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From PathfinderWiki

Verloren im Eis
Autor: Tomm Lucas
Anfangssternzeit: 56265,44
Endsternzeit: 56268,54
Anfangsdatum: 07.04.2379 (21.14 Uhr)
Enddatum: 09.04.2379 (00.25 Uhr)

Der Bug der Katana hatte sich leicht in den Schnee hineingefressen. Alles in allem aber sah die Außenhülle noch ziemlich intakt aus. Aber das konnte täuschen.

Das Außenteam begutachtete erstmal die Schäden, während Counselor Velain sich im Hangar um die Besatzung der Katana kümmerte. Der Schnee knirschte unter den Füßen. Die Tricorder ließen sich mit den eiskalten Fingern kaum bedienen. Jeder Atemzug ließ eine Dampfwolke aufsteigen.

“Die Außenhaut scheint zumindest an den sichtbaren Stellen nicht beschädigt zu sein.” stellte Tomm fest.

“Ja, sieht so aus.” nickte Summers bestätigend und aktivierte seinen Kommunikator.

Die Wiederinbetriebnahme der Handkommunikatoren war erfreulicherweise relativ einfach verlaufen, da ihre einfache Technik gegen magnetische Einflüsse relativ unanfällig war. Die einfachen Spulen ließen sich technisch weniger aufwändig gegen äußere Einflüsse schützen und deshalb waren die meisten Kommunikatoren nach einem Zurücksetzen der Schaltkreise wieder intakt.

“Captain Needa, hier Summers!” rief der Erste Offizier den Captain an, der zusammen mit der Chefingenieurin die Backbordseite der Katana untersuchte. “Ja, Mr. Summers?”

“Die Außenhülle der Steuerbordseite scheint okay zu sein, soweit sich das mit unseren Mitteln feststellen läßt.”

“Hier drüben sieht auch alles in Ordnung aus. Danke, Mr. Summers! Da hat unser Navigator gute Arbeit geleistet.”

'Gute Arbeit?', dachte sich Tomm, 'sie werden mich aus der Sternenflotte rausschmeißen, wenn wir hier erstmal wieder weg sind. Das erste Schiff, und dann gleich zu Schrott geflogen.'

Hier draußen in der Kälte spürte Tomm den Schmerz in seinem Arm wenigstens nicht so stark. Irgendwie war zwar ein Sanitäter zu ihm auf die Brücke vorgedrungen, aber Tomm hatte sich nicht groß behandeln lassen. Das Schultergelenk war gebrochen und in der derzeitigen Situation war keine Behandlung möglich. Und auf eine Amputation hatte Tomm verzichtet. Mit zusammengebissenen Zähnen war er schließlich doch durch die enge Jeffries-Röhre geklettert in den Hangar zum Treffpunkt. Und er hatte auch darauf bestanden, jetzt bei diesem Außenteam dabeizusein. Er hatte Captain Needa solange bearbeitet, bis sie eingewilligt hatte.

Nachdem die Katana die erste grobe Inspektion mit hoffnungsvollen Ergebnissen bestanden hatte, wandte sich das Außenteam der näheren Umgebung zu. Soweit das Auge reichte, waren nur schneebedeckte Hügellandschaften zu erkennen.

“Wo genau befinden wir uns eigentlich?”, fragte Seeta und blickte den jungen Navigator an.

“Das System ist unter der Bezeichnung L-8526 in den Sternenkarten der Sternenflotte verzeichnet. Wir befinden uns auf dem dritten Planeten des Systems, also GammaL-8526. Ich konnte den Daten während des Fluges noch soviel entnehmen, daß es der einzige Planet des Systems mit der Klassifizierung L und besser ist. Weitere Daten über den Planeten oder das System lagen nicht vor.”

“Mr. Lucas, und wie weit entfernt befindet sich die nächste Raumbasis der Sternenflotte?” erkundigte sich Captain Needa.

Tomm zuckte mit den Schultern und verzog gleich darauf schmerzhaft das Gesicht.

“Ich habe keine Ahnung, Captain. Während unseres Fluge ist mir keine Basis in unserer unmittelbaren Nähe aufgefallen.”

“Epsilon-Theta 231 müßte die nächste Basis sein, etwa sechsundreißig Lichtjahre entfernt.” überlegte Summers.

