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Freiheit für Aranar

From PathfinderWiki

Freiheit für Aranar
Autor: Ariell Needa, Seeta Yadeel
Anfangssternzeit: 56142.20
Endsternzeit: 56154.35
Anfangsdatum: 21.02.2379 (21:42 Uhr)
Enddatum: 26.02.2379 (08:11 Uhr)


Ian Paice sah seinen Squad-Führer fragend an, als die ersten Schüsse erklangen. Lew zuckte nur mit den Schultern. Er hatte keine Ahnung, was da nun wieder auf sie zu kam. Im besten Falle ein Team von der Katana, im schlechtesten Falle der Tod. Und da es sowieso keinen Sinn hatte sich Gedanken zu machen, entschied er sich ruhig sitzen zu bleiben.

Es dauerte nicht lange, bis der Eingang zum Gefängnis der beiden Piloten sich öffnete und eine Frau mit einem Phasergewehr in der Hand hereingestürmt kam. „Keine Mätzchen!“ rief sie, dann löste sie die Kettenteile, mit denen die beiden an die Pfähle angebunden waren. Sie drückte Ian durch die Tür nach draußen, wo dieser von einem Mann in Empfang genommen wurde. Dann schob sie Lew vor sich her hinaus.

Der Ukrainer sah aus den Augenwinkeln, daß im Lager Chaos herrschte. Die Einwohner wurden schwer angegriffen, verteidigten sich jedoch gut. So, als seien sie dies aus jahrelanger Übung gewohnt. Er stolperte hinter Ian und seinem Begleiter her, immer wieder angetrieben von den Stößen, die ihm die blonde Frau hinter ihm versetzte. Ein paar mal stolperte er, weil er das Geschehen hinter sich im Auge behielt, statt zu achten, wohin er geschoben wurde. Er wollte wissen, wer die Angreifer waren.

Ian hielt sich bereit. Auf ein Zeichen seines Wingmans wäre er in den dichten Dschungel geflüchtet. Auch er wartete nur darauf, ob es sich bei den Angreifern um ein Rettungsteam der Katana handelte. Wenn gleich Elite-Force-Soldaten aus dem Dickicht um das Lager herum auftauchten, dann war es an der Zeit einzugreifen. Wenn nicht, dann konnten sie genauso gut hier bleiben. Am Ende kämen sie sonst vom Regen in die Traufe.

Gerade als Lew einen weiteren Stoß von der Blonden erhielt, sah er, wie erste Soldaten die Lichtung stürmten. Keine Elite-Force. Er drehte sich um und achtete, wohin die Frau ihn schob. Diese drehte sich am Rande der Lichtung um, hob ihr Gewehr in die Luft und feuerte einmal. „Rückzug!“ brüllte sie. Für die beiden Katana-Offiziere war klar, daß es ein weiteres Lager wie dieses geben musste, bei dem sich die Gruppe wieder sammeln würde. Die Frau schoss weitere drei Male in die Luft. „Freiheit für Aranar!“ brüllte sie, dann schob sie Lew weiter in den Dschungel hinein. „Lauf, wenn Dir Dein Leben lieb ist.“ knurrte sie Lew an. Der Ukrainer tat wie ihm gesagt und fiel in einen schnellen Dauerlauf. Langsam blieben die Schüsse beim Lager hinter ihnen zurück.


Toreen Akida ging verärgert den Gang zu seinem Quartier hinunter. Er war sich klar gewesen, daß er hier nicht mit offenen Armen empfangen werden würde, aber daß Needa sich so offensichtlich gegen ihn stellen würde, das hatte er nicht erwartet. Die Tür zu seinem Quartier öffnete sich und der Bajoraner trat hindurch. Er ging geradewegs hinüber ins Bad und schöpfte sich Wasser ins Gesicht. Er richtete sich wieder auf und betrachtete im Spiegel, wie das Wasser von seiner geriffelten Nase tropfte.

„Diese Rettungsmission ist Wahnsinn!“ zischte er sein Spiegelbild an, so wie er es gerne mit Needa und Summers getan hätte. Die beiden hatten keine Ahnung von dem, was auf Aranar vorging, lehnten aber seine Empfehlungen trotzdem ab. Es war pure Ignoranz, was die beiden dazu getrieben hatte, die Katana zurück zum Planeten zu fliegen, da war er sicher.

Akida nahm sich ein Handtuch und wischte sich das restliche Wasser ab, dann ging er wieder hinüber in den Wohnbereich des Quartiers. Er setzte sich aufs Sofa. „Computer, Logbucheintrag Lieutenant Commander Toreen, Sternzeit 56.643.8, verschlüsseln.“ sagte er.

Der Computer gab mit einem Piepsen zu erkennen, daß er aufnahmebereit war.

„Ich habe Captain Needa empfohlen für die Freilassung der vermissten Crewmitglieder zu verhandeln. Sie gibt zwar vor, sich die Option offen zuhalten, aber ich glaube, daß sie das nur gesagt hat, um mich zum Schweigen zu bringen. Sie ist dabei eine Aufklärungsmission zu starten, die zweifelsohne den Verlust der Geiseln mit sich bringen wird.“

Akida stand aus dem Sofa aus und trat hinüber zum Fenster seines Quartiers. Er betrachtete den Planeten unter sich und das in einer Entfernung wieder auftauchende Schiff. Es schien derzeit eine Art Patt zu herrschen, das aber jederzeit wieder in Kampfhandlungen übergehen konnte.

„Ende des Eintrags.“ sagte Akida und trat vom Fenster wieder zurück.

„Computer, diesen Eintrag verschlüsselt an das Hauptquartier des Nachrichtendienstes senden. Für Captain Hunters persönlich kodieren.“ wies er den Computer an.

Ein Piepsen bestätigte ihm, daß sein Befehl ausgeführt worden war.

Der Bajoraner ging zum Replikator herüber und replizierte sich sein Frühstück.


Seeta betrachtete die Daten auf dem Monitor ein letztes Mal und nickte dann zufrieden. Sie sah zu dem Minbari hinüber, der ein paar Meter von ihr entfernt neben seinem Jäger stand. „Sie sind für die Sensoren der Venkaner so unsichtbar, wie man nur sein kann.“ äußerte sie.

Der Minbari nickte, ohne ihre Äußerung mit irgendetwas zu erwidern. Stattdessen aktivierte er seinen Kommunikator und sagte: „Wir sind bereit, Captain Needa.“ Die Stimme der Trill erklang umgehend. „Sie haben Startfreigabe. Nur einen Erkundungsflug, Mr. Tannier, keine Heldentaten. Und sehen Sie zu, daß Sie nicht entdeckt werden. Ich will keinen weiteren diplomatischen Zwischenfall. Needa Ende.“

Tannier nickte erneut, obwohl die Captain ihn nicht sehen konnte. Er bestieg seinen Jäger und startete den Antrieb. Yadeel und Lazarus zogen sich derweil aus dem Hangar zurück.


Ohne genau zu wissen, wie lange sie eigentlich gelaufen waren, setzte Lew einen Schritt weiter vor den anderen. Weder er noch Ian hatten in den letzten Stunden ein Wort miteinander gewechselt, nicht einmal Blicke getauscht. Beide waren zu sehr erschöpft und damit beschäftigt auf den Beinen zu bleiben. Obwohl der gesamte Tross kaum spürbar die Geschwindigkeit verringert hatte, hielten sämtliche Araner im vorgelegten Tempo gut Schritt. Erst nach und nach hatten sich etliche Gestalten aus der umliegenden Dunkelheit des Dschungels geschält, und Lew hatte erstaunt feststellen müssen, wieviele sie eigentlich waren. Und keiner von ihnen schien der aufkommenden Müdigkeit zu unterliegen. Man gewann den Eindruck, sie könnten ewig so weitermarschieren. Auch ließ ihre Wachsamkeit kaum nach. Nur noch selten warf Lew einen Blick über die Schulter, die blonde Bewacherin hinter sich suchend. Und jedes Mal, wenn er ihren Blick gefunden hatte, erkannte er aufmerksame, schlaue Augen, die fast stechend auf ihm ruhten. Es war sinnlos, denn sie würde keinen Augenblick zögern, ihn mit ihrem Gewehr zu erschiessen, wenn es sein musste.

