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Brotkrumen im Nebel
Autor: Seeta Yadeel

Drei Wochen waren vergangen seit ihrer Rückkehr nach Gemini-Station. Wieder einmal waren ausführliche Reparaturen erforderlich gewesen, und während die meisten Crewmitglieder Zeit gehabt hatten zu entspannen und Freizeit zu genießen, waren die Mitglieder der technischen Abteilung sehr eingespannt gewesen, so wie eigentlich immer bei solchen Gelegenheiten. Wenigstens hatte Seetas Team Hilfe von den Reparatur-Teams von Gemini-Station gehabt und auch Charlies Leute hatten sich nicht lumpen lassen und ebenfalls ausgeholfen. So war es an Bord der Katana zwischen den technischen Teams üblich, und gerade das machte die Atmosphäre an Bord so angenehm.

Jetzt aber betrat Seeta am frühen Morgen, mal wieder als Letzte, den Konferenzraum auf Deck 1. Ihr Lebensgefährte lächelte ihr von Ebbersmanns rechter Seite aus zu, während sie in ihren Sitz glitt. Alle Anwesenden waren längst daran gewöhnt, daß die Zanderianerin bei frühmorgendlichen Treffen stets kurz vor knapp erschien. Daran hatte auch ihr frühaufstehender Freund nichts ändern können. Es war tatsächlich amüsant, daß er stets der erste und sie stets die letzte war.

Ebbersmann nickte ihr zu und begann dann das Missionsbriefing.

„Meine Damen, meine Herren“, fing er an. „Nachdem nun die letzten Reparaturen abgeschlossen sind, haben wir neue Order vom Hauptquartier erhalten. Sie werden alle erfreut sein, daß wir dieses mal auf keine Kampfmission gehen. Stattdessen wurden wir mit der Erkundung eines Nebels beauftragt“, erklärte er.

Hier übernahm Garrick. Er war bereits gestern Abend noch Ebbersmann über die Mission informiert worden und hatte die Details für die Besprechung der Senior-Offiziere aufbereitet.

„Es handelt sich um einen Nebel der Klasse 1“, erklärte er, was ihm eine hochgezogene Augenbraue seiner Freundin einbrachte. „Die Sternenflotte hat uns mit der Erkundung beauftragt, weil sie dort hohe Mengen an Deuterium vermutet. Wir sollen in den Nebel eindringen und das abklären“, sagte der Erste Offizier.

Für die meisten Abteilungen bedeutete diese Mission die sprichwörtliche ruhige Kugel, nicht so für die wissenschaftliche Abteilung von Dr. Lazarus. So fragte der Tev'Mekanier sofort: „Wissen wir, welche Auswirkungen der Nebel auf die Lang- und Kurzstreckensensoren haben wird?“ Dem kauzigen Wissenschaftler war sofort klar gewesen, daß Nebel der Klasse 1 häufig zu Sensorenfehlfunktionen führten. „So, wie es aussieht, werden die Langstreckensensoren innerhalb des Nebels nicht funktionieren. Aus dem Grunde müssen wir auch den Nebel absuchen, um die Deuteriumvorkommen zu bestätigen“, antwortete Garrick.

Ebbersmann schaltete sich ein. „Miss Yadeel, ihre Aufgabe wird es sein, die Sensoren so zu verändern, daß wir navigieren können“, wies er an. Die Zanderianerin nickte. Sie hatte da bereits den Hauch einer Idee. „Ich werde etwas mit Dr. Lazarus ausarbeiten“, meinte sie und nickte lächelnd zu dem anderen Urgestein des Schiffes hinüber.

Ebbersmann nickte. „Gut. Bereiten Sie Ihre Abteilungen auf die Mission vor“, sagte er, während er bereits aufstand. „Weggetreten“, fügte er hinzu und sah dann seinen Senior-Offizieren nach, wie sie geschäftig aus dem Besprechungsraum strömten.


