Hexenjagd
Hexenjagd
Autor: Seeta Yadeel
Anfangssternzeit: 56095.22
Endsternzeit: 56097.49
Anfangsdatum: 04.02.2379 (18:11 Uhr)
Enddatum: 05.02.2379 (14:01 Uhr)
Entsetzt warf die Frau einen schnellen Blick hinter sich, während sie weiterrannte. Sie sah, dass die Lichtflecke hinter ihr näher kamen. Schnell wandte sie den Blick wieder nach vorne. Sie musste schneller werden, wenn sie diesen Tag überleben wollte. Sie hörte ihr Blut so laut in ihren Ohren rauschen, dass sie ihren keuchenden Atem kaum noch wahrnahm. Um sie herum war Dunkelheit. Sie wusste nicht wohin sie rannte, sie wusste nur, dass sie fort von den Menschen in ihrem Rücken musste.
Erneut warf sie einen Blick über ihre Schulter zurück. Tränen liefen ihr die Wangen herunter. Ihre Verfolger hatten aufgeholt. Schmerzhaft spürte sie, wie ihr Fuß sich in etwas verfing. Nur Sekundenbruchteile später fand sie sich auf dem nassen, kalten Boden wieder. Jetzt waren ihre Verfolger so nahe, dass sie ihre Stimmen hörte, die der Wind zu ihr heran trug. "Fangt die Hexe!" hörte sie. Sie wimmerte leise, dann richtete sie sich taumelnd wieder auf, auch wenn sie am Ende ihrer Kräfte war, so konnte sie doch nicht aufgeben.
Schwankend nahm sie ihre Flucht vor dem Mob wieder auf. Sie würde nur eine Chance haben, wenn sie den Pfad, auf dem sie sich befand, verließ. Eilig zwängte sie sich durch die Büsche zu ihrer rechten, hinein ins unwegsame Dickicht des Waldes, in den sie vom Dorf aus geflohen war, als einer der Männer mit dem Finger auf sie gezeigt hatte und gesagt hatte, sie sei vom Teufel besessen. Jetzt, wo weder das Licht des Mondes, noch die Fackeln ihrer Verfolger den Weg erhellten, wurde die Finsternis undurchdringlich. Sie sah nicht wohin sie lief, aber sie wusste, dass alles besser war als das, was hinter ihr lag. Und so rannte sie stolpernd weiter. Bis ihre Füße den Halt verloren und sie spürte, wie sie frei fiel und schließlich hart auf den Boden auftraf.
An der Stelle, an der sie vorher zu Boden gefallen war, hielten ihre Verfolger an. Ein Mann Mitte Dreißig zeigte auf einen Gegenstand, der im Fackelschein am Boden glitzerte. Ein anderer, nur wenig jüngerer trat neben ihn. "Was ist das?" fragte der Blonde den Braunhaarigen. Der zuckte mit den Schultern. "Das weiß ich nicht, Falyn. Es scheint eine Art Schmuckstück zu sein." Argwöhnisch betrachteten die beiden den ungewöhnlich geformten metallenen Gegenstand auf dem Boden. Erschrocken zuckten beide zurück, als eine Stimme daraus erklang. "Katana an Needa, bitte melden Sie sich, Captain!" verlangte eine körperlose Stimme. Andreas sprang darauf zu und richtete seine Muskete darauf. Noch im selben Augenblick, in dem die Stimme verklungen war, drückte er ab. Das metallene Schmuckstück sprang vom Boden auf und zerbarst in seine Einzelteile. Ein Mann mit schwarzen Locken trat zu den beiden anderen. "Du hattest recht, Andreas. Diese Frau ist tatsächlich vom Teufel besessen. Diese Flecken zeigten es klar an. Zudem trug sie Teufelswerk bei sich." bemerkte Gollwyn, dann wandte er sich um und trat gefolgt von den anderen Männern des Dorfes den Rückweg nach Hause an.
„Wir haben das Signal des Captains verloren.“ meldete Yamin Aurel von der Ops her. Dr. Lazarus wandte sich mit versteinertem Gesicht zu dem jüngeren Mann um. Für einen kurzen Augenblick schloss der Tev’Mekanier seine Augen. Das durfte doch wohl alles nicht wahr sein. Er war hier an Bord der Wissenschaftsoffizier und nicht wirklich erpicht darauf, das Kommando inne zu haben. Aber man konnte es drehen und wenden, wie man wollte, derzeit war er hier nicht nur der ranghöchste, sondern auch der geeignetste Offizier für die Führung des Schiffes.
Im Stillen vermerkte er, dass er mit Captain Needa mal eine ernsthafte Unterhaltung darüber führen musste, was er unter einer „Routinemission“ verstand, während er seinen Blick wieder dem Bildschirm vor ihm zuwandte und damit dem Planeten, der unter der Katana rotierte. Von hier oben sah er völlig harmlos aus, und doch waren auf ihm inzwischen sechs Crewmitglieder der Katana verschollen, ganz zu schweigen von den vier Wissenschaftlern, nach deren rechten man hier hatte sehen sollen, nachdem der Kontakt zu ihnen nur wenige Tage, nach der Ankunft hier abgebrochen war.
Dalen meinte, die Last der Verantwortung für diese zehn Personen zentnerschwer auf seinen Schultern zu fühlen. Er sah Mr. Widar fragend an, als dieser sich mit glänzenden, dunklen Augen zu ihm umwandte. Er schüttelte den Kopf. „Falls Sie wissen wollen, ob wir ein weiteres Team auf die Oberfläche schicken sollen, so lautet die Antwort definitiv nein. Ich werde niemanden mehr hinunter schicken, solange ich nicht genau weiß, was dort unten vorgefallen ist.“
Der Asgard wandte sich wieder nach vorne ohne ein einziges Wort verloren zu haben oder irgendeine Regung gezeigt zu haben. Statt dessen hörte Lazarus jetzt die Stimme Frank Lincolns von der Sicherheitsstation der Brücke. „Aber wie sollen wir dann herausfinden, was vorgefallen ist?“
Der Wissenschaftler stand aus dem Captainssessel, der sich drei Nummern zu groß für ihn anfühlte, auf und wandte sich dem hinteren Teil der Brücke zu. Er sah ausnahmslos in junge, unerfahrene Gesichter. Diese Offiziere waren nun auf seine Stärke angewiesen.
„Nutzen Sie die Sensoren der Katana. Ich will alles wissen, was es über diesen Planeten nur zu wissen gibt. Ich erwarte Ihre Berichte in einer Stunde im Besprechungsraum. Mr. Widar, Sie haben die Brücke.“ verkündete er, dann zog er sich von der Brücke ins Wissenschaftslabor zurück, in der Hoffnung dort vielleicht selber des Rätsels Lösung um das geheimnisvolle Verschwinden fast der gesamten Führungsriege der Katana auf Varadan IV auf die Spur zu kommen.
Ein leises Stöhnen drang unter einem dunklen Haarschopf hervor. Verwirrt fragte Ariell Needa sich, wieso ihr Bett so feucht war. Vorsichtig setzte sie sich auf und rieb sich ihren schmerzenden Knöchel während sie gleichzeitig das faulende Herbstlaub, das sich in ihrem Mund befand ausspuckte. Vorsichtig massierte sie mit der freien Hand ihren Hinterkopf, indem ein Brummen zu hören war, das die Geräusche des Waldes, in dem sie sich befand fast zu übertönen schien. Während das Brummen nachließ kamen ihre Erinnerungen an die Ereignisse unmittelbar bevor sie das Bewusstsein verloren hatte zurück. Entsetzt riss sie die Augen weit auf und warf schnelle Blicke in ihre Umgebung.
