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Dein Nemesis

From PathfinderWiki

Dein Nemesis
Autor: Ariell Needa
Anfangssternzeit: 55286.18
Endsternzeit: 55286.52
Anfangsdatum: 15.04.2378 (11:00 Uhr)
Enddatum: 15.04.2378 (14:00 Uhr)


Es kostete Marc DeSar unglaubliche Kraft, sich vom Boden der Offiziersmesse hoch und in eine aufrechte Position zu stemmen. Unter dem Schwindel in seinem Kopf taumelte er einen Moment lang, bevor es ihm gelang endgültig wieder die Kontrolle über alle motorischen Funktionen seines Körpers zu erlangen. Als er sich sicher war haltlos stehen zu können, sah er an sich herunter, nach offensichtlichen Verletzungen suchend. Doch die verschiedenen Schmerzpunkte rührten bloß von Prellungen und kleineren Schürfwunden, die er sich beim Fall zugezogen hatte. Die einzig erstzunehmende Wunde befand sich an seiner Stirn, mit der er zuvor hart gegen eine Tischkante gestoßen war. Nichts jedoch, was ihn wirklich beunruhigte, bis auf leichte Benommenheit die ihn umschwelgte.

...Es ist der Lärm der Besatzung und das Kreischen von berstendem Metall, der sich endlos durch das Schiff zu ziehen scheint. Kinder, Mütter, Väter, Brüder, Nachbarn...Alle laufen in wilder Panik durch das Schiff und suchen Halt an den glatten Schiffswänden. Laufen durch die Flure oder sitzen verängstigt auf den Böden. Es ist die Angst, die sie schließlich zum Schweigen bringt. Nur ein einziger Klagelaut tönt durch die vollen Korridore, im Einklang mit dem Schiff. Wir werden alle sterben...(Laslo Inkar)

Erneut ging ein gewaltiger Ruck durch das Schiff, dass sich nach seinem Gefühl in eine bedrohliche Schräglage senkte.

Ohne viel darüber nachzudenken ließ sich Marc auf den nächsten Stuhl plumpsen und blieb dort, an einen Tisch geklammert sitzen, bis die Erschütterung aufgehört hatte.

Minuten lang hielt das Beben an, bevor es wieder abebbte und das Schiff in eine ruhige Position entließ.

Erst jetzt, nachdem Marc etliche Sekunden hatte verstreichen lassen, begann er sich in der leeren Offiziermesse umzusehen. Nichts. Er war allein. Ausnahmsweise, denn für gewöhnlich herrschte hier sonst viel Betrieb. Wegen der Evakuierung waren jedoch alle im Dauereinsatz und weniger mit Essen beschäftigt. ...Im Bauch dieses Schiffes herrscht mehr Chaos als auf Xhafa. Werden die uns retten können? Warum kommt niemand und hilft uns? Bachar sieht schon ganz blass aus. Er fürchtet sich. Diese Offiziere scheinen selbst nicht zu wissen, was passiert. Du blutest. Ob es einen Arzt gibt? Ich glaube nicht, dass wir hier wirklich in Sicherheit sind. Aber das haben sie uns versprochen...(Rakir Midor)

Marc war bis zur Explosion, denn dass musste die Erschütterung seiner Ansicht nach gewesen sein, zwölf endlose Stunden mit dem Shuttle unterwegs gewesen. Er wusste gar nicht mehr genau, wie viele Flüchtlingsgesichter er gesehen hatte, wie oft er die Strecke eigentlich geflogen war. Letztendlich war er zu erschöpft gewesen, um sich noch wirklich Gedanken darüber zu machen. Und nun? Wieder wanderte sein Blick durch die Offiziersmesse. Tassen, Teller, Besteck, alles hatte seinen Weg auf den Boden gefunden, war teilweise zerbrochen und bedeckte den grauen Teppich wie ein bizarres Muster.

...Es wird jemand kommen und uns helfen. Irgendjemand wird kommen. Man lässt uns nicht allein. Ganz bestimmt nicht. Sie sind mächtig. Mächtiger als wir. Bestimmt. Es wird nicht lange dauern. Wenn wir nur ruhig sind. Viele sind auf diesem Schiff. Hab Geduld. Sie werden uns finden. Wenn wir nur ruhig sind...(Borinar Kaldor)

Irgendetwas musste passiert sein! Jetzt wo er den Schmutz und die Scherben sah, drang erst bis in sein Bewusstsein vor, dass dem Schiff etwas Gefährliches zugestoßen sein musste. Die Besatzung, die Menschen auf dem Schiff mussten in Panik sein, oder zumindest aufgeregt. Sicherlich herrschte ein reges Durcheinander auf der gesamten Katana und man benötigte irgendwo seine Hilfe. Ohne den Gedanken wirklich zuende zu denken sprang er von seinem Stuhl auf und eilte zur Tür. Er musste so schnell wie möglich zum Rest seines Teams.


