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From PathfinderWiki

Die Seele des Feindes
Autor: Zhabia Velain
Anfangssternzeit: 56007.89
Endsternzeit: 56009.17
Anfangsdatum: 03.01.2379 (21:12 Uhr)
Enddatum: 04.01.2379 (08:23 Uhr)

Mit einem eleganten Schlenker schwenkte die Katana in die Umlaufbahn Gelivas, einem der delvianischen Monde ein, in dessen Schatten sie vorläufig bleiben würde.

Das Peacekeeperschiff hatte sie zwar nicht bemerkt, aber die Stimmung auf der Brücke war trotzdem angespannt. Schließlich wusste niemand, was sie erwartete. Aber alleine Velains Reaktion auf das kleine Schiff hatte genügt, um allen klar zu machen, mit wem sie hier auf gar keinen Fall nähere Bekanntschaft machen wollten: Den Peacekeepern.

Allein der Name ist schon abschreckend genug… überlegte Ariell, deren Blick auf dem Schirm ruhte, welcher die braune Oberfläche des Mondes mit seinen zahlreichen Kratern zeigte. Welche Organisation hat es nötig sich so einen Namen zu verpassen? Doch nur eine, bei der man sonst die ‚Ziele‘ nicht erkennt...

„Keine Schiffe in Reichweite.“, meldete Yamin Aurel routiniert.

Zhabias Gedanken kreisten derweil um den kurzen Moment, in dem sie einen Blick auf Delvan hatte werfen können. So vertraut kam ihr der Heimatplanet vor, dass sich ein bekanntes freudiges Gefühl in ihrer Magengegend ausbreitete. Der Planet selbst hatte sich natürlich nicht verändert – jedenfalls konnte man das nicht aus so großer Entfernung sehen, dennoch war ihr etwas Neues aufgefallen, was die Vorfreude eindämmte. Eine kleine Orbitalstation, die durch eine lange Halterung mit der Oberfläche verbunden zu sein schien. Vermutlich handelte es sich bei der Halterung um eine Schiene für einen Orbitalgleiter oder eine Art Aufzug. Aber allein die Präsenz dieses Dings beunruhigte die Delvianerin. Ihr Volk trieb nur wenig Handel, der eine solche Station nötig gemacht hätte.

Sie hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als Commander Summers eine Aufzeichnung der Station auf den Schirm legen ließ.

„Was ist das für eine Station?“, wollte Needa, deren Interesse jetzt ebenfalls geweckt war, wissen.

„So leid es mir tut, ich weiß es nicht. Diese Station war noch nicht da, als ich Delvan verließ.“, antwortete Zhabia schulterzuckend.

„Und die beiden... Dinger da?“ Summers deutete auf zwei bräunliche Objekte, die zu zwei Seiten der Station lagen und sich sehr ähnlich sahen, aber keineswegs gleich waren. „Die gehören nicht zur Station oder?“ Er warf einen Blick über Dalens Schulter, der eifrig dabei war die eingesammelten Sensordaten des Objekts auszuwerten.

„Es scheinen Lebewesen zu sein, jedenfalls bekomme ich Biowerte.“, erklärte der Tev’Mekianer.

Die Counselor nickte. „Ja, das ist richtig. Das sind Leviathane – Sie werden als Transportschiffe genutzt.“

„Aber es sind Lebewesen. Wie kann man die als Schiff nutzen?“, fragte die Kommandantin etwas verdutzt.

„Leviathane sind Wesen, die in ihrem Körper sehr große Hohlräume haben, die Bewohnbar sind. Man kann darin eine Atmosphäre erschaffen. Allerdings geht das nicht ohne die Hilfe des Leviathans selbst. Außerdem sind die Nervenbahnen dieser Wesen kompatibel mit den neuralen Leitungen, mit denen ein Großteil unserer Technologie funktioniert. So kann man sie teilweise kontrollieren.“ Das Gesicht der Delvianerin ließ keine Interpretation ihrer Gesichtszüge zu. Sicher war es für sie selbstverständlich, einem Lebewesen einfach ein paar Maschinen zu verpassen, damit es so funktionierte wie man das wünschte. Entsprechend sah sie die anderen an, als habe sie lediglich erklärt, wie man einen Replikator bediente.

„Ist das nicht... na ja... so was wie Sklaverei?“, fragte nun Summers wieder, der sich als erster wieder gefangen hatte.

Velain zuckte leicht mit der Schulter: „Ja und nein... Wir haben die Leviathane nie zu einer Symbiose gezwungen. Man kann auch ihr Vertrauen gewinnen, dann lassen sie das oft freiwillig zu, denn wenn man die Integration der technischen Komponenten richtig vornimmt, ist sie nicht schmerzhaft. Peacekeeper sind da nicht so zimperlich. Sie fangen Leviathane ein und betäuben sie. Wenn sie wieder aufwachen, ist es bereits zu spät.“

Needa lief ein kalter Schauer über den Rücken. Wie nett... wenn man aufwacht, ist man eine Drohne... Scheint, als hätte jedes Universum seine Borg. Diese Peacebrüder werden mir von Minute zu Minute unsympathischer!

Sie schüttelte leicht den Kopf. „Na schön. Wie ist Ihr weiterer Eindruck, Counselor?“

„Nichts weiter Auffälliges. Nur...“

„Nur?“

„Ich wüsste nicht, wozu diese Orbitalstation gebraucht werden sollte.“, meinte Zhabia zögerlich.

„Sie erweckt den Eindruck, als diene sie als Zwischenstation um Rohstoffe oder Ähnliches auf die Transportschiffe zu bringen. Warum sonst sollten sie daran andocken?“, vermutete Dr. Lazarus mit prüfendem Blick auf seine Anzeigen.


Tannier verließ als Letzter den EF-Briefingroom und blieb in der Tür für einige Sekunden stehen. Er drehte sich noch einmal um und ließ seinen Blick über die leeren Sitzreihen schweifen. „Ich finde sie, Delenn.“, flüsterte er leise und tastete nach der Brusttasche, in der er das Triluminarium verstaut hatte. Er war sich nicht sicher ob er es wagen konnte, der Crew von dieser Aufgabe zu erzählen oder sie einfach darum zu bitten, sie mit Hilfe des Triluminariums zu testen. Fürs Erste würde er es jedoch für sich behalten. Im Augenblick gab es ohnehin genug anderes zu tun, was seine Aufmerksamkeit erforderte.

Er folgte ein Stück dem letzten Team, das vor ihm den Raum verlassen hatte, um die Hauptzugangspunkte des Schiffes zu sichern. Er selbst würde vorläufig zur Brücke zurückkehren und sich später im Fall eines Falles dem nächsten Team anschließen.


Needa wiegte die Ratschläge des 1. Offiziers und die Informationen der Counselor ab. Es war nicht eindeutig zu erkennen, ob die Station von Delvianern oder sonst jemandem erbaut worden war und so lange keine Peacekeeper-Schiffe in der Nähe waren, waren die Chancen Kontakt zu den Delvianern aufzunehmen auf jeden Fall höher als anders.

„Die Schiffe entfernen sich.“, meldete Aurel und legte eine andere Ansicht auf den Schirm, die zeigte, wie die beiden Leviathane nebeneinander her vom Planeten weg flogen. Für einen Moment schienen sie zu verlangsamen, dann jedoch änderte sich die Haltung der vier Tentakel ähnlichen Arme, die nach hinten vom Rumpf weg zeigten. Die Spitzen berührten sich in einem gleißend hellen Licht und im nächsten Moment waren beide verschwunden, als seien sie auf Warp gegangen.

„Beeindruckend.“, ließ sich erstaunlicherweise der Asgard an der Navigation vernehmen. Aber nicht nur er war von diesem Anblick beeindruckt gewesen.

