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From PathfinderWiki
Revision as of 14:17, 18 August 2014 by Seeta (talk)
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Alle für einen
Autor: Jade Thunders
Anfangssternzeit: 53557.37
Endsternzeit: 53558.74
Anfangsdatum: 23.07.2376 (0.00 Uhr)
Enddatum: 23.07.2376 (12.01 Uhr)

Sie war umgeben von Finsternis.

Jade spürte, wie ihr Schweiß den Nacken hinab lief, und sie hob instinktiv die Hand, um ihn wegzuwischen. Erst als ihre Finger auf das kühle, harte Material der Schutzrüstung trafen, wurde ihr wieder bewusst, dass sie sie trug, und wie sehr sie ihr bereits zur zweiten Haut geworden war, so dass sie sie in Situationen wie diesen gar nicht mehr an ihrem Körper zu fühlen schien.

Jade biss unwillkürlich die Zähne zusammen, während der Schweißtropfen langsam weiterwanderte und schließlich ihren Rücken hinunterrollte.

Sie hob die Hand, und der Lichtkegel der Leuchtmanschette, die sie an ihrem Armgelenk befestigt hatte, bohrte sich tief hinein in die undurchdringliche Schwärze des Ganges. "Tramelle", zischte sie in das kleine Sprechgerät vor ihrem Mund. "Aufrücken."

Jade spürte die Bewegung hinter sich mehr, als dass sie sie sah, und dann tauchte neben ihr eine schmale Gestalt aus der Finsternis auf. Zwei große blaue Augen blitzten sie kurz fragend an, dann hob Tramelle ihr PKG und gab der Away-Team-Leiterin Deckung, während sie langsam und vorsichtig ihren Weg fortsetzte.

"Rubinstein und Agalore, Position?"

"Etwa hundert bis hundertfünfzig Meter südöstlich von Ihnen, Lieutenant. Befehle?"

"Suche fortsetzen. Bleiben Sie dicht beisammen." Ich habe da nämlich ein verdammt ungutes Gefühl..., fügte Jade nur Gedanken hinzu.

Sie spürte das PKG in ihren Händen wie ein schweres, aber auch Sicherheit gebendes Gewicht, und einmal mehr löste sich ein Tropfen Schweiß aus ihren feinen Nackenhaaren und machte sich auf die lange, unangenehm kitzelnde Reise den Rücken hinunter.

Vor ihr blieb Tramelle plötzlich wie erstarrt stehen und hob die Hand. Jade sah kurz hinab auf den kleinen, an ihrem Gürtel befestigten Scanner, und als die junge Frau nun zunächst eine Faust ballte und dann drei Finger in die Luft streckte, wusste sie bereits Bescheid.

Schatten, in dreihundert Metern Entfernung direkt vor ihnen.

Es dauerte ein paar Sekunden, und Tramelles Mittelfinger knickte um.

Zweihundert Meter. Sie rückten näher.

Jade drückte sich an die schwarze Wand des Ganges, ging in eine leichte, federnde Hocke und überprüfte ein letztes Mal die Einstellung ihres PKGs.

Dann brach um sie herum die Hölle los.

Jade hörte Tramelles erstickten Schrei, und sie sah, wie die blonde Frau vor ihr scheinbar ins Leere zu feuern begann. Die Waffen waren vor ihrer Mission von Summers ein letztes Mal feinjustiert und modifiziert worden, es war allerdings nach wie vor ziemlich unklar, ob sie den geheimnisvollen Schatten tatsächlich irgendeine Art von Schaden zufügen konnten. Im Zweifelsfall würde es zu einem Kampf Mann gegen Mann kommen, und Jade hatte ihr Team hart für diese Eventualität trainieren lassen.

Ein Hauch von Stolz erfasste sie, als sie jetzt sah, wie Tramelle fast instinktiv einen festeren Stand einnahm, tief Luft holte und dann mit gezielten Hieben und Fußtritten die Luft durchschnitt. Ein paar Mal schien sie dabei etwas Festes zu treffen, und Jade hörte ein gedämpftes Schlaggeräusch.

"Rubinstein, Agalore, aufrücken! Wir werden angegriffen."

"Aye, Sir."

Jade spürte einen kalten Hauch, dann sah sie plötzlich etwas Großes und Dunkles durch die Luft auf sich zuschießen.

"Vorsicht, Lieutenant!" hörte sie Tramelles angespannt klingende Stimme aus dem Headset. "Sie brechen durch! PKGs sind nutzlos!"

Mehr brauchte Jade nicht zu hören, sie ließ ihr Phasergewehr zu Boden fallen und ging wie Tramelle ein paar Sekunden vor ihr in Nahkampfposition.

Der Schatten erreichte sie, und die Away-Team-Leiterin hörte ein hohes, schrilles Heulen, als er wuchtvoll gegen sie prallte. Sie schwankte, fiel aber nicht, und mit aller Entschlossenheit sprang sie in die Luft und trat zu.

Es war, als würde sie eine Mischung aus Kaugummi und Nebel bekämpfen. Ihr Fuß versank bis zum Knöchel in eiskalter, wabernder Schwärze, bevor er auf etwas annähernd Festes traf, dann prallte er mit einem vibrierenden Federn davon ab und Jade brauchte all ihre Reflexe, um ihren Körper gerade noch rechtzeitig abzufangen und auf allen Vieren auf dem Boden zu landen.

Sie schoss sofort wieder in die Höhe, versuchte ein, zwei schnelle, brutale Handkantenschläge, und beobachtete befriedigt, wie der Schatten zu zögern schien und schließlich ein Stück vor ihr zurückwich.

Ein blauer Phaserstrahl zerriss knisternd die Luft und kündigte das Kommen von Agalore und Rubinstein an.

"PKGs weg, sie bringen nichts", sagte Jade in ihr Sprechgerät, und ein unterdrücktes Fluchen in Kiswaheli antwortete ihr. "Agalore, reißen Sie sich zusammen."

Die beiden Männer schlossen zu ihr auf, und von dem großen, breitschultrigen Afrikaner war in der Dunkelheit nicht mehr zu erkennen als das Blitzen seiner weißen Augäpfel und der Zähne, wenn er sprach.

"Lieutenant, sie bekommen Verstärkung!" Jade blickte auf und sah, wie Tramelle vor ihnen nur noch mit größter Mühe ihre Position verteidigen konnte. Die schlanke junge Frau schwankte ein wenig, dann ging sie plötzlich zu Boden und hob schützend die Arme über ihren Kopf. Aus dem Headset kam ein erstickter Schrei.

"Rückzug!" Jades Stimme war so eiskalt wie die Berührung der Schatten und so schneidend wie ein Dolch. "Agalore, Rubinstein, gebt mir Deckung!"

Sie stürzte nach vorne, sah nur aus dem Augenwinkel, wie sich ihr erneut zwei Schatten näherten, wirbelte um die eigene Achse und trat zweimal kräftig zu. Treffer und Treffer.

Dann hatte sie Tramelle erreicht, packte die junge Frau an den Schultern und schrie ihr ins Ohr. "Hoch mit Ihnen, los!" Sie bemerkte eine dünne Blutspur in ihren kurzgeschnittenen, blonden Haaren, und als sie sie nach ein paar Augenblicken, die ihr wie eine Ewigkeit erschienen, endlich auf die Füße gezogen hatte, drohten Tramelles Knie sofort wieder einzuknicken.

Jade fluchte und griff nach der kleinen Tasche an ihrer Hüfte, förderte ein Hypospray zutage und presste es fest gegen die blasse Wange der jungen Frau.

"Durchatmen!"

Ein leises Zischen, ein kurzes Flackern in Tramelles Augen, dann straffte sie die Gestalt. "Okay. Danke, Lieutenant."

Jade nickte knapp. "Kommen Sie, weg hier."

Sie waren mittlerweile umgeben von Schatten, und dankbar und zufrieden nahm Jade zur Kenntnis, wie Rubinstein wieder näherrückte und ihnen den Weg freizumachen versuchte. Sie überließ sich nun ganz ihrem Instinkt und ihren Reflexen, trat, schlug und wirbelte wie ein Berserker durch den Gang, und plötzlich waren sie wieder frei.

"Lauft!"

Sie hatten die mobile Transportereinheit nur ein paar hundert Meter weiter hinter sich zurückgelassen.

Besonders weit sind wir ja nicht gekommen, dachte Jade sarkastisch, während sie zwischen die schwach rot glühenden dünnen Stangen trat und wartete, bis auch Agalore, Rubinstein und Tramelle Position bezogen hatten. Neuer Versuch, neues Glück.

"Koordinaten 831, 475. Energie."

Die Luft um sie herum begann zu flirren und zu prickeln, dann entmaterialisierten sie, um nur wenige Herzschläge später in einem anderen, dunklen Gang wieder aufzutauchen.

"Relative Position zur Transportereinheit ist jetzt Nordnordwest, achthundert Meter", meldete Agalore mit betont ruhiger Stimme, und Jade nickte bestätigend, während sie einmal mehr auf ihren Scanner blickte.

"Ein menschliches Lebenszeichen jetzt in Richtung Strich 117. Vorwärts."

Diesmal kamen sie gut voran. Nach ein paar Metern fielen Rubinstein und Agalore wieder ein wenig zurück, um den beiden Frauen Deckung zu geben, und nur einmal hörte Jade etwas, das wie ein kurzer, heftiger Kampf klang.

"Ein Schatten, Lieutenant", machte Rubinstein nur Sekunden später Meldung. "Wir haben ihn ausgeschaltet."

"Der Weg vor uns ist nach wie vor frei", ergänzte Tramelle, deren Kopfwunde mittlerweile aufgehört hatte zu bluten. "Captain Arven ist direkt vor uns, Sir. Zweihundert Meter."

Wo denn? schoss es der Away-Team-Leiterin ein wenig ratlos durch den Kopf, als sie die entsprechende Entfernung zurückgelegt hatten. Nach wie vor umgab sie nur Finsternis, und als sie mit ihrer Lampe die Wände entlang leuchtete, konnte sie keine Tür und kein Schott entdecken.

"Hier..." Tramelle beugte sich vor und fuhr mit ihrer behandschuhten Hand langsam über die unebene, schwarzglänzende Oberfläche. "Ein versteckter Öffnungsmechanismus..."

Jade hörte ein leises Klacken, dann glitt die Wand vor ihnen beiseite und machte den Blick frei auf einen kleinen, ebenfalls in völliger Dunkelheit liegenden Raum.

"Captain?"

Sie lag zusammengekrümmt am Boden, und ihr hübsches, schmales Gesicht war totenbleich. Die Away-Team-Leiterin stellte sicher, dass Rubinstein und Agalore sich an der Tür postiert hatten und ihr die nötige Deckung gaben, dann ging sie neben Arven in die Hocke, löste den Scanner vom Gürtel und führte ihn mit schnellen Bewegungen über ihren regungslosen Körper.

"Nur bewusstlos", murmelte sie erleichtert, und Tramelle reagierte sofort, griff nach ihrem winzigen Medipack und drückte Jade ein Hypospray in die Hand. Arven zuckte fast unmerklich zusammen, als sie es ihr injizierte, dann schlug sie die Augen auf. "Ich werde Ihnen nichts sagen..."

"Captain!" entfuhr es Jade schockiert und unglaublich wütend zugleich. Man hat sie gefoltert. "Captain, hier ist Lieutenant Thunders. Können Sie mich verstehen?"

Arvens Augen wurden klarer, und Jade sah, wie sie den Blick auf sie richtete. "Thunders..." Ein feines Lächeln spielte um die gequält wirkenden Gesichtszüge des Captains. "Das wurde aber verdammt noch mal auch Zeit..."

In diesem Moment zerriss ein entsetzter Schrei die Luft. "Sie greifen an!"

Agalore und Rubinstein brachen zusammen, und plötzlich wurde es eiskalt in dem kleinen Raum.

"Nein...", murmelte Arven tonlos, und ihre Finger schlossen sich wie bittend um die Jades. "Es tut mir so leid. Eine Falle..."

Etwas Schwarzes stürzte sich auf sie und Tramelle herab, und die Away-Team-Leiterin sah, wie der Körper des Captains sich kurz und heftig wand, bevor ihr Blick brach.

Tallia Arven war tot.

Sie hatte versagt.

Es war Jade Thunders letzter Gedanke, bevor die kalte Finsternis auch sie umgab. Sie hörte einen Schrei, und wusste, dass es ihr eigener war. Als ihr lebloser Körper nur einen Augenblick später krachend zu Boden fiel, spürte sie das bereits nicht mehr.


"Denken Sie nicht, dass Sie Ihr Training ein wenig übertreiben?"

Das MHN runzelte missbilligend die hohe Stirn, während es den medizinischen Tricorder ein letztes Mal über Jades schmerzenden Körper schwenkte. "Seit meiner Aktivierung vor 56, 8 Stunden habe ich vierzehn Mitglieder ihrer Elite-Force-Einheit wegen größeren und kleineren Blessuren hier behandelt, Sie selbst nicht mitgerechnet, Lieutenant."

"Mmmmpfffh", machte Jade diplomatisch – insgeheim dachte sie, Ach halt doch das Maul, du Wichtigtuer... – und versuchte, sich auf der Behandlungsliege aufzusetzen. Ihr Brustkorb belohnte sie mit einem heftigen Stechen, und hinter ihrer Stirn begann sich mit dumpfem Klopfen ein richtig fieser Kopfschmerz anzumelden. Jade hatte im Lauf der Jahre gelernt, wie man beides ignorierte. "Sind Sie fertig, Doc?"

"Mit Ihnen, ja." Das MHN verzog das Gesicht. Mussten sie diese Dinger denn unbedingt so menschlich und damit auch so verdammt launisch machen? "Aber ich gehe jede Wette ein, in einer halben Stunde habe ich den nächsten Mann aus ihrem Team hier liegen. Vielleicht sollten Sie noch einmal überdenken, die Sicherheitskontrollen des Holosystems während der Übungen doch laufen zu lassen, Miss Thunders."