Ariell konnte jedoch nichts um sich herum ausmachen. Keine Fackeln erhellten ihre Umgebung und das fahle Mondlicht, dass durch eine Öffnung über ihr schien, reichte kaum aus die Umgebung zu betrachten.
Die Trill richtete sich vorsichtig auf und belastete langsam ihr linkes Bein. Es schmerzte zwar, schien aber nicht ernsthaft verletzt zu sein. Einen kurzen Moment lauschte sie in ihren schmerzenden Körper hinein, war dann aber schnell überzeugt keine ernsthaften Verletzungen davon getragen zu haben bei ihrem Sturz. Ein paar Quetschungen und ein paar Prellungen vielleicht, aber das war auch schon alles. Sie war glimpflich davon gekommen, in Anbetracht der Tatsache, dass man sie hatte auf einem Feuer verbrennen wollen.
Die Männer aus dem Dorf mussten wohl ihre Spur verloren haben, als sie ins Dickicht geflüchtet war. Vielleicht hatte auch ihr Fall ihr das Leben gerettet, sie wusste es nicht genau. Hauptsache, sie war für den Moment sicher. Irgendwo über ihr vernahm sie ein Geräusch. Vielleicht das Knacken eines Astes, der unter einem Schuh zerbrach? Vielleicht hatte man die Jagd nach ihr doch nicht aufgegeben und dort oben erwarteten sie ihre Verfolger? Vielleicht hatten sie sie hier unten nur noch nicht gefunden?
Ariell hielt den Atem an und lauschte angespannt. Aber so sehr sie auch lauschte, sie konnte nichts weiter als die Geräusche eines Waldes bei Nacht ausmachen. Sie glaubte, in der Ferne eine Eule ausmachen zu können, aber irgendwie war der Schrei nicht wirklich vertraut.
Die Halbtrill fasste sich ein Herz und begann, die Wände des Schachtes, in dem sie sich offensichtlich befand zu untersuchen. Die Steinbrocken waren glatt, aber nicht zu glatt. Sie boten Vertiefungen auf, an denen sie sich hinaufhangeln konnte, wenn sie sich nur genug Mühe gab. Sie warf einen prüfenden Blick nach oben.
Sie schätzte, dass der Ausgang des Schachtes sich etwas mehr als zwei Meter über ihr befand. Sie sollte eigentlich in der Lage sein, diese Distanz zu überbrücken. Also tastete sie die Wand ab, bis sie eine Vertiefung für ihre Finger gefunden hatte und begann sich hochzuziehen.
Polternd betrat eine Gruppe von etwa 10 Männern die Dorfschänke. „Ein Bier, aber schnell.“ rief Falyn zum Wirt hinüber. Der schmerbäuchige, dunkelhaarige Kerl entblößte vom Rauchen gelbe Zähne und ging zum Tresen hinüber, um dem Mann, der gemeinsam mit seinen beiden Freunden vor zwei Wochen neu in diesen Ort gekommen war, das Gewünschte zu bringen. Die drei Haudegen hatten sich den Respekt der Dorfbevölkerung seither verdient. McCrae ging gekonnt mit Muskete und Degen um, ebenso wie Summers, der zudem ein kühler Taktiker und Denker war. Der Dritte im Bund, Maddigan lehnte den Umgang mit Degen und Muskete zwar rigoros ab, war jedoch ein findiger und kundiger Heiler. Und gerade das hatte dem Dorf seit dem Tod des letzten Heilers gefehlt. Ein Grund mehr, die Neuen in ihrer Mitte willkommen zu heißen.
Die drei saßen inzwischen rittlings auf ihren Stühlen um einen grob gezimmerten Holztisch herum. Barley Qubrik kam zum Tisch herüber und stellte Falyns Bier vor ihm ab. Er schnappte sich den verbleibenden Stuhl und ließ sich ebenfalls rittlings darauf nieder.
„Wir müssen etwas gegen diese Hexenbrut unternehmen und zwar dauerhaft.“ meinte er. Die drei anderen Männer nickten zustimmend. „Aber was sollen wir tun?“ fragte Summers. „Die Hexe ist uns entwicht. Vielleicht finden wir bei Tageslicht ihre Spur wieder.“
Qubrik winkte ab. „Sie war nicht die erste. Meine Tochter behauptet, vor etwas mehr als zwei Wochen zwei Hexen im Wald gesehen zu haben.“ führte er aus. Summers wandte sich mit einer gehobenen Augenbraue zu dem grobschlächtigen Mann um. „Wie hat sie die Hexen erkannt?“ wollte er wissen.
Qubrik winkte zur Theke herüber. Ein etwa 16-jähriges Mädchen kam herüber und ließ sich mit einem kessen Lachen auf Winnies Schoß sinken. Der schob das Mädchen von sich weg. Er war zwar erst zwei Wochen im Dorf wusste aber genau mit was sie sich im Lokal ihres Vaters hier und da ein paar Münzen verdiente. Und ihr Äußeres sprach Bände von ihrer Auffassung von Hygiene. Winnie war sicher, sich bei ihr mehr als nur eine Krankheit holen zu können.
Die Göre warf ihm einen entrüsteten Blick zu, blieb dann aber stehen wo sie war. Ihr Vater warf ihr einen Blick zu. „Erzähl von dem Tag, an dem Du im Wald den Hexen begegnet bist.“ verlangte er. Über das Gesicht des Mädchens lief ein Schauer. Es legte sich zwei gespreizte Finger aufs Herz und begann dann mit seiner Erzählung.
„Es war zu Maridi, also vor etwas mehr als zwei Wochen. Ich war im Wald um nach Kräutern für eine Tinktur zu suchen.“ Ein leises Schnauben von Gollwyn unterbrach ihre Erzählung. Der Mediziner hatte mit einem kurzen Blick auf ihren leicht gewölbten Bauch schnell festgestellt, welche Kräuter sie wohl gesucht hatte. Und offensichtlich hatte sie es verpatzt. McCrae warf seinem Kameraden einen schneidenden Blick zu, dann wandte er sich an Myrian. „Red weiter.“ forderte er sie mit einem ermunterndem Blick auf.
Der Blondschopf warf ihm einen ebenso ermunternden Blick zu, der Winnie dazu veranlasste Falyn unter dem Tisch gegen das Schienbein zu treten, was ihm von dem anderen einen erzürnten Blick einbrachte, der förmlich zu sagen schien: „Für wie blöd hältst Du mich eigentlich?“
Myrian erzählte indes munter weiter. „Ich wollte gerade um eine Biegung gehen, als ich zwei unbekannte Stimmen vernahm. Ich verbarg mich hinter einem Baum um die fremden Frauen vorbeiziehen zu lassen.“ Sie lehnte sich auf den Tisch und ermöglichte damit Summers, dem sie gegenüberstand einen ungehinderten Einblick in ihre nur lose geschnürte Korsage. Der Mann verzog das Gesicht und lenkte den Blick auf seinen Bierkrug, so als wäre das die interessanteste Sache der Welt. Myrian zog ein Gesicht und richtete sich auf. Wie es aussah, würde sie hier heute Abend keine neuen Kunden finden.