„Es nennt sich Stellarbeschleunigung. Eine Geschwindigkeit, die der Warpgeschwindigkeit ganz ähnlich ist. Leviathane sind erst ab einem bestimmten Alter dazu fähig.“, erklärte die Delvianerin, ehe jemand danach fragte.

Ariell nickte knapp, besann sich aber sofort auf die Chance. „Mr. Widar, bringen sie uns langsam aus dem Mondschatten heraus, ich möchte freie Sicht auf den Planeten haben.“ Als der Asgard sich gänzlich seiner Konsole zuwandte, fuhr sie fort: „Mr. Aurel: Bereiten Sie einen Ruf vor.“

„Sie können sprechen.“, bestätigte der Trillhybride nach wenigen Tastendrücken. „Hier spricht Captain Ariell Needa vom Sternenflotten-Raumschiff Katana. Wir sind in einer friedlichen Mission unterwegs, um Kontakt zu Ihnen aufzunehmen.“ Sie machte eine kurze Pause und wandte sich dann mit einem knappen Nicken an Aurel. „Schicken Sie die Nachricht erst ab, wenn wir sicher sind, das keine anderen Schiffe in der Nähe sind.“

„Ja Ma’am.“


Mehrere Stunden lang hatte sich nun überhaupt nichts getan, weder war eine Antwort eingetroffen noch war auch nur im entferntesten irgendwo ein Schiff zu sehen gewesen. Zwar war die Ruhe eigentlich ganz angenehm, denn die Wartezeit war eine willkommene Pause, dennoch wollte man die Anspannung, die durch die Ungewissheit, die Peacekeeper betreffend, immer weiter anzusteigen schien, so schnell wie möglich lösen und die Mission hinter sich bringen.

Dalen Lazarus trommelte inzwischen etwas gelangweilt und wenig rhythmisch auf den Rand seiner Konsole. Seine Na-toll-wie-lang-dauert-das-denn-noch-Miene passte zu der allmählich immer ungeduldig werdenden Stimmung auf der Brücke, die auch Needa teilte. Für eine Weile hatte sie sich in ihren Raum zurückgezogen, aber dort war es ihr dann, in anbetracht der Situation, doch einen Tick zu ruhig gewesen.

Hier ließ sie sich nun von Lazarus‘ Trommelwirbel anstecken und wippte mit dem Fuß auf und ab, versunken in eine Träumerei über einen langen freien Nachmittag auf dem Holodeck oder in ihrem Quartier. Sie alleine und ein Buch, ganz ungestört... Aber so weit sollte es wohl nie kommen. Entweder sie war im Dienst und ärgerte sich darüber, dass sie genauso gut hätte frei haben können, oder es war so viel los, dass das bisschen Freizeit sich in Wohlgefallen auflöste.

Ihr Fußwippen wurde etwas aggressiver.

Mit einem fast unhörbaren Seufzer, sah sie auf die Uhr und stellte augenblicklich das Wippen ein. Ebenso warf sie dem Wissenschaftler einen scharfen Blick zu, der entwaffnet die Hände hob und mit dem Trommeln aufhörte. „Mr. Aurel...“, begann Needa, wurde jedoch wenig respektvoll von dem Ops-Offizier unterbrochen.

„Ja Ma’am. Ich bin sicher, dass die Nachrichten ankamen. Und nein, ich weiß nicht, ob sie uns verstehen.“ Aurel klang genervt. Das mochte wohl auch daran liegen, dass Needa ihm in den vergangenen zehn Minuten drei Mal die passenden Fragen zu seinen Antworten gestellt hatte.

Noch während die Capteuse überlegte, wie sie die Respektlosigkeit Aurels nehmen sollte, redete er jedoch weiter: „Aber dafür hab ich eine andere Neuigkeit. Da ist ein Schiff auf den Sensoren. Es ist noch außerhalb des Systems und wird es wohl auch nur am Rande durchfliegen. Dabei werden wir bei seiner aktuellen Geschwindigkeit in zirka fünf Stunden für einige Minuten in seiner Sensorenreichweite sein.“

„Danke – behalten Sie es im Auge, damit wir uns rechtzeitig in den Mondschatten zurückziehen können. Sammeln Sie ein paar Daten, vielleicht sind die noch hilfreich.“, meinte Ariell nur und erhob sich langsam aus ihrem Stuhl. „Commander, Sie haben die Brücke. Ich bin in meinem Raum.“

Zischend schloss sich hinter ihr die Tür des Bereitschaftsraums und für einen Augenblick blieb sie stehen und betrachtete Stuhl und Schreibtisch. Im Grunde gab es im Moment nicht viel zu tun, alle Berichte hatte sie gelesen, selbst verfasst oder weitergeleitet, vielleicht konnte sie es doch wagen sich hier ihrem Buch zu widmen?

„Brücke an Captain Needa.“, erreichte sie die Stimme ihres 1. Offiziers aus dem Kommunikator. Anstatt darauf zu antworten, drehte sie sich jedoch nur um, woraufhin sich die Tür öffnete und den Blick auf die Brücke freigab.

Andreas wandte sich dem Zischen und damit Ariell zu und beendete mit einer flinken Handbewegung den Ruf. „Sie haben endlich geantwortet.“

Über Ariells Gesicht huschte ein überraschtes Lächeln. Vielleicht hätte sie einfach nur eher an eine Pause von der Pause denken sollen. „Auf den Schirm.“, ordnete sie an.

Auf dem riesigen Monitor erschien das verwackelte Abbild eines Delvianers. Um ihn herum war nicht viel zu erkennen, da der Raum in dem er sich befand fast völlig im Dunklen lag. Sein Gesicht war nur schwach unter der großen Kapuze zu erkennen, aber im Vergleich zu dem von Zhabia gewohnten blau, sah er ziemlich blass aus.

„Hier ist Regent Zherel Korrn von Delvan. Können Sie mich hören Katana?“ Bei den letzten Worten schien er an der Übertragungseinheit zu rütteln.

„Regent Korrn, hier spricht Captain Needa. Wir können Sie hören. Das Bild ist nur leicht verzerrt.“, antwortete Ariell sofort und legte den Kopf schief, um so vielleicht etwas mehr sehen zu können.

„Gut.“ Für den Bruchteil einer Sekunde hellte seine Miene sich auf, nur um sofort wieder zurück in den misstrauischen Ausdruck zu verfallen. „Sind Sie Freunde der Peacekeeper? Wer schickt Sie?“ Das Bild wackelte ein letztes Mal, dann schien Korrn damit zufrieden zu sein und ließ von dem Gerät ab und blickte unverwandt zu Needa.

In einigen wenigen Sätzen erklärte Ariell, dass sie die Peacekeeper bisher nicht einmal richtig kannten, woher die Katana stammte und wie sie auf das Universum aufmerksam geworden waren, in dem die Delvianer beheimatet waren. „Velain.“, sagte Korrn schließlich leise. Der Name war ihm durchaus bekannt, doch er zeigte keine Gemütsregung, als er nun die Counselor nicht weit von Needa entfernt erkannte. „Ihretwegen sind sie gekommen.“, meinte er fast gleichmütig.

„Ihretwegen ist wer gekommen?“, fragte Ariell irritiert nach.