Eng rückten im Hangar alle zusammen. Fast siebenhundert Leute in einem Raum auf der Katana unterzubringen war fast unmöglich. Erfreulicherweise war kaum jemand schwerer verletzt, so daß die Mediziner nur wenig Arbeit hatten. Meist waren Schnittwunden und einfache Knochenbrüche zu versorgen.

“Bitte behalten Sie die Ruhe. Der Captain und einige Brückenoffiziere machen sich gerade ein Bild über die genaue Lage. Ich bin sicher, daß sie bald mit den ersten Informationen zurückkehren werden. Die Romulaner haben das System wahrscheinlich verlassen, so daß von ihnen erstmal keine Gefahr mehr ausgeht. Sonst hätten sie uns vermutlich längst vernichtet.” informierte Counselor Velain die Besatzungsmitglieder. Die Ausbildung der Sternenflotte umfasste auch derartige Situationen, so daß Zhabia keine Schwierigkeiten hatte, die Situation unter Kontrolle zu halten.

Lew Sulik kämpfte sich zusammen mit Tannier zu den Jägern durch. So, wie es aussah hatten diese aber nur noch Schrottwert. Einen, allerhöchstens zwei würden sie wohl wieder flottbekommen. Lew bezweifelte aber, daß Needa dafür die notwendigen Mittel hergab, solange die Katana selbst nicht wieder abheben konnte.

“Verdammte Scheiße!” fluchte er und trat gegen eine Stabilisatorstrebe.

“Es sieht nicht danach aus, daß man hier draußen irgendwo ein Lager aufschlagen könnte.” stellte Summers fest. Teilweise waren die Schneewehen metertief. Mehrmals schon war einer von ihnen bis zu den Hüften eingebrochen in die Schneemassen. Stirnrunzelnd sah Tomm den Tricorder an, als er wieder einmal bis zu den Knien wegsackte. Der Schmerz stach bis tief in den Rücken hinein, von seiner verletzten Schulter ausgehend. Der Tricorder hatte ihn nicht vor abfallendem Gelände gewarnt und Tomm war sich nicht sicher, ob das Gerät korrekt funktionierte. Er rappelte sich wieder hinaus und schloß zu Seeta Yadeel auf.

“Ich glaube, mein Tricorder funktioniert nicht richtig.”

Prüfend sah sich die Chefingenieurin das Gerät an und verglich die Daten mit ihren eigenen Messungen. Es gab Unterschiede in den Werten.

“Captain, ich glaube, es gibt Probleme!” meldete Seeta.

“Welcher Art, Mrs. Yadeel?”

“Es scheint Abweichungen bei den Tricordermeßwerten zu geben.”

Captain Needa kämpfte sich durch den Schnee zu den beiden durch. Auch Summers gesellte sich zu ihnen. Alle verglichen sie ihre einzelnen Werte. Fragend schaute Captain Needa schließlich die Chefingenieurin an.

“Haben sie eine Erklärung dafür?”

“Nein, noch nicht. Die Abweichungen können höchstens durch stark fluktuierende Magnetfelder entstehen. So wie sie vor oder während starker Sonneneruptionen auftreten.”

Besorgt sahen sie alle zum Himmel auf, an dem eine strahlende Sonne verhinderte, daß sie auf dieser Eiskugel erfroren. Es mußte etwa Mittag sein, die Sonne stand fast im Zenit. Und doch überschritt die Temperatur kaum 250 Kelvin, das entsprach -23,15 Grad Celsius. Vermutlich würde es in der Planetennacht empfindlich kalt werden.

“Lassen sie uns vorerst zur Katana zurückkehren. Wir werden dort versuchen auszuwerten, was wir bis jetzt wissen und dann werden wir weitersehen.” wies Needa an.