"Auf dem Schattenschiff haben wir auch keine Sicherheitskontrollen", schnappte Jade, und damit war die Diskussion für sie beendet. Mit einem Satz, der um einiges weniger geschmeidig ausfiel als sonst, sprang sie von der Behandlungsliege und zog dann das Uniformshirt über ihrer Brust glatt. "Danke für die Behandlung."

"Meine Programmierung untersagt es mir, zu lügen, deshalb ist es mir auch unmöglich, Ihnen zu erwidern, ´Gern geschehen´", brummte das MHN, und die Away-Team-Leiterin schnaubte leise, während sie die Krankenstation verließ.

Meine Güte, ich vermisse Julian jetzt schon.


"Und nun?"

Tallia Arven blickte die anmutig vor ihr schwebende schwarze Gestalt fest an, und sie legte absichtlich eine gewisse arrogante Herausforderung in ihren Tonfall. "Was haben Sie nun mit mir vor? Werden Sie mich foltern? Oder mit Drogen gefügig machen?" Sie legte die Hände auf den Rücken, straffte ihre Gestalt und widerstand der Versuchung, unruhig auf der Brücke der Schatten auf- und abzulaufen, so wie sie es auf der Katana schon oft getan hatte, wenn sie angestrengt über etwas nachdachte. "Reden Sie gefälligst mit mir!"

Ihre beiden Bewacher rückten wieder ein Stück näher, und Tallia funkelte sie zornig an. In ihrer Magengrube begann sich eisige Kälte auszubreiten, und unwillkürlich ballte sie die Hände zu Fäusten. Was ihr auch mit mir vorhabt, ihr Mistkerle, ich bin bereit.

"Wie sagt Ihr Volk so schön, Captain?" erklang nun die hallende Stimme erneut, und Arven glaubte, einen Hauch von Spott aus ihren Worten herauszuhören. "In der Ruhe liegt die Kraft. Wir haben Zeit. Wir werden sehen." Die schwarze Gestalt machte eine knappe Bewegung in der Luft, und Tallia musste sich auf ihre ganze stolze Disziplin besinnen, um nicht vor ihr zurückzuweichen. Wie eine riesige, alles verschlingende Spinne...

Sie biss die Zähne zusammen und wandte ihre Blicke für einen kurzen Moment vom Befehlshaber des Schattenschiffes ab, ließ sie stattdessen rasch über die Brücke wandern und versuchte dabei, sich jedes Detail genauestens einzuprägen.

"Machen Sie sich nicht die Mühe, Captain." Die Stimme lachte tatsächlich. "Sie werden kein zweites Mal hier herkommen." Und die schwarze Gestalt vollführte eine erneute schnelle Bewegung, die die zwei Wächter zurück an Tallias Seite beorderte.

Doch der Captain der Katana achtete gar nicht darauf.

Bei den Sonnenwinden – was ist das? Ihre Aufmerksamkeit war an einer großen, transparenten Halbkugel im hinteren Bereich der Brücke hängen geblieben, in deren Inneren die verschiedensten Blau – und Violetttöne wild durcheinander zuwirbeln schienen. Es war ein ziemlich desorientierender, verwirrender Anblick, und Tallia merkte, wie ihr leicht schwindelig wurde.

Ein Gefühl, das sie kannte. Ein Gefühl, das sie immer auch beschlich, wenn...

Und dann dachte Arven keine Sekunde länger nach, sondern sie handelte.

Mit einem einzigen schnellen Satz war sie bei der auffallenden Vorrichtung, und verschränkte die Finger ineinander, hob ihre Arme hoch über den Kopf und ließ sie anschließend mit aller Kraft wieder herabsausen.

Wuchtig hieben ihre Hände wie eine einzige große Faust auf die Halbkugel, und sie erzitterte unter Tallias Schlag. Schon holte sie erneut aus...

Ein bedrohliches Zischen an ihrem Ohr verriet Arven, dass ihre beiden Bewacher sie eingeholt hatten.

Ihr könnt mich mal...!

Ein zweites Mal donnerten ihre Knöchel so fest auf die transparente Oberfläche mit den Farbwirbeln darunter, dass sie leise knackten und schmerzten, dann ein drittes Mal...

Und die Halbkugel brach.

Zischend strömte violettes Gas auf die Brücke, und irgendwo heulte leise eine Alarmsirene auf.

"Schafft sie fort!" donnerte die hallende Stimme.

Tallia spürte, wie Kälte sie umgab, und sie versuchte vergeblich, sich zu wehren. Die Schatten waren plötzlich überall, sie kreisten sie ein und packten sie, und dann wurde alles finster...


"Commander Needa!" Widars Stimme verriet nur in den seltensten Fällen irgendeine Art von Emotion, und umso hellhöriger wurde Ariell, als sie jetzt die ganz offenkundige Überraschung in seinem Tonfall bemerkte.

Sie erhob sich aus dem Kommandosessel und trat neben den Asgard an sein Kontrollpult. "Ja, Lieutenant?"

Er hob den Kopf und blickte sie aus seinen großen, leicht spiegelnden Augen eindringlich an. "Commander, das Schattenschiff scheint Probleme mit seinem Antrieb zu haben. Es hat ganz plötzlich gestoppt und hängt jetzt bewegungslos im All."

"Ha!" Es war ein kleiner Triumphschrei, mit dem Needa sich von all ihrem Frust über die vergangenen zehn Stunden fruchtloser Verfolgungsjagd befreite. Nachdem der Antrieb der Katana endlich wieder volle Energie besaß, waren sie dem Schattenschiff mit Warp acht gefolgt, hatten es aber nicht geschafft, sich ihm auch nur um ein Stück zu nähern. Zu groß war bereits ihr Vorsprung, und noch zu mitgenommen die Systeme der Katana, deren Status Seeta Yadeel mit kritisch gerunzelter Stirn die ganze Zeit über vom Maschinenraum aus genauestens im Auge behielt. Mehr als einmal war die Zanderianerin versucht gewesen, die Brücke zu rufen und Needa vorzuschlagen, das Tempo doch ein wenig zu drosseln, sie wusste aber auch, dass wahrscheinlich das Leben des Captains momentan in ihrer aller Hände lag und hatte sich zähneknirschend beherrscht. Stattdessen spielte sie jetzt Feuerwehr, huschte von einer Ecke des Maschinenraums in die andere, reparierte hier eine geplatzte Plasmaleitung und nahm dort ein paar Feinjustierungen vor, einen Lötkolben immer zwischen die Zähne geklemmt und einen Phasenscanner hinter dem Ohr.

"Irgendeine Idee, was passiert ist?" fragte Needa, und spürte gleichzeitig tief in ihrem Inneren, dass sie die Antwort auf diese Frage kannte. Arven ist passiert. Sie hat den Dreckskerlen Feuer unterm Hintern gemacht, und jetzt sind sie fällig.

Widar machte eine Bewegung, die sehr entfernt an ein menschliches Schulterzucken erinnerte, bei ihm jedoch eher wirkte, als würde er sich sämtliche Halswirbel einzeln ausrenken. "Leider nicht, Sir. Aber ich kann Ihnen sagen, dass wir das Schattenschiff bei unser gegenwärtigen Geschwindigkeit in vier Stunden erreichen werden, wenn es ihnen nicht gelingt, ihren Antrieb bis dahin wiederherzustellen."

"Na, das wollen wir doch nicht hoffen." Ariell grinste zuversichtlich, als sie wieder im Kommandosessel Platz nahm. "Um ganz sicher zu gehen, sollten wir auf Warp acht Komma fünf erhöhen – und ignorieren Sie bitte eventuelles Protestgeheul aus dem Maschinenraum."

"Aye Sir", erwiderte Widar, nun wieder völlig emotionslos.

Die Katana vibrierte kurz, dann sprang sie den Sternen noch schneller entgegen.

Tallia, wir kommen!


"Arrrgh!"

Seeta ging instinktiv in Deckung, als direkt über ihr ein Plasmarelais funkensprühend in sämtliche Einzelteile zerplatzte. Sie spürte etwas Heißes, Scharfes auf ihrer linken Wange, und als sie es rasch beiseite wischte, klebte Blut an ihren Fingerspitzen.

"Sir, sind Sie in Ordnung?"

Ensign Tally O´Neill machte ein besorgtes Gesicht und griff gedankenlos nach einem nur noch leidlich sauberen Tuch, um sich damit Yadeels Wunde zu nähern.

"Es ist nur ein Kratzer", brummte die Zanderianerin halb ärgerlich und halb belustigt, und stieß O´Neills Hand sanft aber bestimmt zur Seite. "Kommen Sie mir nicht zu nahe mit diesem Fetzen, oder denken Sie, ich möchte mit vom MHN einen Vortrag darüber anhören, dass Wundsterilität von äußerster Wichtigkeit bei der Erstversmogung ist?"

"Oh – tut mir leid." Betreten legte die junge Frau mit den langen glatten Haaren das Tuch wieder beiseite. "Wie dumm von mir."

Seeta grinste und zwinkerte ihr freundlich zu. "Schon vergessen, Tally. War was?" Dann zog sie sich einen leeren Hoverwagen heran, stieg darauf und reckte sich solange, bis sie das in die Luft gegangene Plasmarelais erreichte. Sie begann vorsichtig damit, es abzuschrauben, und O´Neill ging rasch ins Lager des Maschinenraums, um der Chefingenieurin ein entsprechendes Ersatzteil zu besorgen.

"...Sir?" fragte sie zögernd, als sie es ihr hinaufreichte.

"Mmmmh?" Zwischen Seetas Zähnen klemmten bereits wieder einmal ein Schraubenschlüssel und zwei Verbindungschips, während sie mit beiden Händen tief in dem geöffneten Relais steckte und versuchte, eine durchgeschmorte Leitungsdiode zu entfernen. Schweiß lief ihr von der Stirn, und sie hatte die Ärmel bis zu den Ellenbogen hinauf aufgekrempelt. O´Neill konnte gar nicht anders, sie musste ihre Vorgesetzte in diesem Moment fast schon ehrfürchtig bewundern.

"Sir." Sie schluckte, und von Seeta kam ein zweites, diesmal etwas ungeduldiger klingendes Brummen. "Finden Sie nicht, dass wir der Brücke dringend empfehlen sollten, die Geschwindigkeit zu reduzieren? Seit Stunden sind wir mit Warp acht unterwegs, und nun haben sie auch noch erhöht auf Komma fünf... Ich... glaube nicht, dass das besonders klug ist."

Yadeel gab einen Laut von sich, der wie ein unterdrücktes Kichern klang, konnte ihrem Ensign aber erst antworten, nachdem sie die Verbindungschips zurück in das Relais gesetzt und den Schraubenschlüssel mit einem lauten Scheppern auf den Hoverwagen hatte fallen lassen.

"Angst, dass uns das Schiff um die Ohren fliegt, was?" Ihre Augen funkelten spitzbübisch, während sie die Abdeckung des nun wieder funktionstüchtigen Plasmarelais schloss, und sie grinste breit. "Die habe ich auch. Aber was nützt uns das?"

Sie zuckte mit den Schultern und sprang zu Boden. "Der Captain sitzt auf diesem Schattenschiff fest, und keiner weiß, was die dort mit ihr anstellen. Freiwillig werden sie sie uns kaum zurückgeben, also haben wir keine Wahl – wir müssen sie einholen und Arven befreien." Seeta kratzte sich kurz am Kopf. "Ich würde sagen, das Elite-Force-Team hat hier fast den kniffligsten Job erwischt. Unsere Aufgabe ist lediglich, das Schiff zusammenzuhalten, bis wir die Schatten erreichen. Und das bekommen wir doch hin, oder?"

Sie lächelte, und O´Neill nickte langsam.

"Gut. Dann lassen Sie uns wieder an die Arbeit gehen, hm?"

"Sir, das Materie-Antimaterie-Gemisch erreicht einen kritischen Grenzwert!" rief Lieutenant Ramsey aus dem rückwärtigen Teil des Maschinenraums wie auf ein Stichwort hin. "Sie sollten sich das besser ansehen!"

Seeta unterdrückte ein Seufzen, klaubte den Schraubenzieher von der Plattform des Hoverwagens auf, schob ihn sich hinters Ohr und machte sich auf den Weg.

Der Captain muss gerettet werden, ganz klar, dachte sie ironisch und schmunzelte in sich hinein. Aber wenn wir ihr das Schiff nur noch in Einzelteilen zurückbringen können – wer rettet dann uns?


Dr. Lazarus beugte sich gerade über eine schematische Darstellung der vermutlichen Schutzschildtechnologie der Schattenschiffe, als er plötzlich leises Lachen hörte.

Er runzelte die Stirn, drehte seinen Sessel herum und blickte Andreas Summers fragend an, der jetzt an seiner Kaffeetasse nippte und dabei immer noch breit zu grinsen schien. "Dafür, dass es halb zwei Uhr nachts ist, haben Sie noch eine ausgesprochen gute Laune, nicht wahr?" Der Tev´Mekianer schmunzelte. In den letzten Tagen hatte er sehr eng mit dem Waffenexperten der Katana zusammengearbeitet und schnell gemerkt, dass Summers nicht nur ein sehr intelligenter und einfallsreicher Spezialist, sondern auch ein angenehmer und aufgeschlossener Zeitgenosse war, der mit seiner ruhigen, kameradschaftlichen Art auch nach dem zehnten fehlgeschlagenen Test nie Missstimmung im Wissenschaftlichen Labor aufkommen ließ. So offen wie jetzt hatte Lazarus den jungen Mann allerdings noch nie lachen sehen, und er stellte fest, dass es ihm ausgesprochen gut zu Gesichte stand.

"Erzählen Sie mir schon, was ist los?"

"Sehen Sie sich das einmal an, Dalen", schmunzelte Summers statt einer Antwort, und Lazarus erhob sich, um zu ihm an sein Terminal zu treten. Seine Augenbrauen schossen in die Höhe.

"Höchst interessant."