“Lew!“ Ian, der mehr trottete als ging, war vorsichtig an seinen Squad-Leader herangekommen und sah diesen jetzt leidvoll an. „Ich kann nicht mehr! Ehrlich, wie lange laufen wir jetzt schon, eine Woche? Mann, ich habe das Gefühl, keine Sohlen mehr an den Füßen zu haben. Ich gehe jedenfalls keinen Schritt mehr weiter.“

Lew sah seinen Wingman entgeistert an, zog ihn dann schließlich am Arm weiter. „Bist du bekloppt. Die knallen dich ohne mit der Wimper zu zucken einfach ab.“ – „Dann sollen sie doch. Wenigstens muss ich dann nicht mehr laufen.“

Gerade blieb Ian entschlossen stehen, als ihre Bewacherin sich unvermittelt an ihnen vorbeischob. „Wir sind da!“

Sowohl Ian als auch Lew starrten in das ungewisse Zwielicht vor ihnen, als sich zwei einzelne helle Punkte zwischen den Baumstämmen hervor schälten. Sie brauchten drei weitere Schritte bis sie das unwirtliche Dickicht hinter sich gelassen hatten und auf eine kleine Lichtung traten, die in künstliches Mondlicht getaucht war.

„Vorwärts!“ trieb sie die Frau an und führte sie über die gepflasterte Lichtung zu einem Treppenaufgang, der sich an Stahlstreben um einen Baumstamm wand. Erst jetzt reckte Lew seinen Kopf in die Höhe und erkannte weitere bläuliche Lichter, die die Baumwipfel erhellten, als hockten Irrgeister in ihnen. „Die haben Hütten auf Bäumen.“ Stellte er fasziniert fest und fühlte sich unwirklich an seine Jugend erinnert.

Über ihnen thronte eine beeindruckende Konstruktion aus Metall und Glas, die durch schier endlose Hängebrücken miteinander verbunden waren. Lew hatte noch nie in seinem Leben einen Ort gesehen, in dem Natur und Technik so unglaublich harmonierten wie hier. Erst als er die Treppe weiter hinauf gestiegen war, merkwürdig berückt und seine Fessel vergessend, konnte er das gesamte Ausmaß dieser Baumstadt ausmachen. Was von unten wie einzelne Hütten ausgesehen hatte, erwuchs in den Wipfeln zu einer mehrere Hektar umfassenden Stadt.

“Und hier lebt ihr?“ Die fremde Frau nickte, selbst von dem Anblick innerlich berührt. In ihrem Gesicht lag nicht länger nur wachsame Strenge, sondern auch ein ungewohnt sanfter Ausdruck, und Lew glaubte zum ersten Mal, Erschöpfung in ihren Zügen zu erkennen. „Ich bin hier geboren. Dies ist die Heimat unserer Familien und Freunde. Hierher kehren wir immer wieder zurück, in die Gemeinschaft der Araner.“ Doch dann löste sie den Blick und sah Lew und Ian unverwandt an. „Das wird eure Unterkunft sein!“ Sie deutete auf die Hütte in Ians Rücken. „Beim Morgengrauen beginnt die Arbeit. Ihr wollt essen, also müsst ihr etwas dafür tun. In dieser Gemeinschaft trägt jeder seinen Teil dazu bei. Entweder ihr passt euch an, oder ihr werdet hungern.“ Mit der Gewehrspitze zeigte sie auf Ians zerschlissene Hose. „Drinnen findet ihr frische Kleidung, und Essen.“ Dann nahm sie ihnen ihre Fesseln ab und ging zurück zur Treppe. „Jeden Gedanken an Flucht solltet ihr vergessen, es wird euch nicht gelingen. Entweder kriegen wir euch, oder Aranars wilde Tiere.“


Seeta betrat völlig gerädert ihr Quartier. Die letzten Wochen war unglaublich anstrengend für sie gewesen. Sie war meilenweit davon entfernt, die Erlebnisse auf Varadan verarbeitet zu haben. Sie hatte vor etwas mehr als einer Woche angefangen, sich von Counselor Velain helfen zu lassen. Die beiden Frauen waren übereingekommen, daß Seeta die Counselor zweimal in der Woche aufsuchen würde. Die Alpträume, die die Zanderianerin des Nachts quälten, wollten nicht weniger werden. Es gab keine Nacht, in der sie nicht schweißgebadet aufwachte.

"Sie haben eine Nachricht erhalten." empfing der Computer die Chefingenieurin. Diese ging ungerührt schnurgerade weiter durch das Quartier in Richtung des Ortes, an den sie sich jetzt sehnte... ihr Bett.

"Computer, von wem stammt die Nachricht?" wollte sie wissen, als sie gerade die Tür zu ihrem Schlafzimmer passierte.

"Hadja Yadeel." erhielt sie die angeforderte Auskunft. Seeta stöhnte unterdrückt und ließ sich so wie sie war vornüber auf ihr Bett fallen.

"Computer, Nachricht zum späteren Abhören speichern. Wecken um 13.00 Uhr Bordzeit." brachte sie mit ihrem Gesicht im Bettbezug gerade so noch heraus. Das letzte, wonach ihr jetzt der Sinn stand, war eine weitere fruchtlose Auseinandersetzung mit ihrer ältesten Schwester.

Sie hörte das bestätigende Piepsen des Computers bereits nicht mehr. Völlig erschöpft war sie bereits eingeschlafen.


Lieutenant Tannier steuerte derweil seinen kleinen Jäger auf den Planeten zu. Er hatte einen günstigen Moment abgepasst, an dem der feindliche Kreuzer sich auf der anderen Seite des Planeten befand. Jetzt ging er beständig tiefer, seine Instrumente sorgfältig beobachtend um sicherzustellen, daß er nicht von irgend etwas entdeckt wurde.

Schließlich hatte er das Absturzgebiet der Attackfighter erreicht. „Computer, erstelle einen vollständigen Scan des Territoriums, maximale Reichweite.“ Ein Pling gab ihm zu verstehen, daß der Computer mit der ihm aufgetragenen Arbeit begonnen hatte.

Tannier steuerte den Gleiter so nah wie möglich an die Stadt heran, blieb jedoch weit genug weg, um nicht entdeckt zu werden. Er wollte Needa einen Scan der Stadt mitbringen. Dann zog er weitere Kreise über den dichten Dschungel des Kontinents. Es schien außer der großen Stadt nur kleinere Siedlungen auf vereinzelten Lichtungen zu geben. Alles in allem schien Aranar zu 90% aus Vegetation und Wasser zu bestehen. Es gab einen den Kontinent umschließenden Ozean und zahllose Flüsse flossen darauf zu, ausgehend von einem einzelnen Bergmassiv etwa in der Mitte. Tannier flog auch nahe genug auf das kleine Gebirge zu, um dem Computer auch einen Scan dieser Region des Kontinents zu ermöglichen.

Als eine weiche Stimme im Cockpit verkündete: „Scan komplett.“ zog Tannier vorsichtig wieder hoch und kehrte zur Katana zurück.


Weniger als 25 Minuten später sah Ariell den Minbari ein wenig ungläubig an. Der Mann wirkte trotz der Tatsache, daß er ebenso wie sie selber seit mehr als 18 Stunden auf den Beinen und im Dienst war, ausgeruht und frisch. Sie vermutete, daß seine Spezies vielleicht weniger Schlaf brauchte, als die Trill und die Menschen.

Sie studierte das Kartenmaterial, das ihr Elite-Force-Leiter mitgebracht hatte, konnte aber die Augen vor Müdigkeit kaum aufhalten.

Tannier bemerkte, daß sich unter den Augen der Captain Ringe befanden und ihr Gesicht eingefallen und müde wirkte.