Gerade als sich sich wieder in Richtung Katana umdrehten, spürten sie Wind aufkommen. Aufwirbelnder Schnee versperrte ihnen die Sicht. Ein heller Blitz zuckte irgendwo über ihnen. Nur als Silhouette noch konnte Tomm den neben ihm stehenden Summers erkennen. Mühsam kämpfte er sich ein paar Schritte nach vorn, dann aber fehlte ihm die Kraft, um gegen den Wind anzukämpfen. Es war fast wie ein Sandsturm in seiner australischen Heimat. Flach legte Tomm sich auf den Boden, um von dem nun starken Sturm nicht umgehauen zu werden. Ein paar Blitze durchdrangen noch das Schneegestöber, doch ein Donner war nicht zu hören. Eine gute halbe Stunde später war alles vorbei, das Pfeifen des Sturmes ließ nach. Der Junge kämpfte sich durch den Schnee an die Oberfläche. Naß und verschwitzt sah er sich um. Summers erhob sich ebenfalls gerade, auch Needa war zu sehen. Wenig später rappelte sich auch die Chefingenieurin wieder auf, die unglücklicherweise in einer kleinen Senke gelegen hatte. Dem Außenteam war nichts geschehen, aber von der Katana stand mehrere Meter hoch im Schnee. Mehrere Schneewehen bildeten an einigen Stellen eine fast schiffshohe Wand.

Da Dr. Maddigan, der Arzt, an Bord geblieben war, übernahm Seeta jetzt den Erstcheck des Außenteams. Nach jedem einzelnen Scan schien ihre Miene besorgter zu werden.

“Wenn die Meßwerte auch nur so halbwegs stimmen, gibt es ein größeres Problem. Die Atmosphäre schützt nicht ausreichend vor der Sonnenstrahlung. Das eben war wohl eine Auswirkung einer Sonneneruption. Ich nehme an, daß das auch das erste helle Licht war, welches durch den Schneesturm drang. Die atmosphärischen Störungen wurden wohl dadurch verursacht, nehme ich an. Jedenfalls sind unsere Strahlungswerte bedenklich und auch die Magnetstrahlung drang bis hier unten durch. Das kann auch mit ein Grund für den Ausfall der Bordsysteme der Katana gewesen sein. Durch den Eintritt in die Atmosphäre waren die Schutzsysteme der Katana ausgefallen und das Schiff war der Magnetstrahlung ausgesetzt. In dem Falle könnte sich auch jeder Reparaturveruch als schwierig bis unmöglich erweisen.”

Es war unschwer zu erkennen, daß Needa nicht begeistert über die neue Situation war.

Besorgt verfolgten einige Besatzungsmitglieder das aufkommende Schneegestöber. Die weit entfernten Silhouetten des Außenteams waren kaum noch zu erkennen. Durch die geringere Gravitation, die GammaL-8526 besaß, wirbelten die sehr großen Schneekristalle fast nur durch die Kraft der Winde angetrieben durch die Atmosphäre. Als das Wetter sich auf die Katana zubewegte, verlor sich der Sichtkontakt zum Außenteam.

“Katana an Außenteam, bitte melden” versuchte Marina deSoto den Kontakt zum Außenteam herzustellen. Aber die Reichweite der eh nicht sehr leistungsfähigen Kommunikatoren waren unter den widrigen Bedingungen zu gering und das Kommsystem der Katana war noch immer nicht wieder einsatzbereit, obwohl sich Maggie Kincaid zusammen mit einigen Technikern bereits darum kümmerte. Fragend sah Frank Lincoln, der Sicherheitschef der Katana, Marina deSoto an, doch die schüttelte nur mit dem Kopf, um ihn vom negativen Ergebnis ihres Kontaktversuchs zu informieren. Frank hatte Needa davon abgeraten, sich unter den weitgehend unbekannten Umständen, die sie auf dem Planeten vorfanden, zu weit vom Schiff zu entfernen, aber schließlich mußte er doch zugestehen, daß es unter ihrer derzeitigen Lage gar nicht anders ging. Es war möglich, daß ihnen die Informationen helfen konnten, wenn sie hier irgendwann einmal wieder wegkommen wollten. Gern hätte Frank auch zum Außenteam gehört, aber der Captain hatte darauf bestanden, daß er an Bord blieb.

Dalen konnte sich nicht an der bizarren, aber doch exotisch schönen Aussicht auf den Planeten nicht erfreuen. Einen Moment lang ließ er sich zwar von den großen, leicht gelblichen Schneekristallen verzaubern. Ob die Farbgebung durch den Schwefelgehalt entstand? Und welche gesundheitlichen Gefahren bestanden damit für sie? Dann aber kreisten seine Gedanken sofort um das Außenteam, welches nahezu ungeschützt dort draußen agierte. Lediglich gegen die beißende Kälte hatten sie vorgesorgt, genau wie im Hangar. Jetzt mußte Dalen Leute einteilen, die die Katana vor den Schneemassen schützten und den Eingang für das Außenteam freihielten. Aus der Entfernung sah das Schneetreiben recht harmlos aus, auch vom Sturm war hier in der Katana noch nichts zu spüren. Die Gewalt des Sturms überraschte sie, genauso wie das Außenteam kurze Zeit zuvor. In wenigen Minuten begruben die riesigen Schneeflocken die Katana unter sich. Obwohl die Räumarbeiten durch die geringe Schwerkraft begünstigt wurden, gelang es der Besatzung nicht, die Katana vor dem Schnee zu schützen. Bis weit in den Hangar hinein lag der Schnee, der leicht schweflige Geruch drang langsam durch das ganze Schiff. Die Katana war eingeschneit.