„Die Peacekeeper. Alles was wir wussten, war dass jemand durch ein Wurmloch verschwunden war. Es war nicht leicht, heraus zu finden wer es war, aber letztlich konnte es nur sie gewesen sein. Zhabia Velain... Sie ist nie wieder aufgetaucht.“, erklärte Korrn offen. „Sie müssen wissen – Peacekeeper sind keine Forscher und Techniker. Sie wären niemals in der Lage ohne Informationen von anderen Forschern selbst je ein Wurmloch zu erschaffen. Deshalb suchen sie nach Informationen darüber. Ich weiß nicht von wem sie es erfahren haben, aber vor zwei Zyklen kamen sie hier an und wollten alles über das Wurmloch wissen. Als wir ihnen keine Informationen geben wollten, haben sie uns... annektiert. Oder wie auch immer man das nennen will. Offiziell haben sie ein Protektorat errichtet.“

Zhabia hatte bei dem, was sie gehört hatte augenblicklich an Farbe verloren. Ihretwegen waren die Peacekeeper so weit in die unbekannten Territorien vorgedrungen!? Dabei wusste sie nicht einmal selbst genug über die Details der Wurmlocherschaffung, um erklären zu können, wie sie damals den Wirbel geöffnet hatte. Sicher die Sternenflotte hatte später mit ihr zusammen daran gearbeitet, damit ihr eine Rückkehr möglich sein würde, aber sie war niemals weit genug in der Materie gewesen, um die Vorgänge auch nur ansatzweise zu beschreiben. Es war einfach ein Unfall gewesen, den die Sternenflotte kontrolliert zu rekonstruieren im Stande war. Nicht mehr und nicht weniger.

„Sie haben das einfach geschehen lassen?“, fragte Summers ungläubig.

„Wir sind ein friedliches Volk. Wir suchen nicht den Kampf. Viele unseres Volkes waren nicht bereit gegen die Peacekeeper in den Krieg zu ziehen.“ Dem Commander war es ein Rätsel wie jemand so gleichgültig davon reden konnte, dass sein Volk offensichtlich unterdrückt wurde. Er warf der Counselor einen flüchtigen, fragenden Blick zu, der ihm zwar bestätigte, dass ihr die Sache nicht gleichgültig war, aber ihn dennoch verwunderte, da Zhabia lediglich etwas blasser war, ansonsten aber vollkommen gefasst.

„Bitte,“ begann Korrn nach einer kurzen unangenehmen Pause, in der er etwas näher an das Kommunikationsgerät heran gerückt war. „ich kann wohl nicht mehr lange von hier sprechen. Wenn Sie möchten, werde ich sie gerne hier empfangen. Ich übermittle Ihnen Koordinaten bei denen Sie landen können, ohne den Peacekeepern zu nahe zu kommen.“

Ariell wollte gerade etwas erwidern, als Korrn sich noch einmal hastig umsah und dann mit einem knappen Nicken die Verbindung unterbrach.


Danach dauerte es gut eine Stunde bis Dalen mit Hilfe Zhabias die Koordinaten aus der Aufzeichnung der Übertragung herausgefiltert hatte. Für die Übermittlung verwendeten die Delvianer ein Format, das selbst für die geübten Wissenschaftsaugen Dr. Lazarus‘ ungewöhnlich schien.

„Wenn ich noch einen bescheidenen Vorschlag machen dürfte?“, meinte er, als er die Ergebnisse an die Captain weitergab. Needa sah ihn erwartungsvoll an. „Anstatt zu landen... beamen Sie!“

Nichts anderes hatte Needa vorgehabt und so materialisierte sie knapp 15 Minuten später mit einem Außenteam bestehend aus ihr selbst, Counselor Velain und einem dreiköpfigen Sicherheitsteam um Lieutenant Tannier bei den berechneten Koordinaten.

Es war eine flache Wiese, die von allen Seiten von Wald und dahinter in einiger Entfernung von einer Bergkette umrundet war.

Die Trillhybride grinste. Selbst wenn ihr Schiff ein Landetriebwerk besessen hätte, hätte auf dieser Lichtung nicht einmal die Untertassensektion platz gehabt. Aber der Delvianer hatte schließlich nicht um die Sternenflotten-Technologie wissen können. Woher auch?

Sie warf dem Minbari einen fragenden Blick zu, der bereits die Umgebung scannte. „Etwa zwanzig Meter in dieser Richtung befinden sich zwei Lebensformen. Sie nähern sich.“, erklärte dieser und gab seinen Teammitgliedern zu verstehen, dass sie sich bereithalten sollten, falls es sich nicht, wie erwartet um Korrn handelte.

Es dauerte keine 10 Sekunden bis die beiden in Sichtweite kamen. Ein Mann und eine Frau. Der Mann trug zwar einen dunklen Umhang, der der gleiche wie Korrns hätte sein können, doch da man sein Gesicht während der Übertragung durch die Kapuze nicht gut hatte erkennen können, war Ariell sich nicht sicher, ob es wirklich Korrn war. „Identifizieren Sie sich bitte.“, forderte sie die beiden Fremden daher schon von weitem auf und die Griffe des Mini-EF-Teams um ihre Waffen versteiften sich augenblicklich.

Von den Fremden kam keine Reaktion. Dafür von der Counselor: „Es ist in Ordnung. Ich kenne die Frau.“

Die Anspannung des Außenteams nahm ein wenig, aber nicht komplett ab.

Als die beiden Delvianer nahe genug heran gekommen waren, sprach der Mann: „Captain – ich hatte erwartet, dass Sie Ihr Schiff landen würden. Erstaunlich, über welche Möglichkeiten Sie zu verfügen scheinen.“

An der Stimme des Mannes erkannte die Capteuse sofort, dass es sich um Korrn handelte. Sie hatte ihn größer eingeschätzt. Er war mindestens anderthalb Köpfe kleiner als sie selbst, aber bei der Übertragung hatte sie durch die vergrößerte Darstellung auf dem Schirm zu ihm aufsehen müssen.

Seine Begleiterin war unterdessen auf Zhabia zugegangen. Sie lächelte breit und machte auf die anderen den Eindruck, als wolle sie jeden Augenblick einen Luftsprung machen. Ebenso die Counselor. Doch anstatt dessen, ergriffen beide den Hinterkopf der anderen, legten ihre Stirne aneinander und schlossen für einen Moment die Augen.

„Es tut so gut, Dich wieder zu sehen.“, meinte Zhabia ruhig.

„Ich wusste Du kommst zurück.“, erwiderte die andere.

Als beide ihre Begrüßung abgeschlossen hatten, verneigte Zhabia sich kurz vor Korrn, dann wandte sie sich an Needa: „Das ist meine Schwester: Disa Velain.“ erklärte sie. Die Capteuse nickte der neuen Bekanntschaft kurz zu und stellte dann das restliche Außenteam vor.

Anschließend führten Korrn und Disa sie ein gutes Stück durch den Wald. Die Lichtung war ohnehin nicht der geeignete Ort für wichtige Gespräche. An einer Gabelung, an der der Weg rechts und links an zwei schief gewachsenen Bäumen vorbeiführte, die sich gut zehn Meter über ihren Köpfen kreuzten, führte Korrn sie geradeaus unter eben diesen Bäumen hindurch, wie durch ein riesiges Tor. Und genau das schien es auch zu sein. Kaum waren sie an den Stämmen vorbei, änderte sich die komplette Ansicht – als habe jemand das laufende Programm eines Holodecks mitten im Ablauf durch ein anderes ersetzt, war nun nicht mehr das zwischen den Bäumen liegende Dickicht zu sehen, sondern eine steil abfallende Treppe, die geradewegs unter die Erde führte. Die Lichter an den Seitenwänden waren so hell, dass man es kaum für möglich hielt, nicht mehr an der Planetenoberfläche zu sein.

Disa war den ganzen Weg dicht neben Zhabia her gegangen. Beide waren überglücklich einander wieder zu sehen. Was Zhabia seit Beginn der Mission gehofft hatte, war in Erfüllung gegangen. Ihrer Schwester wegen hatte sie es oft bereut, nicht nach Hause zurückgekehrt zu sein, als sie die Möglichkeit gehabt hatte. Irgendwann hatte sie sogar geglaubt, diese Chance nie wieder zu bekommen. Umso glücklicher war sie jetzt.