„Captain, Sie sollten in Betracht ziehen, eine Weile zu schlafen.“ schlug er ihr vor. Sie nickte. „Das würde ich tun, Mr. Tannier, aber dummerweise stellt sich der Ärger auf diesem Schiff ja immer zur Nachtzeit ein. Ich habe Mr. Summers vor einer Stunde schlafen geschickt, weil er noch drei Stunden mehr als ich auf dem Buckel hatte.“ führte sie aus, warum sie noch ein paar Stunden durchhalten musste.

Ihr Blick ruhte auf dem Minbari. Er wirkte völlig ausgeruht. „Mr. Tannier, wann wäre es für Sie an der Zeit sich auszuruhen?“ fragte sie dann. Der Minbari lächelte sie höflich an. „Ich habe noch fünf Stunden, bevor ich die empfohlene Wachzeit überschreite.“ führte nun er seinerseits aus.

Needa seufzte, stand auf und rieb sich verstohlen den Hintern. Sie überlegte kurz und meinte dann. „Mr. Tannier, Sie haben das Kommando. Ich werde ihrer Empfehlung nachkommen. Meine Couch tut es auch um ein paar Stunden zu schlafen. Mr. Summers wird sie in 5 Stunden ablösen kommen. Bitten Sie ihn, mir dann noch eine weitere Stunde zu gönnen. Bitte entwickeln Sie in der Zwischenzeit einen Rettungsplan.“

Der Minbari nickte und stand ebenfalls auf, um ihren Bereitschaftsraum zu verlassen, wurde jedoch von ihrer Stimme zurückgehalten. „Und Mr. Tannier, lassen Sie mein Schiff heil.“

Er verneigte sich in typischer Minbari-Manier und war dann aus ihrem Bereitschaftsraum verschwunden.


Seeta sah sich um. Der Ort hier war ihr völlig fremd. Sie war umgeben von Nebelschwaden, die die Umgebung völlig verschluckten. Langsam stolperte sie vorwärts, bis sie fast mit einem Baum vor ihr kollidiert wäre. Sie blieb stehen und drehte sich. Nichts als Weiß umgab sie.

Vorsichtiger ging sie weiter. Sie hörte ein lautes Lachen hinter sich. Seltsamerweise wurde es nicht vom Nebel verschluckt, sondern hallte laut in ihrem Kopf wider. Sie fühlte sich wie ein Tier in einer Falle. Sie drehte sich um und rannte vorwärts. Weg von dem bedrohlichen Gelächter in ihrem Rücken. Sie rannte schneller als sie fühlte, daß sie verfolgt wurde.

Nach einigen Metern wurde der Nebel dünner. Sie konnte wieder mehr erkennen. Sie beschleunigte ihre Schritte. Sie wagte nicht sich umzudrehen, dann würde sie fallen und ihr Verfolger hätte sie gefangen.

Zu ihrer rechten tauchte eine Felswand auf, sie wollte nach links davon weglaufen, musste jedoch feststellen, daß dort auch eine war. Das Lachen hinter ihr wurde lauter. Es kam näher. Sie hörte, wie die Schritte ihres Verfolgers lauter wurden. Näher kamen. Jetzt war er so nah, daß sie seinen Atem hören konnte, der heftig ging.

Sie fühlte, wie der Wind an ihrem Haar zog, sie glaubte zu fühlen, wie seine Finger nach ihr griffen. Sie sprang vorwärts und hörte eine vertraute Stimme hinter sich fluchen. Die Schritte hinter ihr wurden unregelmäßig, ihr Sprung musste ihn auf dem falschen Fuß erwischt haben.

Sie rannte weiter und blieb dann stehen. Die Schlucht hatte sich verengt und endete jetzt an einer steilen Felswand. Entsetzt starrte sie die Wand hinauf.

Sie hörte die Schritte wieder näherkommen. Sie hörte seinen lauten Atem hinter sich. Sie wandte sich um und wich leise wimmernd an die Felswand hinter ihr zurück. Es gab kein Entrinnen. Sie wusste, dass ihr letztes Stündlein geschlagen hatte.

Angsterfüllt sah sie in vertraute braune Augen, die sie ansahen, aber nicht erkannten. Sie wimmerte leise, als Hände sich um ihren Hals legten. Sie versuchte zu schreien, aber kein Ton kam heraus.


Andreas Summers trat durch die Quartiertür. Amüsiert betrachtete er das Chaos, das hier herrschte. Seeta neigte dazu es als „Ordnung des Genies“ auszugeben, aber er wusste so gut wie sie, daß sie nur eine Ausrede für die Tatsache suchte, daß sie nicht in der Lage war etwas wegzuwerfen.

Sie hatte ihm schon vor einiger Zeit Zugang zu ihrem Quartier gestattet. Sie hatte gemeint, daß es jetzt keinen Grund mehr gäbe, daß er keinen haben sollte, wo doch sowieso inzwischen die halbe Crew von ihrer Beziehung wisse.

Er hatte das Bedürfnis gehabt sich neben sie ins Bett zu legen. Wieso sollte er in sein eigenes Quartier gehen, wo er nur alleine gewesen wäre. Er hatte einen seltsamen Beschützerinstinkt entwickelt, der ihn bisweilen irritierte.

Er war erst durchs halbe Quartier gekommen, als er auf dem Schlafzimmer einen Schrei hörte, der ihm durch Mark und Bein ging. Er stürzte ins Schlafzimmer und saß innerhalb von wenigen Augenblicken neben ihr. Er schüttelte sie erst sanft, dann fester, bis sie endlich ihre Augen öffnete.

Tränen schimmerten in gelblichen Augen. Er fragte sich, was sie diesmal wieder geträumt hatte. Er hatte es aufgegeben sie danach zu fragen. Er war sicher, daß es mit den Erlebnissen auf Varadan zu tun hatte, aber sie weigerte sich beständig ihm genau zu sagen, was sie träumte. Er hoffte inständig, daß ihre Besuche bei Counselor Velain helfen würden.


Lew und Ian saßen nebeneinander in einer karg eingerichteten Hütte. Es gab einen schlichten Holztisch mit zwei Stühlen, auf dem eine Kerze karges Licht spendete. Vor ihnen stand einfaches Essgeschirr, in dem eine Art Gemüsesuppe enthalten war. Lew hatte sich kurz gefragt, ob die Pflanzen des Planeten für seinen und Ians Organismus verträglich waren, dann aber die Suppe in sich hineingelöffelt. Er hatte jetzt seit mehr als 28 Stunden nichts mehr gegessen und es sah nicht so aus, als ob Hilfe von der Katana so bald eintreffen würde. Es sah so aus, als müssten sie sich zunächst einmal mit ihren Gastgebern arrangieren.

In einer Ecke der Hütte waren Matten über Reisig auf dem Boden ausgelegt, die wohl die Bettstatt für die beiden Piloten darstellen sollte. Ian wankte bereits müde darauf zu und ließ sich fallen, während Lew noch den letzten Löffel der Suppe aß, die zumindest gut geschmeckt hatte. Er schob den Stuhl zurück und legte die paar Schritte zu dem Reisighaufen mit schleppenden Schritten zurück. Er ließ sich darauf sinken und war augenblicklich eingeschlafen.


Einige Stunden später saßen sich am Besprechungstisch der Katana die Führungsoffiziere gegenüber. Ariell hatte Mr. Toreen dazugebeten, was diesen doch gewundert hatte. Er hätte darauf schwören können, daß er sich seinen Weg in die Meetings permanent hätte erkämpfen müssen.

Tannier stand an einem Bildschirm an der Wand und zeigte auf die von den Daten seines Jägers gefertigte Karte des Kontinents Aranar. Er brachte die übrigen Offiziere, die geschlafen hatten, up to date.

„Die Signale der Peilsender haben vor etwa einer Stunde aufgehört sich zu bewegen. Wir können also davon ausgehen, daß Mr. Sulik und Mr. Paice sich genau hier befinden.“ gab der Minbari an. Er deutete auf eine Stelle auf der Karte, die der Computer daraufhin vergrößert darstellte.

„Sie scheinen sich in einer Art Stadt zu befinden.“ erklärte der Minbari und zoomte erneut weiter, bis man durch die Baumwipfel metallene Strukturen glaubte erkennen zu können.