Noch während das Außenteam sich beriet, wechselte das Wetter wieder. Wie vor dem kurzen, aber heftigen Schneesturm war es nun wieder schön. Rundherum strahlte die frische Schneedecke in einem leuchtenden, hellen Gelb. Gewarnt vor den Wetterwechseln und besorgt um die Katana arbeitete sich das Außenteam auf den Hügel Schnee zu, unter dem die Katana begraben war. Erst jetzt realisierte jeder, welche Unmenge an Schnee gefallen war. Selten unterschritt der Neuschnee ihre Hüfthöhe, je weiter sie zur Katana vordrangen, umso schwieriger wurde der Weg. Jeden einzelnen Schritt überprüfte jeder von ihnen gut. Wenn sie jetzt eine der Spalten oder Kuhlen erwischten, die sie schon auf dem Hinweg getroffen hatten, dann würden sie so tief im Schnee versinken, daß er ihnen weit über den Kopf reichte. Tomm für seinen Teil konnte darauf gerne verzichten, jeder der anderen vermutlich auch. Niemand sprach, stumm kämpften sie sich voran. Schließlich erreichten sie die Stelle, an der sich die Hangartür befinden mußte. Krächzend meldeten sich ihre Kommunikatoren fast zur gleichen Zeit, die Stimme Marina deSotos drang an ihre Ohren. Sie hörte sich an, als hätte sie schon hunderte Male vergeblich gerufen.

“Katana, hier Captain Needa. Wir sind in Ordnung, aber wie es scheint, müssen wir noch ein wenig tun, um hineigelassen zu werden?”

“Es war nicht möglich, den Eingang freizuhalten, wir sind aber am arbeiten.”

“Gut, Needa Ende.”

Sie blickte in die Runde.

“Nun, dann mal los!”

Mit bloßen Händen begann das Außenteam sich vorzuarbeiten.

“So, ich würde gerne ihre Meinungen hören!”

Knapp zwei Stunden hatten sie gebraucht, um in die Katana zu kommen, nun aber saßen sie mit trockenen Sachen weitere zwei Stunden später in einem kleinen Konferenzraum nahe des Maschinendecks. Jetzt erst spürte Tomm wieder seine gebrochene Schulter. Draußen in der eisigen Kälte hatte er den Schmerz kaum bemerkt, der nun dafür umso heftiger zuschlug. Trotzdem hatte er auf die Teilnahme an der Konferenz nicht verzichten wollen.

“Das Lebenserhaltungssystem funktioniert vorerst wieder. Wir versuchen, die Systeme einzeln gegen die hohe magnetische Strahlung so gut wie möglich abzusichern, es kann aber sein, daß bei der nächsten Sonneneruption alles wieder ausfällt. Die Krankenstation und das Maschinendeck haben wieder Energie. Weder die Notbrücke, noch die normale Brücke lassen sich vorläufig dazuschalten, da mehrere Verbindungen durch magnetische Rückkopplungen beschädigt wurden.” gab Seeta ihren Bericht ab, die sich sofort nach ihrer Ankunft wieder an die Arbeit gemacht hatte. Auch Tomm hatte den Technikern, so gut er es mit seinem verletzten Arm konnte, geholfen.

“Die Krankenstation ist also wieder einsatzbereit? Mr. Lucas, dann wissen sie ja, wo sie sich im Anschluß hinbegeben werden!”

Needas Stimme duldete keinen Widerspruch. Außerdem war Tomm auch froh über die Aussicht, in Behandlung gehen zu können. Der Junge nickte dankbar.

“Jawohl, Captain!”

“Wann können wir damit rechnen, eine der Brücken in Betrieb nehmen zu können?” Das war Summers' Stimme.