„Als sie um die Ecke kamen, konnte ich sie für einige Sekunden genau sehen. Ich schwöre Euch sie waren vom Bösen besessen. Hexen, alle beide.“ Erneut legte sie zwei gespreizte Finger an ihr Herz. Mysteriös senkte sie ihre Stimme und meinte dann: „Missgebildet waren sie, alle beide. Die eine hatte eine verunstaltete Stirn und ihre Augen glühten, wie nur die des Teufels glühen können. Die andere war blau wie ein Untier aus den Tiefen des Meeres und die Bäume gehorchten ihrem Willen.“ Diese Äußerungen brachten ihr nun die ungeteilte Aufmerksamkeit der Männer ein. Sie machte einen Schritt nach links und legte ihre Hand um Falyns Schultern. Ihr Vater warf ihr einen Blick zu und forderte: „Erzähle, wohin sie gegangen sind.“ Myrian nickte und kam der Anordnung ihres Vaters sofort nach. „Sie streckte ihre Hände zum Dickicht aus und die Pflanzen wichen auseinander, so dass die beiden Hexen hindurchgehen konnten.“
Falyn verpasste Myrian einen Klaps aufs Hinterteil und meinte: „Bring meinen Freunden auch ein Bier, Puppe.“ Als sie den Tisch verlassen hatte wandte er sich an ihren Vater. „Glaubst Du, sie kann uns dorthin bringen?“ Vielleicht können wir von dort aus das Versteck der Hexen im Wald finden. Wenn wir Glück haben, dann finden wir auch die von gestern dort. Solches Gelumpe rottet sich gerne zusammen.“
Der Mann warf seiner Tochter einen abschätzenden Blick hinterher, dann nickte er. Andreas schlug mit der Faust auf den Tisch. „Dann ist es beschlossen. Morgen früh gehen wir gleich bei Tagesanbruch in den Wald. Deine Tochter soll uns führen. Und wenn uns das nicht weiterbringt, können wir immer noch die Spur von vorhin aufnehmen.“
Dalen Lazarus rieb sich müde die Augen. Stunden waren vergangen, seitdem er die Brücke erneut in der Obhut Kell Widars zurückgelassen hatte. Er hatte volles Vertrauen in die Fähigkeiten des Asgard und hielt es daher für angebracht, seine Zeit hier im Wissenschaftslabor zu verbringen, wo er die Zeit damit verbracht hatte, die von Lt. Krrr'merakk auf der Brücke gesammelten und hierher übermittelten Daten zu analysieren. Hinter sich hörte er Ensign Bruckner an einer weiteren Konsole arbeiten. Auch sie versuchte eine wissenschaftliche Erklärung für das Verschwinden der Wissenschaftler und Kollegen auf Varadan IV zu finden.
Lazarus entschied, dass es an der Zeit war, einen Moment zu entspannen und eine kurze Pause einzulegen. Vielleicht brachte eine kurze Unterbrechung Raum für eine neue Perspektive. Er stand auf und trat zu Regine hinüber. „Ich werde eine kurze Pause einlegen. Bitte machen Sie in der Zwischenzeit weiter. Wenn Sie irgendeine Spur finden, kontaktieren Sie mich bitte.“ Die junge Frau wandte ihm nur kurz das Gesicht zu und vertiefte sich dann wieder in die Daten auf ihrem Monitor.
Dalen wandte sich um und vermerkte im Stillen, Regine für eine Beförderung vorzuschlagen. Sie hatte eine verdient, sie schaffte es nur leider nie, auf sich aufmerksam zu machen. Er wurde mit Commander Summers darüber reden – wenn dieser nur erst wieder sicher an Bord war.
Die Türen des Labor schlossen sich hinter Dalen, dieser versuchte alle Gedanken, die mit seiner Arbeit zu tun haben dahinter zurückzulassen und strebte dem Turbolift zu. Als er diesen erreicht hatte, verschränkte er seine Arme hinter dem Rücken und wartete geduldig auf die Ankunft der Kabine. Als diese ihn erreicht hatte, trat er hinein und orderte eine Fahrt nach Deck 5, wo sich, wie jedem an Bord bekannt war, das Diners befand.
Schon wenig später saß er mit einem Becher heißen Tarala-Tees vor dem Fenster und beobachtete die Sterne, die still vor dem Fenster standen, an dem sein Stammtisch sich befand. Er hatte dem Raum den Rücken zugewandt, nicht nur, weil er so die Sterne betrachten konnte, sondern weil er wie meist keine Gesellschaft wünschte.
Sein Blick wanderte vom Fenster zu der heißen Tasse Tees in seinen Händen. Er hob sie an und sog begierig den herben Duft des Getränkes ein, den der Dampf abgab. Er nahm einen Schluck und ließ die Tasse gerade langsam wieder sinken, als er in der Bewegung etwa auf halbem Wege zurück zum Tisch erstarrte. Einen Moment wanderte sein Blick hinüber zu einem der anderen Fenster, vom dem aus man einen Blick auf den Planeten unter der Katana erhaschen konnte. Dann stellte er die Tasse so eilig auf dem Tisch ab, dass einige Tropfen des Tees darauf schwappten. Er aktivierte seinen Kommunikator. „Ensign Bruckner, bitte laden Sie mir nochmals die Daten der Atmosphäre auf meine Arbeitsstation. Ich bin in wenigen Augenblicken wieder bei Ihnen.“ Dann verließ er das Diners so schnell, dass Christian ihm verwundert hinterher blickte.
Ariell glaubte, ihre Beine würden ihr bald den Dienst versagen. Die Sonne stand inzwischen noch über ihr, es mussten mehrere Stunden vergangen sein, seitdem sie sich mühsam ihren Weg aus dem Schacht an die Oberfläche erkämpft hatte. Sie wusste nicht mehr, wieso sie durch den Wald gerannt war. Sie wusste auch nicht mehr, woher sie kam oder wohin sie gewollt hatte. Instinktiv hatte sie sich tiefer in den Wald geschlagen. Bisher war sie keiner Menschenseele begegnet, und das sollte so bleiben, wenn es nach ihr ging. Die Einwohner des Dorfes waren ihr feindlich gesinnt, soviel war ihr klar.
Am Rande einer kleinen, von Gras überwucherten Lichtung blieb sie stehen. Sie drückte sich eng an den dicken Stamm eines Baumes, der bis in den Himmel zu reichen schien. Vorsichtig spähte sie auf die Lichtung, in deren Mitte sie einen Kessel in der Nähe eines kleinen Baches erblickte. Eine seltsame blauhäutige Frau in einer dunklen Kutte ließ gerade einige Pflanzen hineinfallen, während eine andere Frau mit langem, schwarzen Haar mit einem langen Holzlöffel umrührte. Als sie ihr Gesicht in Ariells Richtung drehte stockte ihr der Atem. Die Frau hatte glühende Augen und das Stirnhaar verdeckte nur unvollständig die Beulen, die ihre Stirn zierten.
Der Wind wehte den Duft aus dem Kessel zu Ariell hinüber. Vorsichtig sog sie den Geruch ein. Sie hatte erwartet, dass er faulig sein würde, aber statt dessen stieg ihr ein feines Aroma in die Nase. Vorsichtig schob sie den Kopf ein wenig weiter hervor. Ob die beiden dort nur ihr Mittagessen kochten? Sie hätte schwören können, dass etwas Böses dort vorging.
Tatsächlich zog die Schwarzhaarige den Löffel aus dem Kessel und probierte von dem, was sich im Kessel befand. Sie nickte zufrieden und füllte zwei Schalen, die die blauhäutige ihr hinhielt.
Ariell fragte sich, wo die beiden den Kessel und das Essgeschirr herhatten, mitten im Wald. Sie trat einen halben Schritt vor um die Lichtung genauer untersuchen zu können. Tatsächlich entdeckte sie eine alte, windschiefe Hütte am anderen Ende, die halb unter den Bäumen verborgen war. Die beiden mussten dort wohnen.
Erneut zog der Duft aus dem Kessel zu Ariell hinüber. Sie hörte ihren Magen knurren, so laut, dass sie glaubte, die Frauen würden es hören. Hastig zog sie sich hinter ihren Baum zurück. Entsetzt hielt sie inne, als ein Zweig unter ihrem Fuß knackte. ‚Ich bin zu weit weg, sie können das unmöglich gehört haben.‘ versuchte sie sich zu beruhigen, nahm dann jedoch entsetzt zur Kenntnis, dass der Kopf der Schwarzhaarigen zu ihr herumgeruckt war. Die Frau konnte sie doch unmöglich auf diese Entfernung gehört haben. Und im halbdunkel des Dickichts war sie mit Sicherheit nicht zu sehen.