„Bahla!“ rief Toreen Akida aus, was ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit der anderen Personen am Tisch einbrachte. Der Bajoraner räusperte sich und führte unaufgefordert aus: „Wir wissen gerüchteweise von einer Stadt in den Bäumen, die von einer Splittergruppe der Araner bewohnt wird. Sie sollten bedenken, daß unsere Informationen jedoch recht lückenhaft sind. Aranar ist ein autonomer Kontinent auf einer Welt, die nicht zur Föderation gehört. Alles was wir über diese Splittergruppe hörten, haben wir bisher ins Reich der Mythen gelegt.“

Needa sah ihren neuen Offizier mit steinernem Gesichtsausdruck an. „Und wieso erfahren wir jetzt erst von dieser Splittergruppe?“ wollte sie wissen.

Ihr Tonfall ließ Toreen leicht zusammenzucken. Counselor Velain wandte mit ruhiger, verständnisvoller Stimme ein: „Sie sollten bedenken, Mr. Toreen, daß wir auf jede Information angewiesen sind, wenn wir Mr. Sulik und Mr. Paice befreien wollen. Egal wie abwegig sie auch erscheinen mag.“

Akida sah die blauhäutige Frau an. „Delvianerin, ein Lebewesen aus einem anderen Universum auf pflanzlicher Basis“ stand in ihrer Geheimdienstakte. Die hier Anwesenden wären erstaunt gewesen, hätten sie gewusst, über wie viele von ihnen Akten in den Archiven des Nachrichtendienstes existierten. Er nickte Zhabia zu und wandte sich dann wieder Ariell zu.

„Mehr kann ich Ihnen darüber auch nicht sagen. Nur daß es Gerüchte über eine Stadt in den Bäumen gibt, die Bahla heißt, in der eine kleine Splittergruppe der Araner lebt.“ gab er an und sah Needa ins Gesicht.

Die Trill nickte und blickte ihre Offiziere an. „Irgendwelche Vorschläge für einen Rettungsplan?“ fragte sie an.

Tannier blendete die Karte aus und setzte sich in seinen Sessel. „Ich hatte einen Plan für eine kleine, taktische Einheit erstellt, war jedoch davon ausgegangen, daß wir am Boden operieren würden.“ erläuterte er.

Summers sah ihn fragend an. „Wie sollte das denn gehen? Wir können nicht mit unseren Shuttles ran und Transporter kommen auch nicht in Frage. Ganz zu schweigen von diesen venkanischen Zerstörern, aus deren Reichweite wir uns so krampfhaft halten.“

Seeta sah auf und beantwortete die Frage: „Mein Team hat in den vergangenen Stunden an genau diesen Problemen gearbeitet. Es ist uns gelungen die Reichweite der Transporter leicht zu vergrößern, ich glaube aber nicht, daß uns das wesentlich weiter bringen wird. Außerdem haben wir einen Weg gefunden ein wenig Extraenergie für Mr. Lincolns Schilde zu erzeugen.“

Die Blicke der Anwesenden wandten sich Frank Lincoln zu. „Leider haben wir weiterhin keine wirksame Möglichkeit, uns gegen die fremden Zerstörer zu schützen. Ich arbeite aber noch an einigen Schildkonfigurationen, von denen ich mir etwas erhoffe.“

Needa sah frustriert aus, als sie meinte: „Nun, wenn mir niemand einen Rettungsplan bieten kann, dann werde ich jetzt den Präsidenten von Aranar kontaktieren.“ Sie sah fragend zu Tannier herüber, der jedoch lediglich mit dem Kopf schüttelte.

Die Captain stand auf. „Bitte arbeiten Sie alle weiter an unserem Problem. Miss DeSoto, bitte stellen Sie mir eine Verbindung mit Präsident Klorel her. Mr. Toreen, Sie bleiben hier. Ich möchte Ihre Meinung nach dem Gespräch hören.“

Die Offiziere verließen die Besprechungslounge und Ariell blieb alleine mit Akida zurück. Sie warf ihm einen Blick zu, der eindeutig sagte ‚Halten Sie Ihre Klappe, solange ich rede.‘ dann wartete die Captain geduldig auf ihre Verbindung zu Klorel.


Schwerfällig erhob sich Ian von seinem kargen Lager und sah sich in ihrer bescheidenen neuen Umgebung um. Wo am Vortag der Gewehrkolben sein Gesicht getroffen hatte, hatte sich heute eine schmerzende Beule entwickelt, die erst jetzt zeigte, mit welcher Wucht sein Aufpasser auf ihn eingeschlagen haben musste. Von diesem unwillkommenen Geschenk würde er noch lange etwas haben. Als sie gestern das Lager erreicht hatten, war es bereits tiefe Nacht gewesen, und obwohl das künstliche blaue Licht, das die Hütten beleuchtete, ungewöhnlich hell war, konnte er erst jetzt wirklich in Augenschein nehmen, wo man sie gestern abgeliefert hatte. Es gab ein einzelnes Fenster, das zu dem Balkon hinausging, wo auch die Eingangstür lag. Hinter der zweiten Tür, die sich gegenüber befand, vermutete Ian die Toilette. Zumindest hoffte er darauf, da die Natur jetzt ihr Soll forderte.

“Ihr werdet mit zum Arbeitsdienst kommen.“ Auf dem Balkon vor der Hütte ertönte die ihm nur allzu bekannte Frauenstimme, die sie schon seit Tagen begleitete. Lew, der bereits früh am Morgen aufgewacht war und wegen der Schmerzen in Brustkorb und Schläfen nicht mehr schlafen konnte, hatte sich entschlossen, die Ruhe des Lagers zu nutzen und sich einen Überblick von allem zu verschaffen.

Selbst im morgendlichen Sonnenlicht, das bereits wohlig warm auf seine Haut schien, wirkte das Lager noch ebenso magisch und beeindruckend wie in der Nacht ihrer Ankunft. Schon jetzt regten sich die ersten Bewohner auf der marktplatzartigen Anlage und waren damit beschäftigt, Holz, Pflanzen und fremdartige Tiere von einem Punkt zu einem anderen zu bringen.

Viele andere öffneten die Türen und Fenster zu ihren Behausungen und ließen den frischen Morgenwind in die metallenen Iglus wehen, schüttelten Bettzeug aus und klapperten mit Geschirr. Niemals hätte hier jemand eine Gruppe gewaltbereiter Rebellen vermutet und Lew selbst kam dieser Gedanke im gleichen Moment lächerlich vor.

Viel eher schien niemand etwas von den Aktivitäten dieser Leute hier zu ahnen. “Ihr werdet zum Arbeitsdienst kommen.“ Überrascht drehte Lew dem Idyll den Rücken zu und erkannte seinen Gefängniswärter. Im Gegensatz zu gestern hatte sie den silbergrauen Kampfanzug gegen eine einfache Kombination aus sandfarbenem Stoff getauscht und eine schützende grüne Tunika übergeworfen.

“Arbeitsdienst?“ wiederholte Lew und sucht die obligatorische Waffe in ihrer Hand.

“Arbeitsdienst! Diese Gemeinschaft versorgt sich selbst. Wer essen will muss arbeiten! Entweder hungert ihr, oder ihr kommt mit.

Resigniert schob Lew die Tür zum Wohnbereich auf und winkte Ian, der lauschend auf seinem Bett gesessen hatte, heran.

“Du hast sie gehört.“ Rief er und steckte anschließend seine Hände in die Hosentaschen, bevor er sich wieder der Frau zuwandte. „Nach Ihnen Prinzessin.“


Ariell Needa hatte ihre Uniform gegen T-Shirt und Hose getauscht, war in bequeme Sneakers geschlüpft und hatte sich auf den Weg ins astrometrische Labor gemacht. Unter ihrem Arm klemmte ein Basketball, den sie alle paar Meter einmal auftitschen ließ und mit einer Hand wieder auffing. Zahllose Gedanken hatten sie bereits den ganzen Morgen beschäftigt, und obwohl sie die Nacht länger als angenommen hatte schlafen dürfen, fühlte sie sich trotz alledem nicht wirklich wach. Zu beschäftigt war sie in den letzten Stunden und Tagen mit diesem einen Thema gewesen. In Needas Gehirn, so glaubte sie, musste ein gigantischer Knoten ruhen, der alle Bahnen der letzten verbliebenen Intelligenz blockierte. Mit dem Ball in der Hand, blieb jetzt jedenfalls das Gefühl, einen weiteren Punkt zu haben, der ihre Konzentration erforderte und sie von den anderen Gegebenheiten ablenkte.

