Was bleibt ist Erinnerung
Was bleibt ist Erinnerung
Autor: Natall Geodis
Sternzeit: 57297,3
Anfangssternzeit: 57769.01
Endsternzeit: 57793.63
Anfangsdatum: 08.10.2380 (11.00 Uhr)
Enddatum: 17.10.2380 (11.15 Uhr)
Tannier trat aus dem Bereitschaftsraum des Captains und umrundete mit zwei Schritten die Konsole der Sicherheit. „Legen Sie’s mir auf den Schirm, Mr. Lucas.“
Tomm, der die Nachricht des Flight Controll Officers bereits empfangen hatte, nickte und ließ die Daten des Gefechts, das sich in noch etlicher Entfernung zur Katana befand auf dem großen Wandschirm erscheinen. „Wie viele?“ fragte der Minbari, bereits damit beschäftigt das restliche Personal auf die Brücke zu beordern. „Zweiunddreißig.“ Kam die Antwort von Lucas, der die Flucht der Spitfire vor den Raubvogelartigen Angreifern verfolgte. Bisher hatten sie das Schiff noch nicht erreicht und der Kadett empfand zunächst ein ungewöhnliches Gefühl der Sicherheit. Es kam ihm wie ein Kinofilm vor, den er sah, so unwirklich erschien das, was sich hunderte Kilometer entfernt ereignete. „Setzen Sie Alarmstufe rot und manövrieren Sie das Schiff zwischen die Angreifer und unser Squadron. Drehen Sie das Schiff so, dass die Maschinen von Lieutenant Sulik einen optimale Einflugwinkel in ihr Hangar bekommen, sollten Sie dies benötigen.“ Die Türen des Turbolifts öffneten sich und Seeta Yadeel trat auf die Brücke, gefolgt von Dalen Lazarus und Zhabia Velain. „Was ist passiert?“ Die Chefingenieurin ließ sich an ihrer Station nieder und rief sich alle relevanten Daten auf ihren Schirm, während Tannier in kurzen Worten die Geschehnisse schilderte. „Captain, die Whitestar meldet sich.“ Sowohl Tannier als auch Zhabia sahen von ihren Bildschirmen auf. Die Darstellung des Weltalls wechselte sich mit dem Gesicht des Minbari Captains ab. „Wir werden ihnen seitlich den Weg abschneiden. Es wäre wahrscheinlich hilfreich sie lebend gefangen zu nehmen.“ Tannier neigte seinen Kopf etwas zur Seite. „Ich bin nicht sicher ob dies gelingen wird.“ Widersprach er. „Ihr Unternehmen gleicht einem Selbstmordkommando, obwohl ihre Waffen scheinbar keinen Schaden anrichten, folgen sie den Spitfire weiter. Es ist ihnen scheinbar egal, ob sie unterlegen sind, oder nicht.“ In der Mine Tokars zeigte sich eine Mischung aus Überraschung und Widerwillen.
„Captain!“ in der Stimme Marina DeSotos schwang Entsetzen. „Gerade ist ein Spitfire explodiert!“ Sekunden der Stille folgten, bevor sich Tannier wieder unter Kontrolle bringen konnte. „Von wem wurde sie getroffen?“ – „Von niemandem! Die Angreifer sind immer noch zu weit entfernt um einen Treffer erzielen zu können.“ Sofort war die aufgeregte Stimme Lew Suliks auf der Brücke zu hören. „Was war das?“ Er schrie fast, während man die Belastung seines Antriebes hören konnte, als er seine Maschine um hundertachtzig Grad herumriss. „Sie wurden nicht getroffen.“ Erklärte Tannier, der mittlerweile von seinem Platz aufgestanden war und neben Tomm Lucas trat. „Was war es dann?“ Aus dem Gutgelaunten Wingcommander den Seeta heute Morgen im Hangar gesehen hatte, war in eben diesem Moment ein ungehaltener und aggressiver Pilot geworden. Aus den Augenwinkeln bemerkte sie, wie der Captain ihr einen fragenden Blick zuwarf. Sie zuckte die Schultern und schüttelte hilflos den Kopf. Bereits seit einiger Zeit verfolgte sie den Rückzug des Squadron zur Katana. Auch sie hatte keinen Treffer der explodierenden Maschine registriert. „Captain.“ DeSotos Stimmer überschlug sich fast. „Eine weitere Maschine ist gerade von unserer Anzeige verschwunden. „Lieutenant.“ Tannier stierte auf den Wandschirm, so als könne er mit seinen bloßen Gedanken Sulik dorthin projizieren. „Was ist da los?“ doch Marina an der Ops ließ Lew keine Zeit zum Antworten. „Wir haben noch eine Maschine, die Probleme meldet!“ – „Kommen Sie sofort zurück!“ Die Stimme des Minbaris klang so bestimmend wie selten. „Lieutenant Beiers.“ Er wandte sich zur taktischen Konsole um. „Erfassen sie die fremden Angreifer und halten Sie diese von dem Squadron fern. Ms. DeSoto, öffnen Sie einen Kanal zur Whitestar.“ – „Offen, Sir.“ Es kostete Tannier einen Sekundenbruchteile, bevor er den folgenden Befehl formulierte. „Fangen Sie die feindlichen Jäger ab, ohne Rücksicht auf Verluste!“
„Kaffee?“ Thomas schüttelte den Kopf und warf das Padd zurück auf den Schreibtisch. „Dir ist schon bewusst, Damasco, das wir ein ernsthaftes Problem haben?!“ – „Ich betrachte es als eine Herausforderung, nicht als ein Problem.“ Der Admiral schnupperte an der Tasse des frischen Kaffees und sog das Aroma tief ein, dabei schloss er die Augen und ein verträumtes Lächeln zeigte sich auf seinem Gesicht. „Eine Herausforderung?“ Thomas Conner schnaubte. „Die Trill besitzen eine uralte Tradition, die bisher zwei Kriege und ein drohender Bürgerkrieg nicht brechen konnte. Ich frage mich, wie ein Sternenflotten Admiral diese Tradition dann in frage stellen kann, ohne dies auch nur im Ansatz als Problem zu formulieren.“ Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und fixierte mit den Augen das Padd, das er soeben über den Tisch geworfen hatte. „Als die Symbiosekommission ihre Regeln und Riten aufgestellte habe warst du noch ein Quark im kosmischen Schaufenster.“ Damasco lachte kurz auf. Ein kehliges tiefes Grollen, das an das Brummen eines Bären erinnerte. Thomas lächelte nun ebenfalls. „Ich habe kein gutes Gefühl dabei. Wir spielen Schicksal.“ - „Nein!“ Schlagartig war der Flottenadmiral ernst geworden. „Hier geht’s um mehr als nur Schicksal.“
„Admiral?“ Yeoman Melissa Andrews war durch die Tür zum Büro Gabriells getreten und räusperte sich leise. „Sir, die Präsidentin der Trill ist soeben eingetroffen.“
„Deckung!“ Lupaka Kino warf sich auf die Seite und vergrub seinen Kopf unter seinem rechten Arm, während die Spitfire durch das Hangartor geschossen kam und in einem der Fangnetze abgebremst wurde. „Das ist schon die dritte!“ Charlie schob seinen Zahnstocher von einem Mundwinkel in den anderen und half dem Techniker wieder auf die Beine. Lew war immer noch da draußen und sicherte den Rückzug seiner Leute in den Hangar. Fast zwei Drittel befanden sich wieder im sicheren Bauch der Katana, während diese mit allem feuerte, was sie hatte. Die Gegnerischen Jäger waren mittlerweile bis auf einige wenige Meter an das Schiff herangekommen, und obwohl die Feuerkraft der Sovereign und der Whitestar um einiges immenser war als die der feindlichen Angreifer, so konnten diese dank ihrer Wendigkeit etlichen Salven entgehen. „Das ist so, als würde man mit Kanonenkugeln auf Spatzen schießen.“