“In zwei bis drei Tagen, wenn uns nicht eine Eruption wieder zurückwirft und keine anderweitigen Komplikationen auftreten.” Seitdem sie von Kuba zurückgekehrt war, hatten sie kaum Zeit füreinander gehabt, überlegte Seeta. Und so, wie es derzeit aussah, konnte es auch noch geraume Zeit dauern, bis sich das wieder änderte. Die Chefingenieurin unterdrückte einen Seufzer.

“Wie sieht es mit den Antrieben aus?”

“Tomm und ich arbeiteten gerade an der Überprüfung des Warpkerns. Er scheint nicht beschädigt zu sein, allerdings müssen die Warpkernspulen ausgetauscht werden. Das hat aber wohl erst Zweck, wenn wir aus dem System mit seiner Magnetstrahlung raus sind. Auf den Warpantrieb werden wir also noch geraume Zeit verzichten müssen. Den Impulsantrieb müßten wir in den nächsten Tagen in Gang bekommen.” antwortete Seeta wieder.

Nachdenklich nickte Captain Needa.

“Das sieht dann ja wohl so aus, als wenn unser Aufenthalt sich hier noch etwas ausdehnen wird.”

“Womit wir zum nächsten Problem kommen.” meldete sich Maddigan. Alle blickten sich besorgt zu ihm um.

“Innerhalb der vergangenen fünf Stunden gab es sechzehn weitere Sonneneruptionen. Diese waren zwar alle wesentlich kleiner und bei weitem nicht so verheerend wie die erste, trotzdem steigt die Strahlenbelastung dadurch an. Wenn wir davon ausgehen, daß diese Eruptionen in ahnlichen Abständen weiter auftreten, dann erreichen wir kritische Strahlenwerte für die Besatzung innerhalb von achtundvierzig Stunden.”

“Gut, dann haben wir jetzt wenigstens einen Zeitrahmen. In achtundvierzig Stunden müssen wir hier entweder weg sein oder aber die Katana so abgesichert haben, daß keine Gefahr für die Besatzung besteht. Meine Damen und Herren – an die Arbeit!”

Damit löste sich die Versammlung kurzerhand auf. Tomm, der sich sofort wieder zu Seeta und Maggie gesellte, wurde aber von Captain Needa zurückgehalten.

“Mr. Lucas, die Krankenstation befindet sich nicht auf dem Maschinendeck!”

“Computer...?!” brach Ariell den Versuch gleich wieder ab, wie gewohnt das Logbuch der Katana zu führen. Seeta hatte gebeten, nur die nötigsten Verbraucher an den Hauptcomputer anzuschließen. Obwohl das Schiffslogbuch eigentlich laut den Vorschriften zu den wichtigsten Systemen des Schiffes gehörte und selbst auch nur ein kleiner Verbraucher war, hatte die Chefingenieurin sie überzeugt, dem zuzustimmen. Niemanden von ihnen würde es nützen, wenn es ein perfekt geführtes Logbuch gab, aber keine lebende Besatzung mehr. Siebenunddreißig Stunden waren seit dem Absturz vergangen und weder der Antrieb noch eine der Brücken funktionierte wieder. Dafür gab es neunundfünfzig Sonneneruptionen, davon sechs schwerere. Die Strahlendosis einiger Besatzungsmitglieder nahm mittlerweile bedrohliche Ausmaße an. Mr. Maddigan hatte beim gesamten Außenteam Werte knapp unterhalb der Grenzwerte ermittelt. Dem neuen Navigator ging es soweit wieder besser, auch wenn der Junge ein künstliches Gelenk abgelehnt hatte. Lieber wollte er den natürlichen Heilungsprozeß durchstehen, den Dr. Maddigan mit etwa sechs bis acht Wochen vorhergesagt hatte. Vermutlich würden es eher acht werden, da der Junge nur wenig Rücksicht auf seine eigene Gesundheit nahm und nach seiner Entlassung von der Krankenstation sofort wieder Richtung Maschinenraum gegangen war, um dort zu helfen. Ariell überlegte, ob sie alle notwendigen Anweisungen gegeben hatte. Aber es gab wohl nichts weiter zu entscheiden. Noch nicht. In ein paar Stunden würde das anders aussehen. Hoffentlich gab es dann etwas zu entscheiden.