Im astrometrischen Labor warteten Lincoln und Toreen auf sie, bereits in eine hitzige Diskussion verstickt, und werteten die bisher erfassten Sensordaten neu aus.

Der Captain der Katana hatte sich nicht damit abfinden wollen, dass es keine Möglichkeit der Rettung für ihre beiden Piloten geben sollte, auch wenn alles darauf hindeutete. Balah, wo sich Paice und Sulik augenscheinlich aufhielten, musste das Loch in der Verteidigung von Aranar sein. Wenn es ihnen hier nicht gelingen würde, die zwei zu befreien, wo dann?

Jetzt, als Toreen und Lincoln ihren Disput über eine Befreiungsaktion austrugen, wäre sie jedoch am liebsten wieder in ihr Bett gekrochen.

“Meine Mutter hat einmal gesagt,“ übertönte sie plötzlich die zwei und zog sich derweil einen Stuhl heran, auf welchem sie im Schneidersitz Platz nahm „nicht der, der einen Streit beginnt, ist schlau, sondern der, der ihn beendet.“ Erwartungsvoll sah sie von einem zum anderen und musterte die mittlerweile verstummten Streithähne. „Womit dieser Punkt dann wohl an mich geht.“ Stellte sie grinsend fest und faltete ihre Hände auf dem Ball in ihrem Schoß.

“Computer, Datei Needa 225 aufrufen und mit der Datenbank der Katana abgleichen. Ergebnisse im astrometrischen Labor anzeigen.“

Der Bildschirm des Labors schlug von der bisherigen Ansicht auf die topographische Ansicht Aranars um und zeigte eine Auflistung weiterer Daten in der rechten Bildhälfte.

“Aranar befindet sich auf der südlichen Hemisphäre von Venkan, außerhalb des Einzugsgebietes der venkanischen Regierung und als vollkommen autonom geltender Staat. Aranar hat eine eigene Regierung, eine eigene Gesetzsprechung und eine eigene Währung. Das aranische Gesundheits- und Bildungssystem ist außerdem um ein vielfaches besser als das reguläre Venkans.“ Sie sah die beiden Männer an, die sie aufmerksam und stumm ansahen. „Ich finde das erstaunlich. Wenn man bedenkt, das Aranar bisher nur als rebellischer Außenseiter galt. Computer, Zoom vergrößern. Das venkanische Klima ist durchschnittlich und gleicht überwiegend dem der Erde, auch wenn der Niederschlag und die allgemeine Luftfeuchtigkeit höher sind. Venkan ist reich an Vegetation, von Dschungel über Tundra, bis Wüsten ist alles vertreten. Wirtschaft und Rohstoffförderung florieren, es gibt genügend Arbeit.“ Sie machte eine Pause und sah wieder in die beiden Gesichter der Männer. Lincoln zeigte sein bisher aufmerksames Interesse, während Akida nach und nach verwirrter schien.

“Möchten sie etwas dazu sagen Mr. Toreen?“ Akida schürzte die Lippen und sah den Captain mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Ich frage mich, Captain, warum Sie uns das erzählen.“ Ariell lächelte über den Ball hinweg und lehnte sich schließlich auf ihrem Stuhl zurück. „Das habe ich mich anfänglich auch gefragt. Und siehe da, ich fand die Lösung.“ Sie drehte sich wieder zum Bildschirm. „Computer, Zoom vergrößern. Ich fragte mich, was Aranar hatte, das es so besonders macht. Wieso splittet sich ausgerechnet ein einzelner Kontinent auf einem ganzen Planeten ab? Und kann vor allem diese Autonomie durchsetzen?“ – „Ich verstehe nicht ganz.“ Gab Akida zu und machte ein hilfloses Gesicht. „Es gibt etwas besonderes auf Aranar, das der Rest nicht hat.“ Schloss Lincoln und Needa nickte zustimmend. „Allerdings! Keranium.“

Lincoln legt den Kopf schief während Akida das Gefühl beschlich stetig einen Schritt zurück zu liegen. „Metall?“ fragte der Sicherheitschef.

“Besser.“ Erwiderte Needa „Eine Energiequelle! Keranium ist vergleichbar mit Dilizium, hat aber eine höhere Dichte, die...“ sie überlegte kurz, konnte sich aber nicht mehr an alle Einzelheiten erinnern. „...egal! Jedenfalls fördern die Araner seit jeher Keranium, denn ihnen gelang es als Einzige, diesen Rohstoff nutzbar zu machen. Die Städte auf Aranar sind im Vergleich zum Rest wesentlich jünger aber auch besser gebaut und versorgt. Der Grund dafür liegt in Aranars Ursprüngen. Da fast der gesamte Kontinent eine recht unwirtliche Vegetation hat, wurde er bei der Besiedlung meist außen vor gelassen. Mit den Jahren setzten sich aber die Teile der Bevölkerung, die arbeitslosen, ausgestoßenen oder andere Minderheiten nach Aranar ab und beschlossen hier ihr Glück zu versuchen. Spätestens als sie das Keranium fanden wurden aus den einfachen Siedlungen große Städte.“ – „Und plötzlich wollte jeder an dem Erfolg der Outlaws teilhaben.“ Schlussfolgerte Lincoln.

“Nur hatten es die Araner plötzlich nicht mehr nötig sich mit dem Rest Venkans zusammen zu tun. Man hatte sie bisher nicht gewollt und jetzt wollten sie nicht mehr dazu gehören.“

Toreen zog jetzt seinerseits einen Stuhl von einer der Arbeitskonsolen weg und ließ sich schwermütig auf diesen fallen. „Wann kommen unsere beiden Piloten ins Spiel?“

“Im Grunde sind Paice und Sulik nur Nebendarsteller, Zufall.“ bemerkte Ariell und stützte ihren Kopf jetzt in eine Hand. „Die Rebellen auf Aranar sind eine Splittergruppe der aranischen Bevölkerung. So viel steht fest. Im Allgemeinen weiß man über sie Bescheid, sie gehören aber nicht der aranischen Regierung an. Ihr Ziel ist es dafür zu sorgen, das Aranar weiterhin autonom bleibt.“

Lincoln lehnte an einer der Wände und verschränkte die Arme vor der Brust. „Aber weshalb, Aranar ist doch so oder so unabhängig vom Rest? Für was sollten sie also kämpfen?“

Needa zuckte die Schultern. „Eben das versuchen wir herauszufinden.“ Sie sah wieder zu Akida. „Ich weiß, dass Sie mein neuer Verbindungsoffizier sind und als solches Teil meiner Besatzung werden müssen, allerdings sollten Sie sich in Zukunft auch überlegen, ob es nicht sinnvoll ist mit mir, diesem Schiff, zusammenzuarbeiten.“ Sie erhob sich von ihrem Stuhl und hielt den Ball dabei in einer Hand. Akida war in diesem Moment fasziniert davon, wie lang und schmal Needas Finger eigentlich waren, wenn es ihr gelang den Basketball mit nur einer Hand sicher im Griff zu haben. „Ihre maßgebliche Order ist im Augenblick, Informationen über das fremde Schiff zu bekommen, das im Orbit von Venkan kreist. Wem es gehört und wie seine technischen Spezifikationen sind. Ich vermute, dass es etwas mit dem Keranium zu tun hat, aber das ist nur ein Gedanke. Jedenfalls“ und damit schritt sie zur Tür „werde ich mich nach Venkan begeben und mich mit dem Präsidenten treffen.“ Sie drehte sich noch einmal um und sah Akida direkt an. „Wenn Sie etwas wissen sollten, das mir hilft, Mr. Toreen?“ Akida spürte wie unangenehm die Augen des Captains auf ihm ruhten. Needa hatte ihm quasi ein Friedensangebot gemacht und ihm die Möglichkeit gegeben, sich als Teil der Crew zu etablieren. Die Versuchung war groß, allerdings sprach sie auch gegen alles, was er in seiner Ausbildung und beim Nachrichtendienst gelernt hatte. Wir geben ihnen nur so viele Informationen, wie sie brauchen, wie nötig sind. Wenn sie zu viel wissen, bedeutet das Chaos. „Sollte ich etwas erfahren, werde ich es Ihnen umgehend mitteilen.“ log er und sah ihr schließlich nach, wie sie die Astrometrie verließ.