Kurz nachdem die Katana auf Warp acht Komma fünf gegangen war, um die offenbar ihres Antriebes beraubten Schatten endgültig einzuholen, hatte Commander Needa die beiden Männer in den Bereitschaftsraum des Captains gebeten. "Bisher haben Sie hervorragend zusammengearbeitet", hatte sie ohne große Einleitung erklärt und dabei die Fingerspitzen aneinandergelegt, "Jetzt habe ich noch einmal eine echte Herausforderung für Sie." Mit erregt funkelnden Augen hatte sie sich in ihrem Sessel vorgebeugt, und als Lazarus sich jetzt daran erinnerte, lief ihm erneut ein kleiner Schauer den Rücken hinab. Sollte es ihnen wider aller Hoffnung doch nicht gelingen, den Captain zu befreien, würde die Katana in Needa einen mehr als würdigen Ersatz finden. Powerfrau, nannte man so etwas auf der Erde.

"...Gentlemen, ich möchte, dass Sie sich zusammensetzen und nachdenken, bis Ihre Köpfe rauchen. Und wenn wir das Schattenschiff erreichen, werden Sie uns zwei, drei hübsche technische Spielereien präsentieren, die erstens verhindern, dass wie einmal mehr die leichte Beute dieser Kerle werden, und die es uns zweitens erlauben, den Captain zu retten. Finden Sie deren Schwachpunkte, oder verschaffen Sie uns ungeahnte Kräfte – es ist mir ganz egal, solange Sie nachher nur etwas vorzuweisen haben und wir nicht von vornherein auf dem verlorenen Posten stehen. Verstanden?"

Summers und Lazarus hatten genickt wie kleine Jungs, die soeben die Standpauke ihres Lebens über sich ergehen lassen mussten.

"Dann weggetreten."

"Das könnte tatsächlich funktionieren!" meinte Dalen jetzt ehrlich begeistert. Mittlerweile grinste auch er. "Meinen Sie, wir bekommen das in der kurzen Zeit, die uns noch zur Verfügung steht, hin?"

"Wir werden es einfach versuchen."

Sie rückten ihre Stühle zusammen und beugten sich gemeinsam über Summers Terminal. Und es dauerte nicht einmal eine Viertelstunde, bis das Grundgerüst ihres außergewöhnlichen Planes stand.


Arven stöhnte leise, und als sie sich aufsetzte, erfasste Schwindel ihren ganzen Körper.

Man hatte sie zurück in ihre Zelle gebracht, wie sie nach einem kurzen Blick auf ihre Umgebung hin feststellte. Tallia war sich nicht ganz sicher – schließlich hatte sie bei dem Angriff auf der Brücke das Bewusstsein verloren –, aber sie wurde das dumme Gefühl nicht los, dass man ihr zuvor noch das Schatten-Äquivaltent einer gehörigen Abreibung verpasst hatte. Zumindest schmerzte jeder einzelne Knochen in ihrem Körper, und an ihrem Kopf konnte sie eine dicke, verkrustete Platzwunde ertasten.

Mistkerle.

Sie setzte sich so, dass sie ihren Rücken an die unebene Wand lehnen konnte, und zog die langen Beine an.

Wenn Arven sich nicht sehr irrte, war das ein Antriebs-Energieverteiler gewesen, den sie da eben auf der Brücke ihrer "Gastgeber" so schnöde zertrümmert hatte, seiner Größe nach zu urteilen vielleicht sogar der Hauptknoten.

Und ihr untrügliches Gefühl, das sie im Laufe so vieler Jahre an Bord von Raumschiffen entwickelt hatte, und das zugänglich für kleinste Veränderungen jenseits der bewussten Wahrnehmungskraft war, sagte ihr, dass das Schattenschiff tatsächlich zum Stillstand gekommen war und nun ruhig im Weltraum trieb.

Tallia hatte getan, was sie konnte.

Jetzt blieb ihr nur noch, abzuwarten und auf ein baldiges Eintreffen der Katana zu hoffen.

Beeil dich, Needa...


"Captain? Ich bin es, Lieutenant Thunders."

Langsam beschlich Jade das unangenehm desorientierende Gefühl eines Déjà Vu. Einmal mehr blickte sie in Tallia Arvens bleiches Gesicht, und einmal mehr nickte der Captain ihr mit einem gequälten Grinsen zu. "Das wurde verdammt noch mal aber auch Zeit."

Sie injizierte ihr das Hypospray und half ihr dann auf, stützte sie, während sie gemeinsam zur Tür von Arvens winzigem Gefängnis gingen.

"She´Karan?" Der Yterianer wandte den Blick keine Sekunde lang von seinem Scanner ab, und seine Gesichtszüge wirkten angespannt.

"Keine Lebenszeichen außer den unseren im Umkreis von einhundert Metern, Sir. Aber aus Richtung 847 Strich 331 nähern sich zwei Schatten. Wir sollten uns also besser beeilen."

"Dann los." Jade drängte ihren Captain förmlich aus der Tür der Zelle – in dieser Simulation lag über Arvens Gefängnis ein Kraftfeld, das jegliches Beamen verhinderte –, und postierte sich dann draußen schützend vor ihm. "Thunders an Katana. Wir haben sie. ..."

"Lieutenant, Schatten auf neun Uhr!"

"Vier Personen, Katana, Energie!"

Der Transporterstrahl erfasste sie, und das Letzte, was Jade vor dem Glitzern und Funkeln des Materiestroms sah, war die drohende Silhouette eines Schatten, der sich rasend schnell auf sie zubewegte.

Dann verschwand der dunkle Gang um sie herum, und die Away-Team-Leiterin, Ensign She´Karan und Ensign Rettinghouse starrten auf das kahle, bläulich-silberne Gitter der Holovorrichtungen im Trainingsraum.

Jade atmete ein paar Mal tief durch und spürte, wie ihre von der vorangegangenen Übung leicht geprellten Rippen dabei immer noch ein wenig schmerzten.

Sie hatten es geschafft.

"Gut gemacht, Leute", sagte sie, und es war einer der wenigen Momente, in denen sie ihr Team trotz ihrer Erschöpfung offen anlächelte. "Habt ihr das gesehen, alle?"

Der Rest der Elite-Force-Einheit, der nicht direkt an der Simulation beteiligt gewesen war, sondern vom Rande des Holofeldes aus alles beobachtet hatte, nickte einhellig.

"Diesmal haben wir keine Fehler gemacht, keine Deckung vergessen und keinen Nahkampf verloren. Wenn nachher alles genauso läuft, Leute – dann retten wir den Captain."

Verhalten gute Laune kam auf, und Jade entließ die Einheit mit einer knappen Handbewegung. "Geht jetzt und ruht euch aus. Laut Brücke werden wir das Schattenschiff in knapp achtzig Minuten erreichen; ich wünsche, dass sich alle um 0430 Bordzeit in Transporterraum Eins versammeln. In voller Montur, versteht sich. Alles weitere gebe ich dort noch bekannt."

Ein paar der jüngeren Ensigns nickten ihr bestätigend zu, dann verließen die verschiedenen Teams in kleinen Grüppchen und halblaut miteinander murmelnd den Trainingsraum. Sie alle hatten Angst, das spürte Jade deutlich, und wenn sie ganz ehrlich mit sich war, beschlich auch sie langsam aber sicher eine gewisse Unruhe.

Immerhin ging es hier um das Leben des Captains...

Sie seufzte und schälte sich aus ihrer Rüstung, verstaute ihr PKG ordentlich im dafür vorgesehenen Wandschrank und machte sich danach auf dem Weg zu ihrem Quartier.

Ein wenig Zeit blieb auch ihr noch, bevor der Countdown zu ticken begann, Zeit genug für eine erfrischende Dusche, ein paar aufmunternde Songs von Bruce Springsteen und einen großen Teller Schokoladenkekse mit einer riesigen Tasse starkem, schwarzen Kaffee dazu.


"Da sind sie!"

Needa, die gerade zusammen mit Dr. Lazarus und Andreas Summers aus ihrem Bereitschaftsraum trat und ein äußert zufriedene Miene zur Schau trug, machte ein paar Schritte nach vorne, ganz so, als könne sie das Schattenschiff packen und vor Wut einmal kräftig durchschütteln, wenn sie nur nahe genug an den Wandschirm herantrat.

"Schilde hoch und auf rotierende Modulation einstellen! Waffen laden! Roter Alarm – aber stumm bitte, Mr. Summers."

"Aye, Commander." Andreas schob sich schleunigst auf den Sessel hinter der Taktischen Station, und seine Hände huschten über das Kontrollpult. Die Alarmleuchttafeln entlang der Brückenwände begannen rubinrot zu blinken und tauchten die gesamte Szenerie in ein bedrohliches Licht.

Ein paar Sekunden lang war alles totenstill.

Das Schattenschiff auf dem großen Monitor hing nach wie vor regungslos im All und machte keine Anstalten, die Katana anzugreifen. Fürs Erste.

"Die Sensoren zeigen an, dass ihr Antrieb immer noch funktionsunfähig ist", meldete Dr. Lazarus von seiner Wissenschaftsstation aus. "Ihre restlichen Systeme – Waffen, Schilde, Lebenserhaltung – arbeiten jedoch einwandfrei."

Needa überlegte kurz.

"Mr. Summers, rufen Sie sie."

"Aye, Sir. Kanal ist offen."

Die Trill nahm wieder im Sessel des Captains Platz, schlug betont lässig die Beine übereinander und blickte dann fest auf den Hauptschirm.

"Schattenschiff, hier spricht Commander Ariell Needa von der U.S.S. Katana. Sie haben einen Gast an Bord genommen, der seinen Besuch jetzt gerne beenden und wieder zu uns zurückkehren würde."

Livia McGregor, die im Sessel der Counselor saß und die ganze Szene ruhig beobachtete, warf der Trill einen schrägen Seitenblick zu. Ob die Schatten wohl Sarkasmus verstanden?

"Ich bitte Sie also, uns Captain Arven zu übergeben – anderenfalls müssen wir die nötigen Maßnahmen ergreifen, um sie uns zurückzuholen." Nicht gerade die Hohe Schule der Diplomatie, erkannte Ariell nüchtern. Aber ich habe gar keine Lust dazu, diesen Mistkerlen auch noch Honig um den Mund zu schmieren. Freiwillig werden die Tallia sowieso nicht herausrücken. "Wie lautet Ihre Antwort, Schattenschiff?"

Das Bild auf dem Monitor wechselte plötzlich, es zeigte jetzt einen nur äußerst spärlich beleuchteten Raum, in dem Needa eine riesige, spinnenartige schwarze Gestalt mehr erahnen als tatsächlich sehen konnte. "Sie wollen mir drohen, Mensch?" dröhnte eine seltsam hallende Stimme aus den Lautsprechern, und Ariell verzog das Gesicht. Vom erotischen Standpunkt aus gesehen nicht wirklich mein Fall.

"Ihr Captain ist längst tot..." Lazarus, der Schattenschiff mittlerweile gründlich studiert hatte, schüttelte andeutungsweise den Kopf und sagte Needa damit, dass seine Scanner die Schilde des Gegners nicht durchdringen konnten, um diese Aussage zu überprüfen. Tallia! "...Und Sie alle werden ihr Schicksal jetzt teilen."

Das Bild flackerte kurz, dann zeigte der große Wandschirm wieder das Schattenschiff, das ruhig und doch so bedrohlich vor der Katana im Weltall schwebte.

Needa atmete tief durch. Soviel zu einer friedlichen Lösung. Na wartet, ihr werdet euch noch wundern!

In ihren Augen glitzerte es fast schon übermütig, als sie sich zu Summers herumdrehte und ihn lächelnd anblickte. "Sind Sie bereit?"


Jade nahm einen letzten Schluck Kaffee und spürte, wie er sich heiß und stark einen Weg bis hinunter in ihren Magen brannte und sich dort wohlig warm ausbreitete.

Vor ihr stand ein leerer Teller voller Kekskrümel, und die Away-Team-Leiterin machte sich nicht die Mühe, ihn zurück in den Replikator zu stellen. Das hatte auch Zeit bis später.

Sie ging ins Schlafzimmer, holte eine frische Uniform aus dem Wandschrank und schlüpfte hinein, dann band sie sich ihre vom Duschen noch leicht feuchten Haare zu einem festen Knoten auf ihrem Hinterkopf zusammen. Nicht besonders schön, aber praktisch.

Jade widerstand der Versuchung, Springsteens Hymne The Rising bis zum letzten Ton auszukosten und befahl dem Computer stattdessen, das Playback zu beenden.

Mit eiligen Schritten verließ sie ihr Quartier, stand nur eine knappe Minute später in der Ausrüstungskammer der Elite Force und legte sorgfältig ihre Schutzrüstung an. Das flaue Gefühl, das sie noch bis vor wenigen Minuten in ihrer Magengrube gespürt hatte, war verschwunden und der ruhigen, effizienten Routine gewichen, mit der Jade sich auf einen gefährlichen Außeneinsatz vorzubreiten pflegte.

Mit einer beinahe feierlichen Handbewegung nahm sie ihr Phasergewehr aus der Ablage und schulterte es, fühlte sein Gewicht wie stärkend auf sich ruhen und nickte sich selbst knapp zu.

Los geht´s.

Als sie Transporterraum Eins erreichte, hatte sich bereits ihre gesamte Elite-Force-Einheit dort versammelt.

Angespannte, aber nicht ängstliche Gesichter blickten ihr erwartungsvoll entgegen, und Jade sprang auf die Transporterplattform, um von jedem gesehen werden zu können.

"Guten Morgen, Leute. Wir haben nicht mehr viel Zeit, also hört gut zu. Die Mission läuft folgendermaßen ab..."


"Achtung, sie feuern!"

Needa umklammerte die Armlehnen des Kommandosessels und bereitete sich auf den Einschlag vor. Die Katana erbebte kurz, und das Deck neigte sich für ein paar Augenblicke lang steil nach oben, bevor die Trägheitsdämpfer reagierten und die Bewegung wieder ausglichen.

"Unsere Schilde halten", verkündete Summers nicht ohne einen gewissen Stolz in der Stimme und wechselte danach einen kurzen Blick mit Lazarus. "Commander, Taktiksystem LS01-Mirrors ist online und bereit zum Einsatz."