Ihr gingen so viele Dinge durch den Kopf. So viele Fragen die sie hatte. So viele Dinge, die sie erzählen wollte. Doch das alles musste jetzt erst einmal hinten anstehen. Sie hoffte aber noch vor der Rückkehr der Katana die Möglichkeit zu bekommen, wenigsten einen Teil davon erfahren und erzählen zu können.

Am Ende der Treppe standen zwei Delvianer wachend vor einem Durchgang, der durch dicht herabhängende Ranken verdeckt war. Als sie sich näherten, glitten die Ranken wie ein Vorhang zur Seite und ließen Korrn, Disa und das Außenteam in einen hellen großen Raum ein. An allen Wänden entlang stapelten sich zahllose Kisten. In der Mitte war provisorisch ebenfalls aus Kisten bestehend, eine Art Sitzgruppe um das einzig richtige Möbelstück, einen steinernen Tisch, errichtet worden. Dort führte der Regent seine Gäste hin und nahm selbst auf einer der Kisten platz.

Wie Needa feststellte, bestanden die Kisten ebenfalls aus Stein, schienen aber extrem leicht zu sein, denn sie konnte sie problemlos verschieben.


„Die Sache ist die“, begann Korrn, sobald alle saßen. „Nicht alle von uns halten sich strikt an die friedliche Politik die wir viele Zyklen lang vertraten.“ Der Delvianer redete nicht lange drum herum, sondern kam direkt zum Thema. Das war auch dem Captain ganz recht.

„Sie befinden sich hier in einem der zahlreichen Verstecke des Widerstands. Wir sind nicht bereit unseren Planeten einfach so einer Vereinigung zu überlassen, die uns unter dem Vorwand uns beschützen zu wollen, ausbeutet. Unsere Anhängerschaft ist zwar zahlreich, aber uns fehlen die Mittel uns gegen die Peacekeeper zu wenden. Wir verfügen nur über wenige Waffen und nicht ein einziges Schiff. Und genau das ist die Wurzel des Baumes: Wir brauchen Schiffe. Nur so können wir verhindern, dass weitere Verstärkung für die Peacekeeper eintrifft.“

Needa unterbrach den Regenten mit einer knappen Geste: „Das ist ja gut und schön und ich verstehe Ihr Problem. Ich bin auch froh zu erfahren, dass Sie sich diese Übernahme nicht einfach gefallen lassen wollen. Aber falls Sie gehofft hatten, wir könnten Ihnen Schiffe liefern, dann muss ich Sie enttäuschen. Das gleiche gilt für Waffen.“ Natürlich hieß sie es ganz und gar nicht gut, dass dieses Volk ausgebeutet wurde. Aber in diesen Konflikt einzugreifen wäre ein großer Fehler, den sie nicht zu begehen bereit war. Auch wenn es ihr Auftrag war eine Allianz mit den Delvianern einzugehen, durfte sich ein Austausch von Technologie oder Föderationsmitteln nicht auf Waffen oder gar Schiffe ausdehnen. Medizinische Güter oder Schutzmechanismen wie die Schildtechnologie würden und durften Hauptverhandlungsmittel sein. Nicht mehr und nicht weniger.

„Wir…“, begann Korrn von neuem, wurde aber erstaunlicher Weise von Disa Velain unterbrochen, die ihm ein Zeichen zum Schweigen gab und selbst sprach.

Ein breites Lächeln legte sich auf das Gesicht der für delvianische Verhältnisse jungen Frau. „Das verlangen wir auch gar nicht. Wir erwarten weder Waffen noch Schiffe von Ihnen. Im Grunde wollen wir Sie nicht einmal in diesen Konflikt mit hinein ziehen. Das Problem ist nur, dass wir im Augenblick keine Chancen haben, ohne Hilfe überhaupt auf ein Peacekeeperschiff zu kommen.“ Sie machte eine kurze Pause bevor sie weiter sprach. „Mir ist bewusst, dass ich Sie in gewisser Weise nun doch mit hineinziehen würde, aber ich verlange das auch nicht von Ihnen, sondern bitte Sie lediglich darum.“

„Worum genau?“, wollte Ariell wissen.

„Um an Bord eines Peacekeeperschiffes zu kommen, bräuchten wir eine Transportmöglichkeit. Wenn wir erst an Bord sind, können wir den Rest alleine erledigen. Sie brauchen nicht einzugreifen – selbst wenn wir scheitern sollten, würden wir das nicht wollen.“, erklärte Disa.

„Und warum glauben Sie, dass ausgerechnet wir Ihnen dabei helfen können?“, fragte Needa nach. Selbst der Transport einer Widerstandsgruppe, kam für Föderationsverhältnisse einem Eingriff in den Konflikt schließlich bedenklich nahe, wäre aber letztlich nichts, was man nicht durch ein paar Tricks nicht rechtfertigen könnte.

„Zum einen haben wir bemerkt dass bisher keine der Sensorenbänke Delvans und Gelivas Ihr Schiff geortet hat, zum anderen… Bia vertraut Ihnen. Sonst hätte Sie sie nicht hier her gebracht.“ Disa warf ihrer Schwester einen Blick zu, der offensichtlich tiefer ging, als ein gewöhnlicher Blick. Es schien dadurch sogar eine Art Kommunikation zwischen den beiden stattzufinden. „Und wenn sie Ihnen vertraut, dann tue ich das auch.“ Wieder entstand eine kleine Pause. „Natürlich müssen Sie uns Ihre Hilfe nicht zusagen, aber ich bitte Sie im Namen des Widerstands darum.“ Bei diesen Worten verbeugte Disa sich knapp.

Zhabia war beeindruckt. Sie hatte immer große Stücke auf ihre kleine Schwester gehalten, aber deren Wortübernahme hatte sie trotzdem überrascht. Sie hatte Disa als eine Frau gekannt, die wie viele Delvianer den Weg des geringsten Widerstands gegangen war. Die jedem Konflikt zu Gunsten des Friedens so weit wie möglich aus dem Weg ging. Das war auch sicher nicht schlecht, aber gerade in diesem Fall schien es nicht angemessen zu sein, diese eingeschlagene Richtung beizubehalten.

Über das unsichtbare Band, das zwischen den beiden bestand und das nur zwischen einem Delvianer und einer Person seines uneingeschränkten Vertrauens existierte, fragte sie fast ungläubig: „Du leitest diesen Widerstand, nicht wahr?“ Ihr Unglaube über diese Erkenntnis wandelte sich in Bewunderung, denn sie wusste, dass sie selbst niemals in der Lage sein würde eine derartige Verantwortung zu übernehmen.


„Noch 30 Sekunden.“, erklang etwas genervt die Stimme Dalen Lazarus’ hinter dem Rücken von Andreas Summers. In Captain Needas Abwesenheit hatte natürlich er das Kommando über die Katana und war in den vergangenen vier Stunden nicht von der Brücke gewichen. Viel mehr als warten hatte er zwar bisher nicht tun können, aber es war ihm lieber alles in den Augen zu behalten. Besonders mit dem Peacekeeperschiff am Rande des Systems, das jetzt so nahe war, dass seine Sensoren jeden Augenblick in der Lage sein sollten, die Katana aufzuspüren. Beunruhigt dadurch, dass das Außenteam noch immer auf der Oberfläche Delvans war und sich bisher noch nicht, wie verabredet, gemeldet hatte, hatte er den Rückzug des Schiffes in sein Versteck, so lange wie möglich hinausgezögert. In den vergangenen zehn Minuten, hatte er die Lebensdauer des Brückenteppichs durch beständiges auf und ab gehen vermutlich um zwei Jahre verkürzt, wie Lazarus festgestellt hatte.

Kell Widar hatte dem Kommandanten bereits wieder den Rücken gekehrt und rechnete jeden Augenblick mit dem Befehl, in den Mondschatten zurück zu kehren. Und genau den erhielt er auch. Seine dünnen langen Finger huschten über die Steuerkonsole und das stolze Schiff gehorchte den Anweisungen des Asgard, der es im Sensorschatten Gelivas zum Anhalten brachte.