„Der Runabout ist sicher auf Shuttlerampe eins gelandet.“ Meldete ein weiterer Techniker und eilte mit einem Werkzeugkoffer zu der eben gelandeten Spitfire. „Los! Los!“ Brüllte Charlie über den gesamten Hangar. „Macht das Deck frei!“ Er rechnete jeden Moment mit einer weiteren Bruchlandung und selbst, wenn es keine war, so konnte es tödlich sein, wenn noch Wrakteile auf der Landebahn lagen. „Bewegt euch gefälligst!“
„Wir können sie weder mit dem Tracktorstrahl erfassen, noch lange in der Zielerfassung behalten. Sie sind zu schnell und zu wendig. Im Gegensatz zu den hohen Geschwindigkeiten ist die Katana ein schwerfälliger Wal.“ Beiers Finger huschten über seine Konsole. Nur selten gelang es ihm einen der feindlichen Jäger wirklich zu treffen und außer Gefecht zu setzen. Andere, die er nur getroffen, aber nicht schwer genug beschädigt hatte, beteiligten sich weiter an den Kämpfen. Kleine Schweißperlen rannen ihm über die Stirn. Obwohl er erst seit etwa zwanzig Minuten aktiv in das Kampfgeschehen eingriff, hatte er das Gefühl bereits seit Stunden an dieser Konsole zu stehen. „Captain, die Whitestar meldet sich.“ Marina veränderte die Darstellung auf dem Wandschirm und das vertraute Gesicht Tokars erschien wieder. „Sie sind zu schnell, selbst für uns.“ Er nickte einem seiner Crewmitglieder zu, das außerhalb des Sichtfeldes von Tannier stand. „Wir haben außerdem das Problem gefunden, mit dem Ihre Fighter kämpfen.“ Seeta, die einen schier endlosen Datenstrom vom Schiff der Minbari erhielt, stutzte und stieß dann laut hörbar die Luft aus. „Wir haben ein Problem!“
„Naniten.“ Bestätigte Tokar, ohne weiter auf die Chefingenieurin zu achten. „Die Projektile unserer Feinde sind bei weitem nicht so wirkungslos wie wir anfangs geglaubt haben.“ Eine Erschütterung erfasste die Whitestar. „Ich fürchte, dass sie bereits damit begonnen haben auch unsere Systeme anzugreifen.“
„Ms. DeSoto, wie viele unserer Leute haben wir noch da draußen?“ – „Vier Schiffe Captain. Darunter auch die Maschine von Lieutenant Sulik.“
„Holen Sie alle Schiffe sofort an Bord. Und ordnen Sie den Rückzug an.“ Tannier wandte sich wieder Tokar zu. „Fliegen Sie in den Schatten von Bulgur III, wir werden uns dort treffen.“
Und zu Seeta „Finden Sie eine Möglichkeit diese Jäger abzuhängen. Sie haben zehn Minuten.“
„Das ist unmöglich.“ Die Präsidentin der Trill hatte weiße lockige Haare, die ihrem vom Alter bereits gezeichneten Gesicht einen Ausdruck von Würde verliehen. In ihren Augenwinkeln lagen kleine Lachfalten, die ihr bisweilen freundliches Wesen unterstrichen. Doch ihre Augen zeigten eine nicht zu brechende Entschlossenheit, ähnlich derer, die in Damasco Gabriells Augen leuchtete.
„Ich glaube, Sie haben mich nicht richtig verstanden.“ Gabriells Stimme war sanft und zurückhaltend, so als spräche er mit einem trotzigen Kind. „Ich glaube, Sie haben mich nicht verstanden.“ Sie faltete ihre Hände im Schoß und sah ihn abschätzend an. „Es gibt Gründe, warum ein Wirt niemals das gleiche Leben seines vorherigen Wirtes leben darf. Sind sie sich über die psychologischen Auswirkungen bewusst die ein solcher Kontakt mit der Vergangenheit einer Person nach sich ziehen kann?“
Das war er nicht, und das wusste Damasco, aber er war sich darüber bewusst welche Konsequenzen im Augenblick am Rande dieses Quadranten auf ihn warteten. Und um nichts in der Welt, würde er diese in diesen Sektor lassen.
„Es wird heute Abend eine Konferenz aller Föderationsmitglieder geben. Vielleicht werden Sie dann Ihre Meinung ändern, Frau Präsidentin.“ – „Oder Sie die Ihre.“
Die Katana beschrieb einen weiten Bogen und schob sich erneut zwischen die Angreifenden Jäger und die verbliebenen Spitfire Maschinen, um diesen die Möglichkeit zu geben sich in den sicheren Hangar zurück zu ziehen. „Commander Yadeel!“ Seetas Hirn schien zu platzen. Wie ein Hochgeschwindigkeitszug überflog sie alle Daten und glich diese vor ihrem inneren Auge mit ihrem Wissen ab, auf der Suche nach einer Möglichkeit wie sie diese Jäger abhängen konnte. Dalen sah sie über seinen Platz hinweg an. „Können wir den Deflektor mit einem elektronischen Impuls überlasten?“ Seeta hatte sich die gleiche Frage auch schon gestellt, sie aber wieder verworfen, weil davon das eigene Schiffe ebenfalls betroffen wäre. „Das würde zur Abschaltung unser eigenen Systeme führen.“ Ihre Blicke trafen sich. „Es sei denn, wir modifizieren die Schilde, drehen ihre Frequenz einfach um.“ Beiers, der den beiden mit halbem Ohr zugehört hatte sah sie skeptisch an. „Dann wären unsere Schilde gegen die Angriffe nutzlos.“ – „Richtig, sagte Seeta, deshalb müssen Sie schnell genug sein und alles erwischen, dass sich uns nährt.“ Die Chefingenieurin begann bereits die notwendigen Modifikationen vorzunehmen. „Mr. Lucas, auf mein Zeichen müssen Sie auf Warp gehen und das Schiff aus der Reichweite dieser Jäger manövrieren, damit wir von vermeidlichen Projektilen nicht mehr getroffen werden.“ Der Kadett nickte.
Tannier betätigte ein letztes Mal seinen Communikator. „Mr. Sulik, sind alle Ihre Leute an Bord?“ Eine ferne Explosion und aufgeregte Stimmen waren zu hören, bevor Lew antwortete. „Ja, Sir.“ Bestätigte er knapp.
Tannier nickte und gab Seeta damit das Zeichen den Impuls des Deflektors auszusenden. Das Schiff erzitterte leicht und die Schilde flammten kurz auf. Abrupt feuerte Beiers auf alles was sich bewegt, betend, das keines der Projektile die Hülle der Katana traf. Seeta verfolgte derweil wie ein Jäger nach dem anderen an Geschwindigkeit verlor und zu feuern aufhörte. Wie Perlen hingen sie jetzt im Weltall, unbeweglich. Der Impuls wirkte also „Jetzt Mr. Lucas.“ Augenblicklich beschleunigt das Schiff und folgte der Whitestar in den Schatten von Bulgur III.