"Na, dann los." Ariell unterdrückte ein Grinsen. Jetzt bin ich aber gespannt. Die beiden Männer konzentrierten sich ein letztes Mal kurz auf ihre Konsolen und tippten ein paar Befehle ein. Irgendwo tief im Bauch der Katana erklang ein leises Surren, dann erwachte die Deflektorschüssel zu voller Aktivität und...

"Es funktioniert!" Dalens Triumphschrei entsprach zwar nicht unbedingt dem Sternenflottenprotokoll, aber Needa war im Moment nur zu gerne bereit, auf einen entsprechenden Hinweis zu verzichten.

Wie gebannt starrte sie auf den Hauptschirm, und ein spitzbübisches Lächeln spielte um ihre Mundwinkel. Na, ihr Schattengestalten, was sagt ihr jetzt?


"Seht euch das an!"

Im Astrometrischen Labor hatte Ensign Regine Bruckner den Bildschirm auf die Außenkameras geschaltet, und ihre Kollegen jubelten begeistert los.

"Wie haben sie das denn gemacht?" fragte Lieutenant Krrr´merakk staunend und trat neben sie hin.

Das große, schwarze Schattenschiff hing nach wie vor wie eine riesige Spinne vor ihnen im Weltraum, doch es wirkte auf einmal gar nicht mehr so schrecklichen bedrohend angesichts der vielen Dutzend weißglänzenden Sternenflottenschiffe, die es von einer Sekunde auf die andere plötzlich umringt hatten.

Viele Dutzend Schiffe der Souvereign-Klasse.

Viele Dutzend Katanas.

"Eine Holoprojektion", murmelte Regine und ließ ihre langen, schlanken Finger kurz über ihr Kontrollpult huschen. "Sie haben die Deflektorschüssel irgendwie mit den Holoemittern auf den Holodecks Eins, Zwei und Vier verbunden und projizieren die Bilder damit hinaus in den Weltraum." Die ältere Frau mit den silbrigglänzenden kurzgeschnittenen Haaren stutzte kurz, dann lachte sie leise auf. "Gleichzeitig haben sie alle Energieausstöße der Katana so maskiert, dass die Schatten anhand von Scans nicht mehr unterscheiden können, welches der vielen Schiffe da draußen nun tatsächlich wir sind. ...Himmel, das ist einfach genial!"


"Das ist genial, Mr. Summers, Dr. Lazarus." Needa spürte noch immer ein fast kindisch vergnügtes schadenfrohes Kichern in sich aufsteigen, wenn sie auf den Hauptschirm blickte und die vielfachen Ebenbilder der Katana betrachtete, die das Schattenschiff wie eine Mauer umschlossen.

Sichtlich verwirrt hatte ihr Gegner sein Feuer fürs Erste eingestellt, und die Erste Offizeuse fragte sich unwillkürlich, ob ein verblüffter Schatten wohl auf seine Art und Weise ein genauso dummes Gesicht machen konnte wie ein überrumpelter Mensch.

"Wie sind Sie nur auf die Idee gekommen?"

Andreas war die plötzliche Aufmerksamkeit der gesamten Brückencrew fast ein wenig peinlich, und er zuckte die Achseln. "Holoprogrammierung war schon immer ein Hobby von mir, und die Idee, Hologramme zur taktischen Verwirrung von Gegnern einzusetzen... äh, die wurde in einer durchzechten Nacht an der Akademie von mir und ein paar Freunden geboren. Ich hatte nur nie die Gelegenheit, sie auch wirklich einmal auszuprobieren. Na ja, und ohne Dalens Hilfe hätte ich das alles sowieso nicht umsetzen können."

"A propos, Dr. Lazarus..." Needa besann sich ganz plötzlich wieder auf die Aufgabe, die sie zu erledigen hatten, und sie schenkte Summers ein letztes anerkennendes Lächeln, bevor sie ihren Sessel in Richtung Wissenschaftsstation schwenkte. "...Es wird Zeit, dass wir auch Ihr kleines Spielzeug zum Einsatz kommen lassen, bevor sich die Schatten von ihrem Schock erholt haben. - Brücke an Transporterraum Eins."

"Thunders hier, Commander. Wir sind bereit."

"In Ordnung. Viel Glück, Lieutenant. Bringen Sie uns den Captain heil wieder. Needa Ende."

Ihr Blick fiel auf den Hauptschirm, wo die Schatten wieder begonnen hatten, zu feuern, und ein wenig ratlos ein Hologramm nach dem anderen zum Flackern brachten.

"Dr. Lazarus!"

"Aye, Sir, Taktiksystem LS02-Intrusion wird abgefeuert!"

Interessante Namensgebung, dachte Ariell, während sie spürte, wie sich all ihre Muskeln erwartungsvoll anzuspannen begannen. Die beiden könnten sich als Waffenentwickler selbstständig machen und würden sich vermutlich goldenen Nasen verdienen. "Bericht!"

Die Trill hatte auf dem großen Hauptschirm keine Veränderung ausmachen können, doch Lazarus´ zufriedenes Lächeln sagte ihr, dass auch sein Plan ein voller Erfolg gewesen sein musste.

"Der sonische Impuls hat die Schutzschilde des Schattenschiffes für genau 0,45 Sekunden entscheidend geschwächt, Commander. Transporterraum Eins meldet, dass die Elite-Force-Teams Alpha bis Delta an Bord des Gegners gebeamt wurden."

"Ausgezeichnet!" zischte Needa und ballte eine Hand zur Faust. "Gleich noch mal, Doktor!"

Es dauerte ein paar Augenblicke, dann nickte Lazarus zufrieden. "Teams Epsilon bis Kappa haben ihre Ziele ebenfalls erreicht, Sir. Die Schatten haben bemerkt, was wir tun und sich auf den sonischen Impuls eingestellt." Der letzte Satz klang fast ein wenig bedauernd.

Needa hatte das erwartet, dennoch spürte sie, wie sich ihre Fingernägel wie von selbst immer tiefer in ihren Handballen zu graben schienen. Jetzt können wir ihnen nicht mehr helfen. Wir können sie nicht rausholen. Sie sind auf sich gestellt.

Und es war einer der äußerst seltenen Momente in ihrem Leben, in denen Ariell Needa ein stummes Stoßgebet losschickte – wen auch immer es erreichen mochte.


Die Simulationen hatten es gar nicht so schlecht getroffen – das feindliche Schiff schien tatsächlich hauptsächlich aus langen, engen und finsteren Gängen zu bestehen, und als Jades Scanner meldete, dass sich der Schutzschild der Schatten wieder vollständig über ihnen geschlossen hatte, konnte sie ein kurzes Aufflackern von Klaustrophobie nur mit Mühe unterdrücken.

Wir sitzen fest.

"Kappa-Team, versammeln", sagte sie in ihr Headset, und augenblicklich bildeten Marc deSar, Lavender Parvati und Burgoyne 224 einen engen Kreis um sie. "Burgoyne, Kommunikationstest."

Der/die blonde Hüne/Hünin verengte seine/ihre blauen Augen zu Schlitzen und schien kurz zu lauschen, dann sagte er/sie mit seiner/ihrer angenehmen, volltönenden Stimme: "Empfang zu allen Teams funktioniert, Sir. Verständigung ist klar und deutlich."

"Gut." Wie immer irritierte Jade der Anblick des Hermanten ein wenig – dieses Gesicht, das weder weiblich noch männlich zu sein schien, unter der Uniform die zwei deutlichen Beulen in Brusthöhe und die leichte Ausbuchtung ein wenig weiter unten –, aber sie hatte Burgoyne schnell als hervorragendes Mitglied der Elite Force kennen- und schätzen gelernt. Er/sie war nicht nur groß und kräftig gebaut, sondern auch äußerst intelligent und teamfähig, und über seine/ihre Witze wurde im Übungsraum oft so heftig gelacht, dass minutenlang jedes Training zum Erliegen kam.

"Thunders an die Teams Alpha bis Gamma. Sie kennen Ihre Zielpositionen, gehen Sie an die Arbeit. ... Thunders an die Teams Delta bis Kappa. Ausschwärmen." Sie drehte ihren Kopf und gab deSar und Parvati einen leichten Wink. "Sie beide bilden die Nachhut. Denken Sie an die letzte Übung, genauso wird es gemacht. Vorwärts."

Schnell und zielstrebig, aber nicht unvorsichtig bewegten sie sich weiter in den dunklen Gang hinein. Bislang konnte Jade auf ihrem Scanner nichts ausmachen, und sie unterdrückte einen leisen Fluch. Lazarus hatte Recht, die Wände hier schlucken irgendwie unsere Impulse. Wir werden das verdammte Schiff Deck für Deck durchsuchen müssen.

Eine schwere, feuchte Wärme hing in der Luft – noch etwas, das die Simulationen nicht hatten vorausahnen können –, und unter der Rüstung brach Jade bereits wieder der Schweiß aus.

"Lieutenant!" Parvatis dunkle Augen weiteten sich ein wenig. "Da vorne!"

Die Away-Team-Leiterin hob den Kopf, und fast augenblicklich erkannte sie die drei dunklen, spinnenartigen Wesen, die am anderen Ende des Ganges regungslos in der Luft hingen und nur auf sie zu warten schienen.

Ungläubig warf sie noch einmal einen Blick auf ihren Scanner, und diesmal fluchte sie offen und laut. Das verdammte Ding zeigte nach wie vor nichts an, es war hier so gut wie nutzlos!

"PKGs auf Stufe vier", knurrte Jade zwischen angespannt zusammengebissenen Zähnen hervor, und ihre Finger schlossen sich ein wenig fester um den Lauf ihrer eigenen Waffe. "Feuer!"

Die Jagd hatte begonnen.

Bleibt nur noch herauszufinden, wer hier der Jäger und wer der Gejagte ist...


Der Eindringlingsalarm begann zu schrillen, und Needa sprang einmal mehr aus ihrem Sessel auf, als sich vor ihr in der Luft ein schwarzer, wabernder Fleck zu bilden begann.

"Sieht so aus, als wären unsere kleinen Freunde zurück", kommentierte sie trocken und wandte sich an Lazarus. "Doktor, haben die Schatten herausbekommen, welches der Schiffe kein Hologramm war?"

"Negativ", brummte Dalen und deutete mit dem Kinn auf den Hauptschirm. "Aber jetzt wissen sie es."

Die strahlend hellen Hologrammabbilder der Katana schienen plötzlich durchlöchert worden zu sein, und Needa musste die Augen zusammenkneifen, um das leichte Zucken und Zittern zu erkennen, das von diesen vermeintlichen Löchern ausging.

"Bei den Propheten", hauchte Srell Kinar, eine junge Bajoranerin, die neben Widar an der Steuerkonsole saß. "Sie haben sie auf jedes der möglichen Schiffe gebeamt, nur um zu sehen, wo die echte Katana ist." Im nächsten Moment huschte eine kleine, schwarze Gestalt über ihr Pult, und mit einem leisen Aufschrei fegte sie es zu Boden.

"Na, das nenne ich allerdings eine Kamikazemission", murmelte Needa und fing geschickt den Phaser auf, den Summers ihr zuwarf.

Die rückwärtigen Turbolifttüren öffneten sich, und ein Sicherheitsteam stürmte auf die Brücke.

In diesem Moment kam die Nachricht aus dem Maschinenraum. "Commander, hier ist Seeta Yadeel. Sie sind auch bei uns eingedrungen und versuchen, unsere Systeme lahm zulegen. Wir brauchen hier unten dringend Hilfe!"


Jade brauchte nur einige wenige Sekunden um zu erkennen, dass das Phaserfeuer gegen die Schatten tatsächlich nutzlos war.

Völlig unbeeindruckt rückten die drei spinnenartigen Wesen Meter um Meter näher, und es sah fast so aus, als würden sie das blaugleißende Strahlen der PKG-Entladungen irgendwie absorbieren.

"Feuer einstellen! Nehmen Sie die PKGs beiseite, bereiten Sie sich auf einen Nahkampf vor!"

Burgoyne 224 kam dieser Aufforderung mit einer einzigen, fließenden Bewegung nach, und als der erste der drei Schatten sie beide erreicht hatte, stieß er/sie ihn mit einem kräftigen Handkantenschlag zurück. Jade beglückwünschte sich im Stillen dazu, den Hermanten in ihr Team genommen zu haben.

Ein Geräusch hinter ihr verriet ihr, dass deSar und Parvati wieder zu ihnen aufgeschlossen hatten, dann musste sie sich auch schon auf ihren eigenen Gegner konzentrieren, der mit atemberaubender Geschwindigkeit direkt auf ihren Kopf zugeschossen kam und offenbar plante, sie ganz schnöde zu enthaupten.

Jade sprang kraftvoll mit beiden Beinen vom Boden ab, drehte sich in der Luft und ließ ihren Fuß krachend irgendwo im Körperzentrum des Schatten landen. Anders als in den letzten Simulationen war es, als würde sie auf harten Stein treffen, und die Wucht des Aufpralls fuhr ihr bis tief ins Becken hinein. Sie landete auf allen Vieren auf dem Boden, wirbelte augenblicklich herum und schlug mit der geballten Faust zu. Der Angreifer, der im Begriff gewesen war, sich auf sie zu stürzen, torkelte leicht und wich zurück.

So kann das auf Dauer nicht funktionieren. Aus dem Augenwinkel sah Jade, wie sich Parvati und deSar gegen den dritten der Schatten zu verteidigen versuchten. Wir halten sie nur im Schach, besiegen sie aber nicht wirklich, und irgendwann gehen uns die Kräfte aus. Ihr eigener Gegner kehrte zu einer neuen Attacke zurück, und wieder bekam er wuchtvoll Jades Stiefelspitze zu spüren. Wir müssen ihre verwundbare Stelle finden!

Der Zufall kam ihnen zur Hilfe.