Neununddreißig Stunden waren seit dem Absturz vergangen. Noch immer konnte Seeta keine bahnbrechenden Reparaturen beenden, aber es sah so aus, als ob tatsächlich die Notbrücke in den nächsten zwei Stunden in Betrieb genommen werden konnte. Sie war schaltungstechnisch direkter an die Schiffssysteme angebunden als die Hauptbrücke. Diese war mit Bordmitteln vorerst nicht zu retten.

Mittlerweile war es draußen zum zweiten Mal Nacht geworden. Ein Tageszyklus belief sich auf GammaL-8526 auf achtzehn Komma vier Stunden. Die Temperaturschwankungen waren enorm und fielen im Laufe der Nacht auf etwas über 200 Kelvin, das entsprach kaum -70 Grad Celsius. Außenarbeiten waren in der Nachtzeit kaum möglich.

Dr. Maddigan hatte alle Hände voll zu tun. Zwar waren in der Zwischenzeit endlich alle Verletzten des Absturzes behandelt, aber die hohen Strahlendosen machten ihm Sorgen. Regelmäßig mußten sich alle Besatzungsmitglieder bei ihm und seinem Team melden, um ihre Werte überprüfen zu lassen. Fünfzehn Besatzungsmitglieder hatten den zulässigen Höchstwert überschritten. Wenn die Katana nicht bald wirksamen Schutz bot, dann gab es bald erste ernsthafte Erkrankungen. Die höchsten Werte hatten momentan Summers und Yadeel.

Mr. Lefair, der sich gerne mit Monsieur Lefair ansprechen läßt, hatte fast genauso viel zu tun wie Counselor Velain. Der ungewöhnliche Streß wirkte sich auf viele Besatzungsmitglieder aus und es waren einfach Gesprächspartner gefragt. Da die Counselor aber auch nur immer mit einem reden konnte, war der Bordfriseur ein gern gesehener Gesprächspartner. Die Schere hatte er schon vor Stunden beiseite gelegt.

Vierzig Stunden saß die Katana bereits hier fest. Auf dem Maschinendeck wurde die Stimmung langsam besser, obwohl die meisten jetzt fast zwei Standardtage nicht mehr geschlafen hatten. Tomm half Seeta bei den letzten Einstellungen zur Kalibrierung der Kampfbrücke. Maggie war mit einigen Technikern dabei, den Impulsantrieb zu reaktivieren. Auf den Warpantrieb, da waren sich alle einig, würde die Katana verzichten müssen. Nachdem es die letzte Nacht stark geschneit hatte, war es sowieso noch unklar, ob die Katana überhaupt starten konnte. Es war das erste Mal, daß sich das Wetter länger als ein oder zwei Stunden konstant hielt. Schon eine ganze Weile grübelte Tomm darüber nach, ob es eine realistische Möglichkeit gab, die Katana von diesem Eisball starten zu lassen.

“Ich hoffe, daß die Steuerdüsen dabei helfen können.” riet Seeta.

“Es ist auch die einzige Möglichkeit.” bestätigte Maggie.

Zwei Stunden dauerten die Arbeiten an den wesentlichsten Verbindungen noch, dann kroch auch der letzte Techniker aus der Jeffriesröhre heraus und meldete, alle notwendigen Spulen geprüft und gegebenenfalls ersetzt zu haben. Die Ersatzteile waren ihnen schon vor einiger Zeit ausgegangen, so daß sie sich entschieden hatten, einige Systeme zu demontieren und dort die notwendigen Teile zu entnehmen. So bestand nun nur noch eine Kommunikationsmöglichkeit von der Kampfbrücke zum Maschinenraum und zur Krankenstation, die meisten anderen Decks mußten auf die Schiffskommunikatoren verzichten. Noch einmal sahen auf dem Maschinendeck alle gegenseitig an. Ein leichtes Nicken bestätigte ihnen gegeneinander, daß es jetzt Zeit war, die Kampfbrücke in Betrieb zu setzen. Seeta meldete das Captain Needa.

“Wir sind dann soweit. Die Notbrücke kann aktiviert werden.”

Needa sah auf das Schiffschronometer der Kampfbrücke. Knapp dreiundvierzig Stunden nach dem Absturz, etwas mehr als vier Stunden der von Dr. Maddigan gesetzten Prognose. Hoffentlich funktionierte es.