„Preis?“ Lincoln warf mehrere Streifen Latinum auf den Tisch. „Das sollte genügen.“ – „Für den Anfang.“ Der Blauhäutige lehnte sich ein gehöriges Stück über den schmutzigen Tisch. „Ihr sucht also diese Rotaugen?“ – „Rotaugen?“ Lincoln musterte sein Gegenüber abschätzig. „Die Iclesia, da waren Rotaugen an Bord.“ Die Sternenflottenoffiziere wechselten skeptische Blicke. „Was sind Rotaugen?“ Lincolns Geduld war in den letzten Tagen ein ums andere Mal zu viel auf die Probe gestellt worden und der sehr dünne Faden, der den Blauhäuter vor einer Explosion bewahrte war zum zerreisen gespannt. „Sachte Sternenflotte! Ihr habt nach de Iclesia gefragt, nicht nach den Rotaugen. Das kostet extra.“ Unter dem Tisch ließ Lincoln seinen Phaser zwischen die Beine ihres Informanten wandern. „Ich weiß nicht, ob die Stelle, auf die ich gerade ziele irgendwelche wichtigen Organe beinhaltet, aber dem Phaser ist es ziemlich egal, wo er trifft. Weh tut’s in jedem Fall!“ Der Blaue schluckte. Er schien einen Moment zu brauchen um abzuwägen, welche Konsequenz für ihn ungünstiger war und entschied schließlich, dass es besser für ihn aussah, wenn er redete. „Die Iclesia ist vor einigen Wochen hier gewesen. Das Schiff kommt alle paar Monate mal hier vorbei. Die Jungs toben sich dann in den hiesigen Puffs aus, bevor sie in den weiteren Raum aufbrechen.“ Seine langen Finger langten über den Tisch und griffen sich eines der Gläser die Lincolns Leute kaum berührt hatten. Er nahm einen großen Schluck. „Naja, so was spricht sich rum. Als sie beim letzten Mal hier waren, habe ich einen Trupp Rotaugen gesehen, die sich an die Iclesia Jungs drangehängt haben. War mir schon klar, dass da nichts Gutes bei rauskommt.“ Lincoln sah ihn erneut fragend an. „Scheiße man, ich weiß nicht, wo die herkommen. Das sind unangenehme Typen, denen man besser aus dem Weg geht. Treiben sich schon ne ganze Weile hier rum.“ – „So lange, wie die Iclesia hier vorbeikam?“ Der Blaue überlegte. „Nein. Nicht regelmäßig.“ Er machte ein angestrengtes Gesicht. „Wir haben von den Rotaugen schon vorher mal welche gesehen. Aber nur äußerst selten. Seit einiger Zeit sind sie aber öfter hier.“ – „Warum?“
Lincolns Informant rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. „Sie scheinen sich für die Truppentransporter zu interessieren. Den Grund dafür kenne ich nicht.“
Der Communikator von Lincoln piepste. Lincoln warf noch einen weiteren Latinumstreifen auf den Tisch und sah dann den Blauhäutigen grimmig an. „Das wird reichen!“ Der Blaue erkannte seine Chance aus der für ihn unbequemen Gesellschaft zu entkommen griff sich seine Bezahlung und verließ eilig den Tisch.
„Lincoln, hier.“ – „Lieutenant, der Captain möchte das Sie an Bord des Schiffes zurückkehren. Haben Sie ihre Ermittlungen abgeschlossen?“ Es war Marina DeSotos Stimme, die sich aus dem Communikator meldete. „Wir sind erst mal fertig.“ – „Gut, ich werde den Transporterchief informieren, dass er Sie wieder auf die Katana beamen kann. DeSoto, ende.“
Es war ein leises Gemurmel dass sich durch den weitläufigen Konferenzsaal des Föderations- Headquarters zog und zu einem stetigen Hintergrundton anschwoll der Thomas Conner nervös werden ließ. Der Ire warf einen flüchtigen Blick auf sein Chronometer und beobachtete argwöhnisch die Gesichter der umstehenden Delegationen. Im hinteren Bereich stand der Attaché des Vulkanischen Botschafters zusammen mit Lwaxana Troi von Betazed. Beide schienen sich angeregt zu unterhalten, ebenso wie die anderen Mitglieder. Und dennoch war Ihnen die Anspannung, angesichts dieser außerordentlichen Sitzung deutlich anzusehen. Obwohl der Abend bereits weit fortgeschritten – man hatte auf die Abgeordneten der Bajoraner warten müssen – waren alle eingeladenen Völker erschienen. Lediglich der Platz des Föderationspräsidenten war leer. Wie so oft in letzter Zeit. Und Thomas begann nach einem Grund für die andauernde Abwesenheit seines Oberbefehlshabers zu suchen, fand jedoch keine Antwort. Es erschien ihm merkwürdig und das verursachte einen unangenehmen Nachgeschmack. „Verehrte Abgeordnete.“ Captain Rebecca Rogers war an das Rednerpult der Ovalen Konferenzraumes getreten und hatte das Wort ergriffen. Als stetiger ‚Zeremonienmeister’ sämtlicher interner Konferenz war sie den meisten Anwesenden bereits eine vertraute Erscheinung, auch wenn sie in der Vergangenheit immer ausgezehrter und kränkelnd wirkte. Nichts desto trotz zeichnete sich ihre Gestalt majestätisch vor dem goldenen Hintergrund an dem das Föderationswappen prangte, ab. „Wenn ich Sie bitten darf Ihre Plätze einzunehmen.“ Sie machte eine Kunstpause und gab so allen Anwesenden Zeit sich zu setzen. „Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass diese außerordentliche Sitzung der strengen Geheimhaltung unterliegt. Alle hier genannten Informationen unterliegen der Klassifizierung eins und dürfen bis auf weiteres an keine Sitzungsfremden oder Außenstehende getragen werden. Den Vorsitz hat Fleet Admiral Damasco Gabriell. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.“ Captain Rogers verließ das Podium und eine nicht minder beeindruckende Erscheinung in Form des Admirals trat an das Rednerpult. Unwillkürlich hielt Thomas den Atem an.
Gabriell wirkte gelassen und ausgeruht, ganz seiner Gewohnheit entsprechend lächelte er die Delegierten an, die seinen Blick erwartungsvoll und ebenso gelassen erwiderten. Für Thomas Conner war diese Ruhe unbegreiflich. Es war erst einige Jahre her, als Damasco vor ebendiese Delegation getreten war und ähnliche Neuigkeiten zu verkünden hatte.
„Verehrte Abgeordnete und Exzellenzen. Es ist nicht ganz acht Jahre her, als ich zum letzten Mal vor Sie trat und Sie über den bevorstehenden Krieg mit dem Dominion informieren. Viel von Ihnen wissen von den schweren Verlusten und dem Leid, das wir in diesen schweren Stunden erleiden mussten. Umso schwerer fällt es mir heute mich erneut vor Sie zu stellen und über das aufzuklären, was sich am Rande unseres Quadranten ereignet und womöglich ähnlich bedrohliche Konsequenzen mit sich bringt.“ Ein Raunen lief durch die Reihen der Delegierten und aus den zu Beginn aufmerksamen Gesichtern sprach nun Argwohn.
Die goldene Wand vor der Gabriell stand wurde zunächst schwarz, dann zeigte sie die Darstellung eines Weltraumsektors aus dem ein einziger gleißend weißer Stern kalt hervorstach. Der Stern bewegte sich, pulsierte in mehreren Intervallen. Mal vergrößerte er sich dabei, dann wieder schrumpfte er auf seine ursprüngliche Größe zurück. „Bereits zu Beginn des Dominionkrieges entdeckte einer unserer Aufklärer dieses Wurmloch. Es war stabil und führte in einen für uns unbekannten Raumsektor. Zumindest glaubten wir das. Im späteren Verlauf wurde uns bewusst, dass diese Wurmloch nicht in einen anderen Raumsektor, sondern in eine alternative Zeit führte.“ Wieder gab es Gemurmel und einige der Delegierten setzten bereits zu Fragen an. Beschwichtigend hob der Admiral die Hände. „Ich weiß dass alle folgenden Informationen viele Fragen aufwerfen. Ich möchte Sie jedoch bitten mit diesen zu warten, bis ich mit meinen Ausführungen geendet habe. Gerne bin ich bereit mich dann all ihren Fragen zu stellen.“ Die Abgeordneten verstummten und Gabriell dankte es ihnen mit einem kurzen Nicken. „Das Paralleluniversum das wir fanden stellte sich als die Heimat der Raumstation Babylon 5 heraus. In Anbetracht des Krieges blieb uns jedoch keine Zeit, diesen Teil weiter zu erforschen und alles, was sich bis dahin mit diesem Wurmloch befasste, wurde zu einer Aktennotiz in unserem Archiv. Wir blieben jedoch in sporadischem Kontakt mit den Spezies, denn das Wurmloch war zu beiden Seiten durchlässig. Und schon bald wurde uns bewusst, dass Spezies aus diesem Universum in dem unseren zu siedeln begannen. Ein Bespiel hierfür sind die Zanderianer.