Burgoynes Widersacher gab plötzlich einen seltsamen, dumpfen Laut von sich, dann schien er jegliche Kraft zu verlieren und fiel zu Boden. Ein letztes Mal zuckte sein Körper wie von großem Schmerz erfüllt zusammen, bevor er starr und regungslos liegen blieb.

Der Hermant ballte triumphierend seine/ihre Hände zu Fäusten. "Genau so!" Er/sie machte einen langen Satz zu Jades Angreifer hinüber, holte aus und ließ seine/ihre Rechte kraftvoll an dem einen Punkt landen, von dem aus alle sechs der langen "Beine" des Wesens zu entspringen schienen. "Genau da!"

Der Schatten ächzte, und dann fiel auch er.

"Das ist es, Burgoyne!" Jade nickte anerkennend, und deSar und Parvati, die begriffen hatten, worum es ging, schickten auch den dritten Gegner ins Land der Träume. "Thunders an alle Teams! Vergesst die PKGs, sie sind nutzlos gegen die Schatten. Aber ihr könnt sie unschädlich machen, indem ihr sie dort trefft, wo alle ihre Gliedmaßen ansetzen. Ihr müsst genau diesen einen Punkt erwischen, Leute – und wir haben eine reelle Chance, heil hier wieder herauszukommen."


Seeta fluchte, während ihr Stiefel krachend auf einer der schwarzen "Spinnen" landete. Die kleinen Biester zeigten sich im Gegensatz zu ihrem ersten Auftauchen resistent gegen jegliche Art von Phaserbeschuss – auch eine Dauersalve mit dem einzigen schweren PKG, das im Maschinenraum lagerte, vermochte es nicht, ihren seltsam verschwommen wirkenden Panzer zu knacken.

Die Chefingenieurin hob ihren Fuß wieder und stellte nicht besonders überrascht fest, dass der Miniaturschatten sich immer noch bester Gesundheit erfreute. Mit Bewegungen, die ihr einen leichten Schauer über den Rücken jagten, wuselte er zum nächsten Terminal, sprang mit einem einzigen gewaltigen Satz darauf und tat dann irgendetwas, dass die beleuchteten Anzeigen hilfesuchend aufflackern ließ. Funken sprühten, und es roch nach verschmorter Isolierung.

"Sir, sie machen sich am Hauptantrieb zu schaffen!" O´Neills rundliches Gesicht wirkte müde und entsetzt zugleich. Die junge Ensign hatte eines der spinnenartigen Wesen mit einer Kneifzange gefangen und hielt es nun mit weit von sich gestrecktem Arm in die Luft. Der Schatten zappelte und wand sich, und wieder einmal war die Ähnlichkeit zu einer übergroßen Spinne frappierend. "Oh nein, den habe ich doch gestern erst repariert!" Mit zwei schnellen Sätzen war Seeta bei der entsprechenden Konsole, und mangels einer besseren Idee fegte sie die Biester, die darauf hockten, erst einmal mit einer heftigen Handbewegung zu Boden.

...Und nun?

Ihr Blick wanderte erneut zu O´Neill mit ihrer Kneifzange. Nicht wirklich effektiv, aber...

"Ich habe eine Idee! Carlson, Kamilah, zu mir!"


"Commander, wir können den Schatten mit unseren Phasergewehren nichts mehr anhaben!" Ensign Reed feuerte trotzdem ein weiteres Mal auf den wabernden schwarzen Fleck, der sich seit ein paar Sekunden vor der Navigationskonsole zu bilden begann. Völlig unbeeindruckt davon formierte sich das spinnenartige Wesen zu seiner vollständigen Gestalt, sprang vor Widar auf das Pult, und erneut sprühten Funken, als es sich in den Hauptnavigationscomputer einzuloggen schien.

Das sehen wir selbst, dachte Livia McGregor grimmig, die entgegen ihrer ansonsten eher ruhigen und einfühlsamen Art im Moment dabei war, am laufenden Band kräftige Hiebe auszuteilen. Wenn man den kleinen Biestern schon nicht mehr mit Phaserfeuer zu Leibe rücken konnte, musste man sie eben mit der nackten Faust von den Konsolen fegen, und auch wenn dies ein sehr ungleicher und ineffektiver Kampf war – denn einmal zu Boden geschleudert rappelten die Schatten sich sofort wieder auf und gingen erneut zum Angriff über –, erfüllte er die Bordcounselor dennoch mit einer gewissen Genugtuung, und sie wusste, dass es ihren Kollegen genauso ging. Rachegelüste, Dampf ablassen, nannte ihr geschulter Psychologinnenverstand das in einem hintersten Winkel ihres Gehirns kühl. Wir alle sind frustriert und angespannt, weil die unseren Captain haben; nun erhalten wir die Chance, es ihnen körperlich zumindest ansatzweise heimzuzahlen. Und mit einem Rechtsausleger, der sich gewaschen hatte, ließ sie das nächste Wesen von der taktischen Konsole zu Boden krachen.

"Es werden immer mehr", stellte Dalen Lazarus neben ihr sachlich fest. "Wenn das so weitergeht, haben wir bald keine Chance mehr, und sie legen uns sämtliche Systeme lahm. Dann kann ihr Schiff einfach und bequem auf uns feuern, und die Katana ist Geschichte."

"Sagen Sie so etwas nicht", erwiderte Livia mit fester Stimme und spürte, wie sie in ihre Rolle als Counselor zurückfiel. "Wir schaffen das schon irgendwie. Wir müssen nur daran glauben." Und vielleicht sollten wir auch das eine oder andere Gebet versuchen, fügte sie nur in Gedanken ironisch hinzu.

"Maschinenraum an Brücke", erklang in diesem Moment das Interkom, und Livia sah, wie Needa sich für einen Augenblick lang in ihren Sessel sinken ließ und sich Schweiß von der Stirn wischte. "Brücke."

"Sir, wir haben die Situation hier unten unter Kontrolle." In Yadeels Stimme war ein gewisser Stolz unüberhörbar. "Alle Schatten wurden... äh, handlungsunfähig gemacht, und auch weitere Eindringlinge stellen keine Gefahr mehr dar. Ich habe meine Leute bereits in alle Schiffssektionen losgeschickt, um die Wesen dort ebenfalls unschädlich zu machen, und bin selbst auf dem Weg zu Ihnen hinauf. Halten Sie noch ein paar Sekunden lang durch."

"Verstanden, Lieutenant." Needa streckte sich und wischte mit der Faust einen Schatten von der Armlehne des momentan leeren Sessels des Ersten Offiziers. "Beeilen Sie sich."

"Selbstverständlich, Sir."

Und tatsächlich dauerte es keine knappe halbe Minute, bis sich die rückwärtigen Turbolifttüren öffneten und die Zanderianerin mit wehenden Haaren auf die Brücke gestürmt kam. Sie hielt mit beiden Fäusten irgendetwas fest umklammert, und auf ihrem Gesicht lag ein triumphierendes Lächeln.

"Sie haben einen Kammerjäger bestellt, Commander?" Seeta blieb vor dem Sessel des Captains stehen und machte eine kleine Wurfbewegung. Mit einem leisen Klirren landete ein kleines, silbernes Plättchen direkt vor Needas Füßen, summte leise und sandte dann wie suchend einen feinen, bläulich schimmernden Strahl aus. Mit ungläubiger Miene verfolgte Livia, wie der den beiden Frauen nächste Schatten zu zucken begann, sich kurz wand und schließlich in hohem Bogen durch die Luft flog. Wie eine Fliege im Spinnennetz blieb er in dem blauen Lichtstrahl hängen und ruderte hilflos mit den langen, dünnen Beinen.

Seeta grinste. "Ich nenne es Schattenfalle." Und dann holte sie aus und warf mit beiden Armen Dutzende weitere der silbrigglänzenden Vorrichtungen in alle Richtungen auf die Brücke.

Zzzzzumm, zzzzumm, zzummmm...

Ein spinnenartiges Wesen nach dem anderen wurde vom Boden, von den Kontrollpulten und von den Arbeitsstationen geholt und in Yadeels Falle festgesetzt. Wenn sich irgendwo ein neuer wabernder Fleck zu bilden begann, erhielt der betreffende Schatten nicht einmal die Chance, sich mehr als einen Zentimeter weit fortzubewegen, dann wurde auch er durch die Luft geschleudert und in den blauen Strahlen eingeschlossen.

Und innerhalb von nur wenigen Sekunden war der ganze Spuk vorbei.

Livia sah sich auf der Brücke um, und die Absurdität des Anblicks ließ sie schmunzeln. Überall hingen die Angreifer wehrlos mitten im Raum, zappelten und zuckten zwar, hatten aber nicht die geringste Aussicht auf Erfolg.

Man musste sie nur noch aufsammeln und entsorgen. Wie praktisch.

Ariell Needa sah Seeta an und hob grinsend eine Augenbraue. "Traktorstrahlen, Lieutenant?"

"Aye Sir, Miniaturtraktorstrahlen, wie sie in vielen unserer Werkzeuge verwendet werden", nickte die Zanderianerin und legte die Hände hinter den Rücken. "Gekoppelt mit einfachen Sensoren, wie wir sie ebenfalls in einigen Geräten finden. Das Prinzip ist einfach – Sensor spürt Schatten auf, Traktorstrahl setzt Schatten fest. Alles, was wir noch tun mussten, war, die beiden Dinge richtig miteinander zu verbinden und dann im Replikator zu vervielfältigen."

"Einfach und genial." Aus Needas Augen sprach ehrliche Anerkennung. "Lieutenant, heute haben Sie sich selbst übertroffen. Ich werde Sie Captain Arven für eine Belobigung vorschlagen, sobald wir sie zurück an Bord haben."

Sie glaubt noch immer fest daran, dass es uns gelingt, Arven zu retten, dachte Livia, und nachdem sie eine von Seetas Fallen mitsamt Inhalt von ihrem Sessel entfernt hatte, nahm sie mit einem leisen Aufseufzer der Erleichterung darin Platz. Und so wie es aussieht, kann diese Crew wirklich alles schaffen, was sie sich vornimmt. ...Was mir bleibt, ist, die seelischen Scherben aufzufegen, wenn das alles hier vorbei ist und der Schock erst einmal seine Gelegenheit erhält, ihnen allen tief in die Knochen zu fahren.

Livia wusste, diese Stunde würde noch kommen, und sie wusste auch, wenn es soweit war, würde sie genauso bereit sein wie ihre Kameraden es an diesem Tag gewesen waren.


Jades Scanner baumelte deaktiviert am Gürtel ihrer Rüstung, und die Away-Team-Leiterin hatte sich das gesicherte PKG über die Schulter geschlungen, so dass es ihr nicht länger im Weg war.

Beides hatte sich als nutzlos im Kampf gegen die Schatten herausgestellt, und dennoch hatten sie ihr und Team nun mittlerweile schon vier Begegnungen mit dem Feind erfolgreich und ohne größere Blessuren hinter sich gebracht. Jade war stolz auf ihre Leute, und gleichzeitig unheimlich froh, dass das verstärkte Nahkampftraining der vergangenen Tage und Wochen sich jetzt so hervorragend bezahlt machte.

Sie aktivierte das Sprechgerät ihres Headsets und bedeutete Burgoyne, einen Moment lang innezuhalten.

"Thunders an die Teams Alpha bis Gamma. Wir weit seid ihr?"

"Hier T´Clea vom Team Alpha, Sir", erklang fast sofort die kühle, nüchterne Stimme der einzigen Vulkanierin in Jades Elite-Force-Einheit. "Wir haben die Zielposition jetzt im Blickfeld, Lieutenant. Warten auf Ihren Befehl."

"Gute Arbeit, Ensign. Stellung halten." Jade nickte zufrieden. "Team Beta?"

"Romero hier. Sir, wir hatten einige heftige Zusammenstöße mit den Schatten, und Ensign Goldenburg wurde leicht am Bein verletzt. Wir sind noch etwa fünfhundert Meter vom Maschinenraum der Schatten entfernt."

"Verstanden. Versuchen Sie, Goldenburg zu schützen und zu unterstützen, damit nicht noch etwas Schlimmeres geschieht. Thunders Ende. ... Team Gamma?"

Nur Stille antwortete ihr. Jade spürte, wie sich etwas in ihr verkrampfte, und sie biss die Zähne zusammen. "Team Gamma, bitte kommen!"

Neben ihr blickte Burgoyne sich unruhig um.

"Team Gamma, Thunders hier, bitte antworten Sie!"

Sie wartete noch ein paar Sekunden lang, dann traf die Away-Team-Leiterin eine Entscheidung. "Thunders an Team Epsilon. Brechen Sie Ihre Suche ab und begeben Sie sich zur letzten bekannten Position von Team Gamma. Mister Vabande antwortet nicht mehr und kann vielleicht Unterstützung..."

"Achtung, die Schatten greifen wieder an!" Burgoyne packte ihre Schulter und stieß sie grob beiseite, als eine schwarze Gestalt an ihnen vorbeizischte, kehrt machte und dann drohend vor ihnen in der Luft hing. "Es sind sieben von ihnen, Sir!"

"Epsilon, Sie haben meinen Befehl gehört! Los!" Jade machte einen Hechtsprung und verfehlte den Schatten nur knapp. Anscheinend hatten die spinnenartigen Wesen inzwischen gemerkt, dass die Leute von der Katana ihren Schwachpunkt kannten, und sie wurden vorsichtiger. "DeSar, Parvati, zu mir!"

Es dauerte keine drei Sekunden, dann tauchte Lavenders dunkler Lockenkopf neben ihr auf. Die Italienerin vollführte einen fast schon elegant anmutenden Salto, als ein Schatten sich angriffslustig auf sie herabsenkte und rammte ihm ihren schlanken Fuß genau in die richtige Stelle. Ein Gegner weniger.


"Lieutenant Vabande, können Sie mich hören? Hier spricht Lieutenant Kurastow vom Team Epsilon. Lieutenant Vabande, bitte kommen!"

Langsam zerrte das ständige Geplapper ihres Teamleaders in sein Sprechfunkgerät an Lizas Nerven. Entweder das Gamma-Team antwortete, oder es antwortete nicht, aber sie sah keinen großen Sinn darin, es immer wieder und wieder und wieder zu versuchen.

