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Über den Abgrund

From PathfinderWiki

Über den Abgrund
Autor: Dalen Lazarus
Anfangssternzeit: 57106,4
Endsternzeit: 57110,5
Anfangsdatum: 08.02.2380 (22:37 Uhr)
Enddatum: 10.02.2380 (10:37 Uhr)


Unruhig wanderte der Kommandant auf der Brücke seines Schiffes hin und wieder her. Die Zeit schien ihnen durch die Hände zu gleiten wie Purpursand seiner Heimat.

Er wußte nicht, was die Keeper-Technologie alles anstellen konnte. Und anstellen würde. Konnte man einen dieser Keeper von der befallenen Person wieder entfernen?

Vor seinem geistigen Auge sah Telor, wie der Prätor Romulus und Remus in Schutt und Asche legen ließ.

Wer weiß, vielleicht vermehrte sich der Keeper und befiel weitere Mitglieder des Senats. Und wer garantierte, daß er damit aufhörte. Ein von Keepern befallenes Volk ... unter der Gewalt der Drakh. Sein Volk. Willenlos. Damit hätten die Drakh den ersten Schritt in sein Universum getan.

„Immer noch keine Rückmeldung?“ fragte er die Offizierin an der Kommunikationskonsole. Er hatte aufgehört sich zu merken, wie oft schon. „Nein. Die Verbindung ist frei. Jeder Ruf läßt sich senden. Es kommt nur keine Antwort.“ erstattete die Frau demotiviert Bericht.

Ein getarnter Warbird war in der Nähe des Sprungtors, das sich im Gamma-Quadrant ihres Universums befand, stationiert. Er hätte ihre Nachricht unverzüglich weitergeleitet und den Empfang bestätigt. Doch er meldete sich nicht.

Schon eine Stunde nach dem ersten Ruf hatte Telor Kurs auf das nächste Sprungtor setzen lassen. Pelak, die Tal-Shiar-Offizierin dieses Schiffes, fiel ihm erstaunlicherweise dieses eine Mal nicht in den Rücken. Er würde die Nachricht persönlich überbringen müssen. Das Babylon-5-Universum würde warten müssen.

Telor schwor sich, in jedem Fall zurückzukommen. Er würde seine Mission zu Ende bringen und die Keeper-Technologie beschaffen. Und er würde Rache üben. Rache, wie die Drakh es wagen konnten, sein Volk zu hintergehen.


Bedächtig betrat Tannier den braunen Sektor. Der braune Sektor von Babylon 5 war bekannt dafür, daß sich dort die finsteren und gescheiterten Gesellen aufhielten. Viele Personen mußten dort ihr Leben fristen. Sie waren voller Hoffnung nach Babylon 5 gekommen, um ein neues Leben zu beginnen. Nachdem nicht wenige gescheitert waren, fehlte ihnen das Geld, um auf ihren Heimatplaneten zurückzukehren.

Dieser Ort war aber auch derjenige, auf dem Gerüchte ihren Nährboden fanden. Es gab nichts, was sich dort mit viel Geduld und mit noch viel mehr Credits nicht herausfinden ließ. Jeder erzählte das Gerücht auf seine Weise. Doch oft genug waren in der Vergangenheit Tannier die richtigen Bruchstücke erzählt worden, die ihn weitergebracht hatten.

Tannier wußte, daß er nun auf sich gestellt war. Er schlug die Kapuze seines Gewands über seinen Kopf und zog sie etwas tiefer. Man sollte ihn nicht sofort als Minbari erkennen. Er wußte, wohin er gehen würde. Hazrael, ein alte Drazi, würde er aufsuchen. Sie war eine Art Informationstauschbörse. In Orakelform gab sie ihr Wissen weiter. Sie wollte in Informationen bezahlt werden. Und wenn ihr der Wert des Wissens nicht ausreichend erschien, dann forderte sie den Rest in Geld. Tannier wunderte sich, daß sie nicht längst ermordet worden war. Viel von dem, was sie orakelte, hatte Garibaldi weitergeholfen, Schurken hinter Gitter zu bringen.

Vor einer finsteren Ecke blieb Tannier stehen. Aus Stangen und Tüchern war eine Art Zelt aufgebaut. Flackerndes Licht schimmerte durch Ritzen und erleuchtete den Stoff. Er war reich verziert und bestickt. Langsam ging der Minbari auf den Eingang zu. Behutsam schob er ein Tuch zur Seite. Der Duft von Rauchgewürzen empfing ihn, als er hindurch trat.