Andreas ließ zischend die Luft aus seinen Lungen entweichen. „Geschätzte Dauer, bis wir wieder in den Orbit zurückkehren können, Mr. Aurel?“, fragte er eine Spur bissiger, als er es beabsichtigt hatte. Dass sie den Kontakt zu Needa verloren hatten, wollte ihm absolut nicht in den Kram passen. Schon gar nicht, dass sie sie fast völlig ohne Schutz auf der Oberfläche zurück gelassen hatten. Aber wenn das Peacekeeperschiff sie entdeckt hätte, hätten sie die Entdeckung des Außenteams ebenso riskiert.

„Zwanzig Minuten, Sir.“, kam die prompte Antwort.

Summers ließ sich seufzend auf den Stuhl des Captains sinken und verschaffte dem Brückenteppich eine kleine Pause.

„Sir, da kommt ein weiteres Schiff auf uns zu. Es ist zwar erst in 50 Minuten in Reichweite, aber es hält direkten Kurs auf uns.“, berichtete Aurel plötzlich und prüfte misstrauisch seine Anzeigen.

Na toll… wäre ja auch zu schön um wahr zu sein, wenn mal etwas auf Anhieb so laufen würde, wie wir uns das vorstellen. Andreas schüttelte fast unmerklich den Kopf. „Dann müssen wir uns eben auf der anderen Seite verstecken, so bald das erste Schiff weg ist. Vielleicht ist der Kurs nur Zufall. Sie können uns doch noch nicht erfasst haben…“

„Nein.“, erklang bitter die Stimme des Wissenschaftsoffiziers und es war deutlich zu hören, dass er offensichtlich gerade eine Entdeckung gemacht hatte, die erklären würde, warum das Schiff trotzdem wissen konnte, wo sie sich gerade befanden. „Aber das Sensorrelais in der Nordöstlichen Hemisphäre des Mondes da.“ Dalen legte eine Ansicht des zweiten delvianischen Mondes Belivo auf den Sichtschirm. In seiner Bahn um Delvan und Geliva, war er dem anderen Mond inzwischen ein gutes Stück näher gekommen, als zuvor. Auf der Abbildung war deutlich eine Sensorstation zu erkennen, die unmittelbar auf die Katana zu zeigen schien.

Summers hielt sich zurück, nicht laut los zu fluchen. „Yadeel und McCrae sofort auf die Brücke!“, knurrte er in seinen soeben aktivierten Kommunikator. „Widar: Können wir unsere Position irgendwie ändern, so dass uns das erste Schiff und diese Station nicht erfassen können?“

„Unwahrscheinlich.“, antwortete der Asgard. „Wir könnten höchstens etwas absinken und der Mondoberfläche näher kommen. Das Gravitationsfeld ist schwach genug, dass wir in wenigen 100 Kilometern Höhe warten können und ich vermute es stört das Sensorsignal der Station. Aber das Absinken könnte als Anomalie von dem anderen Schiff erfasst werden. Es könnte sie erst recht auf uns aufmerksam machen.“

„Das müssen wir riskieren. Tun Sie das.“, ordnete Summers an.

Fast im gleichen Augenblick öffnete sich die Tür des Turbolifts und Seeta Yadeel betrat die Brücke.

„Was gibt es?“, wollte sie wissen und erfasste die Situation mit einem Blick auf den Schirm.

„Wir brauchen eine Möglichkeit, die Sensorenerfassung dieser Station dauerhaft zu stören, ohne sie jedoch zu beschädigen.“

Die Zanderianerin nickte nachdenklich. In Gedanken ging sie fieberhaft die unterschiedlichen Möglichkeiten durch, die sie kannte, mit deren Hilfe sie die fremden Sensoren täuschen konnte. „Hm…“, brummelte sie leise vor sich hin. „Sinken wir ab?“, meinte sie plötzlich.

„Korrekt.“, antwortete Widar und Andreas erklärte der Chefingenieurin kurz, was sie vorhatten.

„Das könnte uns hilfreich sein…“, überlegte die kleine Zanderianerin halblaut. Gespannt wandten sich ihr die Blicke, der anwesenden Brückecrew zu. „Eine Neujustierung der Deflektoren sollte es ermöglichen, dass wir den Sensorstrahl der Phalanx reflektieren. Wenn wir gleichzeitig die Anzahl der Staubpartikel um uns herum erhöhen könnten, sollte es aussehen, als handele es sich dabei um eine natürliche Anomalie, die den Sensorstrahl reflektiert.“

„Staub.“, meinte Andreas schlicht. „Also gut. Lasst uns etwas Staub aufwirbeln.“ Bei diesen Worten sah er Dalen an.

„Kein Problem. Wir sammeln ein paar Partikel mit den Bussard-Kollektoren, duplizieren sie mit Hilfe der Replikatoren und lassen die ab.“ Der Tev’Mekianer zuckte mit den Schultern, als wäre das Replizieren von Weltraumstaub eines seiner Hobbies.

„Gut. Bereiten Sie alles vor.“, ordnete der Commander an.


Nach etwa einer Stunde, die ihr vorgekommen war wie eine halbe Ewigkeit, in der sie durch das endlos verzweigte Belüftungssystem gekrochen war und sich auf dem engen Raum etliche blaue Flecken geholt hatte, kam in einiger Entfernung endlich ein schwacher Lichtschein in Sicht. Es mussten noch gut 20 Meter bis dort hin sein, aber immerhin: Es war ein Licht und vielleicht ein Ausgang. So leise wie möglich zog Lea sich weiter durch den staubigen Schacht.

Nein, ‚staubig’ passt nicht… es ist ein Belüftungsschacht… da würde alles rumwirbeln… Eleyne Maddigan hob ihren Blick von dem PADD an dem sie schon seit Stunden arbeitete und sah aus dem Fenster, das gänzlich von dem braunen Mond außerhalb vereinnahmt wurde. Gedankenverloren setzte sie die Tasse an ihre Lippen und merkte erst jetzt, dass sich keine Flüssigkeit mehr darin befand – wie schon vor fünf Minuten, als sie schon einmal daraus hatte trinken wollen, erinnerte sie sich dann wieder.

„OK – Pause.“, sagte sie zu sich selbst und brachte die Tasse zum Replikator. Als die Tasse verschwunden war, versicherte sie sich, das Bonnie und Clyde die trügerische Stille, die sich im Quartier breit gemacht hatte, nicht ausnutzten um irgend etwas an- oder auszufressen. Dann warf sie einen Blick in das geöffnete Zimmer ihrer Tochter. Gwen war selig eine neue Freundin gefunden zu haben und lag mit Ena Lazarus in Mitten ihres Zimmers auf dem Boden und malte mit ihr ein Bild nach dem anderen.

Eleyne schmunzelte – ein paar kostbare Minuten der Ruhe. Alwyn war in ein Computerspiel vertieft und lachte leise, als er wieder ein Level hinter sich gebracht hatte.

„Alwyn – Pass bitte mal ein bisschen auf Deine Schwester auf. Ich bin in spätestens einer Stunde zurück.“, bat Eleyne ihren Sohn und wandte sich der Quartierstür zu.

„Jepp.“, rief der Junge ihr nur hinterher und war bereits wieder ganz von dem Spiel gefangen. „Ha… Dich krieg ich!... Na mach schon!“

Eigentlich hätte sie die wenigen Minuten besser nutzen sollen, um Lea aus ihrer verzwickten Lage zu bringen… oder sie noch weiter hinein zu reiten. Aber nachdem sie in den vergangenen Stunden das Skript noch einmal komplett durchgearbeitet hatte, musste sie erst ein wenig den Kopf frei bekommen, um Platz für neue gute Ideen zu schaffen. Sonst hing sie am Ende Stunden lang an einem einzigen Satz und kam nicht weiter.