Erwartungsgemäß drehte die Frau sich wieder von ihr weg und begann sich leise mit der Blauhäutigen zu unterhalten. Die beiden tuschelten über irgendetwas, dann stand die Blauhäutige auf und verschwand wieder in der Hütte. Schon wenig später kam sie mit einem Gegenstand in der Hand zurück, den Ariell zunächst nicht erkennen konnte. Erst als die Blauhäutige an den Kessel herantrat und den Gegenstand mit der Flüssigkeit aus dem Kessel füllte, konnte Ariell erkennen, dass es sich um eine weitere Schale handelte. Dann ging die blauhäutige Frau über die Lichtung auf ihr Versteck zu. Ariell erstarrte, ihr erster Impuls war davonzulaufen, aber dann entschied sie sich in ihrer Deckung zu bleiben. Vielleicht war sie doch nicht entdeckt worden.
Sie wurde schnell eines besseren belehrt, als die Frau etwa 5 Meter von ihr entfernt stehen blieb und mit sanfter Stimme sagte: „Habe keine Angst, Du kannst an unserem Mahl teilhaben. Mein Name ist Zhabia.“
Ariell lugte misstrauisch hinter ihrem Baum hervor. Aus der Nähe wirkte die Frau noch beängstigender auf sie als aus der Entfernung. Aber der Duft der aus der Schale in ihrer Hand stieg war zu verlockend. Vorsichtig trat sie aus ihrer Deckung hervor und nahm die Schale entgegen. „Ich bin Ariell. Vielen Dank, dass ihr euer Mahl mit mir teilen wollt.“ Dann folgte sie Zhabia zur Mitte der Lichtung und ließ sich in einiger Entfernung von den beiden nieder. Sie setzte die Schale an ihre Lippen und nahm einen ersten Schluck der Suppe, die sich darin befand.
Zur selben Zeit fand an Bord der Katana eine Lagebesprechung statt. Dalen Lazarus sah in die Gesichter der Offiziere, die rechts und links von ihm am Besprechungstisch in der Lounge saßen. Ihm blickten fast ausnahmslos junge, unerfahrene Gesichter entgegen. Einzig Mr. Widars onyxfarbene, große Augen hatten die nötige Erfahrung für den Posten, den die Crewmitglieder am Tisch derzeit inne hatten. Regine Bruckner, die heute die offizielle Vertreterin der wissenschaftlichen Abteilung war, nachdem Dr. Lazarus die Geschicke der Katana leiten musste, stand neben einem in die Wand eingelassenen Display. Sie holte tief Luft und begann mit dem vorbereiteten Vortrag.
„Wie Sie alle wissen, geben die Umstände des Verschwindens unserer beiden Teams sowie der Wissenschaftler Rätsel auf. Bisher hatte eine Analyse nicht den gewünschten Erfolg gebracht. Erst eine genaueste Untersuchung von gesammelten atmosphärischen Partikeln unter Laborbedingungen enthüllte nun, womit wir es zu tun haben.“ Regine berührte eine Taste und sogleich veränderte sich das Bild auf dem Monitor.
„Was ist das?“ wollte Maggie Kincaid wissen, nachdem sie die Abbildung einen Moment mit schräg gelegtem Kopf betrachtet hatte. Regine nickte eifrig. „Dies ist ein herkömmliches Wassermolekül, wie sie in der Atmosphäre jedes Klasse M Planeten zu finden sind.“
Regine berührte eine Taste woraufhin die Abbildung vergrößert wurde, bis ein Einzelnes der im Molekül vereinten Atome zu sehen war. Frank Lincoln sah Regine fragend an. „Und was ist an diesem Atom nun ungewöhnlich wollte er wissen, da kaum davon auszugehen war, dass Regine ihnen das Molekül sinnlos zeigte.
„Dieses Sauerstoffatom ist mit einer uns bisher unbekannten Substanz angereichert. Das gilt übrigens für alle Sauerstoffatome des Planeten. Erste Untersuchungen scheinen zu belegen, dass diese Sauerstoffatome bei normalen Lungenatmern zu Gedächtnisverlust führen können. Wir gehen bisher davon aus, dass für die auf diesem Planeten Einheimischen eine natürliche Immunität hiergegen besteht.“ führte die junge Frau in der Uniform mit dem blauen Kragen aus.
Catherine Heathcliff, die in Abwesenheit Dr. Maddigans die Krankenabteilung führte, sah zu Regine hinüber. „Können Sie schon absehen, ob der Gedächtnisverlust permanent ist? In jedem Falle würde ich gerne Ihren bisherigen Ergebnisse studieren.“
Ensign Bruckner nickte. „Die bisherigen Ergebnisse sind vollständig in der Schiffsdatenbank verzeichnet. Und bisher können wir nur raten, ob ein Gedächtnisverlust permanent ist. Damit sollten wir uns befassen, sobald wir unsere fehlenden Crewmitglieder und die Wissenschaftler gefunden haben. Je länger sie der Atmosphäre des Planeten ausgesetzt sind, umso schlimmer.“
Kell Widar sah zu von Lt. Heathcliff zu Ensign Bruckner herüber. „Wir brauchen einen wirksamen Schutz gegen die Atmosphäre. Wären Standardschutzanzüge mit einem eigenen Vorrat an Atemluft ausreichend.“
Regine wackelte kurz mit dem Kopf und sah fragend zu ihrem Chef hinüber. „Ich würde sagen ja.“ Lazarus nickte zustimmend. „Führen Sie in jedem Fall einen Test im Labor durch.“
Lazarus wägte kurz die Möglichkeiten und deren Risiken ab. Dann traf er seine Entscheidung und teilte sie den anderen im Besprechungsraum mit.
„Ensign Bruckner, beeilen Sie sich mit der Analyse. Mr. Aurel, Mr. Lincoln, halten Sie sich für einen Außeneinsatz bereit.
Miss Heathcliff, beginnen Sie sofort mit den durchzuführenden Untersuchungen. Finden Sie mir ein Gegenmittel gegen diesen Gedächtnisverlust, sollte er sich als permanent herausstellen. Am besten wäre eine Art von Impfstoff, der es uns erlauben würde, unbehelligt auf dem Planeten zu verkehren. Das wird nötig werden, um unsere fehlenden Crewmitglieder zu finden.
Weggetreten.“ damit beendete Dalen Lazarus seine erste Besprechung als Kommandant der Katana. Er hoffte inständig, dass dies auch die letzte sein würde.
Eine knappe halbe Stunde später stellte Ariell Needa ihre Schale ratzkahl leer vor sich auf den Boden. Sie hatte zweimal von der nahrhaften und überaus schmackhaften Suppe nachgenommen und fühlte sich jetzt kugelrund vollgefuttert. Zum Schluss hatte sie sogar ein Stück von dem auf einem Stein gebackenen Brot ablehnen müssen, was bei ihr eine Seltenheit war, soweit sie wusste. Sie sah zu Seeta Yadeel hinüber und meinte: „Und wieso wohnt ihr beiden hier draußen im Wald?“ Die Frau sah sie unverwandt an und antwortete: „Wir haben schon immer hier gewohnt, solange ich mich erinnern kann waren meine Schwester und ich hier in diesem Wald.“
Ariell sah zweifelnd von der einen zur anderen hinüber. „Ihr seht nicht wie Geschwister aus. Überhaupt seht ihr wie niemand aus, den ich kenne.“ Zhabia lachte leise. „Das gilt ja nun für Dich genauso. Die Dorfbewohner sehen anders aus als Du.“ gab sie Ariell zur Antwort. Dabei deutete sie vage auf die Flecken, die sich von ihrer Stirn über ihre Schläfen zu ihrem Hals hinzogen. Nur Ariell wusste, dass sie noch wesentlich weiter gingen. Sie nickte zustimmend. Seeta stellte ihre Schale ebenfalls vor sich ab und stand auf. „Ich habe noch Arbeit zu tun.“ bemerkte sie, dann ließ sie die beiden Frauen zurück und holte eine Leiter aus der windschiefen Hütte heraus. Verwundert beobachtete Ariell wie sie die Leiter an eine der Wände stellte und gleich darauf mit herbeigeholtem Werkzeug aufs Dach kletterte.