Sie blickte kurz hinter sich zu ihren Kameraden, und Djingos wie immer fast unbekümmerter Gesichtsausdruck beruhigte sie ein wenig. Was auch immer geschehen sein mochte oder noch geschehen würde, er blieb ruhig und gelassen, und obwohl sich sein liebstes Spielzeug gegen die Schatten als nutzlos erwiesen hatte – Djingo hatte sein PKG fast wehmütig geschultert und dabei theatralisch aufgeseufzt –, so verfügte er doch auch noch über eine körperliche Kraft und einen rechten Schwinger, der nicht von schlechten Eltern war. Wie er selbst nicht müde wird, zu erwähnen, dachte Liza schmunzelnd und drehte sich wieder nach vorne. Die Bolerianerin merkte erst jetzt, dass sie ihre schmalen Hände zu Fäusten geballt hatte, die sich auch für sie ohne das PKG in ihnen so seltsam leer und nutzlos anfühlten, und sie bis die Zähne so fest zusammen, dass ihre Kiefer schmerzten. Vielleicht sollte ich mir einen schönen, ruhigen Schreibtischjob suchen...

"Achtung!" Kurastow blieb unvermittelt stehen und hob eine Hand in die Luft. "Hinter dieser Biegung liegt der Ort, von wo wir das letzte Signal des Gamma-Teams aufgefangen haben. Epsilon-Team, volle Bereitschaft!"

Na, das hätte er uns nicht extra sagen müssen. Liza seufzte leise auf und spannte dann ganz bewusst alle Muskeln in ihrem Körper leicht an. Sie federte nur noch auf den Fußballen, während sie ihrem Leader um die Ecke folgte, und alle ihre Sinne waren hellwach und bereit, von einer Sekunde auf die andere eine Reaktion abzufeuern. Die Bolerianerin lebte und atmete den Beruf einer Elite-Force-Soldatin, und ganz genau das war auch der Grund, warum sie wohl nie hinter einem schönen, großen, gemütlichen Schreibtisch landen würde, mit einer dampfenden Tasse Kaffee immer in Griffweite...

"Schatten!" Sie sah sie kommen, noch bevor sie Djingos Stimme in ihrem Headset vernahm. Näher, näher, noch ein wenig näher...

Liza wippte ein letztes Mal leicht auf den Zehenspitzen, dann löste sie die Anspannung in ihrem Körper, der zuletzt wie eine zu straff gespannte Bogensehne förmlich zu vibrieren begonnen hatte, schlagartig auf. Sie schnellte nach vorne, schlug und trat gleichzeitig zu, wartete gar nicht erst ab, ob sie ihren Gegner auch richtig getroffen hatte, sondern duckte sich rasch unter ihm hindurch, um sich bereits dem nächsten zuzuwenden.

Ein leiser Plumps hinter ihr verriet ihr, dass sie bei Schatten Nummer eins erfolgreich gewesen war.

Die nächsten Minuten - ...oder waren es nur Sekunden? – erlebte sie wie im Rausch. Schwarze Körper waren plötzlich überall um sie herum, und Liza fegte wie ein Wirbelwind durch sie hindurch, holte einen nach dem anderen zu Boden, wurde getroffen, rollte sich ab und stand wieder auf, griff erneut an...

"Wir sind durch." Erst Djingos vor Anstrengung keuchende Stimme holte sie zurück in die Realität. "Ich höre etwas, Lieutenant Kurastow! Da vorne!"

Er wartete gar nicht erst ab, bis der Teamleader einen entsprechenden Befehl gegeben hatte, sondern joggte mit ein paar langen Sätzen den Gang hinunter, besah sich dort die linke Wand kurz etwas genauer und fuhr schließlich mit seiner Hand daran entlang.

Ein leises Zischen ertönte.

"Was machst du da?" Liza eilte zu ihm hin, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie die Wand sich langsam zur Seite schob und den Blick freigab auf einen kleinen, stockdunklen Hohlraum, in den Djingo rasch hineinleuchtete. Er stutzte, dann grinste er breit, und in seinen Augen blitzte es leicht spöttisch auf.

"Ach nein, sieh mal einer an – Team Gamma!"

"Treten Sie zur Seite." Kurastow machte ein grimmiges Gesicht, er schätzte es nicht besonders, wenn sein Team die disziplinarische Ordnung nicht strengstens einhielt. "Lieutenant Vabande?"

"Ja, Lieutenant Kurastow, ich bin es." Ein erstaunlich kleiner, aber auch sehr drahtiger junger Mann mit dichten rotbraunen Haaren trat aus der Öffnung in der Wand, und ihm folgten drei recht betreten dreinblickende Ensigns.

"Wir haben uns gefangen nehmen lassen wie blutige Anfänger, Thunders wird uns den Kopf abreißen, schätze ich." Er schnitt eine Grimasse, die Liza spontan zum Lachen brachte, und aktivierte sein Sprechgerät.

"Vabande an Lieutenant Thunders. Sir, wir sind in Ordnung. ...Ähm, die Schatten haben uns erwischt und in einen kommunikationsisolierten Raum gesperrt, aber dank Team Epsilon werden wir uns jetzt wieder auf den Weg machen können. Ziel liegt nur noch etwa dreihundert Meter Nordnordwest von hier. Vabande Ende."

"Verstanden, Team Gamma, ich bin froh, von Ihnen zu hören." Täuschte Liza sich, oder klang die Stimme der Away-Team-Leiterin tatsächlich ein wenig amüsiert? "Team Epsilon wird sie weiterhin begleiten – nur als Sicherheit, Sie verstehen. Thunders Ende."

Bingo, das hatte gesessen! Liza biss sich grinsend auf die Unterlippe, und hinter sich hörte sie Djingo leise prusten.

Lieutenant Vabande war rot angelaufen, und er schien zwischen peinlicher Berührung und unterschwelligem Ärger hin- und herzuschwanken, während er sich an Kurastow wandte. "Okay, Sie haben es ja gehört. Team Gamma, vorwärts. Bald haben wir es geschafft."


  "Sir, die Schatten feuern wieder!"

"Bugschilde verstärken!" Needa umklammerte fest die Armlehnen ihres Sessels, doch als die Salve des Gegners in den Schutzschirm der Katana einschlug, bebte das Deck für einen Moment lang so heftig, dass sie zu Boden rutschte und beinahe ziemlich unrühmlich in die Steuerkonsole geknallt wäre. Im letzten Augenblick gelang es der Trill noch, sich zur Seite abzurollen, und sie erntete dafür einen anerkennenden Blick von Widar.

"Ausweichmanöver initiieren! Lassen Sie die uns nicht noch einmal treffen!" fauchte Needa, während sie wieder Platz nahm und sich eine lose Haarsträhne hinters Ohr strich. "Zeigen Sie gefälligst mal, was Sie können!"

"Aye, Sir." Der Asgard wirkte ein wenig pikiert, aber seine Finger huschten in der nächsten Sekunde so schnell über das Kontrollpult, dass dem Commander schon beim Zusehen leicht schwindelig wurde.

"Schilde nur noch bei fünfzig Prozent, Sir", meldete Summers von der Taktischen Station aus ruhig. "Ich weiß nicht, wie lange wir das hier noch ohne ernste Schäden durchhalten können."

Verdammt, verdammt, verdammt. Ariell ballte ihre Hände so fest zu Fäusten, dass die Fingerknöchel weiß unter der Haut hervortraten. Das Blatt wendet sich.

"Feuer erwidern! ...Irgendwelche Ideen? Doktor? Summers?" Als Antwort erhielt sie nur lange Gesichter, und ihre eigenen Züge nahmen einen harten, fast drohenden Ausdruck an. "Nun, ich werde die Außenteams und den Captain auf keinen Fall im Stich lassen. ...Mr. Widar, es liegt jetzt tatsächlich ganz bei ihnen."

Als hätten sie diese Worte vernommen, ging in diesem Moment eine erneute blutrote Phasersalve von dem schwarzen Schattenschiff aus, und Needa bereitete sich auf einen weiteren brutalen Einschlag vor.

Sie packte die packte die Armlehnen ihres Sessel und stemmte die Füße in den Boden, spannte jeden Muskel in ihrem schlanken Körper an, und...

Nichts geschah.

"Wir sind erfolgreich ausgewichen", verkündete Widar kühl und drehte sich kurz zu ihr herum. In seinen Augen blitzte etwas auf, dass Needa als leise Genugtuung erkannte. "Ich denke, ich habe den Bogen jetzt raus - wie man auf der Erde sagt."

Sein Sessel schwang wieder herum, und obwohl die Trill nun nur noch seinen Rücken sehen konnte, sagte ihr eine leise Stimme in ihrem Inneren, dass auf dem Gesicht des Asgards nun sicherlich das liegen musste, was auf seiner Welt für ein breites, schadenfrohes Grinsen durchging.

"Commander, die Schatten feuern zwei Torpedos ab."

Geben die denn nie Ruhe?

Needa verkniff es sich, Widar ein weiteres Mal ein Ausweichmanöver zu befehlen und beobachtete stattdessen nur stumm, wie der Austauschoffizier seine Arbeit tat.

Mit Hilfe einer nur minimalen Schubumkehr bei den hinteren Steuerborddüsen tanzte die Katana förmlich aus der Gefahrenzone heraus, und Dr. Lazarus nickte anerkennend und schmunzelte.

"Oh ja, was auch immer das heißen mag, aber den ´Bogen raus´ hat Mr. Widar wohl tatsächlich."


Tallia erwachte mit einem Ruck.

Sie setzte sich auf, und für einen Moment lang starrte sie mit klopfendem Herzen in die Dunkelheit und fragte sich, was es gewesen war, das sie aus dem leichten, unruhigen Schlaf, in den sie irgendwann einmal vor Erschöpfung gefallen war, gerissen hatte.

Dann bebte der Boden unter ihren Füßen, und der Captain der Katana wusste Bescheid.

"Needa!" Mit einem Satz war sie auf den Beinen und an der Stelle, wo sich die Tür zu ihrem winzigen Gefängnis befand. "Thunders!"

Sie donnerte ihre Faust gegen die Wand, und auch wenn ihr ein heißer Schmerz beinahe sofort strafend ins Handgelenk fuhr, so war es für Arven doch der schönste Moment seit Tagen. Ich wusste es...

Stolz und ein geradezu unglaubliches Glücksgefühl durchzuckten sie, und wieder und wieder ließ sie ihre Hände wie in einem wilden, begeisterten Rhythmus gegen die Tür krachen, sie trat mit den Füßen zu, warf sich schließlich förmlich gegen die Wand, und dann schrie sie, schrie, was ihre Lungen hergaben:

"Ich bin hier!"


Geschafft.

Liza beobachtete fast wie im Traum, wie der letzte Schatten mit einem dumpfen Krachen vor ihr zu Boden fiel, dann zog sie langsam ihre Handschuhe aus und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Ich bin geschafft.

"Ist es das?" Kurastow deutete mit dem Kinn auf einen fast unscheinbar wirkenden schwarzen Kasten mit ein paar blinkenden Dioden an der Seite, der nur dadurch überhaupt ein wenig auffiel, dass er völlig isoliert in einem ansonsten leeren, großen Raum stand.

Vabande nickte stumm und griff nach hinten, nahm sein Phasergewehr vom Rücken und aktivierte es. Sorgfältig nahm er die seltsame Vorrichtung ins Visier.

"Das ist alles?" flüsterte Djingo der Bolerianerin mit schelmisch funkelnden Augen zu. "Dafür haben wir uns so abgeschuftet? Mann oh Mann."

Liza kicherte leise, und dann wunderte sie sich einmal mehr über die Fähigkeiten einer Sensorenphalanx, die es in ihrer ersten Begegnung mit dem Feind vor ein paar Tagen – oder waren es schon Wochen? - irgendwie geschafft hatte, nicht nur die Schilde der Schatten zu durchdringen, sondern auch festzustellen, dass in all diesen langen, dunklen Gängen, und bei all den technischen Spielereien, die die Gegner zweifelsohne besaßen, ausgerechnet dieser kleine schwarze Kasten eine tragende Rolle spielte.

Einmal mehr erbebte das Deck unter ihren Füßen, und sie runzelte die Stirn. Beeilen Sie sich, Thunders...

Denn jetzt fehlte nur noch das Signal der Away-Team-Leiterin, die Nachricht, dass sie den Captain gefunden und befreit hatte, und Vabande würde seine Waffe abfeuern.

Endlich zurück nach Hause... – lediglich der Schutzschildgenerator der Schatten stand ihnen dabei noch im Weg, und Liza zweifelte keine Sekunde lang daran, dass ihre Vorgesetzte sich bald melden und ihnen den Befehl geben würde, aus dem fiesen schwarzen Kasten ein für allemal Geschichte zu machen.


"Ausweichmanöver initiiert... und abgeschlossen."

Die ganze Brücke war in einen seltsamen, monotonen Rhythmus verfallen, und Livia unterdrückte nur mit Mühe eine Grimasse, als sie wohl zum duzendsten Mal die selbe gleichförmige Abfolge von Sätzen mitanhören musste.

"Das Schattenschiff feuert. Ein Torpedo auf Backbord."

"Ausweichmanöver... abgeschlossen."

Eine kurze Stille, in der alle aufatmen und neue Energie für die nächste Angriffswelle schöpfen konnten.

Dann wieder Summers: "Sie feuern, Phaser auf zwölf Uhr."

Und Widar: "Ausweichmanöver initiiert... abgeschlossen."

Livia vergewisserte sich, dass sie im Moment nicht beobachtete wurde, dann verdrehte sie die Augen und rutschte in ihrem Sessel ein Stück tiefer. Unser Glück ist ja nur, dass die Schatten scheinbar noch nie etwas von Phaserstreuung gehört haben... oder dass Schnellfeuer scheinbar ihre Möglichkeiten übersteigt. Seltsam eigentlich.

"Ausweichmanöver abgeschlossen."