Ihr war nach ein wenig Gesellschaft und so steuerte sie das Diners an.


„Ah, Eleyne!“, begrüßte Christian sie mit einem charmanten Lächeln und deutete mit einer weiten Geste auf den Ecktisch, an dem sie am liebsten saß. „Das Übliche?“, fragte er sofort.

„Hallo.“, grüßte die Frau des Bordarztes ihrerseits zurück. „Ja bitte. Aber an der Theke.“, meinte sie, da sie keine Lust hatte, jetzt nur alleine an dem Tisch zu sitzen und hinaus zu starren. Das Fenster ging in die gleiche Richtung, wie das in ihrem Quartier und hatte im Augenblick auch nicht mehr Ausblick zu bieten.

„Gerne.“ Das Hologramm war so elegant hinter die Theke gebogen, dass es schon fast den Eindruck machte, als würde es tanzen. Nur für den Bruchteil einer Sekunde hatte Christian dem neuesten Gast den Rücken gezeigt, als er sich ihr mit seinem strahlenden Lächeln auch schon wieder zuwandte und ein sauberes Glas vor sich stellte, das er zu füllen begann. „Eine kleine Pause von Lea?“, fragte er, als er Eleyne das gewünschte Getränk hinstellte.

Sie erwiderte sein Lächeln. „Ja. Ich brauchte mal ein bisschen frische Luft.“

„Jaaha… selbst ein Belüftungsschacht kann stickig sein.“, bemerkte der Barkeeper, dem Eleyne gelegentlich die ein oder andere Idee verriet, die sie gerade verarbeitete. Christian zwinkerte ihr noch einmal verschwörerisch zu, dann richtete er seine Aufmerksamkeit, auf die soeben eingetretene Adana Lazarus.

„Hier bist Du also!“, schimpfte die Tev’Mekianerin, als sie ihren Sohn am Tresen entdeckt hatte. „Ich warte schon seit Stunden auf Dich und Du…“ Sie hielt kurz inne und musterte die zahlreichen Teller, die sich vor Atrin stapelten. „Du… probierst Dich durch die Speisekarte??“

„Ja, die Seenott-Käfer sind wirklich spitze. Sie haben sich nur teilweise gegenseitig zerfetzt, ehe ich sie essen konnte.“ Er grinste seine Mutter unschuldig an und streckte ihr eine kleine Schüssel mit rot schimmernden Käfern entgegen.

Adana lehnte kopfschüttelnd ab und nahm zwischen Atrin und Eleyne platz.

„Einen Grillensaft?“, fragte Christian, wie immer sofort für das Wohl seiner Gäste sorgend. „Der stärkt die Nerven und beruhigt…“

Adana sah ihn zweifelnd an. Ob ihr bei dem Sack Flöhe, den sie ihre Kinder nannte, überhaupt etwas helfen konnte, stand wohl in den Sternen. „Danke. Ein Glas Wasser reicht mir schon.“, erwiderte sie.

„Mrs. Lazarus?“, sprach Eleyne die Tev’Mekianerin neben sich an. „Ich bin Eleyne Maddigan. Gwens Mutter. Sie hat vorhin ihre Ena zu uns entführt…“

„Oh ja. Ich erinnere mich.“ Adana reichte der anderen Frau die Hand. Quengelnd waren die beiden Mädchen am Vormittag zu ihr gekommen und hatten sie förmlich angefleht zu Gwen gehen zu dürfen, um dort zu spielen und wissend, das Ena über die neue Bekanntschaft überglücklich war, hatte es nicht lange gedauert, bis sie zugestimmt hatte.

Als Christian das Wasser vor Adana abstellte, war diese bereits lachend und wesentlich entspannter als zuvor in ein Gespräch mit Eleyne vertieft.


„Initiiere Ausstoß… JETZT.“, kommentierte Seeta, was sie tat. „Deflektor aktiviert.“, bestätigte nur kurz darauf Yamin und registrierte nur wenige Sekunden später das langsamer werden des zweiten Schiffes. „Sie verringern ihre Geschwindigkeit.“, erstattete er darüber Bericht. Andreas registrierte es zufrieden. Wenigstens etwas, das funktionierte.

„Wann können wir auf die andere Seite?“, verlangte er zu wissen.

„Wann immer Sie wollen.“ Der Halbbetazoid sah erwartungsvoll Richtung Kell.

„Wenn wir jetzt hier weg fliegen, sehen Sie uns für einen Augenblick wieder und die Reflektion wird abgebrochen.“, gab Seeta jedoch zu bedenken.

„Nicht wenn wir für 0,8214 Sekunden auf Warp gehen. Bei einem genau berechneten Kurs, bringt uns das exakt aus dem Erfassungsbereich der Sensoren und die zurückbleibenden Partikel reflektieren noch ein wenig.“, erwiderte der Asgard. „Die Reflektion würde aber abrupt um ein Vielfaches schwächer!“, meinte Dalen abschätzend.

„Nicht plötzlicher, als sie auftauchte…“, mischte sich dann schließlich auch Andreas ein. Wo zum Teufel bleibt McCrae!, überlegte er, während er das Manöver gedanklich durchging. „Tun wir das, Mr. Widar. T’Clea, halten Sie die Waffen bereit, falls das andere Schiff seinen Kurs geändert hat und noch in der Nähe ist. Mr. Aurel, Sie halten sich bereit, um das Außenteam zu rufen und gegebenenfalls gleich hoch zu beamen.“

Für einen kurzen Moment blieb sein Blick in den Augen Seetas hängen, als er sich wieder dem Schirm zuwandte. Sie nickte ihm knapp zu, dann verließ sie die Brücke wieder, um in den Maschinenraum zurück zu kehren. Auf der Brücke wurde ihre Hilfe jetzt nicht mehr benötigt.

„Alles bereit?“, forderte der Commander Bericht von der Brückencrew und wartete auf die Bestätigung.


Präzise 0,8214 Sekunden später ging die Katana auch schon unmittelbar außerhalb des Erfassungsbereiches der Belivo-Sensorstation unter Warp und schwenkte in den Orbit um Delvan ein. So endete das Widar-Yadeel-Manöver erfolgreich und zumindest für den Moment fiel die Anspannung ein wenig von der Brückenbesatzung ab.


„Wie wollen Sie die Peacekeeper überhaupt bekämpfen, wenn Sie nur so wenige Waffen haben?“, hakte Ariell nach, als sie nicht viel später zusammen mit einer Gruppe Delvianer um Disa Velain und Zherel Korrn in Frachtraum eins der Katana versammelt war. Sie hieß den beiden Führern der Gruppe ihr zu folgen und nickte Tannier vielsagend zu, der mit dem EF-Team bei den anderen Delvianern im Frachtraum blieb um sicher zu gehen, dass diese nicht auf dumme Gedanken kämen. Er rief noch etwas Verstärkung herbei, da das Team nur klein war.

Zhabia folgte derweil der Capteuse und versuchte unter den leichten Erschütterungen, die durch die Treffer des Peacekeeperschiffes hervorgerufen wurden, das Gleichgewicht zu halten.


Summers hatte direkt nach dem Eintritt in den Orbit das Außenteam gerufen, um es an Bord zu beamen. Doch das Schiff, das sie zuvor so erfolgreich in die Irre geführt hatten, hatte nicht lange auf sich warten lassen und war ebenfalls aufgetaucht. Die falsche Anomalie hatte sie nicht so lange aufgehalten wie erhofft und auch die Tatsache, dass sie sich aus Sicht des fremden Schiffes auf der anderen Seite Gelivas befanden, die sie eigentlich nicht hätten erfassen können, hatte die Peacekeeper offensichtlich nicht lange genug aufgehalten.