Zhabias Stimme brachte Ariell dazu, sich wieder zu der blauhäutigen umzudrehen. „Ich weiß genau, dass die Leute im Dorf uns fürchten, uns sogar gefährlich werden könnten. Ich kann es nicht erklären, ich weiß es einfach. Ich kann es deutlich von der Art, wie sie sich verhalten ablesen. Deshalb meiden wir das Dorf und verstecken uns vor seinen Bewohnern, wenn sie in den Wald kommen.“ Ariells panischer Gesichtsaudruck ließ sie schnell hinzufügen: „Aber bis hierher sind sie noch niemals gekommen. Du hast wohl bereits schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht?“ Ariell nickte schnell und vermerkte im Stillen, dass Zhabia eine gute Beobachterin war und das Verhalten anderer gut einzuschätzen wusste. Wenn sie sich nur hätte erinnern können, an wenn die blauhäutige Frau sie erinnerte.
Einsetzendes Hämmern vom Dach der Hütte ließ Ariells Kopf wieder zu dieser herumfahren. „Seeta ist die Handwerkerin in der Familie, ich selber bin die Heilerin. Ich kenne mich gut mit allen Pflanzen und Kräutern in den Wäldern aus. Ich weiß, was essbar ist und was nicht. Ich weiß, was auf eine Wunde aufgetragen Linderung bringt und was schädlich ist.“
Ariell wandte sich wieder um, als sie hörte wie Zhabia hinter ihr aufstand. „Deine Kleidung ist völlig ruiniert. Komm, ich will Dir etwas aus der Hütte zum Anziehen geben. Wir haben auch ein freies Bett für Dich, wenn Du es wünschst.“ Ariell sah an sich herunter. Ihre Hose war an mehreren Stellen zerrissen, ebenso die Ärmel ihrer Jacke. Zudem war die Kleidung völlig verdreckt. Sie nickte und folgte dann Zhabia zum Haus. Bereits wenige Minuten später trat sie in einer der Kutten der beiden Frauen wieder daraus hervor.
Dalen Lazarus hatte es sich nicht nehmen lassen Yamin Aurel und Frank Lincoln persönlich in den Transporterraum 1 der Katana zu begleiten. Die beiden Männer sahen in den roten Schutzanzügen und mit dem unter die Arme geklemmten Helmen reichlich seltsam aus. Glücklicherweise hatte Ensign Bruckners Analyse zweifelsfrei festgestellt, dass Standartsternenflottenschützanzüge einen ausreichenden Schutz gegen die schädlichen Auswirkungen bot.
Da Dalen ein ebenso strenger Verfechter der ersten Direktive wie Captain Needa war, hatte er dafür Sorge getragen, dass beide Männer einen getarnten Anzug erhielten. Nicht auszudenken, wenn die Einwohner von Varadan die beiden Männer zu Gesicht bekamen. Und so sah er von der Konsole her zu den beiden Männern herüber und wiederholte: „Denken Sie daran, dass die Einwohner des Planeten Sie nicht ungetarnt zu Gesicht bekommen. Der Schaden für die natürliche Entwicklung der Gesellschaft wäre immens.“
Beide nickten bestätigend und setzten sich die Helme auf. Nachdem sie einen entsprechenden Schalter an ihrem Arm bedient hatten, wurden beide für das Auge von Dr. Lazarus und Chief DePrada unsichtbar. „Energie!“ kommandierte Lazarus und das vertraute Glitzern des Transportstrahls setzte ein, nur dass er diesmal scheinbar nichts erfasste.
Dalen drehte sich zu Francesco DePrada um. Der Spanier konsultierte kurz seine Anzeigen und bestätigte dann: „Beide sind wohlbehalten auf dem Planeten auf den Zielkoordinaten angekommen.“ Dalen nickte zufrieden und verließ den Transporterraum um sich auf den Rückweg zur Brücke zu machen.
Bereits eine halbe Stunde später ging auf der Brücke ein erster Ruf des Außenteams ein. „Aurel an Katana.“ war zu vernehmen, nachdem Marina DeSoto das Gespräch auf die Lautsprecher der Brücke gelegt hatte. „Lazarus hier.“ antwortete der – zu seinem eigenen Leidwesen – derzeitige Kommandant.
„Wir haben bereits Teile des Außenteams und die Wissenschaftler ausmachen können. Die Wissenschaftler sind wohlbehalten im Dorf. Wir haben hier ebenfalls Mr. McCrae, Mr. Summers und Dr. Maddigan ausmachen können. Sie scheinen allesamt das Gedächtnis verloren zu haben. Sie benehmen sich, als wären sie alle auf diesem Planeten geboren worden.“
Lazarus atmete auf. Zumindest hatte er Teile des Außenteams wieder gefunden. Es war nur eine Frage der Zeit bis sich eine Gelegenheit ergeben würde, sie unbemerkt an Bord zu beamen. „Wie sieht es mit Captain Needa, Lt. Yadeel und Counselor Velain aus?“ wollte er wissen.
Dalen meinte, ein Seufzen aus der Stimme des jungen Lieutenants vernehmen zu können, als dieser antwortete: „Weit und breit keine Spur von ihnen. Wir haben jedoch ein Gespräch belauschen können, bei dem die Rede davon war auf Hexenjagd zu gehen. Eine soll blauhäutig sein, eine zweite glühende Augen haben und die dritte soll Teufelsflecken haben.“
Lazarus atmete geräuschvoll ein. Ihm war ebenso wie allen anderen klar, wer da gejagt werden sollte. Er wägte nur kurz die Optionen ab und meinte dann: „Bleiben Sie an der Gruppe dran. Wenn die Dorfbewohner fündig werden, dann will ich es sofort wissen, damit ich Captain Needa und die anderen an Bord beamen lassen kann. Die anderen befinden sich derzeit zumindest nicht in körperlicher Gefahr, die Rettung der drei Frauen hat Priorität. Katana Ende.“ Marina DeSoto beendete die Verbindung und damit wurde die Brücke des Schiffes in Schweigen gehüllt.
Vorsichtig waren Yamin Aurel und Frank Lincoln den Dorfbewohnern gefolgt. Dabei hatten sie weitere Informationen sammeln können. Offensichtlich glaubte man, dass es sich bei den Fremden um Bewohner des nächsten Dorfes handelte. Da dieses mehr als drei Fußmärsche entfernt war, war keiner der Dorfbewohner jemals dort gewesen. Es gab zwar einen Händler, der beide Dorfe besuchte, aber dieser wurde erst in zwei Monaten zurückerwartet.
Yamin Aurel konnte den Hass, der den Hexen entgegengebracht wurde, deutlich spüren. Manchmal glaubte er, davon überwältig zu werden. Das unglaublichste daran war für ihn, dass dieser Hass allen gemein war. Auch die Wissenschaftler und die Crewmitglieder der Katana bildeten dabei keine Ausnahme. Er fragte sich, wie das nur möglich sein konnte.