„Brotkrumen?“, fragte Dalen irritiert nach. Seeta nickte. „Ja, Brotkrumen. So wie in Hänsel und Gretel. Sind Sie mit dem irdischen Märchen vertraut?“, fragte sie nach. Dalen schüttelte den Kopf. Tev'Mek verfügte über genügend eigene Märchen und Sagen, die Adana und er den Kindern erzählt hatten, als sie noch jung genau dazu gewesen waren. „Nun, im wesentlichen geht es darum, daß arme Eltern ihre Kinder im Wald aussetzen wollen, damit sie dort sterben“, erklärte sie. Dalen hob eine Augenbraue. „Das hört sich nicht nach etwas an, das man kleinen Kindern als Gute-Nacht-Geschichte erzählen sollte“, merkte er an. Seeta schmunzelte. „Da stimme ich ihnen zu. Historisch gesehen waren Märchen auch ursprünglich als Geschichten für Erwachsene gedacht, die unterhalten sollten und vielleicht eine Weisheit vermitteln sollten. Im Laufe der Jahrhunderte gingen die Menschen jedoch dazu über, diese oft grausamen Geschichten ihren Kinder zu erzählen“, erläuterte sie, bevor sie fortfuhr: „In jedem Falle verwendet der schlaue Hänsel zunächst Steine, um den Rückweg zu markieren.“ Dalen sah sie ein weiteres mal fragend an. „Vorhin sprachen Sie von Brotkrumen“, merkte er an. Sie nickte. „Ja, da haben sie recht. Ich hätte eher von den Steinen sprechen sollen. Im Märchen bringen die Eltern die Kinder ein zweites mal in den Wald, und weil die Kinder keine Steine mehr haben, streuen sie Brotkrumen auf den Weg. Weil die Tiere diese aber wegfressen, verirren die Kinder sich schließlich im Wald“, erklärte sie weiter. Dalen sah sie fragend an. „Hat die Geschichte ein Happy-End?“, wollte er dann wissen. Sie nickte und erklärte: „Ja, nachdem die Kinder eine Hexe im Wald verbrannt haben finden sie schließlich wieder nach Hause. Weil die böse Stiefmutter inzwischen gestorben ist nimmt der Vater die Kinder wieder liebend auf“, gab sie die Kurzversion des Grimm'schen Märchens zum besten.

„Worauf ich aber hinauswollte, war folgendes: Wir werden so wie die Kinder im Wald Steine verstreut haben Bojen im Nebel verstreuen, die wir mit den Kurzstreckensensoren erfasst halten können. Das ermöglicht uns die Navigation aus dem Nebel heraus, indem wir uns an ihnen zurückhangeln“, erklärte sie ihre Idee. Der Wissenschaftler nickte verstehend. „Das hört sich gut an. Und ich habe bereits eine Idee, wie wir die Bojen konfigurieren können, damit wir sie so weit wie möglich mit den Kurzstreckensensoren anpeilen können...“, baute er die Idee der Chefingenieurin aus.


„Sind die Bojen bereit, Commander?“, wollte Ebbersmann von Dalen Lazarus wissen. Der drehte sich von seiner Konsole weg zu Ebbersmann hin und antwortete: „Natürlich, Sir.“ Ebbersmann machte ein zufriedenes Gesicht. Er hatte auch nicht mit etwas anderem gerechnet. „Dann einhalb Impuls voraus, Mr. Lucas“, ordnete der Captain an. Einen Tastendruck von Tomm Lucas später tauchte die Katana in den zu untersuchenden Nebel ein. Bereits einige Augenblicke später waren auf dem nach rückwärts ausgerichtenen Bild auf dem Monitor der Brücke nur noch Nebelfetzen zu sehen. „Ich bringe jetzt die erste Boje aus“, informierte Lazarus den Captain, und kurz danach wurde die ausgebrachte Boje von den Nebelschwaden verschluckt.

Während die Katana sich langsam auf dem vorberechneten Kurs weiterbewegte stand Ebbersmann aus seinem Sessel auf. „Ich bin in meinem Raum. Sie haben die Brücke, Nummer Eins.“


Zwei Tage später hatte Benjamin gerade wieder seinen Captainsstuhl übernommen, als Dr. Lazarus von seiner Konsole her verkündetete: „Ich habe das vermutete Deuterium gefunden. In großen Mengen.“ Ebbersmann sah erfreut hoch. Nachdem er zwei Tage nichts als Nebelschwaden hinter seinen Fenstern gesehen hatte, war er froh, möglichst bald aus dem Nebel herauszukommen.

Er legte den Kopf leicht schief. "Warum kann ich das Deuterium sehen?", wollte er wissen. Dalen sah von seinen Sensoranzeigen zum Bildschirm und wieder zu den Sensoren. "Weil ihm große Mengen an anderen Elementen beigemischt sind, die sonst im Nebel nicht existieren", erklärte er.

„Sehr schön. Vermerken Sie die Position in der Karte. Mr. Lucas, setzen Sie Kurs aus dem Nebel entlang der ausgesetzten Bojen. Geschwindigkeit nach Ihrem eigenen Ermessen“, ordnete der Captain an. Der junge Navigator grinste. „Aye, Sir. Ich denke, dreiviertel Impuls sind vertretbar“, antwortete er, während er die Katana bereits wendete. Auch er wollte die Tristesse des Nebels so schnell wie möglich wieder hinter sich lassen.

„Energie!“, forderte Benjamin, während er sich entspannt in seinem Sessel zurücklehnte und den Blick weiter auf die Nebellandschaft auf dem Bildschirm gerichtet hielt.

Nach etwa 15 Minuten erklärte Tomm: „Wir haben gerade die erste Boje passiert. Ich stelle Kontakt zu der nächsten her, um den Kurs entsprechend anzupassen.“ Eine Weile passierte nichts, dann sagte er: „Ich habe die Boje gefunden, allerdings nicht ganz dort, wo sie sich nach den Navigationsaufzeichnungen befinden sollte. Ich setze Kurs.“ Die Katana machte einen leichten Schwenk und nahm dann wieder an Fahrt auf.