Sichtlich erschöpft stieg Lennier aus seinen Kampfflieger. Zwei der Ranger, die ihn empfingen, handelten sofort. Keine Sekunde zu früh packten sie ihn an den Armen und stützten ihn als ihm seine Beine den Dienst versagten. „Wir bringen Dich zur Lazarettstation.“ sagten sie und machten kurze Schritte in Richtung des Schotts, das auf den Flur führte. „Nein.“ sagte der Minbari schwach. „Ich muß zum Captain. Ich habe die Beweise.“

Erstaunt sahen sich die beiden Ranger an. Der eine zuckte mit den Schultern. Minbari waren für ihre Zähigkeit bekannt. Die eine Viertelstunde würde Lennier auch ohne ärztliche Versorgung auskommen. „Einverstanden. Wir bringen Dich zur Brücke.“


„Ich grüße Dich, Tannier. Ich habe Dich erwartet.“ sagte die alte Frau, als der Minbari ihr kleines Reich betrat. „Hazrael, schön, Dich zu sehen.“ erwiderte der Mann den Gruß. Er hatte aufgehört, sich zu wundern, wie sie es immer wieder schaffte zu wissen, wer sie besuchen würde. „Es ist lange her, daß wir uns gesehen haben.“ ergänzte er. Die Drazi wies mit der einen Hand auf ein Sitzkissen, das ihr gegenüber lag. Der Minbari nahm die Einladung an und setzte sich in einen Schneidersitz.

„Wie ich hörte, dienst Du jetzt auf einem Schiff der sogenannten Sternenflotte?“ stellte die Drazi mehr fest, als daß sie fragte. „Ich hoffe, Du stellst mit meine Antworten in Rechnung?“ erkundigte Tannier sich mit leicht verschmitzten Mundwinkeln. „Mein lieber Tannier,“ begann die Alte. „Du hast mir bis zum heutigen Tage schon soviel gesagt, daß ich gar nicht mehr weiß, wie ich Dir das alles zurückgeben kann. Du bist es, der mir meine Antworten in Rechnung stellen müßte.“ Sie lachte ihn an und entblößte dabei mehrere Zahnlücken.

„Ich weiß auch schon, was Dich her geführt hat.“ wurde Hazrael wieder ernst. „Im Orbit Centauris wurde ein Schiff entdeckt. Und niemand weiß, welchen Volkes es ist.“ „Das stimmt. Es hat aber den Anschein erweckt, es sein eines der Sternenflotte. Die übertragenen Videoaufzeichnungen zeigen ein Schiff der Galaxy-Klasse. Diese Klasse steht in Diensten der Sternenflotte und wird auch nur von ihr gebaut.“

Leise murmelnd baute die Drazi diese neuen Informationen in ihr geistiges Puzzle ein. Sie versuchte sich aus all den Häppchen und Bröckchen ein Gesamtbild der Lage zu formen. „Ihr glaubt nicht, daß es ein Schiff eben dieser Sternenflotte ist?“ fragte sie, als sie eine Bestätigung ihres Bauplans brauchte. „Das ist richtig. Niemand an Bord der Katana wurde von solch einer Mission informiert. Die Föderation hätte auch keinen Grund gehabt, neben der Katana eine weitere Mission in unser Universum zu unternehmen.“

„Gut. Gut, gut. Eines kann ich Dir schon sagen, mein lieber Tannier. Das Schiff, das Euch verwirrt, stammt nicht aus diesem Universum hier. Aber angeblich haben sie einen Verbündeten; jemand, der ihnen hilft. Mir wurde anvertraut, daß sie gerne im Dunklen arbeiten. Sag, Tannier, arbeitet die Föderation gerne im Dunklen?

„Bestimmt nicht, Hazrael. Die Föderation ist eine ehrenhafte Vereinigung. Sie hält viel davon, ihre Vereinbarungen einzuhalten.“ antwortete der Minbari. „Dann muß es jemand anderes aus dem fremden Universum sein. Wer könnte einen Vorteil daraus ziehen, hier Unruhe zu stiften?“

Nach allem, was Tannier sich zusammenreimen konnte, kamen die Romulaner durchaus in Betracht. „Du sagst, daß, wer immer es auch sein mag, hier Unterstützung erhält?“ fragte er abschließend. „Das ist richtig. Sie sind nicht allein.“ „Dann danke ich Dir, Hazrael. Wenn ich Dir helfen kann, laß es mich wissen.“ Damit stand der Minbari auf, und nach einer leichten Verbeugung der alten Frau gegenüber, verließ er das Zelt.


„Sensoren. Irgendwelche Schiffe in der Nähe?“ fragte Telor seinen Sensor-Offizier, als sie das Sprungtor erreicht hatten. „Ja, Commander. Ein Transportschiff am Rande unserer Sensorenreichweite. Keine weiteren Anzeichen.“ kam die prompte Antwort. Der Captain des romulanischen Warbirds mochte es, wenn seine Offiziere ihre Arbeit gründlich durchführten. Ein Sensor-Offizier mußte ständig die Lage im Überblick haben.

