der zweite traf sie in die Seite und lähmte sie sofort. Er markierte sie, und im selben Moment verschwand sie.

„Nein!!! Nein!!!“, schrie Mokhtar und stürmte auf den Mann zu. Er verpasste ihm einen harten Faustschlag ins Gesicht, der dem Unglückseligen das Nasenbein brach. Er verlor das Bewusstsein, noch bevor er auf dem Boden aufschlug. Aber Said achtete schon nicht mehr auf ihn, sondern wandte sich dem nächsten Dämon zu. „Ja, es sind Dämonen!“, dachte er. „Und bei Allah: Ich werde sie bekämpfen!“ Er stieß dem nächsten Mann die Faust in den Nacken. Der Angegriffene fiel mit einem Stöhnen zu Boden, schlug hart auf und drehte sich auf den Rücken, während er sein Gewehr auf Mokhtar ausrichtete. Aber der Lieutenant war schneller. Er trat ihm das Gewehr aus der Hand und verpasste dem am Boden liegenden einen harten Tritt ins Gesicht, der ihn außer Gefecht setzte.

Mokhtar Said dreht sich um und sah sich drei Gegnern gegenüber, die ihre Schockstäbe gezückt hatten. Auch wenn seine Chancen schlecht standen, den Kampf zu gewinnen, begab er sich doch in Kampfstellung. „Oh, wir haben hier einen Kämpfer. Du wirst auf Verex III sicher auch einen guten Preis für die Arena erzielen.“, grinste der Mann, der scheinbar der Anführer der Truppe war. „Dafür müsst ihr mich erst mal kriegen!“, schrie Said wütend. Im gleichen Moment bekam er einen Schlag in die Kniekehlen, der ihn auf die Knie zwang. Gleichzeitig bekam er einen weiteren Schlag zwischen die Schulterblätter. Er fiel nach vorne in den Staub. Sofort drückte ihm einer der Männer sein Knie in den Rücken und zog seine Arme extrem nach hinten und legte ihm Handschellen an. „So einfach ist das!“, flüsterte er ihm süffisant ins Ohr. Mokhtar schrie verzweifelt und vor Schmerzen auf. Aus den Augenwinkeln konnte er seinen Peiniger sehen. Eine große, grüne Gestalt saß auf ihm. Ein wahrer Dämon! Said wusste in dem Moment, wer ihre Gegner waren.

„Mokhtar!“ Er hörte seinen Namen und sah hoch. Dort stand Lankitek mit einem Gewehr in der Hand und schoss gerade einen der Angreifer nieder. Er wandte sich einem anderen Angreifer zu und jagte zwei Ladungen in ihn. „Lankitek!“, schrie Said. „Bring dich in Sicherheit und berichte Ebbersmann, dass es das Orion-Syndikat ist! Los!“ Er spürte noch ein kleines Klicken im Nacken und die Umwelt um ihn herum wurde in weiß-silbriges Licht getaucht.




„Sir!“, rief der junge Fähnrich aufgeregt. „Wir haben hier ein Problem!“ Andersson kam zu ihm. „Was gibt es?“ „Sir, zwei unserer Signale sind innerhalb weniger Sekunden vom Schirm verschwunden.“ „Wo? Welcher Kontinent?“ „Der afrikanische. Das Team von Said ist dort, Sir. Können die Sender ausgefallen sein?“ Andersson schüttelte den Kopf. „Nicht zwei innerhalb so kurzer Zeit. Da ist etwas nicht in Ordnung. Können Sie die Gegend scannen und herausfinden, was da los ist?“ „Jawohl Sir. Sofort.“ Der Fähnrich stockte. „Sir, das Beam-Signal wurde ausgelöst.“ „Was? Dann sofort hochbeamen. Los, schnell!“




Lankitek hatte gehört, was sein Teamleiter ihm befohlen hatte, und obwohl alles in ihm sich dagegen gesträubt hatte, hatte er gehorcht und war geflohen. Knapp war er dem Beschuss durch die Männer entkommen. Vorerst jedenfalls. Er hatte sich hinter ein Zelt geflüchtet und war so zumindest erst mal aus dem Blickfeld der Männer entkommen. Er sah auf das Schmuckstück, das er an seiner Weste trug. Sein Ticket nach Hause! Er wollte es gerade aktivieren, als eine Stimme erklang: „Waffe fallen lassen! Sofort!“ Lankitek sah auf und blickte in die grimmigen Gesichter von zwei Männern. Er streckte langsam die Hand mit der Waffe weit von sich und ließ die Waffe fallen. Während er das tat, aktivierte er mit der anderen Hand unbemerkt das Signal zum Hochbeamen. „Hoffentlich reagieren die da oben schnell genug.“, dachte er. Einer der beiden Männer schien mitbekommen zu haben, was er getan hatte, denn augenblicklich hob er seine Waffe und feuerte auf Lankitek. Dieser sah den Energieball auf sich zurasen, und die Umgebung mit all der Hitze, dem Tod und dem Chaos um ihn herum wich mit einem Mal der kühlen Atmosphäre des Transporterraums auf der USS Katana. Lankitek atmete erleichtert auf und sackte auf die Knie. Captain Ebbersmann stand vor der Plattform. „Fähnrich Lankitek, schön, Sie wieder an Bord zu haben. Bitte erzählen Sie mir, was da unten vorgefallen ist.“