“Wenn,“ Lincoln baute sich drohend vor Akida auf. „wenn ihr irgendetwas da unten passiert, werden Sie Ihres Lebens nicht mehr froh Mr. Toreen. Und es wird mir eine Freude sein, dafür zu sorgen.“ Brummig ließ er den Bajoraner zurück und eilte auf den Flur.

“Captain!“ Needa hatte schon fast das Ende des Korridors und somit den Turbolift erreicht, als Lincoln sie einholte. „Mr. Lincoln?!“ – „Captain“ einen Moment lang sah er irritiert von dem Ball in ihren Händen zu den markanten Flecken an ihrem Hals.

“Captain, ich weiß, dass es mir nicht zusteht und Sie können mir jetzt auch eine Abfuhr erteilen...“ – „Eine Abfuhr?“ – „Einen Verweis! Aber dieses Treffen ist zu gefährlich, als dass Sie alleine gehen sollten. Ich weiß, wenn Sie mich dabei, oder jemand anderen, haben wollten, würden Sie einen ausdrücklichen Befehl erteilen, aber...“ Ariell lächelte und stieg in den Turbolift, gefolgt von Lincoln. „Ich werde Sie mitnehmen.“


Zur selben Zeit machte Zhabia eine einladende Geste, wie sie es in der vergangenen Woche jedes Mal gemacht hatte, wenn Seeta sie aufgesucht hatte.

Die Zanderianerin trat näher und nickte ihr stumm zu. Dann folgte sie Zhabia hinüber zu deren Schreibtisch. Wenig später saßen die beiden Frauen sich gegenüber.

„Nun, wie ist es Ihnen die vergangenen Tage ergangen, Lieutenant?“ wollte die blauhäutige Frau dann von der anderen wissen.

Seeta schwieg einen Moment und sah die andere dann offen an. „Nicht so gut.“ gab sie zu. „Ich schlafe noch immer schlecht.“

Die Delvianerin nickte. „Immer noch die Alpträume?“ wollte sie wissen.

Die Frage brachte ihr ein Nicken der Zanderianerin ein. „Ja.“ bestätigte sie dann noch. „Immer noch die Alpträume. Immer noch dieselben. Es wird einfach nicht besser.“

Counselor Velain sah ihr Gegenüber mit einer Mischung aus Professionalität und Empathie an. Die andere tat ihr leid. Sie selber fühlte sich auch gelegentlich noch schlecht, aber hatte die Erfahrungen auf Varadan soweit verdaut – im wahrsten Sinne des Wortes.

„Sie dürfen nicht zu viel erwarten. Es ist erst ein paar Wochen her.“ bemerkte Zhabia.

Erneut wurde ihre Aussage mit einem Nicken quittiert. „Dessen bin ich mir bewusst, aber dennoch ist das alles sehr belastend.“ Sie stand auf und begann im Raum hin und her zu laufen.

„Aber man sollte doch meinen, daß ich mit den Erfahrungen langsam besser zurecht komme. Tagsüber sage ich mir, daß ich nicht anders habe handeln können als ich gehandelt habe. Aber des Nachts...“ Seeta brach ab und setzte sich wieder in den Sessel gegenüber Counselor Velain.

„... können Ihre Gedanken nicht ihre Gefühle kontrollieren.“ beendete sie den angefangenen Satz der Chefingenieurin. Diese nickte erneut. „Aber warum,“ fuhr Seeta dann fort, „träume ich dann von Andreas? Ich habe ihn dort unten nicht gesehen. Zumindest nicht, nachdem ich mein Gedächtnis verloren hatte.“

Die Counselor überlegte nur kurz und meinte dann: „Der Gedanke muss für Sie doch sehr beunruhigend sein, daß ausgerechnet die Person, der sie mit ihrem Leben am meisten vertrauen, sie wahrscheinlich getötet hätte, wenn sie die Gelegenheit dazu erhalten hätte.“

Ein erneutes Nicken antwortete der Counselor, was diese zum Anlass nahm mit ihren Ausführungen fortzufahren. „Wenn Sie träumen, dann ist ihr Gehirn nicht in der Lage rational zu denken. Wenn Sie wach sind, dann wissen Sie, daß ungewöhnliche Umstände zu dem Erlebten geführt haben. Wenn Sie schlafen, dann haben Sie diese Möglichkeit nicht.“

Zhabia machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: „Sie verarbeiten die Erlebnisse im Schlaf, und das ist auch gut so. Und hier und jetzt verarbeiten Sie auch. Aber diese Heilung braucht nun mal Zeit. Das geht nicht von heute auf morgen.“

Wieder bestand die einzige Reaktion der Zanderianerin in einem Nicken. „Erwarten Sie nicht zu viel von sich. Und jetzt erzählen Sie mir von ihren letzten Träumen.“ ermunterte Zhabia ihre Patientin zum Reden.


Etwa zur selben Zeit betraten Needa und Lincoln das Büro Klorels. Für einen Präsidenten war es bescheiden eingerichtet, zumindest empfand Frank Lincoln es so. Die beiden Sternenflottenoffiziere ließen sich in den angebotenen Sesseln nieder und Ariell lehnte dankend ab, als Klorel ihr etwas zu trinken anbot. Frank tat es seiner Vorgesetzten nach und lehnte mit einer Handbewegung ebenfalls ab. Als der Präsident sein eigenes Glas mit Wasser gefüllt hatte, ergriff die Captain das Wort.

„Mr. Klorel,“ brachte sie vor, „Ihnen sollte bekannt sein, daß wir zwei unserer Piloten vermissen, die bei der Errettung der Geiseln von Venkan mitgeholfen haben.“

Der Präsident nahm einen Schluck aus seinem Wasserglas und quittierte ihre Aussage mit keiner Antwort.

„Wir hätten unsere Piloten natürlich gerne zurück.“ führte Ariell weiter aus.

Der Präsident nahm einen weiteren Schluck und antwortete dann bedächtig: „Mal angenommen, wir hätten Ihre Piloten. Was wären Sie bereit uns im Austausch anzubieten?“

Needa spürte, wie Lincoln an ihrer Seite leicht zuckte und ergriff schnell das Wort. „Nun, ich denke, wir sollten in der Lage sein Sie für Ihre Bemühungen bei der Rettung der beiden ausreichend zu kompensieren.“ gab sie an. Sie stellte ihre Ellbogen auf den Armlehnen ihres Sessels auf und führte die schlanken Finger ihrer rechten und linken Hand an den Spitzen zusammen. „Natürlich würde ich einen Beweis dafür benötigen, daß die beiden sich in ihrer Obhut befinden, bevor ich über den genauen Ersatz für Ihre Aufwendungen mit Ihnen diskutiere.“ fügte sie zu.

Klorel sah sie mit einem undeutbaren Blick an. Er versuchte kurz in Ariells Gesicht zu lesen, fand darauf aber nur denselben Blick vor, den er selber stets präsentierte. Frank Lincoln sah vom einen zum anderen und kam sich vor wie bei einer Pokerpartie, bei der jeder mit seinem Pokerface bluffte, was das Zeug hergab.

Klorel nickte schließlich. „Den sollen Sie bekommen.“ sagte er, während er bereits die Sprechverbindung zu seiner Sekretärin aktivierte. „Malana, bitte sorgen Sie dafür, daß Captain Needa ihre Hardware auf die Katana zurücküberstellt wird.“ Bevor die Antwort seiner Sekretärin zu hören war, hatte er die Verbindung bereits wieder beendet.