Weitere 20 Minuten vergingen, dann meldete Tomm: „Wir haben die zweite Boje erreicht. Ich peile die nächste Boje an.“ Einige Sekunden vergingen, die sich weiter ausdehnten. „Mr. Lucas?“, fragte Garrick von seinem Sitz aus nach. „Ich kann die Boje nicht ausmachen. Weder an dem Punkt, an dem sie sich von hier aus befinden sollte, noch sonstwo in Reichweite unserer Kurzstreckensensoren“, informierte der Navigator. Ebbersmann sah Dalen fragend an. „Erklärungen, Dr. Lazarus?“, wollte er wissen. Der bediente die Kontrollen vor ihm und meinte: „Selbst bei einer Ausweitung des Suchradiusses kann ich die Boje nicht ausmachen. Unser Brotkrumen ist verschwunden.“


Etwa eine halbe Stunde später fand die zu erwartende Besprechung der Führungsoffiziere statt. „Nun, Mr. Lazarus, was können Sie uns zur Situation sagen?“, eröffnete der Captain die Besprechung. „Nun, wie es aussieht, herrschen in diesem Nebel Strömungen, die dazu geführt haben, daß die Bojen von ihrer Position abgedriftet sind. Leider folgen die Strömungen keinem eindeutigen Muster, so daß nicht berechenbar ist, an welchen Stellen wir nach den Bojen nun suchen müssen. Und selbst wenn wir sie finden würden, so wären sie nutzlos, da sie sich vermutlich zu weit voneinander entfernt haben“, erklärte Dalen das, was er hatte bereits ermitteln können.

Benjamin war not amused. „Optionen?“, verlangte er von seinen Führungsoffizieren. Marina meldete sich als erste. „Wir können einfach einen beliebigen Kurs einschlagen und diesen dann beibehalten. Irgendwann würden wir den Nebel zwangsläufig verlassen“, schlug sie vor.

Garrick schüttelte den Kopf. Vor seinem inneren Auge sah er bereits irgendein altes Schiff an der Katana vorbeiziehen. „In Anbetracht der Größe des Nebels würde ich diese Lösung zuallerletzt ausprobieren wollen“, meinte er.

Seeta ging die Sache wie stets mit dem Verstand eines Technikers an. „Wir können den Navigationscomputer einfach alle Navigationseingaben rückwärts abwickeln lassen. Dazu müssen wir zwar den Weg bis zu der Deuteriumquelle nochmals zurücklegen, aber diese Methode sollte uns schneller zum Erfolg bringen“, machte sie einen Gegenvorschlag.

Nachdem keine weiteren Wortmeldungen ergingen, nickte Ebbersmann den letzten Vorschlag ab. „Machen wir es so. Mr. Lucas, geben die Navigationskontrolle an den Navigationscomputer“, sagte er, bereits aufstehend. Dann verließen die versammelten Crewmitglieder die Besprechungslounge.


„Mr. Lucas, wo ist das Deuterium?“ verlangte Benjamin Ebbersmann zu wissen. „Ich... weiß nicht“, antwortete der Navigator. „Wir sind genau den erforderlichen Eingaben gefolgt. Es sollte hier sein.“ „Ich sehe kein Deuterium, Mr. Lucas“, bemerkte Benjamin recht trocken. „Ich auch nicht, Sir“, erwiderte der Navigator. Benjamin seufzte. „Erklärungen?“, wollte er wissen.

Dalen räusperte sich. „Es steht zu vermuten, daß die Strömungen auch die Katana erfaßt haben. Ich halte es für unmöglich, den bisher genommenen Weg zurückzuverfolgen. Auch Miss deSotos Lösungsansatz kommt nicht mehr in Frage, da wir uns vermutlich trotz eines gerade eingegebenen Kurses nicht geradlinig bewegen würden. Im schlimmsten Falle würden wir also im Kreis fliegen“, überbrachte er die Hiobsbotschaft.

Benjamin hob den Blick gen Decke und murmelte vor sich hin: „Knusper Knusper Knäuschen, wer knabbert an meinem Häuschen?“ Garrick hob eine Augenbraue und sah seinen Captain fragend an. „Sir?“, wollte er wissen. „Ach nichts, Nummer Eins. Ich frage mich nur, wann wir auf die Hexe und das Lebkuchenhaus treffen...“, meinte der Captain mit so etwas wie Galgenhumor. Lauter, für alle hörbar fügte er hinzu. „Voller Stop. Position halten, soweit möglich, Mr. Lucas. Besprechung in 30 Minuten. Dann will ich eine brauchbare Lösung für unser Problem haben. Sie haben die Brücke, Nummer Eins“, sagte Benjamin, während er sich seufzend erhob und in seinen Bereitschaftsraum ging. Vielleicht sollte er „Hänsel und Gretel“ für eine Lösung seines Problems als Lektüre studieren...