Wir haben lange die Existenz dieses Wurmloches geheim gehalten, da wir im Krieg mit dem Dominion niemals in der Lage gewesen wären diese Schwelle zu schützen. Zum Ende des Konflikts wurde uns jedoch bewusst, dass wir jenseits der neuen Grenzen wertvolle Verbündete und Ressourcen würden finden können. Einige von Ihnen werden sich an das Katana Projekt erinnern. Wir haben ein Schiff der Sovereign Klasse in diesen Sektor gesandt um ihn zu erforschen und neue Bündnisse zu schließen.
Wir wissen, dass dieses Wurmloch künstlich ist. Es ist programmierbar, da es unter bestimmten Voraussetzungen in mindestens zwei weitere Paralleluniversen führt. Und, was wir auch wissen, es gibt ein weiteres Wurmloch, das älter als jenes ist, das wir bisher kannten.“ Das was Damasco den Sitzungsmitgliedern erzählte klang viel zu unglaublich als das es wahr sein würde. Dennoch kamen alle seiner anfänglichen Aufforderung nach und schwiegen. Er fuhr fort. „Wir haben dieses Wurmloch erst vor kurzem entdeckt und festgestellt, dass es nicht so weit entwickelt ist wie das, das wir bisher kannten. Nach unseren Informationen ist es nicht möglich es zu durchqueren.“ – „Warum gibt es diese Wurmlöcher?“ Nanook, Botschafter der Andorianer brach unvermittelt die Ruhe. „Sie bilden eine Passage über die ursprünglich Invasionsstreitkräfte in unser Universum gelangen sollten.“ Empört begannen die Delegierten zu diskutieren. „Was für Invasionsstreitkräfte?“ – „Schatten.“ Der Admiral bemühte sich die Ruhe im Sitzungssaal wieder herzustellen, was ihm nur schwerlich gelang. „Wir wissen nicht genau aus welchem Universum die Schatten ursprünglich stammen. Sie sind älter und weiter entwickelt als jede uns bekannte Rasse. Ihr Ziel ist es die Entwicklung jeder Spezies durch Kriege voranzutreiben.“ – „Die Schatten wurden im Krieg des Babylon 5 Universums vernichtet.“ Warf der vulkanische Botschafter ein und zustimmendes Nicken bestätigten ihn. „Wir sollten uns nicht anmaßen zu glauben, eine Rasse, die so weit der unseren überlegen ist, gänzlich ausgelöscht zu haben. Mitunter zeigen sie sich uns nicht öffentlich, aber wir wissen, dass sie weiterhin im Verborgenen existieren.“ – „Selbst wenn dem so ist, wo liegt dann die Bedrohung für uns?“
Auf dem Wandschirm hinter Gabriell zeigte sich das Bild aus dem Inneren der Iclesia, kurz nach der Ankunft auf Babylon 5. Hunderter Leichen waren aufgetürmt, die Gesichter zu entsetzten Fratzen verzogen und angsterfüllt. Plötzliches Schweigen breitete sich wieder unter den Delegierten aus. Damasco ließ ein weiters Bild auf dem Schirm erscheinen, das zerstörte Einzelteile eines humanoiden Roboters darstellte. „Das sind Bilder der Iclesia, ein Schiff der Erdstreitkräfte, das Präsident Sheridan unterstellt ist. Vor einigen Tagen haben wir diese Bilder von der Katana übermittelt bekommen. Den Roboter den sie dort sehen ist der einzige Hinweis auf das, was auf dem Schiff passiert sein muss.“ – „Ich sehe noch immer keine Bedrohung für uns. Was in diesem Universum passiert hat nichts mit unseren Angelegenheiten zu tun.“ Wieder folgte dem Kommentar des vulkanischen Botschafters einstimmiges Nicken. Und erneut wechselte das Bild. Eine einzelne Leiche war nun zu sehen.
„Das ist Lieutenant Iron. Er befand sich unter den Toten, die aus der Iclesia geborgen wurden. Ihnen wird nicht entgangen sein, dass er die Uniform der Sternenflotte trägt...“
Frank Lincoln trat von der Transporterplatform zog den schweren Mantel aus den er auf Bulgur III getragen hatte. „Wie ist die Lage?“ Zhabia, die derzeit zum Dienst auf der Brücke nichts beitragen konnte hatte sich bereit erklärt den Sicherheitschef aus dem Transporterraum abzuholen und auf die Brücke zu begleiten. Auf dem Weg konnte sie ihn über alles aufklären, dass sich in den wenigen Stunden im All ereignet hatte. „Die Whitestar ist schwer beschädigt worden, obwohl die Techniker bereits an allen größeren Schäden arbeiten. Der Katana geht es im Verhältnis dazu recht gut, offensichtlich sind wir von keinen Naniten getroffen worden. Commander Yadeel ist sich hierbei aber noch nicht sicher. Sie hat den Hangar unseres Squadrons vorläufig unter Quarantäne gestellt und mit Kraftfelder hermetisch versiegeln lassen.“ – „Was ist mit Suliks Leuten?“ Zhabia machte in trauriges Gesicht. „Wir haben zwei im Gefecht verloren. Drei weitere liegen mit schweren Verletzungen auf der Krankenstation.“ Sie hatten den Turbolift zur Brücke erreicht. „Sulik?“ – „Es geht ihm den Umständen entsprechend gut.“ Lincoln strich sich durch die Haare. Sie hatten schon in vielen aussichtslosen Situationen gesteckt, aber bisher war nie der Eindruck entstanden, dass die Crew versagen würde. Der Gegner mit dem sie es zu tun hatten war ihnen vollkommen unbekannt. Von Starfleet kam bisher keine klare Anweisung und der Captain...
Sie erreichten die Brücke und Lincoln setzte zielstrebig seinen Weg in die Beobachtungslounge fort, froh darüber der Enge des Turbolifts zu entkommen. Im Konferenzraum erwarteten ihn bereits die anderen Senioroffiziere und wie gewohnt hatte Tannier den Platz des Captains frei gelassen und sich auf seinen bisherigen Stuhl als erste Offizier gesetzt. Lincoln kam das merkwürdig vor, obwohl er den indirekten Respekt den der Minbari Needa damit zollte gut verstehen konnte. Drückend lagen die verstrichenen Ereignisse auf der Besatzung und niemand sah sich offen ins Gesicht. In Seetas Magen krampfte sich etwas zusammen und ihre Finger hatten sich so eng ineinander verschlungen, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.
„Da nun auch Mr. Lincoln anwesend ist können wir beginnen.“ Tannier schob jedem einzelnen ein Padd zu. „Das sind ihre Befehle für die nächsten Tage. Wir werden uns zurück nach Babylon 5 begeben und die Schäden auf der Katana sowie an den Spitfiremaschinen beheben. Auf der Raumstation werden wir dann unsere neuen Befehle erhalten.“ Alle sahen auf. „Was soll das heißen, wir fliegen nach Babylon 5 zurück?“ platzte es aus Lew hervor, der seinen Frust ohnehin kaum noch zu kontrollieren vermochte. „Das ist die Anweisung durch die Sternenflotte. In wenigen Tagen werden wir unsere neuen Marschbefehle erhalten. Bis dahin sind wir auf Babylon 5 stationiert.“ – „Und was ist mit meinen Männern? Wir werden nichts gegen diese Scheißkerle unternehmen?“ Lew war kaum noch zu halten und machte Anstalten den Minbari am Kragen zu packen und über den Tisch zu ziehen. „Lieutenant Sulik, das ist bisher alles, was ich dazu zu sagen haben. Mr. Lincoln, ich möchte, dass sie alle bisher gesammelten Daten auswerten und mir in zwei Stunden vorlegen. Mr. Sulik, ich möchte das Sie sich auf die Krankenstation begeben und ihre Verletzungen behandeln lasse.“ Er deutete auf die Platzwunde an Lews Stirn. „Ms. Yadeel, sie werden sich Gedanken zu unserem Naniten-Problem machen. Dr. Lazarus wird Ihnen dabei helfen. Ms. Velain, sie kümmern sich um die Betreuung der Squadron Piloten.“ Tannier erhob sich von seinem Platz und dreht den anderen den Rücken zu. Er schwieg und obwohl er seinen Führungsstab offenbar nichts mehr mitzuteilen hatte, blieben die Offiziere sitzen. Tannier beobachtete die Sterne die am Fenster des Konferenzraumes vorbeizogen. Suchte Kraft und Ruhe in Ihnen. Dann wandte er sich wieder um.