„Navigation, einen Kurs durch das Sprungtor setzen. Tarnung auf die kleinstmögliche Zeit deaktivieren.“

Das Risiko, entdeckt zu werden erschien Telor minimal. Und selbst wenn, die Gefahr für Romulus war weitaus größer. „Bereit.“ meldete der Navigator. „Durchführen.“ befahl Telor.


Mit ausdruckslosem Gesicht sah Sheridan auf den Sichtschirm. Er zeigte den Flug einer Flotte von Brakiri-Schiffen. Soweit nichts außergewöhnliches. Obschon er ahnte, was nun kommen würde, zuckte er beim ersten Feuerstrahl zusammen, der die Schwärze des Alls durchschnitt. Immer mehr der Schiffe wurden getroffen. Die ersten Schäden waren mit bloßem Auge auszumachen.

„Was tun Sie! Stellen Sie das Feuer ein!“ ertönte aus den Lautsprechern des Bildschirms. Es war offensichtlich die Stimme des leitenden Captains des Konvois. Er versuchte, den Angreifer von seinem Werk abzubringen. Doch nichts änderte sich. Grelle Lichtblitze durchzuckten die Videoaufzeichnung.

„Wir ergeben uns! Hören Sie auf zu schießen!“ erscholl es. Doch die unbekannten Angreifer hörten nicht auf sie. Der erste Frachter des Konvois begann unkontrolliert zu trudeln. Die Energiesysteme versagten. Kaltes Glitzern löste sich von seiner Hülle. Er verlor das wertvollste, was ein Schiff geladen haben konnte. Er verlor Atmosphäre.

Was war das? Ein Centauri-Schiff stob durch die Mitte der hilflosen Brakiri. Im hintersten Teil seines Unterbewußtseins hoffte John, es würde eine Patrouille sein, die ihnen zu Hilfe kam. Sein Unterbewußtes wurde enttäuscht. Quälend langsam kam der Zerstörer zum Stehen. Wie in Zeitlupe begann er, sich um die eigene Achse zu drehen. Er nahm den Konvoi aufs Korn. Die Waffen glühten noch von den Salven zu Beginn.

„Ich flehe Sie an! Wir haben Frauen und Kinder an Bord! In Des Höchsten Namen ... wir ergeben uns!“ Die nächste Sekunde streckte sich, die Zeit schien stillzustehen. Sheridans Nackenhaare richteten sich auf, als er ahnte, was passieren würde. Ein Schauer lief ihm über den Rücken. Sein Atem stockte, als ihm bewußt wurde, daß sich ein Schuß vom Bug des Centauri-Schiffes gelöst hatte. Mit jedem Schlag seines Herzens kam er den Schiffen näher. Mit jedem Schlag löste sich ein erneuter Schuß. Mit jedem Schlag traf der Zerstörer ein weiteres Schiff. Mit jedem Schlag explodierte ein weiterer Transporter. Mit jedem Schlag wurden Leben vernichtet. Eine Träne lief die Wange des Präsidenten herunter.


Der Warbird erreichte unentdeckt den Gamma-Quadranten. „Bericht.“ forderte Pelak überraschend. Sie ließ sich ihre Nervosität nicht anmerken. „Ich registriere ein Trümmerfeld unweit von hier.“ kam die erste Meldung. „Ich scanne.“ Mit diesen Worten erbat sich der Sensor-Offizier Zeit, das Feld genauer zu untersuchen.

Mit wachsender Ungeduld betrachtete die Tal-Shiar-Offizierin den Mann an der Konsole. „Scan abgeschlossen.“ gab er bekannt. „Die Zusammensetzung deutet auf ein romulanisches Schiff hin. Der Masse nach war es mit 97-prozentiger Wahrscheinlichkeit ein Warbird.“

„Kurs auf Romulus setzen. Maximalgeschwindigkeit!“

Der Befehl kam nicht aus dem Mund des Captains. Telor sah Pelak überrascht in die Augen. Sie bemerkte seinen Blick. Mit einem kaum sichtbaren Nicken gab sie dem Captain zu verstehen, daß sie ihn bei dieser Aktion vollständig unterstützen würde. Damit verließ sie die Brücke. Sie würde ihre geheimdienstlichen Fäden ziehen. Der Tal-Shiar würde vorbereitet sein.