Needa stand aus ihrem Sessel auf. Ihr war klar, daß jetzt das Taktieren begann. Sie war noch längst nicht davon überzeugt, daß Klorel über Sulik und Paice verfügte, die Signale der Transponder sprachen da zu deutlich eine andere Sprache. Dennoch war Klorel derzeit ihre einzige Chance, in einem Stück auf den Planeten und zurück zu kommen, da er offensichtlich die fremden Schiffe davon abgehalten hatte, auf das Shuttle zu feuern, in dem sie selber und Frank hierher gekommen waren. Es erschien ihr daher ratsam auf sein Spiel zunächst einzugehen. Aber sie würde zurückkommen, das war sicher.

Die beiden Katana-Offiziere verließen das Büro des Präsidenten und wurden draußen von den beiden selben hünenhaften Venkanern in Empfang genommen, die sie bereits vom Raumhafen aus hierher geleitet hatten.

Sowohl Ariell als auch Frank sahen sich auf dem kurzen Weg zurück so unauffällig wie möglich um. Viel war es nicht, was sie ausmachen konnten ohne ihre Bewacher misstrauisch zu machen. Schneller als erhofft befanden sie sich wieder beim Shuttle und mußten schweigend einsteigen.

Frank Lincoln setzte sich in den Pilotensessel und startete den Antrieb, bevor Needa ganz neben ihm im Copilotensessel saß. Das Shuttle hob ab und ließ Venkan schnell hinter sich zurück.


„Au!“ zischte Seeta Yadeel durch zusammengepresste Zähne, als sie zum dritten Mal an diesem Abend schmerzhaft nähere Bekanntschaft mit dem Boden machte. Flinker als man es von einer Technikerin hätte erwarten können, stand die junge Frau mit den Terrierqualitäten wieder auf ihren Beinen und hob den metallenen Stab in ihren Händen wieder. Fest aber nicht zu fest umspannten ihre Hände den etwa 2,5 cm dicken Stab in dem für ihre Arme perfekten Abstand.

Tannier sah sie mit dem typisch stoischen Blick an und bemerkte mit freundlicher und ruhiger Stimme. „Sie sind heute Abend nicht konzentriert.“ Auch er hielt den Minbari-Kampfstab in den Händen und wartete auf einen Angriff seines Gegenübers, zu dem sie sich sicher bald hinreißen lassen würde. Wenn er etwas in den vergangenen Monaten über Lieutenant Yadeel gelernt hatte, dann war es die Tatsache, daß sie zu schnell die Geduld mit ihrem Gegenüber verlor. Es war ein reiner Segen für ihr Leben, daß sie eine Karriere im technischen Bereich gewählt hatte.

„Darauf können Sie sich verlassen!“ quittierte sei seine Bemerkung, während sie bereits eine Attacke auf Tannier schlug. Sie hatte in den vergangenen Monaten die Erfahrung gemacht, daß sie sich mit ihm nicht messen konnte. Sie war sicher, daß er sie die paar Male, wo sie ihn geschlagen hatte, hatte gewinnen lassen. Aber sie empfand die gelegentlichen Stunden auf dem Holodeck als angenehme Möglichkeit ihre überschüssigen Energien loszuwerden und vor allem in den letzten Wochen hatten die Trainingsstunden ihr geholfen sich zu entspannen. Oft genug schmerzte ihr jeder Muskel so sehr, daß sie nur noch ins Bett fiel und sofort einschlief. Das hatte zwar leider die Träume nicht verscheuchen können, ersparte ihr aber die endlosen Stunden in denen sie nicht einschlafen konnte.

Wie erwartet parierte er ihren Schlag schneller als sie gucken konnte und schon wieder fand sie sich Unangenehmerweise auf dem Boden wieder. Diesmal bäuchlings. ‚Toll, ich mache Fortschritte.‘ dachte sie mit der für sie üblichen Portion Selbstironie bevor sie wieder auf ihre Beine schnellte. Leider war das Vergnügen zu stehen nicht von längerer Dauer, denn allzu schnell fand sie sich wieder auf dem Boden vor, nachdem nun zur Abwechslung mal er eine Attacke gestartet hatte.

„Wieso bleib ich nicht gleich hier unten?“ grummelte sie durch zusammengebissene Zähne. Der Minbari fuhr daraufhin seinen Stab ein und reichte ihr die Hand hin, die sie ergriff um sich von ihm auf die Beine helfen zu lassen. Sie deaktivierte ihren eigenen Stab und wies den Computer an, das Szenario zu beenden. Augenblicklich erschien das übliche Holodeckraster anstelle des Platzes, an dem sie üblicherweise trainierten.

Gemeinsam verließen die beiden Offiziere das Holodeck. „Würden Sie eine Einladung in das Diners zu einem Getränk akzeptieren, Lieutenant?“ fragte Tannier die schwarzhaarige Frau die neben ihm herlief. Diese nickte. „Ja, würde ich.“ antwortete sie. Ein grimmiger Ausdruck trat auf ihr Gesicht. „Ich werde Sie teuer dafür zahlen lassen, daß Sie mich heute so oft auf die Matte geschickt haben.“ fügte sie hinzu.

Tanniers Gesicht blieb gewohnt ausdruckslos, bis er bemerkte, daß Seeta neben ihm angefangen hatte zu kichern. „Das war ein Scherz.“ klärte sie den Minbari auf. Auf dessen Gesicht legte sich ein ungewohntes Lächeln. „Das habe ich gewusst.“ gab er an, was sie nur dazu veranlasste noch lauter zu Kichern. Den Kommentar ‚Ja, klar!‘ verkniff sie sich jedoch und stellte sich stattdessen, in dem ernsthaften Versuch nicht weiter albern zu kichern, neben ihn vor den Turbolift.


„Captain?“ Needa sah von ihrer Konsole auf und legte die Hände in den Schoss, darauf wartend, dass der Computer die Triebwerke der Memphis weiter hochfuhr und Lincoln ihr seine Frage stellte. Im Gesicht des Sicherheitschefs hatte in den letzten Tagen ungewöhnlich viel Sorge und Anspannung gelegen. Sie war es gewohnt, dass der Ire stets so aussah, als hingen graue Gewitterwolken über seinem Kopf. Diesen Umstand führte sie aber jeher auf den Posten zurück, den er innehatte. Sowohl bei Summers, als auch bei McCrae hatte sie zuvor eine ähnliche Miene beobachtet, ganz so, als stehe man als Sicherheitschef eines Raumschiffes regelrecht unter Strom. Für sie kam es daher der Gewohnheit gleich, immer etwas grimmig aus diesem Teil der Brücke betrachtet zu werden. Eigentlich war sie nur dann wirklich sicher, dass die Wachsamkeit der taktischen Konsole niemals nachließ. Das, was sie jetzt aber in Lincolns Gesicht erahnte, ähnelte zu sehr ihren eigenen Ängsten und Sorgen und zeigten ihr, wie angreifbar das gesamte Schiff in solchen Situationen wurde. „Denken Sie, dass eine Möglichkeit besteht Sulik und Paice von diesem Planeten runter zu kriegen?“

Eine Frage, die sie erwartet hatte und sich täglich selbst stellte. Wie konnte sie sie ihm also beantworten, wenn sie es für sich selbst nicht vermochte.

„Ich bin kein Orakel oder Prophet, Lincoln.“ Sie lächelte matt und dachte wieder an das Gespräch mit Klorel. „Die beiden leben, davon bin ich fest überzeugt! Klorel würde nicht diesen Aufwand betreiben, wenn er das nicht auch wüsste. Und die Araner werden sie nicht behalten wollen, das hätte keinen Sinn.“ Die Trill konzentrierte sich wieder auf die Anzeigen ihrer Konsole und ließ das Shuttle starten.