„Captain Needa ist tot.“ Er hatte lange mit sich ringen müssen um Worte und den richtigen Zeitpunkt zu finden, doch manche Dinge ließen sich nicht ins Unendliche hinauszögern und in wenigen Tagen würde er es ihnen ohnehin sagen müssen. Sein Blick wanderte von jedem einzelnen seiner Offiziere zum nächsten. Seeta liefen Tränen über die Wangen, obwohl sie bereits in das Geheimnis eingeweiht war. Lew, der über diese Nachricht seinen eigenen Ärger kurz vergaß legte Seeta eine Hand auf den Arm. Selbst Lincoln schien um Fassung zu ringen. „Wir werden auf Babylon 5 unseren neuen Captain an Bord nehmen.“ – „Wer?“ Toreens Überraschung wirkte um einiges Größer als die der anderen. „Darüber habe ich keine Informationen.“ Schloss Tannier.
Die anfängliche Ruhe Gabriells war innerhalb der Delegierten Konferenz verflogen. Er hatte keine Lust mehr sich in zurückhaltender Diplomatie zu üben und sah die Präsidentin der Trill mürrisch über seinen Schreibtisch hinweg an. Das Kreuzverhör im Sitzungssaal hatte ihn mehr angestrengt als er zu Beginn angenommen hatte und er musste sich eingestehen, dass er langsam alt wurde. Irgendwann, so gestand er sich ein, kommt der Punkt, wo einem selbst Hintertürtaktiken nicht mehr nützten. Und er war auf die Hilfe der Trill angewiesen. Wenn sie es jetzt nicht begriffen hatten fiel ihm auch keine passende Lösung mehr ein.
„Nun Frau Präsidentin?“ die weißhaarige Trill hatte bisher zu allem geschwiegen und hin und wieder an ihrem Tee genippt. Innerlich wog sie jedes Für und Wider ab ohne zu einem für alle Parteien vorteilhaften Ergebnis zu kommen. „Weshalb ist der Geodis Symbiont für Sie so wichtig?“ Gabrielle hatte sich diese Frage selbst schon dutzende Male gestellt. Eine wirkliche Antwort hatte er nicht finden können. Keine die sich auf ein so hohes Risiko begründete. „Ich brauche Needas Erinnerungen. Ich kann keinen Captain auf diesen Posten setzen der sich mit der dort gegebenen Situation nicht auskennt. Wir wissen selbst kaum, was uns in diesem Sektor erwarten wird. Aber ich bin nicht bereit in einem bevorstehenden Krieg auf meine wichtigste Waffe zu Verzichten.“ – „Waffe?“ Die Trill hob eine Augenbraue. „Diese Projekt war von Anfang an umstritten. Es hat uns viel gekostet die Katana ins Leben zu rufen und eine Besatzung zu Formen, die dieser Aufgabe gewachsen ist. Die Erfahrungen jedes Einzelnen Mitgliedes sind zu wertvoll um sie verloren zu geben. Und wenn ich so die Chance habe Needas Erinnerungen zu erhalten, so werde ich sie nutzen.“
Die Trill stellte ihren Tee auf der polierten Platte des Schreibtisches ab. „Ich müsste zunächst einen geeigneten Wirt finden.“ – „Sie könne Einsicht in alle unsere Akten erhalten.“ Gabriells Mund verzog sich zu einem leichten Lächeln. „Ich werde Sie informieren.“
„Captain.“ Natall hob den Kopf und legt das in ihren Händen befindliche Padd zur Seite. Christopher, der Lieutenant an der Ops ließ seine Finger über die Konsole vor sich huschen. „Wir empfangen eine Nachricht von Trill für Sie. Es ist die Symbiose Kommission.“ Natall nickte und machte sich auf den Weg in ihren Bereitschaftsraum. „Legen Sie’s mir in den Bereitschaftsraum, Christopher.“
Es war lange her, dass sich Natall als Wirt für die Symbiose Kommission zur Verfügung gestellt hatte. Sie war damals dem Wunsch ihrer Elter gefolgt, die beide vereinigte Wirte waren. Zu dieser Zeit war sie als Wirt akzeptiert worden, jedoch hatte man sich entschlossen sie vorerst nicht zu vereinigen. Natall war das recht gewesen, da sie der Dienst in der Sternenflotte vollkommen in Anspruch nahm und sie nicht ohne weiters bereit gewesen wäre an der bestehenden Situation etwas zu ändern. Sie drehte den Tischcomputer zu sich herum und ließ sich in ihren Schreibtischstuhl sinken. Das Gesicht eines verhärmten alten Mannes erschien dessen Trillflecken die Farbe von überbrühtem Kaffee hatten. Aus kleinen zusammengekniffenen Augen stierte er sie an. „Captain Natall.“ Die Trill lächelte. „Ich grüße Sie Neon.“ – „Es ist schön Sie bei guter Gesundheit zu sehen.“ Neon trug die schlichte Kleidung eines Guardian, die an ihm ein bis zwei Nummern zu groß wirkte. „Die Präsidentin der Trill hat mich beauftragt mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen.“ Natall schlug die Beine übereinander und musterte Ihr gegenüber skeptisch. „Gibt es dafür einen besonderen Grund?“ – „Sie wurden zur Vereinigung mit dem Geodis Symbionten ausgewählt. Eigentlich sollten Sie entsprechende Befehle der Sternenflotte bereits erhalten haben. Die Kankoon wird bereits morgen hier erwartet.“ Natall hatte das Gefühl von einem Zug überfahren worden zu sein. „Morgen?“ wiederholte sie gedehnt. „Warum ich?“ Die Gedanken in ihrem Kopf überschlugen sich. „Ich kann nicht nach Trill kommen. Nicht morgen. Ich muss meinen Sohn zurück nach Vulkan bringen. Ich kann nicht einfach die Kankoon auf einen anderen Kurs schicken, wir haben Verpflichtungen.“ – „Sie sind mit Ihrer Prüfung vor der Symbiose Kommission eine Verpflichtung eingegangen der Sie sich jetzt nicht einfach entziehen können.“ Neon sah sie bedauernd an. „Ich weiß, dass Sie Verpflichtungen haben. Wie gesagt, die Sternenflotte sollte Sie eigentlich bereits informiert haben.“
Jahrelang hatte Trill nichts von sich hören lassen, und jetzt das. Von heute auf morgen sollte sie einen so entscheidenden Schritt machen. Natürlich war ihr die Verpflichtung bewusst. Aber jetzt?