Adana und Dalen Lazarus saßen zusammen mit ihren Kindern beim Mittagessen. „Und Du solltest mal die beiden Hunde sehen, Papa. Die sind soooo süß!“ begeisterte sich die kleine Ena. Mißbilligend sah Dalen, wie sie dabei den halben Inhalt ihres Mundes auf dem Tisch verteilte. „Man spricht nicht beim Essen!“ ermahnte er seine Tochter. Dabei ertappt schloß sie halbherzig den Mund und kaute merklich schneller. „Papaaaa ... darf ich auch einen Hund haben?“ fragte sie dann, als sie leergekaut hatte. „Dafür bist Du noch zu klein.“ beeilte sich Adana, damit Dalen nicht unversehens Ja sagen würde. „Was willst Du überhaupt mit einem Hund?“ fragte er nach. „Spielen natürlich. Und liebhaben!!“ „Und wer geht mit dem Hund ... wie heißt das doch gleich, Adana?“ „Gassi, mein Liebster.“ „Und wer geht mit dem Hund Gassi?“ „Das mache ich auch.“ mit diesen Worten saß Ena kerzengerade und stolz wie Oscar auf ihrem Stuhl. „Und wer kümmert sich um den Hund, wenn Dir mal langweilig wird?“ „Der Hund wird mir nicht langweilig!“ empörte sich die kleine Tev'Mekianerin. „Ich werde mich jeden Tag um ihn kümmern.“

„Meine Kleine,“ begann Dalen. „Offensichtlich hast Du an den beiden Hunden des Arztes Deinen Narren gefressen. Ich schlage folgendes vor:“ Mit gespitzten Augen lauschte Ena den Worten ihres Vaters. „Du fragst Eleyne Maddigan, ob Du von ihr eine pflegeleichte Zimmerpflanze bekommen kannst. Wenn Du diese Pflanze gut hegst und pflegst ...“ Dalen legte eine Kunstpause ein. „UND die Pflanze ein Jahr überlebt, ohne daß Mama und Papa Dir helfen müssen, DANN reden wir noch einmal darüber.“

„Menno.“ tuschelte Ena in ihren nicht vorhandenen Bart. „Ihr seid ja soooo gemein.“


„Danke, daß Sie Zeit haben, mich anzuhören.“ begann John Sheridan das Gespräch und bat Ariell, Platz zu nehmen. „Es ist im Moment nicht so, daß wir irgendwo hin müßten.“ erwiderte die Trill und runzelte kurz die Stirn. Sie legte die rechte Hand auf die Lehne des angebotenen Sessels. Sie umrundete ihn und setzte sich schließlich.

„Ich will offen mit Ihnen sein.“ Mit diesen Worten sah John die Besucherin des fremden Universums durchdringend an. „Es ist mir egal, ob es Ihr Schiff war. Es ist mir egal, ob es jemand anders war. Tatsache ist, daß es morgen eine völlig andere Welt geben wird. Die Angreifer auf die Transporter werden die Konsequenzen für ihre Handlungen tragen. Das Schiff im Orbit mach überhaupt keinen Unterschied.“ Die rauhe Stimme des Präsidenten stockte. „Darf ich fragen, was vorgefallen ist?“ brach Ariell nach einer unangenehmen Weile das Schweigen. John legte die Hände vor sich auf den Tisch und streckte seinen Rücken. Mit hartem Blick musterte er sein Gegenüber. Sein Gewissen wägte ab, ob er der Fremden trauen durfte. Sein eigenes Universum schien verrückt geworden zu sein. Die Ereignisse machten immer weniger Sinn. Er hatte seit einiger Zeit das Gefühl, als ob das Universum versuchte, ihm seinen Stempel aufzudrücken. Es ließ ihm immer weniger Spielraum.

Leise sprang ihm ein Gedanke immer wieder in Erinnerung: 'Es macht keinen Unterschied'. „Es gibt Dinge, die werden keinen Unterschied für die Zukunft bringen. Es ist egal, ob ich Ihnen das Folgende sagen darf, sagen kann oder nicht. Aber Sie sind unsere Gäste. Die Centauri werden die Konsequenzen tragen müssen. Morgen um diese Zeit werden wir uns im Krieg mit den Centauri befinden. Ariell, Sie, Ihre Schiffe, Ihre Mannschaften sind hier nicht mehr sicher.“

Captain Needa war verblüfft. Sie fühlte, wie sich die Lehne Ihres Sessels aufzulösen begann. Sie schien nach hinten ins Leere zu fallen. Sie war nicht darauf vorbereitet, mit direkten offenen Worten in eine Kriegserklärung eingeweiht zu werden. „Was ... wieso?“ war das einzige, das sie herausbringen konnte.

„Die Centauri stecken hinter den Angriffen, Ariell.“

John schwieg. Er lehnte sich im eigenen Stuhl zurück und ließ seine Worte sinken. Leise ergänzte er: „Wir haben Beweise dafür. Morgen werden wir sie den Mitgliedern der Allianz vorführen. Morgen wird es Krieg geben.“