„Mist!“ murmelte der Halb-Betazoide, als er an einem Ast hängen blieb. Er war so abgelenkt gewesen, dass er kaum noch darauf geachtet hatte, wo er sich befand. „Was ist denn los?“ wollte Frank Lincoln wissen, der die Bemerkung glücklicherweise als Einziger hören konnte, da die Schutzanzüge untereinander per Kommunikationskanal verbunden waren.
Yamin klärte den stellvertretenden Sicherheitschef auf. „Ich bin mit dem Arm an einem Ast hängen geblieben.“ Der junge Ops-Offizier warf einen kurzen Blick auf die Stelle, wo er seinen Arm fühlte. „Es ist nichts passiert, der Anzug wurde nicht beschädigt.“ gab er erleichtert an.
„Sie müssen besser aufpassen, Lieutenant. Wenn der Anzug beschädigt wird, dann könnten Sie der nächste sein, der auf diesem Planeten verschwindet.“ warnte Frank Lincoln den anderen. Aurel nickte, unsichtbar für das Auge des Betrachters. „Ich bin mir dessen bewusst.“ gab er an. „Aber diese Emotionen haben mich einen Moment überwältigt. Ich werde sie jetzt stärker ausblenden.“ Frank wollte wissen: „Welche Emotionen?“
Yamin Aurel folgte weiter den Dorfbewohnern. „Ihre.“ sagte er mit einer Geste, die die gesamte Gruppe vor ihnen einschloss. Als ihm bewusst wurde, dass Frank seine Geste nicht wahrnehmen konnte, fügte er hinzu. „Die der Jäger. Sie alle hassen die Hexen. Und ich meine alle. Auch unsere Leute.“ Einen Moment herrschte Ruhe, dann sagte Yamin: „Ich verstehe das nicht. Bei den Dorfbewohnern war nichts anderes zu erwarten, aber unsere Leute?“
Frank Lincoln nickte. „Der vulkanische Gelehrte W’Lan lehrt uns, dass jedes höher entwickelte Wesen ein Produkt seines Wissens und seiner Erziehung ist. Ohne dieses Wissen und ohne Erziehung werden wir wieder zu den wilden Bestien, die wir dereinst waren.“
Der Ire machte eine Pause. „Unsere Leute sind ein Produkt unserer aufgeklärten Zeit. Ohne dieses Wissen sind sie nicht anders als die Dorfbewohner. So wie diese Dorfbewohner fürchten sie alles, was ihnen fremd ist, denn die Natur lehrt uns, dass alles, was nicht ist wie wir, eine potentielle Gefahr darstellt und bekämpft werden muss. Im Grunde genommen folgen die Leute vor uns also lediglich ihren Instinkten.“
Wieder herrschte eine Weile Schweigen zwischen den beiden Männern. Als die Dorfbewohner vom Weg abbogen ins Dickicht hinein, wies Frank seinen Kollegen an: „Seien Sie vorsichtig, dass Sie den Anzug nicht beschädigen.“ Frank folgte den Dorfbewohnern ins Dickicht. Er achtete darauf einen ausreichenden Abstand zu lassen, dass die Bewegungen der Äste, die er verursachte den Dorfbewohnern nicht ins Auge fielen. Als der erste Ast hinter ihm zurückgeschnellt war, drehte er sich hastig herum, als dieser zu einem Halt kam und sich nicht erneut bewegte. „Lieutenant?“ fragte er. Als er keine Antwort erhielt wiederholte er: „Lieutenant Aurel, bitte melden Sie sich.“ Erneut erhielt der Ire keine Antwort. Hektisch sah er sich um. Nirgends bewegten sich die Zweige genug, um von einer Person verursacht zu sein. Einzig der Wind schien hier und dort für ein wenig Bewegung zu sorgen. „Lincoln an Katana. Sofort Lieutenant Aurel erfassen und an Bord beamen.“ Besorgt wartete er auf eine Erwiderung vom Schiff. Einige Sekunden später hörte er Lazarus Stimme in seinem Kopfhörer: „Katana an Lieutenant Lincoln. Wir haben nur den Schutzanzug und den Kommunikator hochbeamen können. Halten Sie ab sofort auch Ausschau nach Mr. Aurel.“ Es folgte eine kurze Pause. Dann war Lazarus wieder zu hören: „Dieser Kanal bleibt ab sofort bestehen. Singen Sie uns was vor oder erzählen Sie uns eine Geschichte. Sobald wir Sie nicht mehr hören, werden Sie heraufgebeamt.“
Frank schluckte kurz, dann begann er: „Es war einmal ein Mann, der hatte sieben Söhne und einer der Söhne sagte eines Abends zu ihm...“
Vorsichtig spähten glühende Augen aus dem Dickicht ins Dorf. Gerade, als die junge Frau sich der Schmiede nähern wollte, ließ ein sich näherndes Geräusch sie zurückschrecken. Schnell zog sie sich tiefer ins Dickicht zurück. Während Seeta den Rückweg zur Hütte, die sie mit ihren zwei Schwestern teilte, machte, kehrten die Männer mit ihrer Beute ins Dorf zurück. Falyn war verärgert, dass er nicht alle Hexen erwischt hatte, aber dieser Hexer hier war auch kein schlechter Fang. Sie hatten ihm an der Stelle, wo sie ihn gefangen hatten, den Prozess gemacht. Gott sollte entscheiden, ob er ein Hexer war, da der Mann behauptet hatte keinerlei Zauberei zu betreiben. Irritiert blieb Falyn am Waldrand stehen. Alle anderen passierten ihn, sie beachteten ihn jedoch kaum. Alle hatten nur Augen für den Hexer. Während alle anderen weiter auf das Dorf zuhielten drehte Falyn sich um und kroch ins Unterholz.
Gollwyn Maddigan schob den Hexer in die Schmiede. Der grobschlächtige Mann, der hier stets Hammer und Amboss bediente, kam herüber und brachte eiserne Ketten mit sich. Schnell war der Mann mit den unheiligen Flecken an Stirn und Hals damit verschnürt, dann führte man ihn wieder nach draußen. Irritiert betrachtete Yamin die Frauen, die ihn anschrieen, während er vorüber geführt wurde.
Unsichtbar für alle anderen folgte Frank Lincoln der Gruppe. Bleiben Sie dran, hatte Lazarus geordert und so hatte er sich den Jägern an die Fersen geheftet, als diese Yamin davon schleppten. Der Halb-Betazoide hatte sein Gedächtnis ebenso offensichtlich verloren wie Summers, der ihn in Richtung des Dorfweihers davon führte. Frank fragte sich, was hier nur vorging.
Auf der anderen Seite des Gefangenen schritt der Mann, den man als den Dorfgeistlichen identifiziert hatte. Tatsächlich handelte es sich dabei und Manny Frederics, den Leiter der kleinen wissenschaftlichen Station, nach deren Rechten man hier hatte sehen sollen.
Als die Gesellschaft auf einem Steg stehen blieb, war Frank zu weit weg, um verstehen zu können, was Manny vorne sagte. Entsetzt sah er, wie der Mann Yamin einen Stoß versetzte und der Halb-Betazoide schreiend ins Wasser fiel und auf der Stelle versank.
„Sie haben Yamin gefesselt in den Weiher geworfen! Holen Sie ihn sofort herauf!“ schrie Frank förmlich in den immer noch offenen Kanal, dann rannte er auf das Ende des Stegs zu, ständig Dorfbewohner auf Seite stoßend. Er nahm den Aufruhr, den das verursachte kaum noch wahr, dann war er bereits mit einem nicht zu übersehenden Platschen an der Stelle in den Weiher gesprungen, wo Yamin einige Sekunden vorher hineingefallen war.