„Captain.“ Aus Natalls Communikator drang die Stimme Christophers. „Nachricht aus dem Sternenflotten Hauptquartier für Sie.“
Natall sah Neon an. „Ich werde mich wieder bei Ihnen melden.“ – „Natürlich.“ Und zu Christopher. „Ich nehme die Nachricht hier entgegen.“
„Also, was haben wir?“ Toreen hatte sich zu Lincoln in den Konferenzraum gesetzt und alle Daten auf den Wandschirm geladen. „Einen Haufen Nichts.“ Schnaubte Frank und verschränkte die Arme auf dem Tisch. „Der Blaue Typ hat nicht besonders viele Informationen ausgespuckt.“ Toreen zog sich eines der Padds heran. „Darf ich mal sehen?“ Auf dem Schirm liefen derweil die Aufzeichnungen des Kampfes mit den Spitfire Maschinen. „Er hat von Rotaugen gesprochen?“ Lincoln nickte. „Ich kann das aber in keinen Zusammenhang zu dem bringen, was uns bisher passiert ist.“ Und eigentlich will ich das auch gerade gar nicht. Schoss es ihm durch den Kopf. Tatsächlich hingen seine Gedanken zum gegenwärtigen Zeitpunkt ganz wo anders und es fiel ihm schwer sich mit der von Tannier gestellten Aufgabe zu befassen. „Der Roboter den wir auf der Iclesia gefunden haben hatte am Kopf eine Sensoreinheit die rot zu sein schien, wenn sie intakt ist. Daher kommt wohl der Begriff Rotaugen.“ Lincoln nickte. „Der Blaue sagte schon, dass ganz Trupps von denen auf Bulgur III unterwegs seien.“ – „Das wäre nicht gut.“ Auf dem Wandschirm war ein der fremden Jäger zu sehen, der frontal auf den Betrachter zuflog. Toreen wurde auf das Gefecht aufmerksam und studierte die Darstellung. „Stopp. Ausschnitt C3 maximal vergrößern“ Der gewünschte Ausschnitt vergrößerte sich und der Pilot des Jäger wurde sichtbar. „Der hat aber nicht unbedingt Ähnlichkeit mit dem Roboter, den wir bisher kennen. Toreen und Lincoln wechselten einen Blick. „Aber er hat auch diese Roten Augen.“ Stellte Akida fest. „Eine Version die noch nicht so weit entwickelt ist?“ – „Vielleicht haben die nur versucht uns zu testen.“ Toreen lud sich alle bestehenden Daten auf ein Padd. „Ich muss was überprüfen.“
„Mum! Mum!“ Eragon zupfte am Ärmel seiner Mutter und biss dabei in eine Brötchenhälfte. Natall schrak auf und sah ihren Sohn an. Sie hatte ausgesprochen schlecht geschlafen und musste um halb zehn in ein Meeting mit ihren Führungsoffizieren. Eigentlich hatte sie ihrem Sohn versprochen mit ihm auf dem Holodeck Snowboarden zu gehen, musste ihn auf Grund der neuen Umstände hier enttäuschen. Eragon, der mit seinen neun Jahren manchmal unglaublich erwachsen dachte nahm es ihr nicht weiter übel und hatte sich darauf verlegt mit Keith und Murielle in den Hydroponischen Garten der Kankoon zu gehen. Nicht ganz so aufregend wie die Rockys aber ebenso unterhaltsam. Die Kankoon hatte sich vor einigen Monaten Fleischfressende Pflanzen angeschafft deren Entwicklung rasant zunahm. „Dad hat gestern angerufen. Hast du schon mit ihm gesprochen?“ Natall rieb sich die Augen und stellte ihren Orangensaft zurück auf den Tisch. Sonak war in der Botschaft der Föderation auf Vulkan stationiert. Sie hatten sich damals dafür entschieden, dass es besser für Eragon war in geordneten Verhältnissen und einer stabilen Umgebung aufzuwachsen. Außerdem war es so einfacher sich mit seiner vulkanischen Herkunft auseinander zu setzten. Und als Captain auf einem Sternenflottenschiff hatte Natall nie die richtige Zeit für ihren Sohn. Eragon war für einen Monat auf die Kankoon gekommen um seine Mutter zu besuchen und in wenigen Tagen würde sie ihn wieder nach Vulkan zu seinem Vater bringen. Vermutlich hatte er sich gemeldet um einen entsprechenden Zeitpunkt hierfür zu finden. „Nein, ich habe noch nicht mit ihm gesprochen. Das werde ich aber gleich nach der Besprechung tun.“ Sie strich ihrem Sohn über sein dunkles Haar. „Essen wir gemeinsam Mittag?“ Er nickte und schob sich das letzte Stück Brötchen in den Mund. Dann stand sie auf. „Du kannst mich auf der Brücke abholen.“
Sie würde sich heute von ihrem Führungsstab verabschieden und sich auf den Weg nach Trill machen um dort mit dem Geodis Symbionten vereinigt zu werden. Angesichts ihrer Vergangenheit und ihrer Ausbildung auf Trill empfand sie die Aussicht auf dieses Ereignis bei weitem nicht so erschreckend wie manch andere. Trotzdem war ihr bei dem Gedanken unbehaglich zumute. Sie musste dringend mit Sonak sprechen.
Seeta hatte sich einen der tragbaren Holoemitter umgeschnallt und war in den versiegelten Hangar des Spitfire Squadrons getreten. Einige wenige Techniker waren ihr gefolgt und suchten mit Tricordern die einzelnen Maschinen nach Naniten ab. Obwohl die einzelnen Jäger erst seit kurzem in dem Hangar standen hatten sich bei einigen deutlich Veränderungen eingestellt und Seeta fühlte sich zunächst an Borgimplantate erinnert die sich auf der Oberfläche der einzelnen Maschinen ausbreiteten. Die Chefingenieurin betätigte den Holoemitter und das medizinisch holographische Notfallprogramm materialisierte vor ihr. „Bitte nennen Sie die Art des medizinischen Notfalls.“ Der Doktor stutzte einen Moment als Seeta ihm den Emitter um den rechten Oberarm schnallte und in seinen Rücken deutete. „Ihre Patienten stehen dort drüben.“ Der Doktor wandte sich um. „Was, alle Techniker sind befallen? Für mich sehen sie vollkommen gesund aus.“ – „Nicht die Techniker.“ Seeta war ungehalten und hatte wie jeder an Bord nur wenig Geduld in letzter Zeit. Vom Rande des Kraftfeldes beobachtete sie Lew und sie war sich der fordernden Blicke in ihrem Rücken sehr bewusst. Er wollte so schnell wie möglich wieder in seine Maschine steigen und sich für das rächen, was die Roboter seinen Leuten angetan hatte. Doch Seeta, und so ehrlich musste die Zanderianerin sein, wusste im Augenblick selbst nicht wirklich, wie sie sich dem Problem mit den Naniten stellen sollte. „Ich sehe keine Patienten.“ Erwiderte das Hologramm lakonisch. „Nicht die Techniker, Mann! Die Maschinen.“ Sie packte den Holodoktor am Arm und zog ihn mit sich zur nächsten Spitfire. „Ich bin kein Techniker gab dieser jedoch zu verstehen und begann sich gegen Seetas Gezerre zu wehren. „Aber Sie sind der Einzige, der Erfahrungen mit Borg hat.“ – „Habe ich das?“ der Doktor machte ein nachdenkliches Gesicht. „Laut Ihrer Programmierung schon.“ – „Was haben die Borg mit diesen Jägern zu tun?“ Die Chefingenieurin zog einen Tricorder von ihrem Gürtel und scannte die Maschine damit, anschließend zeigte sie die Ergebnisse dem holographischen Arzt. „Naniten. Ich habe zu wenig Erfahrungen mit Naniten. Was bedeutet, dass Sie, der über die Borgphysiologie bescheid weiß, mir helfen werden.“ – Was haben Sie vor?“ der Arzt betrachtete interessiert die Anzeigen des Tricorders und nahm diesen Seeta schließlich aus der Hand. „Ich bin mir nicht sicher. Zunächst möglichst einen isolieren und herausbekommen, womit wir es zu tun haben. Unser Ziel wird jedoch sein etwas zu finden, das sie unschädlich macht.