"Mr. Widar, wenn Sie eine kurze Pause benötigen..." Ariell Needa hatte sich aus ihrem Sessel erhoben und war behutsam an die Steuerkonsole herangetreten. "Ich kann mir vorstellen, wie ungeheuer anstrengend und..."

Der Asgard schüttelte den Kopf und schaffte es tatsächlich, abwehrend eine Hand zu heben, während er mit der anderen weiterhin lange, komplizierte Befehlsketten in sein Pult hämmerte. "Ich mache das schon, Commander."

"In Ordnung." Insgeheim atmete die Trill dankbar auf. Sie kannte sämtliche Navigatoren und Steuerleute an Bord genau, und obwohl sie sie alle für äußerst fähige und kompetente Frauen und Männer hielt, war ihr gleichzeitig auch klar, dass wohl keiner von ihnen hätte nachmachen können, was Widar da im Moment mit der Katana anstellte.

Der Austauschoffizier schien förmlich eins geworden zu sein mit dem Schiff, das er flog, er ahnte die Bewegungen des Gegners voraus und schaffte es, jedes Mal rechtzeitig aus der Schussbahn zu gleiten. Dabei waren seine Manöver stets sanft und gefühlvoll, und folgerichtig war aus dem Maschinenraum auch noch keine einzige Beschwerde gekommen.

Vielleicht waren sie dort unten aber auch nur zu beschäftigt damit, Nachschub an "Spinnenfallen" herzustellen.

Denn die Schatten schienen noch nicht recht begriffen zu haben, dass ihre kleine Helfer lahmgelegt wurden, sobald sie ihre langen Füße auf die Katana setzten, und schickten nach wie vor unablässig Angriffswelle um Angriffswelle. Die Brücke war mittlerweile regelrecht übervölkert mit schwarzen Wesen, die hilflos in der Luft hingen und mit den Beinen zuckten, und Needa war dem jungen Ensign dankbar, der von Zeit zu Zeit vorbeikam, um ihre "Gäste" zu entsorgen.

Ein Kampf an allen Fronten, dachte der Commander, und einmal mehr wurde sie sich nicht ohne einen gewissen Stolz dessen bewusst, wie nahtlos die Crew zusammenarbeitete, und wie scheinbar mühelos ihre Aktionen ineinander griffen wie die Rädchen in einem Uhrwerk. Nervös trommelte sie mit ihren langen, schlanken Fingern auf der Armlehne ihres Sessels herum, und einmal mehr hefteten sich ihre dunklen Augen fast bittend auf den großen Hauptschirm. Jetzt muss nur dort drüben alles glatt laufen... Verflucht, Thunders, wie lange dauert das denn noch!?


Der Schweiß bedeckte mittlerweile ihren ganzen Körper, und Jade spürte, wie ihre Muskeln langsam aber sicher immer müder wurden und leicht zu schmerzen begannen.

Sie warf einen Blick auf ihr Chronometer und seufzte leise. Drei Stunden. Drei Stunden vollste Konzentration, drei Stunden härtester Körpereinsatz. Natürlich würde es irgendwann einmal Situationen geben, in denen die Elite-Force-Einheit noch wesentlich länger, vielleicht sogar ganze Tage durchhalten musste, aber die Leaderin hoffte insgeheim, dass das dann in einer etwas weniger anstrengenden Gegend der Fall sein würde. Die schwülwarme Luft machte ihnen allen mittlerweile das Atmen schwer, und Jades Augen tränten leicht vom ständigen aufmerksamen Starren in die Finsternis hinein.

"Achtung, ich höre etwas", sagte Burgoyne und hob die Hand, und fast sofort blieb das Team regungslos hinter ihm/ihr stehen. Der Hermant lauschte eine Zeitlang, dann schüttelte er/sie fast unmerklich den Kopf. "Es war wohl nichts."

"Weitergehen", befahl Jade und setzte sich wieder in Bewegung.

Die Kampftaktik der Schatten bereitete ihr Kopfzerbrechen. Zwar wurden ihre Gegner immer aggressiver, tauchten mittlerweile manchmal sogar zu acht auf und bereiteten ihnen damit nicht unerhebliche Schwierigkeiten, aber Jade wusste auch, hätten sie sie nur einmal zu wirklich vielen angegriffen, zwanzig oder dreißig der schwarzen Wesen auf einen Schlag, dann wären sie jetzt wohl tot oder doch zumindest Gefangene.

Es gab eigentlich nur zwei Möglichkeiten, warum ihre Feinde nicht so handelten: Entweder es war die gleiche Sache wie bei den Borg, und sie nahmen die Bedrohung durch die Menschen auf ihrem Schiff einfach nicht ernst genug – oder sie hatten ebenso große Probleme damit, die Außenteams der Katana zu orten wie umgekehrt. Jade klammerte sich an der Hoffnung fest, dass das Letztere der Fall war, und als nun wie aus dem Nichts vor ihnen lediglich zwei Schatten auftauchten, fühlte sie sich wieder einmal in diesem Verdacht bestätigt.

Fast schon routiniert sprang sie in die Luft und streckte das Bein, ihr Fuß traf wuchtig die richtige Stelle und ihr Gegner sackte zu Boden. Dicht gefolgt von dem zweiten Schatten, den Burgoyne aufs Korn genommen hatte.

"Wir sollten Strichlisten führen und später demjenigen eine Runde in der Schiffsbar spendieren, der die meisten von ihnen erledigt hat", grinste Jade.

Und dann hörten sie es.

"Was ist das?" hauchte Parvati, und in ihren dunklen Augen schimmerte es hoffnungsvoll auf.

"Schschscht!" Die Away-Team-Leiterin legte den Finger auf die Lippen.

Für ein paar Sekunden lang blieb alles still, und Jades Schultern sackten ein Stück nach unten. Hatten sie sich geirrt?

Toc-toc-toc-toc-toc...

Da war es wieder!

Sie spürte, wie ihre Nackenhaare sich leicht aufrichteten und schlich sich auf Zehenspitzen die Wand entlang, ging dem leisen Klopfen nach, bis sie schließlich glaubte, es genau gegenüber von sich zu vernehmen. Dann donnerte sie ihre Faust an das unregelmäßige schwarze Material.

"Captain?!"


Arven sprang vor Überraschung fast einen halben Meter weit von der Wand zurück. Thunders! Endlich!

Sie stieß einen triumphierenden Schrei aus und nahm kurz Anlauf, warf sich mit aller Kraft gegen das unsichtbare Schott und hieb ihre beiden Hände dagegen – oh bitte, bitte, Thunders, hören Sie mich!

"Ich bin hier drinnen!"


"Captain!"

Jade grinste und spürte, wie mit einem Schlag alle Anspannung von ihr abfiel. In ihrem Rücken lachte Lavender Parvati erleichtert auf, und Burgoyne strahlte breit. "Na, wie haben wir das gemacht?"

Die behandschuhten Finger der Elite-Force-Leiterin glitten jetzt suchend über die schwarze Wand, tasteten sich an Unebenheiten und feinen Rillen entlang und trafen schließlich auf etwas Kleines, Rundes, Hartes, das sie schnell drückte. Es rumpelte leise, dann glitt eine bis dahin nicht zu erkennen gewesene Tür vor ihnen auf und eröffnete den Blick auf eine müde, zerzaust und erschöpft aussehende, aber auch lächelnde Tallia Arven, die sich eine Haarsträhne aus dem blassen Gesicht schob und nickte. "Ich wusste, Sie würden irgendwann kommen."

"Sir, wir sind so froh, Sie zu sehen", sagte Jade ehrlich und lächelte zurück. "Sind Sie in Ordnung?"

Tallia nickte erneut und trat aus dem winzigen Zimmer heraus, in dem sie die letzten Tage mit Warten, Hoffen und Bangen verbracht hatte. Es tat unheimlich gut, sich wieder frei bewegen zu können, und noch besser, in die vertrauten Gesichter ihrer Crew zu sehen, und Arven fühlte sich plötzlich um Zentner leichter. "Ich bin auch froh, dass Sie da sind, Jade. Ist die Katana okay?"

"Zumindest war sie das noch, als wir sie verlassen haben." Die Away-Team-Leiterin grinste. "Machen wir, dass wir hier wegkommen. – Thunders an alle Teams!"

Sie wartete, bis die Statusanzeige des Headsets auf Grün sprang, dann sprach sie weiter, und in ihrem Tonfall lag ein Hauch von stolzem Triumph, als sie sagte: "Wir haben den Captain gefunden! Sie ist wohlauf und möchte eigentlich jetzt nur noch nach Hause, was ich sehr gut nachvollziehen kann – Sie alle wohl sicherlich auch." Im Hintergrund lachte Marc deSar leise und fuhr sich durch die schweißnassen Haare. "Also, tun wir ihr und uns den Gefallen.

...Teams Alpha bis Gamma und Epsilon – jetzt!"


  "Vorwärts!"

Romero gab das Zeichen, und das Beta-Team setzte sich in Bewegung, brach aus seinem Versteck heraus und stürmte in den Maschinenraum des Schattenschiffes.

Graupelz, ein großer, athletisch gebauter Felidaner vom Planeten Eieauo, war der erste, der mit einem Gegner zusammenprallte, und er versetzte ihm zunächst einen gewaltigen Hieb mit seiner linken Pranke, bevor er ihn dann mit einem fast harmlosen Stupser an die richtige Stelle k.o. gehen ließ.

Es waren insgesamt an die zehn Schatten, die sich ihnen jetzt entgegenstellten, und obwohl Romero Ensign Goldenburg angewiesen hatte, sich im Hintergrund zu halten und ihr verletztes Bein zu schonen, dachte die zierliche junge Frau mit den langen, rotblond schimmernden Locken nicht einmal daran. Sie hatte ihr PKG wieder vom Rücken genommen und wie einen Speer vor sich ausgestreckt, und wenngleich sie auch mehr humpelte als lief, so schaffte sie es dennoch, zwei oder drei Gegner zielgenau damit am entscheidenden Punkt zu treffen.

"Vorsicht, hinter dir!" rief sie ihrem Kollegen Sato Tang quer durch den Raum hinweg zu, und der Vietnamese wirbelte herum und duckte sich gerade noch rechtzeitig, um dem wohl fatalen Aufprall eines Schatten zu entgehen, der sich auf ihn stürzen wollte. Er tauchte unter seinem Feind hindurch, sprang ihn dann von hinten an und drückte ihn zu Boden, während seine Finger eilig nach der verwundbaren Stelle tasteten. Der Schatten zuckte zusammen, als er sie schließlich fand und seine Faust hineinrammte, und ein leichter Ausdruck von Ekel huschte über die Züge des Elite-Force-Soldaten, während er wieder von ihm abließ. Widerliche Dinger.

Goldenburg hatte mittlerweile ein großes, mit etlichen bunten Schaltern bedecktes Panel gefunden und studierte es kurz mit konzentriert gefurchter Stirn. "Ich glaube, das ist es!" schrie sie Romero nach ein paar Sekunden zu, und der Team-Leader war mit ein paar schnellen Sätzen bei ihr, fegte den Schatten beiseite, der sich ihr drohend genähert hatte, und nickte. "Ja, Sie haben Recht. Gut gemacht!"

Er streckte die Hand aus, und Goldenburg drückte ihm ihr PKG in die Finger, beobachtete angespannt, wie er es entsicherte und aktivierte und dann auf die Kontrolleinheit anlegte. "Gehen Sie zur Seite, Tessa."

Er feuerte, und funkensprühend begann das Panel zu qualmen, Warnlichter blitzten auf und eine Sirene heulte.

"Raus hier!" Graupelz packte die verletzte Ensign am Arm, und dankbar stützte sie sich auf ihn, während sie mit eiligen Schritten den Raum verließen. Romero drehte sich am Eingang noch einmal um und schoss ein zweites Mal, während Tang die Vorhut bildete und sicherstellte, dass der Fluchtweg frei war.

Sie stürmten den Gang hinunter, und gerade als sie um eine Ecke biegen wollten, ertönte hinter ihnen der ohrenzerfetzende Lärm einer gewaltigen Explosion.

Das Antriebssystem der Schatten, dem Arven sowieso schon so böse zugesetzt hatte, existierte nicht mehr.


"...Jetzt!" kam es aus seinem Headset, und Vabande betätigte den Auslöser des PKGs.

Instinktiv bedeckte Liza ihre Augen mit einer Hand, und sie spürte, wie Djingo sich schützend ein wenig vor sie schob.

Es gab einen lauten Knall, dann roch es plötzlich verbrannt, und die beiden hörten Kurastow erleichtert aufatmen. Der Team-Leader des Epsilon-Trupps blickte auf seinen Scanner, und seine Gesichtszüge hatten sich merklich sich entspannt.

"Das war´s wohl." Sie grinsten sich an. Der Weg nach Hause war endlich wieder frei.


"Commander, der Schutzschild der Schatten ist soeben zusammengebrochen!"

Yeeeah! Needa sprang auf, und einmal mehr ballte sich ihre Hand zur Faust. Das heißt, sie haben es geschafft! Großartig, Thunders.

Sie zwang sich zu einem ruhigen Tonfall und versuchte das kleine, nervöse Flattern, das sich plötzlich in ihrer Magengrube gelöst hatte, so gut wie möglich zu ignorieren. Haben sie Tallia auch gefunden? Lebt sie?

"Können wir eine Kommunikation zu den Elite-Force-Teams herstellen, Summers?"

Der Waffenexperte schüttelte bedauernd den Kopf. "Nach wie vor leider nicht, Sir. Aber wir können sie nun mit den Transportern erfassen und jederzeit zurück an Bord holen. Nach den Lebenszeichen zu urteilen, sind sie alle wohlauf... und wenn ich richtig gezählt habe, ist der Captain bei ihnen!"

Er grinste breit, und Needa ließ fauchend ihren angehaltenen Atem entweichen. Auf einmal wurden ihr die Knie weich, und sie musste sich wieder setzen. "Status ihrer Waffensysteme?"

"Noch online, Commander."