„Wir haben Probleme Mr. Aurel zu erfassen.“ hörte Frank Lincoln die Stimme Lazarus aus seinem Kopfhörer. Frank tauchte so schnell er konnte, doch was brackige Wasser erlaubte nicht weit zu sehen. Wild drehte er sich um seine eigene Achse und suchte am Grund des Weihers nach Aurel. Nach einer Zeit, die ihm selber wie eine Ewigkeit vorkam entdeckte er aufsteigende Luftblasen. Frank tauchte eilig in die Richtung, aus der sie kamen.
Er musste suchen, doch schließlich erreichte er Aurel. Er schlang die Arme um den Mann und rief: „Ich habe ihn. Notfalltransport direkt auf die Krankenstation. Erfassen Sie mein Signal!“ Kaum hatte er zuende gesprochen fand er sich auch schon in der vertrauten Umgebung der Krankenstation wieder. Er ließ Aurel los und beeilte sich, dem medizinischen Personal aus dem Weg zu gehen.
Frank Lincoln setzte seinen Helm ab und sah entsetzt zu, wie Lt. Heathcliff verzweifelt um Yamin Aurels Leben kämpfte. Nach einer Zeit, die wie eine Ewigkeit schien schloss die Frau die Augen und brachte zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor: „Krankenstation an Brücke. Wir konnten Lt. Aurel leider nicht retten.“ Die junge Frau vermerkte als Todeszeit 7.50 Uhr Bordzeit.
Frank Lincoln machte Anstalten seinen Helm wieder aufzusetzen um auf den Planeten zurückzukehren. Catherine hielt ihn mit einem „Warten Sie!“ zurück. Der stellvertretende Sicherheitschef sah sie fragend an. Er hatte keine Zeit zu verlieren. Er musste verhindern, dass die drei Frauen das gleiche Schicksal erlitten. Schon bald würde die Meute wieder in den Wald aufbrechen um sich ein neues Opfer zu holen.
Catherine eilte zu einem der Schränke hinüber und kam bald darauf mit einem Hypospray zurück. Sie hielt es an seinen Hals und injizierte ihm die darin enthaltene, grünliche Substanz. „Das hier wird Sie zuverlässig mindestens 10 Stunden vor den schädlichen Wirkungen der Atmosphäre schützen.“
Frank Lincoln nickte, dann verließ er die Krankenstation. Er drückte auf den unter dem Anzug verborgenen Kommunikator. „Lincoln an Brücke. Ich wurde gerade von Lt. Heathcliff mit dem Gegenmittel geimpft. Ich ziehe mir schnell den Schutzanzug aus und die passende Kleidung an, dann kehre ich auf den Planeten zurück.“ gab er an. Umgehend erklang Lazarus Antwort aus dem kleinen Gerät. „Machen Sie es so!“ erteilte der Doktor seine Zustimmung.
Falyn McCrae schlich sich beinahe lautlos an seine Beute an. Näher und näher kam er der Frau, die ums Dorf herumschlich. Seeta hatte sich Sorgen um ihre Schwester gemacht, die heute Nachmittag krank geworden war. Sie brauchte dringend Werkzeug um die Reparatur des Daches zu beenden. Sie wäre niemals freiwillig in die Nähe des Dorfes gegangen, aber ihre Sorge um Zhabia war zu groß. Seeta kannte die Pflanzen des Waldes nicht gut genug, um eine Medizin für ihre Schwester zusammenstellen zu können. Und so wollte sie wenigstens verhindern, dass heute nacht der Regen auf sie tropfte und ihre Krankheit verschlimmerte.
Ihre Sorge hatte sie blind für die Gefahr gemacht und sie machte sie auch taub für die Gefahr, die sich von hinten näherte. Falyn hatte die Entfernung zwischen ihnen inzwischen beinahe überbrückt. Zwei Meter, ein Meter. Dann stürzte er vorwärts und brachte die Frau vor sich zu Fall.
Diese jedoch erwies sich als zäh. Sie drehte sich schnell auf den Rücken und trat ihm mit ihrem Fuß in den Bauch, als er sich auf sie stürzen wollte. Falyn taumelte zurück, was die kleine Frau dazu nutzte sich wieder aufzurichten und die Flucht anzutreten.
Lange hielt der Tritt in den Magen den Alderaaner jedoch nicht auf. Er schnellte wieder hoch und setzte der jungen Frau nach und versuchte, sie in die Enge zu treiben. Er schaffte es, ihr den Rückweg in den tieferen Wald abzuschneiden und wieder in Richtung auf das Dorf zu treiben.
Wie ein Hase wich die Frau ihm immer wieder aus, wenn er glaubte sie zu haben und tauchte wieder in einem unerwarteten Winkel um einen Baum herum aus seinem Zugriff weg. Verzweifelt versuchte sie um ihn herum in den Wald zu fliehen, aber er verhinderte das so gekonnt, dass ihr schließlich keine andere Möglichkeit blieb, als aus dem Dickicht heraus ins Dorf zu flüchten.
Das Dorf war verwaist bis auf einen Fremden mit rotem Haar, der gerade aus einer anderen Richtung die ersten Hütten passierte. Als Seeta Yadeel über den Dorfplatz dicht gefolgt von Falyn McCrae über den Dorfplatz an ihm vorbeihetzte, ließ Frank Lincoln sich nicht lange bitten und folgte beiden im vollen Lauf. Beide nahmen ihn nicht zur Kenntnis, so waren sie auf Flucht und Verfolgung fixiert.
Falyn McCrae war verärgert, dass die kleine Hexe ihm wieder und wieder mit einer unerwarteten Richtungsänderung entkam. Als sie schließlich gezwungen war in eine Scheune zu fliehen, wusste er, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis er sie endlich haben würde.
Falyn blieb an der Tür stehen und blickte vorsichtig ins Dunkle der Scheune. Hier drin war es schummerig und er hatte Probleme, seine Augen an das Innere anzupassen.
Nicht so Seeta, deren Augen dazu geschaffen waren im Dunklen genau wahrzunehmen, was vorging. Sie hatte sich sehr schnell zurechtgefunden, sich eine an der Wand lehnende Mistgabel genommen und stand nun mit dem Stil erhoben in einer versteckten Ecke. Sie konnte dem Mann nicht entkommen und sie konnte ihn keinesfalls im offenen Kampf besiegen. Alles, was ihr blieb, war, ihn mit dem stumpfen Ende des landwirtschaftlichen Geräts niederzuschlagen und dann wieder in den Wald zurückzukehren.
Falyn kam ihrem Versteck näher und trat daran vorbei. So leise, wie sie konnte, verließ Seeta ihren Schlupfwinkel und baute sich hinter ihm auf. Sie fluchte leise, als sie auf einen herumliegenden Ast trat, der knackend unter ihrem Fuß zerbrach.
Sofort ließ sie den Stil der Mistgabel heruntersausen, Falyns geschärfte Reflexe hatten es ihm jedoch erlaubt, sich schnell genug aus ihrer Reichweite zu bringen. In seinen Augen flackerte tödliche Wut auf. Die kleine Frau hatte es doch tatsächlich gewagt, ihm etwas antun zu wollen.
Blitzschnell schoss er auf sie zu, als sie die Mistgabel erneut über ihren Kopf hob, um einen erneuten Versuch zu übernehmen, ihm damit einen Schlag zu versetzen. Dieses mal hatte sie damit ausgeholt wie mit einem Schwert.
Er fing den Schlag ab, indem er zur Seite tauchte und mit beiden Händen den Holzstil fest umschloss. Er stieß die Mistgabel in einer gewaltsamen Bewegung nach vorne, die eine weniger flinke Person unweigerlich aufgespießt hätte.
Nicht so dieses Häschen, das den Stiel losließ und sich mit einem flinken Sprung zur Seite in Sicherheit brachte. Wütend schleuderte er die Mistgabel in die Ecke und stürzte sich auf sie. Zielstrebig drängte er sie in eine Ecke und hatte sie schließlich dort, wo er sie jetzt haben wollte, mit dem Rücken zur Wand.