„Wir müssen herausfinden, was die Araner mit ihnen wollen, was sie von uns wollen.“

„Hätte Klorel dann nicht einfach seine Forderungen stellen sollen?“ gab Lincoln zu bedenken, doch Needa schüttelte den Kopf. „Er hat unsere Piloten nicht.“

Lincoln zog überrascht seine Augenbraue in die Höhe. „Hat er nicht?“ – „ Dann, hätte er uns seine Forderungen sicherlich genannt.“

In einem weiten Bogen flog das Shuttle über die Turmspitzen der aranischen Hauptstadt und erreichte schon nach kurzer Zeit die grünen Ebenen hinter der Stadtbefestigung, die sich wie ein unwirklicher Teppich unter ihnen erstreckte. Der Sicherheitschef gab sich weiter skeptisch „Sagt Ihnen das Ihre Erfahrung als Captain oder ihre weibliche Intuition?“ Needa sah in scherzhaft böse an. „Das sagt mir mein gesunder Menschenverstand, und mein bisschen Erfahrung im diplomatischen Corps.“ Doch Frank zog lediglich die Schultern hoch. „Wenn Sie jetzt behaupten wollen, dass Klorel unschuldig ist, brauche ich dafür einen Beweis, eher glaube ich ihm nicht mehr als einem abgerissenen Ferengi.“

Die Trill lehnte sich in ihrem Sitz zurück und sah Lincoln an. „Sie sind manchmal ein ganz schön sturer Knochen, Lincoln.“ Stellte sie fest und gab dem Shuttle zusätzlichen Schub. „Wenigstens komme ich nicht mit einem Ball unter dem Arm in die Astrometrie und verwirre den Geheimdienst bis zum Verlust seiner Muttersprache.“ Er lachte und Needa tat es ihm gleich. „Konnte ich wissen, dass Toreen so unflexibel ist?“ – „Er kennt Sie halt nicht.“

„Aber Sie tun das?“ Er musterte sie einen Augenblick lang. „Ja, ich glaube schon.“

„Warnung, unbekanntes Flugobjekt geortet. Kollision steht bevor.“

Wie ein Pfeil schnellte Lincoln aus seinem Sitz vor und beugte sich über seine Konsole. „Was zum Henker...“ Eine ruckartige Erschütterung zog durch das Shuttle, gefolgt von einem markerschütternden Kreischen. „Wir sind getroffen.“ stellte Needa fest, die ebenfalls akribisch an ihrer Konsole arbeitete und versuchte, das Shuttle von einem einsetzenden Trudelkurs abzufangen. „Irgendetwas schießt auf uns.“

„Die Frage ist eher wer.“ Knirschte Lincoln und kompensierte bereits die entstandenen Schäden. „Wir stürzen ab!“

„Needa an Katana! Wir werden angegriffen!“ Lincoln neben ihr fluchte leise. „Die Kommunikation ist gestört.“ Ein weiterer Treffer schlug wie eine Welle in die Memphis ein. „Noch so ein Treffer und wir sind erledigt.“ – „Ich kann überhaupt niemanden sehen. Verflucht, wer schießt da auf uns?“ Ariell hatte alle Mühe, sich in ihrem Sitz zu halten und nicht quer durch den Innenraum zu fliegen. Suchend wanderten ihre Augen über die ihr bereits bekannte Anzeige des aranischen Kontinents. Es würde ihnen unmöglich gelingen, den Sturzflug des Shuttles aufzuhalten. So oder so, würde die Memphis ihren Flug hier beenden, dafür brauchte sie aber einen Ort, wo sie landen konnte.

„Da kommt ein weiterer Flugkörper.“ rief Lincoln, der sich bereits an seinem Sitz festhielt. Needa schloss die Augen. Sie hatten nicht mal genug Zeit gehabt, um die Schilde hochzufahren, und jetzt fehlte ihnen die Energie dafür. Der nächste Treffer würde aus ihnen einen leuchtenden Feuerball machen.

...einundzwanzig Regenwürmer...zweiundzwanzig Regenwürmer...dreiundzwanzig Regenwürmer...vierundzwanzig Regen...

„Föderationsshuttle Memphis, bitte deaktivieren Sie Ihren Antrieb.“ Needa öffnete die Augen, vergeblich auf die Explosion wartend. Stattdessen sah sie aus dem Fenster zu ihrer Rechten und erblickte zwei weißblaue Gleiter, die das Wappen der aranischen Regierung trugen.

Aus den Augenwinkeln bemerkte sie Lincoln, der sich weit aus seinem Sitz lehnte, um ebenfalls aus dem Fenster sehen zu können.

Von den Gleitern ging ein grünes Kraftfeld aus, dass sich um die Memphis legte und das trudelnde Shuttle auf einen sicheren Kurs brachte.

„Wieso schiessen Sie auf uns?“ verlangte Needa zu wissen, während Lincoln den beschädigten Antrieb deaktivierte und sich und den Captain somit in die Hände der Araner übergab.

„Die Schüsse kamen nicht von uns. Wir sind hier um Sie zu retten.“ Kam die Antwort von einem der Gleiter. „Wir bringen sie zurück zum Hangar.“

Ariell sah unwillig zu Lincoln und wieder zurück aus dem Fenster. „Scheint so, als würde bald das gesamte Schiff auf diesem Planeten festhängen.“


Müde betrat die Chefingenieurin abends ihr Quartier. Der Tag war sehr lang gewesen und sie fühlte sich förmlich gerädert. Als das Piepsen des Computers sie darauf hinwies, daß irgendwer irgendetwas von ihr wollte, stieß sie die Luft entnervt zischend durch halbgeschlossene Zähne aus. Nur Augenblicke später informierte die freundliche Stimme des Bordcomputers sie darüber, daß eine Nachricht ihrer Schwester sie erwartete.

Seeta seufzte und trat hinüber zum in die Wand eingelassenen Terminal und verlangte: „Nachricht abspielen!“ Augenblicklich erschien ein blasses Gesicht mit den typischen zanderianischen Erhebungen auf der Stirn eingerahmt von pechschwarzem Haar, nur einige Jahre älter als ihr eigenes.

„Seeta,“ herrschte die Frau auf dem Bildschirm sie an, „Du musst endlich nach Hause kommen. Wir haben viel zu bereden.“ Die Antwort der Quartiersinhaberin bestand aus einem "Rutsch mir den Buckel runter!“ das sie sicher nicht über ihre Lippen gebracht hätte, wenn ihre Schwester diese Antwort hätte hören können. „Ruf mich bitte zurück, wir sorgen uns um Dich!“ fuhr ihre Schwester mit der sanften Stimme fort, an die Seeta sich noch so gut aus ihren Kindertagen erinnerte. Dann fror das Bild ein.

Eine schimmernde Träne löste sich aus dem Augenwinkel der Chefingenieurin. Sie schluckte schwer und wischte die Träne mit dem Handrücken fort.

„Computer, bitte eine Verbindung zur Hazienda Yadeel, Erde, Kuba.“ forderte sie dann an. Mit einem „Bitte warten!“ wurde sie darüber informiert, daß die gewünschte Verbindung hergestellt wurde.

Schon nach kurzer Zeit erschien das Gesicht eines alternden Mannes auf dem Bildschirm, dessen Haar sich an den Schläfen bereits leicht grau gefärbt hatte. Sein Gesicht war von kleinen Fältchen durchzogen. Lachfältchen, wie Seeta nur zu genau wusste. Einen Moment lang starrte sie ihren Vater wie einen Geist an.

„Hallo, Kleines.“ begrüßte Manadi Yadeel seine jüngste Tochter mit dem Ausdruck offener Liebe auf dem Gesicht, den sie ein Leben lang immer an ihm gesehen hatte.

Tränen rannen ihr über das Gesicht. Zu viele, um auch nur den Versuch zu unternehmen, sie fortzuwischen. „Komm heim, Kind. Du brauchst uns jetzt.“ sagte ihr Vater mit leiser und einfühlsamer Stimme.


Das Shuttle hob lautlos vom Hangarboden der Katana ab. Stumm setzte die einzige Person an Bord einen Kurs. Das Shuttle beschleunigte und ging außerhalb des Systems auf Warpgeschwindigkeit. Sie wusste, dass hier alles gut laufen würde. Maggie war mehr als fähig den Maschinenraum zu leiten.

Seeta kehrte heim.