Das hieß sie mussten noch ein wenig warten. Ariell grub ihre Fingernägel tief in den Handballen und presste die Faust an ihr Kinn. Vorwärts, Alpha-Team, vorwärts...!


T´Clea war sich die meiste Zeit über sehr wohl dessen bewusst, dass sie als Vulkanierin in einer Elite-Force-Einheit eine ziemliche Seltenheit – oder, um nicht zusagen, eine Einzigartigkeit – darstellte, und der Gedanke daran machte sich jetzt umso deutlicher in ihr breit, als sie dem letzten Schatten einen schnellen, harten Hieb versetzte und dann rasch mit dem Fuß nachtrat, um ihn bewusstlos zu Boden zu schicken.

Sie vermied es, das Wesen noch einmal zu berühren, und stieg stattdessen vorsichtig darüber hinweg, winkte Robson zu sich heran und deutete auf den Eingang zur Torpedoabschussrampe. "Sie und Nordstroem erledigen das, Ensign. Srobrazcek und ich kümmern uns um die Phaserphalanx."

"Aye, Sir."

Das fahle Licht der Handlampen glänzte düster auf T´Cleas pechschwarzem, kurzgeschnittenen Haar, während sie ein Stück weit den Gang hinuntereilten und einen kleinen Raum betraten, der zu ihrer insgeheimen Erleichterung leer war. Nicht noch mehr Gewalt.

Viele ihrer Bekannten und Verwandten auf Vulkan hatten äußerst verhalten und kühl reagiert, als sie sich dazu entschloss, den Weg einer Elite-Force-Soldatin einzuschlagen, und in Stunden wie diesen, in denen sie ihre Arbeit nur mit Hilfe von brutaler körperlicher Härte verrichten konnte, verstand T´Clea sie sogar. Was sie hier tat, stand in krassem Gegensatz zu allem, was Suraks Lehren ihrem Volk vor Jahrhunderten empfohlen hatten, zu allem, wofür Vulkan heute stand. Und dennoch – irgendjemand musste diesen Job doch machen, oder?

T´Clea war es schon immer leichter gefallen, ihren Körper zu beherrschen als sich mit ihrem Verstand auf eine wissenschaftliche These zu konzentrieren, und eventuelle Bedenken konnte sie meist mit der logischen Überlegung beiseite wischen, dass sie schließlich nur auf ihre Art für eine gerechte Sache und für den Erhalt von fundamentalen Rechten und Prinzipien wie Freiheit, die Erhaltung von Leben und Sicherheit kämpfte. Nur an Tagen wie heute, an denen die Gewalt gar kein Ende zu nehmen schien und die Liste derer, die sie verletzt oder gar getötet hatte, immer länger wurde – wenn möglich, vermied T´Clea Letzteres natürlich –, begann ihr Weltbild ein wenig ins Wanken zu geraten. Hatte ihr Vater Saton vielleicht doch Recht, und widersprach das, was sie hier tat, allem, was sie je gelernt hatte?

Die Vulkanierin zwang sich dazu, ihre volle Konzentration wieder auf die noch vor ihr liegende Aufgabe zu lenken, und sie untersuchte kurz die beiden Konsolen, die vor ihnen standen. Sobald sie wieder an Bord der Katana waren, würde sie gründlich über dieses Thema meditieren, nun aber galt es zunächst einmal, ihre Arbeit zu tun. Sie gab Srobrazcek einen kurzen Wink, und er aktivierte sein PKG.

"Phaserbank Back- und Steuerbord", sagte sie und deutete auf die entsprechenden Pulte. Aus ihrem Headset meldete sich Nordstroems Stimme, und der Schwede klang zufrieden, als er sagte: "Sir, wir haben die beiden Torpedorampen gebrauchsunfähig machen können. Stoßen jetzt wieder zu Ihnen."

"Halten Sie uns den Rücken frei, Ensign. Mister Srobrazcek, Feuer."

T´Clea spürte die leise Hoffnung in sich aufsteigen, dass es der letzte zerstörerische Befehl war, den sie an diesem Tag geben musste.


"Waffensysteme der Schatten fallen soeben aus!" Summers Stimme zitterte leicht vor Erregung, und er wartete Needas nächsten Befehl gar nicht erst ab, sondern ließ seine Finger geübt über die taktische Konsole huschen. "Ich habe unsere Schilde gesenkt, Sir. Bereit zum Beamen!"

"Transporterräume Eins bis Drei, Energie!" Die Trill schrie es fast. "Bericht!"

Ein paar Sekunden lang herrschte gespannte Stille, dann knackte es leise im Interkom.

"Commander, hier ist Captain Arven. Wir sind alle heil an Bord gelangt und bedanken uns für den prompten Taxiservice. Und wie ich sehe, ist mein Schiff auch noch in einem Stück. - ...Gut gemacht, Needa. Danke."


Die Luft um sie herum war feucht und schwer von dunstigen, duftenden Schwaden, und der weiche, weiße Schaum knisterte leise, als Jade sich tiefer in ihn hineinsinken ließ. Warmes Wasser umspielte sanft ihren müden Körper, und fast augenblicklich begann sie sich zu entspannen, spürte, wie ihre schmerzenden Muskeln sich ein wenig lockerten und seufzte wohlig auf.

Feierabend.

Die Away-Team-Leiterin schloss die Augen und legte den Kopf zurück; jetzt wo alles vorbei war, senkte sich die Erschöpfung wie eine schwere, schützende Decke auf sie herab und hinderte sie daran, auch nur noch eine Sekunde länger darüber nachzudenken, was geschehen wäre, wenn sie den Captain nicht hätten befreien können.

Es war ihnen gelungen, und nur das zählte.

Jade hatte erst nach ihrer Rückkehr an Bord der Katana nach und nach erfahren, was nicht nur das Elite-Force-Team, sondern tatsächlich die gesamte Crew, jeder einzelne Ensign und jeder Hilfswissenschaftler, an diesem Morgen geleistet hatte, damit ihr Rettungsversuch hatte glücken können. Und sie schmunzelte bei der Vorstellung, dass sie in diesem Moment wohl nicht die einzige war, die sich aufatmend eine kleine Verschnaufpause gönnte, bevor auf dem Schiff wieder der ganz normale Alltag einkehren würde. Sofern man den Alltag auf der Katana überhaupt als normal bezeichnen konnte.

Sie hatten die Schatten nicht ohne eine gewisse Schadenfreude hilf- und antriebslos hinter sich zurückgelassen – Dr. Lazarus schätzte, dass die fremden Wesen einige Wochen brauchen würden, um die von den Teams verursachten Zerstörungen zumindest wieder einigermaßen zu reparieren - und einen Kurs mit Warp zwei zurück nach Babylon 5 genommen. Seeta hatte auf der relativ niedrigen Geschwindigkeit bestanden, um ihren Maschinen die Möglichkeit zu geben, sich von den Strapazen des langen Warp-acht-Fluges "erholen" zu können, und Captain Arven hatte augenzwinkernd hinzugefügt, dass die lange Flugzeit bis zur Station nicht nur den Warpgondeln und dem Materie-Antimateriekonverter eine dringend benötigte Auszeit gewähren würde.

Die Borduhr mit ihren feinen, silbernen Klängen schlug halb elf, und Jade streckte den Rücken und gähnte, sie fühlte sich im Moment, als wäre damit nicht halb elf Uhr mittags, sondern halb elf Uhr abends gemeint. Alles in ihr sehnte sich nach ihrem weichen Bett, aber daraus würde wohl vorerst nichts werden, denn der Captain hatte seine gesamten Führungsoffiziere für zwölf Uhr in die Beobachtungslounge beordert.

Ein ungewöhnlicher Ort für eine Abschlussbesprechung, dachte Jade nicht zum ersten Mal leicht verwundert, während sie kurz untertauchte, um ihre langen, roten Haare nass zu machen. Ob sie irgendetwas vorhat?...Na ja, einen Orden wird sie uns wohl nicht gleich verleihen. Sie grinste und tastete nach der Shampooflasche.

Zehn Minuten später verließ die Away-Team-Leiterin mit leisem Bedauern das gemütliche, warme Bad, schlang sich ein weiches Handtuch um den Körper und tappte barfuss in ihr Schlafzimmer hinüber, um sich eine frische Uniform aus dem Schrank zu holen.

"Computer, Musik. Etwas von Joe Cocker bitte, zwanzigstes Jahrhundert, Erde." Die rauen, mitreißenden ersten Klänge von You Can Leave Your Hat On erklangen, und Jade wirbelte fröhlich durch den Raum, schlüpfte in ihre Uniform und fühlte sich mit einem Schlag schon viel frischer und wacher als noch vor ein paar Minuten.

Gute Musik hatte fast immer diese Wirkung auf sie, und noch heute war sie ihrer Zimmergenossin Magda Alley von der Akademie unglaublich dankbar dafür, ihr ganz speziell die Songs und Künstler der jüngeren musikalischen Vergangenheit auf der Erde nahegebracht zu haben. Ob die Beatles oder Aerosmith, gälische Folkmusic, Rock, Pop der sogenannten "Achtziger Jahre" oder die schnellen, harten Dancebeats aus den letzten Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts – die Magda abwechselnd "Techno", "Trance" und "House" genannt hatte; es war Jade nie gelungen, diese Unterscheidungen ebenfalls zu treffen –, für die Elite-Force-Leaderin hatte sich damals eine Welt aus interessantem Spaß aufgetan, aus der sie seitdem bei jeder Gelegenheit mit vollen Händen schöpfte. Als sie an Bord der Katana gekommen war, hatten die Datenstäbchen mit ihren Musikdateien einen nicht unbeträchtlichen Teil ihres ansonsten eher bescheidenen Gepäcks ausgemacht, und sie hatte ganze Nächte lang damit zugebracht, ihre Schätze in die Bordbibliothek des Schiffes einzuspielen, um sie somit jedermann zugänglich zu machen.

Jade stellte sich vor den Spiegel in ihrem Schlafzimmer und trocknete rasch ihre Haare, kämmte sie dann solange, bis sie ihr in weichen, schimmernden Wellen um die Schultern flossen und nickte ihrem Ebenbild schließlich zufrieden zu. Passt. Bis auf die dunklen Augenringe vielleicht, aber die haben wir heute wohl alle.

"Computer, Playback beenden."

Sie verließ ihr Quartier und machte sich auf den Weg zur Beobachtungslounge, vor deren geschlossenem Schott bereits Seeta Yadeel, Livia McGregor, Widar und Andreas Summers warteten, als sie eintraf.

"Hallo Leute, lässt sie uns noch nicht rein?"

"Hallo Jade." Seeta lächelte ihr kurz zu, und Jade bemerkte, dass auch sie ziemlich müde und abgekämpft wirkte. Sie legte ihrer Freundin die Hand auf die Schulter. "Ich habe das mit den Fallen gehört, das war große Klasse. ...Ich frage mich nur, was ihr anschließend mit den Schatten gemacht habt, denn ich sehe hier nirgends mehr welche."

Die Zanderianerin grinste. "Ehrlich gesagt haben wir überlegt, ob wir die Biester nicht einfach aus der nächstbesten Luftschleuse entsorgen sollten. Aber Commander Needa war dann doch für die ein wenig humanere Lösung, sie vor unserem Abflug auf das Schattenschiff zurück zubeamen."

"Wie langweilig." Jade kicherte.

In diesem Moment stießen auch die Erste Offizierin und Dr. Lazarus zu der kleinen Gruppe vor der Beobachtungslounge, und so, als hätte es nur darauf gewartet, öffnete sich das Zugangsschott plötzlich zischend vor ihnen. "Kommen Sie nur herein." Tallia Arven wartete im Inneren mit einem offenem Lächeln auf dem Gesicht auf ihre Crew, und als Jade den langen, reich gedeckten Tisch hinter ihr erblickte, den man direkt vor die atemberaubende Aussicht auf die Sterne im Warpflug gerückt hatte, merkte sie zum ersten Mal, wie viel Hunger sie eigentlich hatte.

"Mein kleines Dankeschön an Sie alle – für meine Rettung und für die erste größere bestandene Feuerprobe an Schiff und Crew. Lassen Sie es sich schmecken." Arven nahm am Kopfende Platz, und die Offiziere leisteten ihrem Vorbild nur allzu gerne Folge.

"Ganz fair ist das aber nicht", meinte Jade schmunzelnd, während sie eine Platte mit gegrilltem Fleisch zu ihrem Teller heranzog. "Meine Teams haben mindestens ebensoviel zu diesem Einsatz beigetragen wie ich selbst, Sir."

"Daran habe ich auch gedacht, Lieutenant." Arven lächelte erneut, und erst jetzt, da sie wieder unter ihnen weilte, ruhig, aus dem Inneren heraus strahlend, vertrauenserweckend, fiel der Away-Team-Leiterin auf, wie sehr sie dem Schiff während ihrer Abwesenheit gefehlt hatte. "Die gesamte Mannschaft dürfte in diesen Minuten ein nicht weniger opulentes Mahl in der Messe zu sich nehmen, und für die nächsten drei Tage habe ich allen bis auf ein paar Freiwillige Kurzurlaub gewährt. Das gilt übrigens auch für Sie."

"Das nenne ich ein Wort." Dr. Lazarus nickte zufrieden und schmunzelte. "Danke, Captain. Und schön, dass Sie endlich zurück sind." Er folgte einem alten Brauch, den er mehrmals an den Universitäten auf der Erde beobachtet hatte, und spendete Applaus, indem er mit seiner geballten Faust kräftig auf den Tisch trommelte.

Lachend sahen die anderen sich an, bevor sie es ihm nachmachten und mit einfielen.

Und während die Katana lautlos und elegant das Meer der Sterne durchschnitt, um den einzigen sicheren Hafen anzusteuern, den sie in diesem Universum bislang kannten, saß ihre Besatzung versammelt bei einer langen, munteren Mahlzeit; es wurde erzählt, gegessen und viel gelacht, und die freundschaftlichen Bande zwischen ihnen allen wuchsen und hüllten sie ein wie eine schützende, warme Heimat inmitten des eiskalten Weltalls.