“Ohne Navigator brauchen wir nicht beginnen. Mr. Lucas, wo sind sie?”

“Melde mich wie befohlen auf der Brücke!” antwortete Tomm, der soeben mit einigen Schmerzen in der Schulter aus der Jeffriesrühre kletterte. Die Turbolifte gehörten zu den Schaltkreisspendern.

“Gut. Maschinenraum, wir können beginnen.”

Seeta Yadeel gab die notwendigen Kommandos in den Hauptcomputer ein. Auf der Brücke leuchteten die Konsolen auf. Die Brückencrew und sämtliche Ingenieure und Techniker der Katana hielten einige Sekunden den Atem an, aber das Energieniveau blieb konstant.

Leise sprach Summers mit Needa. Tomm programmierte bereits flink einen Kurs. Mittlerweile war die Katana fast zur Hälfte im Schnee eingegraben. Lew und Tannier hatten es irgendwie geschafft, die Hangartür manuell zu verschließen. Es konnte losgehen. Needa nickte Summers zu.

“Gelber Alarm!” kommandierte Summers daraufhin. “Wir wollen kein Risiko eingehen und dieses Startmanöver könnte ein Risiko für die Katana darstellen.”

“Kurs programmiert!” meldete Tomm.

“Energie!” rief Needa.

Die Katana ächzte und knirschte, die Steuerdüsen arbeiteten korrekt und mit voller Kraft. Das ganze Schiff erzitterte, als es sich von seinem Grab im Eis und Schnee löste. Vollkommene Stille auf allen Decks, die meisten Besatzungsmitglieder waren auf ihre Stationen oder in ihre Quartiere zurückgekehrt. Alle hielten jetzt den Atem an, während sich die Katana Millimeter für Millimeter erhob. Endlich war das Schiff frei. Ein heller Lichtblitz erleuchtete den Hauptbildschirm der Brücke und blendete sie. Ein Knall drang irgendwo aus dem Schiffsinneren an ihre Ohren. Die Navigationskonsole wurde dunkel, genau wie ein Teil der Anzeigen im Maschinenraum, die Steuerdüsen fielen aus. Hart setzte die Katana auf dem Planeten auf.

“Berichte?” fragte Needa.

“Eine Eruption der Sonne. Mittlere Stärke.”

“Maschinenraum?”

“Eine Sicherung ist nur durchgebrannt. Die Reparatur dürfte nur Minuten dauern.”

Ein Aufatmen war auf der Brücke hörbar. Tatsächlich konnten sie nach wenigen Minuten einen zweiten Versuch starten. Diesmal hielten alle Leitungen. Die Katana brachte immer mehr Abstand zwischen sich und der eisigen Oberfläche. Das Feuer der Steuerdüsen beleuchtete die nächtliche Schneelandschaft bizarr, die herabfallenden Schneemassen von der Katana bildeten einen leuchtenden Vorhang. Durch das Erhitzen der Kristalle entstand ein gelbgrünliches Schwefelgas, welches mit blaßgelber Flamme verbrannte und der Katana zusätzlichen Auftrieb verschaffte. Immer weiter entfernte sich die Oberfläche des Planeten, bis die Katana die Atmosphäre endlich verließ. Sie hatten es geschafft. Außerhalb der Atmosphäre konnte die Katana ihr schützendes Magnetfeld wieder voll entwickeln, so daß keine weitere Gefahr für die Besatzung mehr bestand. Der Scan ergab, daß die Romulaner offensichtlich nicht damit gerechnet hatten, daß die Katana den Absturz überstand. Zumindest warteten sie nicht enttarnt auf sie. Trotzdem beobachteten Frank Lincoln und Marina deSoto aufmerksam alle funktionstüchtigen Sensoranzeigen, was nicht allzuviele waren. So wie es aussah, hatte die Katana es überstanden. Die Reparaturarbeiten würden aber wohl noch Wochen dauern und einiges würde erst bei einem Werftaufenthalt behoben werden können. Vom gesamten Geschwader Jäger würde nur ein einziger an Bord zu reparieren sein, alle anderen waren so stark beschädigt, daß eine Reparatur keinen Sinn hatte. Für die Reparatur der Kommunikationssysteme und Sensoren fehlten die Ersatzteile. Und der Warpantrieb würde Wochen benötigen. Schwierige Zeiten standen der Katana bevor.