Sie mussten die Kommunikationsverbindung zwischen der Katana und der Oberfläche verfolgt haben. Jedenfalls hatten sie das Feuer eröffnet und auf die Koordinaten auf der Oberfläche gezielt, zu denen die Verbindung aufrecht erhalten worden war.

Der ganze unterirdische Komplex drohte einzustürzen und so waren alle, die sich zu dem Zeitpunkt in dem Widerstandsstützpunkt befunden hatten, auf die Katana gebeamt worden.

Needa war es alles andere als Recht gewesen. Sie hatte sich zuvor redlich bemüht, Korrn und Disa zu erklären, weshalb sie ihnen eigentlich keine Hilfe gewähren durfte. Und nun, da die Gruppe doch auf dem Sovereign-Klasse-Schiff gelandet war, waren ihre Erwartungen entsprechend groß, diese Chance nutzen zu können, zumal ein Schiff der Peacekeeper ganz in der Nähe war, das sie nur zu gerne übernommen hätten.

„Die meisten Peacekeeper gehören der Spezies der Sebazianer an. Diese Spezies hat eine Schwäche, die für uns von großem Vorteil sein wird. Sie vertragen keine hohe Umgebungstemperatur. Das werden wir nutzen.“, erklärte Disa, als sie hinter Needa den Turbolift betrat. „Sie müssen es uns nur erlauben. Wir können diesen Angriff stoppen.“

Ariell sagte nichts und verließ mit finsterer Miene den Turbolift, sobald dieser auf der Brücke anhielt. „Captain!“, empfing Andreas sie. „Wir konnten noch keinen Kanal öffnen.“

„Haben Sie das Feuer schon erwidert?“, fragte sie und kam zu ihm herum. Zhabia blieb bei den beiden Angehörigen ihrer eigenen Spezies in der Nähe des Turbolifts stehen.

„Als wir unsere Waffensysteme aktivierten, scannten sie uns und haben das Feuer eingestellt.“, erkläre der erste Offizier.

„Weiterer Bericht?“, forderte Needa.

„Ein paar leicht Verletzte. Nichts weiter Schlimmes. Nur die Schilde sind inzwischen relativ schwach.“

Noch ehe Ariell verlangen konnte, dass ein neuer Versuch gestartet wurde, einen Kanal zu öffnen, erklang durch die Lautsprecher ein durchdringendes summendes Signal. Es folgte ein kurzes Rauschen, darauf ein Knacken, dann ertönte metallen eine männliche Stimme: „Unsere Sensoren zeigen, dass Sie Bewohner von Delvan an Bord haben. Übergeben Sie sie uns augenblicklich, oder Sie werden zerstört.“

Ariell stutzte. Wollte der Kommandant des fremden Schiffes ihr die Entscheidung wirklich so einfach machen? Er wollte die Delvianer und die wollten auf sein Schiff… Sie warf einen Blick über die Schulter zu Korrn und Disa, die beide den Atem angehalten hatten. Korrn nickte mit bittender Miene.

„Hallo? Ähm… hören Sie mich?“, begann Ariell einen Versuch, denn Sie wusste nicht, wie die Übertragung zu Stande gekommen war. „Wir sind auf einer friedlichen Mission…. Hallo???“

Sie wartete kurz ab. Die einzige Antwort, die sie jedoch erhielt war: „Liefern Sie sofort die Gefangenen aus!“

„OK.“, meinte Needa schließlich schulterzuckend. Wenn sie auf diese Weise zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen konnte, war ihr das nur recht. Der Widerstand sollte also doch noch seine Chance bekommen.

„Sie wollen sie ausliefern?“, fragte Summers entsetzt.

„Es war unser eigener Wunsch, auf dieses Schiff zu kommen.“, erklärte Disa, ehe Ariell antworten konnte und veranlasste den Commander zu einem mehr als fragenden Blick Richtung Needa.

„Später.“, meinte diese nur. „Bringen Sie Mr. Korrn und Miss Disa Velain bitte zurück in Frachtraum 1 von wo aus wir sie hinüber beamen werden.“


Die Delvianer mussten in zwei Gruppen beamen. Das nutzte Disa, um sich von ihrer Schwester zu verabschieden. Wenn sie auch dem, was da kam optimistisch entgegenblickte, wusste sie, dass ihr Vorhaben nicht einfach werden würde und gefährlich war.

Wie auch Zhabia hatte sie gehofft, dass sie noch etwas mehr Zeit haben würden, sich all die Dinge zu erzählen, die ihnen auf der Seele brannten. Wie bei der Begrüßung legten sie ihre Stirne aneinander. Zhabia konnte deutlich die Stimme der Schwester hören die ihr wie auch damals sagte: „Ich bin da – immer.“

Dann löste die Jüngere sich aus dieser für Delvianer typischen Art der Umarmung und trat zu der zweiten Gruppe des Widerstands hinüber.


Als Andreas die Brücke wieder betrat, stellte er fest, dass es nun wohl doch gelungen war, eine übliche Zweiwege-Kommunikation herzustellen. Vom Schirm starrte ihn das wütende Gesicht, eines menschlich aussehenden Mannes entgegen, der in eine schwarz-rote lederne Uniform gekleidet war. In seinen Augen lag eine eisige Kälte, die wesentlich bedrohlicher wirkte, als die etlichen Drohungen die er in den 10 Sekunden, in denen Andreas die Unterhaltung verfolgen konnte, ausgestoßen hatte.

„Wenn Sie mir nicht glauben, dann scannen Sie das Schiff doch noch einmal! Sie sind nicht mehr an Bord!“, versuchte Ariell den Mann dazu zu überreden, selbst festzustellen, dass sie die Delvianer längst zu ihm hinüber geschickt hatte. „Wie wollen Sie das angestellt haben? Es ist kein Transporter von Ihrem Schiff gestartet! Sie verstecken Sie hinter einem Abschirmungsfeld oder so!“, schnauzte das überdimensionale Abbild des Peacekeepers zurück.


Etwa zur gleichen Zeit verließen Tannier, Vabande, Djingo, Rubinstein und Tramelle den Frachtraum. Tramelle und Rubinstein zum Alpha-Team, Vabande und Djingo zum Gamma-Team, welchen sie bei der Sicherung des Schiffes angehörten. Tannier folgte dem Weg Summers, der nur wenige Minuten vor ihm hier entlang zum Turbolift gegangen und damit zur Brücke gefahren war. Das kleine behelfsmäßige EF-Team war noch kurz zurück geblieben, da Tannier sich von der zuvor herbei gerufenen Verstärkung einen Bericht über die Zeit seiner Abwesenheit hatte geben lassen.

Für einen Augenblick sah er Vabande und Djingo nach, die neben ihm in einen abzweigenden Gang abbogen. Sie waren es gewesen, die mit ihm das Team auf der Oberfläche gebildet hatten. Sie hatten auch zu denjenigen gehört, die er unauffällig mit dem Triluminarium hatte testen können. Bisher hatte er noch niemanden gefunden. Aber das hatte er ohnehin für unwahrscheinlich gehalten. Dennoch würde er so schnell nicht aufgeben. Wenn wirklich noch andere Minbariseelen existierten, die nicht in den Minbari selbst oder den Menschen wohnten, dann waren sie sicherlich weit genug verstreut, dass es nicht einfach werden würde, sie zu finden. Und schließlich stand die Katana gerade erst am Anfang ihrer hoffentlich noch lange dauernden Reise.

Eine heftige Erschütterung ließ ihn gegen die Wand taumeln. „Was war das?“, entfuhr es ihm irritiert.