Mit einem Lächeln hob er seine Hände zu ihrer Kehle. Diese Frau hatte es ihm schwieriger gemacht als irgendjemand sonst zuvor sich fangen zu lassen. Er kam jedoch nicht dazu zuzudrücken, da sie ihm einen Tritt in Regionen versetzte, der bei jedem Boxkampf zur Disqualifikation geführt hätte. Stöhnend ließ er sich auf den Boden fallen.
Sie rannte an ihm vorbei, doch seine Wut ließ ihn für den Schmerz, den er empfand taub werden. Er bekam ihren linken Knöchel zu greifen und bremste so ihren vollen Lauf. Schmerzhaft prallte Seeta auf den Boden, aber auch sie ließ sich davon nicht lange aus dem Gleichgewicht bringen. Sie trat seine Hand weg und versuchte sich wieder aufzurichten.
Aber er war bereits wieder auf den Beinen. Mit wutverzerrtem Gesicht griff er an seinen Gürtel, nach seiner Muskete, wo sie geladen steckte. Grauen trat auf ihr Gesicht, als sie sah, wie er die tödliche Waffe zückte und sie auf sie richtete. Verzweifelt krabbelte sie rückwärts weg von ihm, doch er folgte ihr, die Waffe auf sie gerichtet. Sie fühlte, wie ihre Finger auf Holz trafen. Sie ergriff es, und richtete die Forken der Mistgabel, die ihr um ein Haar zum Verhängnis geworden waren auf ihren Angreifer. Falyn konnte den Schwung seiner Bewegung nicht mehr aufhalten. Er fühlte, sie die rostigen Zacken in seinen Brustkorb eindrangen. Er verstand, dass ein Zinken an den Rippen vorbei in sein Herz eindrang. Entsetzen packte ihn und in einer letzten Anstrengung feuerte er auf sie.
Frank Lincoln sah verzweifelt zu, wie zum zweiten Mal an diesem Tage ein Crewkamerad vor seinen Augen dem Tode ausgesetzt war. Er hatte nicht rechtzeitig in den Kampf der beiden eingreifen können. Jetzt, als er zu seinem Chef eilen wollte, um ihn wie auch Yamin zuvor auf die Krankenstation zu bringen, sah er sich unvermittelt einer Frau mit einer Mistgabel in der Hand gegenüber, die sie drohend vor sich hielt. Die Kleidung an ihrer rechten Schulter war von Blut getränkt. Frank hob die Hände und sagte beruhigend: „Ich will Ihnen nichts tun. Ich muss sehen, ob er noch lebt.“
Sie wich nicht von der Stelle, als er langsam näher kam, zog sie sich jedoch mit einem leisen Stöhnen des Schmerzes an die Rückwand der Scheune zurück. Frank stürzte zu Falyn McCrae und nahm mit Grauen war, dass seine Augen gebrochen und leblos waren.
Er aktivierte seinen Kommunikator und wandte sich an Seeta. „Lt. Yadeel, Sie kommen jetzt mit mir.“ bestimmte er. Sie schüttelte mit dem Kopf. Schnell zog Lincoln unter seinem Mantel einen Phaser heraus und schoss damit auf sie, bevor sie eine Chance hatte aus dem Weg zu gehen. Augenblicklich brach sie dort, wo sie stand zusammen. Lincoln zog sie zu McCrae herüber und sagte in den geöffneten Com-Kanal: „Notfalltransport auf die Krankenstation, drei Personen zum beamen.“ Damit verschwanden alle drei von Varadan IV.
Stumm saß Seeta Yadeel auf einem Biobett der Krankenstation. Sie spürte die schmerzende Schulter kaum noch, nachdem eine Schwester die Wunde versorgt hatte. Als sie zu sich gekommen war, war ihr schwindlig gewesen. Aber sie hatte sich wieder an alles erinnert. Wer sie war, woher sie kam, was sie auf Varadan IV getan hatte. Auch die Erinnerungen an die Ereignisse auf dem Planeten waren noch da. Sie hatte Dr. Lazarus, der sie bereits auf der Krankenstation aufgesucht hatte, auf einer Karte den Aufenthaltsort von Counselor Velain und Captain Needa gezeigt. Sie hatte gebeten, dass die Delvianerin schnell an Bord gebracht wurde, weil diese für sie unverträgliche pflanzliche Nahrung zu sich genommen hatte. Jetzt, wo sie ihr Gedächtnis zurückhatte, wusste sie genau, warum die Counselor nach dem Genuss der Suppe krank geworden war.
Lazarus hatte sie informiert, dass Needa mit einem zweiten Team auf den Planeten gebeamt war, nachdem das Team bestehend aus ihr selber, der Counselor und Commander Summers sich nicht zurückgemeldet hatte. Dabei waren auch Needa, McCrae und Dr. Maddigan verschwunden.
Wie sie inzwischen von Catherine Heathcliff gehört hatte, war auch Yamin Aurel nicht mit dem Leben davongekommen. Dieser Routineauftrag hatte sich als alles andere als Routine herausgestellt. Sie hoffte inständig, dass für Counselor Velain die Hilfe noch rechtzeitig kam.
Seeta schluckte. Sie hatte noch niemals jemanden getötet, und nun hatte sie den Tod eines Crewkollegen zu verantworten. Sie fühlte sich entsetzlich. Dr. Lazarus Bemerkung, sie würde sich vor einem Gericht für den Tod Mr. McCraes verantworten müssen, hatte auch nicht dazu beigetragen ihre Stimmung zu heben. Catherine Heathcliff hatte sie sofort in Schutz genommen, sie wäre für ihre Taten nicht verantwortlich gewesen, hatte da nicht wirklich geholfen. Aber hätte sie nicht mit der Mistgabel zugestochen, so wäre sie jetzt tot.
Als Tränen in ihre Augen schossen zog sie die Knie an und legte den Kopf darauf.
Einige Stunden später befanden sich alle noch fehlenden Mitglieder der Außenteams sowie die vermissten Wissenschaftler sicher an Bord der Katana. Es war Frank Lincoln gelungen sämtliche fehlenden Mitglieder des Außenteams mit beinahe unsichtbaren Transportsignalgebern zu versehen. Auch für Counselor Velain war es knapp gewesen, aber Catherine Heathcliff war es gelungen, das verheerende Fieber in ihrem Körper zu bekämpfen. Die Delvianerin befand sich auf dem Wege der Besserung.
Nun war die Katana bereit den Orbit des Planeten zu verlassen, wäre da nicht noch ein Treffen mit einem Frachter abzuwarten. Lazarus, der noch immer das Kommando inne hatte, da weder Needa noch Summers von der Krankenstation entlassen waren, hatte beschlossen, dem Frachter die sterblichen Überreste von Aurel und McCrae mitzugeben, damit diese zu ihren Familien kamen.
Der Blick des Wissenschaftlers lag nachdenklich auf dem Planeten. Er hatte gerade seinen Bericht im Computer abgelegt und wollte noch einige Momente reflektieren, bevor er heim zu seiner Frau ging. Er stellte sich nicht zum ersten Mal, ob das Drama, das hier stattgefunden hatte, hätte verhindert werden können. Wieder fand er keine Antwort auf die Frage.
Entschlossen schob der Tev’Mekanier die Frage endgültig beiseite. Dann trat er vor die Türen des Bereitschaftsraums, die sich wie nicht anders zu erwarten öffneten. „Computer, Licht aus!“ kommandierte er. Wunschgemäß verlöschten die Lichter. Lazarus verließ den Raum und als sich die Türen hinter ihm schlossen blieb der Bereitschaftsraum still und dunkel zurück.