„Wie geht es dir mit diesem Gedanken?“ Sonak saß vor der großen Fensterfront ihres Hauses in der Abendsonne und sah seine Frau auf dem Bildschirm vor sich forschend an. Ganz entgegen ihrer Gewohnheit sah sie unentschlossen und müde aus. „Ich kann es nicht beschreiben. Es ist schwierig passende Worte dafür zu finden. Ich mache mir Gedanken darüber was dieser Schritt für Konsequenzen für dich und Eragon haben wird.“ Sonak nickte. „Es ist unlogisch sich Gedanken über uns zu machen. Die Veränderung betrifft letztendlich nur dich. Deine Karriere ist dir sehr wichtig und du hast außer der Vereinigung mit einem Symbionten, was du in deinem Lebensplan mit eingeschlossen hattest, die Möglichkeit in einen für die Föderation unbekannten Sektor vorzudringen.“ Es klang im ersten Moment kühl, was Sonak sagte, aber sie wusste, dass es rational war und er Recht hatte. Deshalb hatte sie mit ihm darüber sprechen wollen. „Eragon und ich, wir sind die meiste Zeit von dir getrennt. Und das würde sich auch ohne eine Vereinigung nicht ändern.“ Sie nickte „Womit wir bei einem anderen Thema wären.“ Sonak sah sie fragend an. Für einen Augenblick glaubte sie Überraschung in seiner Mine zu sehen. „Ich werde ihn nicht rechtzeitig nach Vulkan zurückbringen können. Die Kankoon hat Befehl nach Trill und anschließend nach Babylon 5 zu fliegen. Wir werden also mindestens zwei weiter Wochen unterwegs sein, bevor ich die Möglichkeit habe ihn zu dir zu bringen.“ Der Vulkanier hob eine seiner langen Augenbrauen „Ich werde seinen Lehrer von der Verspätung unterrichten.“ Natall war erleichtert. Obwohl Eragon zur Hälfte Vulkanier war, und in vielen seinem Vater entsprach, so war er überhaupt kein Vulkanier. Während Sonak in allem was er tat stets rationell war, traf Eragon Entscheidungen aus dem Bauch heraus. Und trotzdem verstanden sich ihre beiden Männer auf unnachahmlicher Art. Sie hatte befürchtet das Sonak mit einem längeren Fernbleibens seines Sohnes nicht einverstanden war, doch dem war offenbar nicht so. „Melde dich, wenn du auf Trill bist.“ Er sah sie mit einer Mischung aus liebevoller Führsorge und Verständnis an, die fast augenblicklich wieder verschwunden war, bevor der Bildschirm dunkel wurde.
Tannier saß in Delenns Quartier und heftete seinen Sternenflottencommunikator an die traditionelle Kleidung die er auf Babylon 5 trug. Delenn hatte ihn zum Abendessen eingeladen und sah ihn mit erwartungsvoller Mine an. „Du wirst also nun auf Babylon 5 bleiben?“ Tannier hatte gehofft dem Thema noch eine Weile ausweichen zu können, allerdings und das wusste er, hatte er die Botschafterin in diesem Punkt schon viel zu lange hingehalten. „Ich werde in der kommenden Woche die Katana an den neuen Captain übergeben und dann das Schiff verlassen.“ Jetzt wo es ausgesprochen war klang es endgültig und unverrückbar. Und doch war sich Tannier nicht wirklich sicher, ob das richtige Entscheidung war. Er hatte ihre neuen Gegner gesehen und schon all zu oft war ihm der Gedanke gekommen, dass er vielleicht mehr erreichen konnte, wenn er an Bord der Katana blieb. „Gut.“ Delenn legte ihm eine Hand auf dem Arm und reichte ihm eine Schale mit Suppe. „Wer wird der neue Captain?“ Tannier zuckte mit den Schultern „Das kann ich nicht sagen, die Sternenflotte ließ mich darüber im Unklaren.“ Er sah das Misstrauen in Delenns Augen. „Ich bin jedoch sicher, dass er weiter an einem Bündnis mit Babylon 5 festhalten wird.“ Die Minbari nickte. „Dieses Schiff ist äußerst wichtig für uns. Wir wissen immer noch nicht, woher diese neue Bedrohung kommt oder was sie wollen.“ Tannier scheute sich vor dem, was er wusste. „Es gibt Anzeichen dafür, dass diese Angreifer etwas mit den Schatten zu tun haben.“
Dalen Lazarus stieß sich mit den Füßen ab und ließ sich auf seinem Stuhl zu der Konsole rollen die hinter ihm stand. Seeta hob nur kurz den Blick von ihrem Mikroskop. „Schon was gefunden?“ Die Zanderianderin schüttelte den Kopf. „Ein Problem ersetzte sich stets durch ein weiteres. Die Naniten sind ausgesprochen widerstandsfähig.“ Dalen nickte und schaltete das Licht an Seetas Mikroskop aus. „Hey!“ Wut brannte in ihrem Gesicht doch Dalen hob abwehrend die Hände. „Ich habe einen Retrovirus entwickelt.“ Er sah sie beschwichtigend an. „Immer nur den Naniten beim Kinderkriegen zuzusehen wird uns auch nicht helfen.“ Er deutete auf das Mikroskop. „Also werden wir Ihnen buchstäblich das Licht ausschalten?“ Der Doktor legte eine Hand unter sein Kinn. „Ehrlich gesagt weiß ich noch überhaupt nicht, ob es funktioniert, aber wir sollten einen ersten Feldversuch starten.“ Seeta sprang von ihrem Stuhl auf. „Computer medizinisch holographisches Notfallprogramm aktivieren und in Hangar zwei beordern.“ Sie machte eine auffordernde Bewegung in die Richtung des Tev’Mekianer. „Ich sitze schon seit einer Woche hier rum und habe keine Idee, es wird Zeit, dass es etwas passiert.“ Dalen schnappte sich den Behälter der seinen Virus enthielt und folgte der Chefingenieurin aus dem Labor. „Hoffe nur, dass es auch funktioniert.“
„Commander, wir werden gerufen.“ Tomm Lucas saß an der Konsole von Marina DeSoto und betätigte eine Tastenfolge die einen Kanal zu dem ihm unbekannten Schiff öffnete. „Es ist die USS Kankoon.“ Toreen richtete sich in Captains Chair auf und sah erwartungsvoll zum Wandschirm auf dem das Gesicht einer dunkelhäutigen Trill mit kurzem schwarzem Haar erschien. „Ich bin Commander Toreen Akida, willkommen auf Babylon 5“ begrüßte der Bajoraner den Captain des anderen Schiffes. Die Trill nickte. „Ich bin Captain Natall Geodis von der USS Kankoon. Sie sind der Diensthabende Befehlshaber auf der Katana?“ Toreen schüttelte den Kopf. „Commander Tannier befindet sich derzeit auf der Raumstation Babylon 5. Ich werde ihn an Bord zurück beordern. Damit er sich mit Ihnen trifft.“ Natall nickte. „Ich denke, Sie sind darüber informiert, dass ich der neue Captain der Katana bin.“ Sie versuchte es möglichst freundlich klingen zu lassen hatte aber das Gefühl das dies vollkommen misslang. „Machen Sie sich bereit mich an Bord zu nehmen.“ Sie warf einen Blick über die Schulter. „Ich benötige ein Quartier mit einem zusätzlichen Schlafzimmer.“
Toreen stutzte, versuchte sich aber nach Möglichkeit nichts anmerken zu lassen. „Selbstverständlich, ich werde alles Nötige veranlassen.“