Die gleiche Frage stellte im gleichen Moment Captain Needa auf der Brücke. Nur dass sie dabei wesentlich gereizter klang. Dass ihr Gesprächspartner, der noch immer nicht einsichtig war, an der Sache nicht ganz unschuldig sein konnte, sagte ihr allerdings schon die Reihe glänzender, weißer Zähne, die er ihr zeigte, als sein Mund sich zu einem verächtlichen, aber zufriedenen Lächeln verzog.

„Wir kriegen sie schon – auch wenn Sie das verhindern wollen!“, kommentierte er, bevor er sich seinerseits mit einem „Was zum Vrel…???“ zu einem seiner Leute umdrehte und die Verbindung unterbrach und Yamin von der Ops die gewünschte Antwort für Needa bereit hielt: „Ein kleines Schiff hat soeben unsere Schilde durchdrungen. Dabei wurde es allerdings stark beschädigt…“ Es gab eine weitere Erschütterung, die etwas heftiger als die vorhergehende war. „Genau genommen… zerstört.“

„Needa an Maschinenraum: Bericht!“

„Hier Yadeel. Ich hab’s mitbekommen. Uns sind ein paar Leitungen durchgeknallt und wir haben ein paar Mikrorisse in der Außenhaut. Wir sind schon an der Reparatur.“, antwortete die Zanderianerin.

„Sehr gut. Needa – Ende.“ Sie sah etwas verdutzt aus. „Ungewöhnlich geringe Schäden…“, überlegte sie laut.

„Ungewöhnliche Art der Zerstörung, würde ich sagen.“, antwortete jedoch Andreas, der sich an die taktische Konsole hinter T’Clea gestellt hatte und sich die Daten ansah. Er legte eine andere Außenansicht auf den Schirm. „Das Schiff ist… auseinander gefallen. Wir wurden von den Trümmerteilen getroffen.“

Kratzer in meinem Lack!, grollte Needa innerlich. „Was ist mit der Besatzung?“

„Wir haben sie heraus gebeamt. Aus Sicherheitsgründen gleich in den Arrestbereich.“, meinte Summers verschmitzt.

Eigentlich wartete Ariell nun darauf, dass jeden Moment die Fratze des Peacekeepers wieder auf dem Schirm erschien, um sie eines böswilligen Angriffs oder ähnlichem zu beschuldigen, aber bisher blieb es ruhig. „Needa an McCrae.“ Die Capteuse entschied, dass sie den Augenblick ebenso nutzen konnte, um nach der Ankunft der neuen Gäste zu fragen, doch auch nach einem zweiten Versuch, erhielt sie keine Antwort auf ihren Ruf.


Die EF-Mitglieder, die eigentlich gerade auf ihre Stationen hatten gehen wollen, waren nach der Erschütterung sofort umgekehrt und hatten soeben Tannier wieder erreicht. Der Minbari stand horchend in Mitten des Ganges und lauschte auf weitere ungewöhnliche Geräusche. Es hatte sich nicht angehört, wie der Einschlag eines Geschosses oder etwas ähnlichem. Aber nach der zweiten Erschütterung folgte nichts weiter.

„Needa an Tannier!“ Der Ruf durchschnitt so plötzlich die Stille in dem Korridor, dass Tannier um ein Haar zusammengezuckt wäre. Aber er hatte gleich die Stimme des Captains erkannt und unterdrückte den Impuls.

„Tannier hier. Sprechen Sie.“, antwortete er stattdessen.

„Sehen Sie mit einem Team im Arrestbereich nach dem Rechten. Ich kann McCrae nicht mehr erreichen und wir haben gerade… drei … Peacekeeper dort hin gebeamt.“

„Ja Sir.“, bestätigte der Minbari die Order und gab den vier anderen ein Zeichen ihm zu folgen.


Schweigend, die Blaster in Bereitschaft sahen die drei Peacekeeper sich in der unbekannten Umgebung um. Ohne jede Ahnung, wie sie überhaupt hier her gekommen waren, waren sie noch misstrauischer als üblich. Die ungewöhnliche Technologie, die einen offensichtlich in kleinste Teile zerlegen konnte und an einem völlig anderen Ort wieder zusammen setzte – so hatte es sich für Captain Tone jedenfalls angefühlt – faszinierte zwar, verursachte aber auch eine gewisse Beunruhigung. Würde das kleine Peacekeeperschiff es überhaupt mit diesem Technikwunder aufnehmen können? Sicher, sie verfügten über starke Waffen, mit denen sie theoretisch ganze Monde sprengen konnten, aber wer wusste schon, wie stark die Waffen dieses Schiffes waren?

„Needa an McCrae.“, ertönte eine fremde, weibliche Stimme von einem Tisch im Nebenraum, der jedoch völlig leer war. Nur einige Geräte lagen hier herum, denen Tone keine bestimmte Funktion zuordnen konnte. Er winkte die beiden Officers, die ihn begleiteten ein Stück näher heran und pirschte sich leisen Schrittes hinaus durch den benachbarten, verwaisten Raum auf den Korridor. Er sah, wie am Ende des Ganges jemand vorbei huschte, aber wer auch immer es war, er schien sie nicht bemerkt zu haben.

Dann hörte er ein leises Geräusch und hieß seine Leute stehen zu bleiben. Es musste direkt um die nächste Biegung sein.

Er drückte sich selbst gegen die Wand, einer der Officers ging halb in die Hocke, die zweite Officer legte sich nahezu auf den Boden. Auf diese Weise, wollten sie den Gegner, der schnell näher rückte, besser erwischen können. Die Schritte um die Ecke verlangsamten sich. Tone sah sich misstrauisch um. Rechnete man hier mit ihrer Anwesenheit? Er musste zumindest davon ausgehen, schließlich hatten sie sie ja hier her gebracht. Obwohl ihn das stark wunderte, denn das letzte woran er sich auf dem eigenen kleinen Jäger erinnerte, war der Schrei Officer Kiils, das Schiff bräche auseinander.

Vielleicht hatte er sich in genau diesem Moment jedoch von seiner Erinnerung zu sehr ablenken lassen, denn schon stand ihnen ein bewaffnetes Team gegenüber, das ihnen zahlenmäßig, wenn auch nicht zu stark, überlegen war.

„Lassen Sie Ihre Waffen fallen.“, forderte einer von ihnen sie auf und Tone registrierte, dass drei der gegnerischen Waffen direkt auf ihn gerichtet waren. Normalerweise hätte er keine Sekunde gezögert und ohne weiter darüber nachzudenken sofort gefeuert, auch wenn das bedeutete, dass der Gegner sofort das Feuer erwiderte. Aber aus irgendeinem Grund tat er es jetzt nicht. Seinen Blaster auf den Kopf des Sprechers der feindlichen Gruppe gerichtet, war er im Augenblick fast unfähig, sich überhaupt zu bewegen.

Er spürte wie Officer Baan fassungslos über die Unfähigkeit seines Befehlshabers seinen Blick auf ihn richtete. Wären nicht so viele Waffen direkt auf sie drei gerichtet gewesen, hätte er vermutlich selbst ebenfalls längst abgedrückt, um damit allerdings nicht den Feind, sondern den unfähigen Vorgesetzten aus dem Weg zu räumen.

Tone starrte den Minbari an, als hätte er nicht verstanden was dieser gesagt hatte. Tatsächlich stand Tannier, der die Peacekeeper zwar gehört, aber trotzdem weiter den Gang entlang vermutet hatte, höchstens einen Meter von ihm entfernt.

Nachdem Tone nicht reagierte, folgte Tannier seinem Blick, der starr auf der pulsierenden Brusttasche des Minbaris lag.

Nein, das bildete er sich nur ein. Das Triluminarium hatte vorher schon genauso hell geleuchtet. Es leuchtete weil er selbst Minbari war und es bei sich trug. Sofort schnellte sein Blick wieder hoch. „Lassen Sie Ihre Waffen fallen!“, wiederholte er schneidend und zu seiner Überraschung kam Tone dieser Aufforderung nach.