„Es ist wieder eine Trill!“ Tomm Lucas kam durch die offenen Hangartore geschossen und bremste abrupt vor dem unsichtbaren Kraftfeld, sich erinnernd, dass es an jener Stelle ungefähr beginnen müsste. „Wer ist eine Trill?“ Lazarus, Yadeel und das Hologramm wandten sich dem aufgebrachten Kadetten zu der nach Atem rang. „Der Captain.“ Er schnappte nach Luft. „Sie hat gerade mit Akida gesprochen und wir noch heute an Bord kommen.“ – „Sie ist eine Trill?“ Seeta sah ihn ungläubig an. „Aber, das bedeutet...“ – „Das Needa gar nicht tot ist.“ Beendete Lazarus den Satz. „Medizinisch ist das nicht ganz korrekt.“ Schaltete sich der holographische Doktor ein. „Der Wirt Ariell Needa ist tot, der Symbiont, wenn der neue Captain ihn trägt, enthält lediglich ihre Erinnerungen. Der neue Captain ist eine vollkommen eigenständige Person.“ Die umstehenden Personen sahen den Doktor tadelnd an. „Das werden wir ja sehen.“ Beharrte Seeta und machte ich auf den Weg zur Brücke. Tomm machte ein triumphierendes Gesicht. „Sie heißt Geodis...“
Eragon trat neben seine Mutter aus dem Turbolift, in der rechten Hand einen großen Korb haltend und stieß laut hörbar Luft aus. „Glaubst du, dass die Katana genauso groß ist wie die Kankoon?“ Natall sah ihren Sohn an. „Es ist ein Schiff der Sovereign Klasse. Es ist größer als die Kankoon.“ – „Ob es nette Kinder an Bord geben wird?“ sie lächelte „Ganz bestimmt.“ Gemeinsam schritten sie auf die Luftschleuse am ende des Ganges zu. „Warum können wir nicht rüberbeamen?“ – „Sternenflottenprotokoll. Ein neuer Captain kommt zu Fuß an Bord seines Schiffes.“ Der Junge machte ein fragendes Gesicht. „Verstehe ich nicht.“ – „Das wirst du.“ Sie blieb vor der Luftschleuse stehen und straffte die Schulter. Der Flur auf dem sie stand war Menschenleer. Einzig ihr erster Offizier Benjamin Stern war hier um sie zu verabschieden. Das hatte sie sich so gewünscht. Von dem Rest ihrer Besatzung hatte sie sich Stunden zuvor verabschiedet. „Benjamin.“ Der jüdische Offizier lächelte sie wehmütig an. „Wir werden sie vermissen Captain.“ – „Ich werde Sie auch alle vermisse. Seien Sie nett zu dem neuen Captain.“ Stern, der einen Kopf größer als Natall war schloss diese unvermittelt in seine Arme. „Das werde ich Captain. Vergessen Sie uns nicht.“ Dann kniete er sich neben Eragon. „Du hast Cracker sicher in deinem Korb untergebracht?“ Natalls Sohn nickte stolz und zeigte dem ersten Offizier das Streifenhörnchen das in einem Haufen Stroh saß und sich neugierig umsah. Stern erhob sich wieder, salutierte und betätigte die Entriegelung der Luftschleuse. „Immer ein Handbreit Subraum unterm Kiel.“
Das Spalier der Crewmitglieder auf der Katana war schier endlos. Rote, Blaue und Okkerfarbene Uniformen wechselten sich auf dem Weg von der Luftschleuse bis zum Turbolift ab. Erst ganz am Ende erblickte Natall die Gesichter ihres neuen Führungsstabes, die sie bisher nur aus den Personalakten kannte. Vorsichtig beugte sie sich zu ihrem Sohn herunter, der staunend neben seiner Mutter verweilte. „Deshalb gehen neue Captains zu Fuß an Bord eines Schiffes.“ Eragon gab sich einen Moment lang dem überwältigenden Eindruck hin, dann umfasste er die Hand seiner Mutter und zog sanft an ihr. „Dann sollten wir auch wirklich an Bord gehen und sie begrüßen.“
Gemeinsam schritten sie die langen Reihen der Crewmitglieder ab. „Willkommen an Bord, Captain.“ Tannier, der ohne Umschweife wieder an Bord gekommen war begrüßte die Trill mit dem ihm gewohnten respektvollen Nicken. Er stellte Geodis den anderen Führungsoffizieren vor, die jedem offen ins Gesicht sah und begleitete sie dann in den Turbolift. „Vermutlich wollen Sie zunächst Ihr Quartier aufsuchen...“ – „Brücke.“ Unterbrach Natall den Minbari und der Turbolift setzte sich in Bewegung. „An Bord der Kankoon befinden sich die sterblichen Überreste Ariell Needas. Ihre Eltern möchten, dass sie eine Bestattung im All erhält, wie jeder Sternenflotten Captain. Ich bin außerdem darüber informiert, dass bei Ihrer letzten Mission zwei Crewmitglieder ums Leben kamen.“ Tannier nickte. „Das ist richtig. Zwei Spitfirepiloten.“ – „Sind diese schon bestattet worden?“ Tannier ließ seinen Blick von Eragon zurück zu seinem neuen Captain wandern. „Nein, bisher sind sie in einer Kühlkammer auf der Krankenstation.“ – „Veranlassen Sie alles Nötige für eine Bestattung mit einer entsprechenden Feier. Ich möchte, das der Crew die Gelegenheit gegeben wird von den beiden Piloten, sowie Captain Needa Abschied zu nehmen.“
Sie erreichten die Brücke und aller Augen wandten sich der Trill zu. Dijenigen die in Gespräche vertieft gewesen waren verstummten und betrachteten neugieirg die Neuankömmlinge. Natall wies auf die Tür des Bereitschaftsraumes. „Du kannst dort so lange warten, bis ich fertig bin. Eragon folgte der Aufforderung seiner Mutter und verschwand, immer noch den Korb in der Hand tragend im Bereitschaftsraum des Captains. Dann wies Natall erneut auf eine Tür, diesmal gehörte diese dem Konferenzraum. „Haben Sie einen Moment?“
Zischend schlossen sich die Türen hinter den beiden Offizieren und Natall begann bereits sich mit dem Interieur des neuen Schiffes vertraut zu machen. „Sie haben die Brücke einer Intrepid.“ Es war keine Frage, mehr eine Feststellung die Tannier zu einem Schmunzeln veranlasst. „Wir haben auf einer unserer Missionen die maximale Belastbarkeit der ursprünglichen Brücke überbeansprucht. Captain Needa setzte sich zusammen mit der Chefingenieurin daraufhin für ein ‚helleres’ Brückenmodul ein.“
Natall nahm an der Stirnseite des Konferenztisches Platz. Und sah den ersten Offizier unverwandt an.
„Ich weiß, dass Sie beim Oberkommando bereits Ihren Rücktritt angekündigt haben.“ Tannier wirkte wie vor den Kopf geschlagen, fasste sich aber recht schnell wieder. „Das ist richtig.“ – „Nun, wie viel Zeit planen Sie noch auf diesem Schiff zu verbringen?“
Er hatte sich darauf eingestellt in Kürze mit dem Captain über seinen Wunsch das Schiff zu verlassen zu sprechen. Den Zeitpunkt dafür hätte er jedoch anders gewählt.
„Darf ich offen sprechen?“ Der Captain nickte und Tannier setzte sich zu ihr. „So schnell wie möglich. Mein Volk braucht mich. Und da Sie bereits über meinen Wunsch und unsere Verluste informiert sind, muss ich Sie sicherlich nicht über die Gefahr aufklären die an unseren Grenzen lauert.“ Geodis verstand seinen Wunsch und das Bedürfnis nach Babylon 5 zurück zu kehren. „Wen schlagen Sie als ihren Nachfolger vor?“ – „Toreen Akida scheint mir am geeigneten. Er hat den Posten ohnehin inne. Ich sehe keinen Grund ihn nicht zum ersten Offizier zu ernennen. Die Crew ist bereits an ihn gewöhnt.“
Geodis stand wieder auf und schob den Stuhl zurück an seinen Platz. „Veranlassen Sie auch hierfür alles Nötige. Die Katana wird in zwei Tagen in den Föderationsraum aufbrechen.“ –„Sie haben bereits alle weiteren Marschbefehle?“ Der Captain nickte. „Ich bin auf dem Flug hierher über alles informiert worden.“ Sie sah Tannier mit einem Lächeln an und der Minbari glaubte einen Moment lang Ariell Needa aus diesem Lächeln zu erkennen. „Ich verliere Sie nur ungern. Sie waren ein wertvolles Mitglied dieser Crew.“