Marina DeSoto flog quasi über ihre Konsole, als die Erschütterung mit ihrer ganzen Wucht durch das Schiff zog und sie mit aller Kraft erwischte. Verwirrt kroch die zierliche Frau hinter der Konsolenverkleidung vor, darauf bedacht den Trümmern und Deckenverkleidungen auszuweichen, die innerhalb weniger Sekunden aus allen möglichen Richtungen hervorgesprengt waren.

Das ehemals strahlend majestätische Schiff schien plötzlich nur noch aus Pappe zu bestehen. Gerade als sie ihren Platz wieder erreichte, zog die zweite Erschütterung durch das Schiff, nicht ganz so stark wie die erste, aber intensiv genug, um sie taumeln zu lassen.

Es erschien Marina wie ein Wunder, das der Captain, aus dem Nichts aufgetaucht, plötzlich mit ernster Mine neben ihr stand und mit einem ernsten Gesicht auf ihre Konsole schaute.

“Was war das?“ Fragte sie in erstaunlich ruhiger Art.

“Einer unsere Deuteriumtanks.“ Antwortete der Fähnrich nach einem kurzen Check. „Jedenfalls vermute ich das.“ Ohne sich groß von den heulenden Sirenen ablenken zu lassen, oder von der Präsenz des Captains in ihrem Rücken, ließ sie weiter die Finger über die Konsolen huschen.

“Vermuten?“ Hackte Needa nach.

“Ich bekomme widersprüchliche Werte. Die Sekundärsysteme sind fast vollständig ausgefallen, lediglich Notsysteme und ein kleiner Teil der Primärsysteme funktionieren noch.“ Sie sah weiter auf die Anzeigen.

“Die erste Explosion war auf Shuttlerampe zwei, etwa dreißig Minuten später folgten Explosion zwei und drei zeitverzögert. Der zunächst angenommene Schaden war sicherlich größer.“ Im Kopf addierte sie die folgenden Zahlenkolonnen und reduzierte diese um die unwahrscheinlichen Daten ihrer Anzeige.

“Das Ausmaß muss sogar viel größer gewesen sein.“

“Wie groß?“ Immer noch war die Stimme des Captains ruhig, jedoch nicht gelassen. “Die letzte Meldung war die Explosion eines Shuttles, Danube Typ. Auch wenn wir nicht wissen, was genau diese verursacht hat, so reicht die Plasmamenge des Shuttles aus um die anliegenden Decks zu beschädigen.“

Ungehalten zog Needa die Stirn in Falten. „Viele Quartiere befinden sich auf den angrenzenden Decks.“

“Und nicht nur das.“ Führte Marina die Überlegung fort „Der Hauptcomputerkern ist ebenfalls auf Deck neun. Wenn wir Pech haben, hat dieser ebenfalls unter der Explosion gelitten.“

Andreas Summers gesellte sich zu den beiden Frauen und warf ebenso wie der Captain einen nachdenklichen Blick auf die Konsole der OPS.

“Wir haben einen ungewöhnlich hohen Energieanstieg auf den Decks zehn bis sechzehn. Woher?“ Er deutete auf die aufleuchtende Spur, die sich durch das dargestellte Skelett der Katana zog.

Das überhitzte Gesicht des Fähnrichs nahm einen aschfahlen Ton an. „Eine der Jeffreisröhren brennt.“


Kell stand am hinteren Ende der Bounty und überprüfte kritisch die Anzeigen des Medo-Tricorders. „Ich fürchte das Bein ist gebrochen.“ Sagte er schlicht.

Yamin lehnte mit Schweißtropfen auf der Stirn an der Shuttlewand und ballte seine Hände zu Fäusten. „Das bezweifle ich nicht.“ Presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

“Können wir denn irgendwas für ihn tun?“ Letitia, die um einiges größer als der Asgard war, warf einen ebenso interessierten wie besorgten Blick auf den Trill. Zusammen mit 12 weiteren Flüchtlingen war die Xhafarianerin an Bord der Katana gekommen, in einem der Shuttles die Yamin Aurel geflogen hatte. Jetzt strahlte sie ihn aus blaugrauen Augen an, ein sanftes Lächeln auf den Lippen.

“Wir müssen das Bein schienen. Ich habe bemerkt, dass die Kommunikation ausgefallen ist. Es wird also dauern, bis Hilfe kommt.“ Erklärte der Asgard sachlich. „Wir sollten etwas suchen, damit wir das Bein ruhig stellen können.“

Sofort begann die Xhafarianerin sich nach etwas passendem umzusehen und durchstreifte die verwüstete Shuttlerampe.

“Ob ich sie nach dem hier zum Essen einladen kann?“ Fragte Yamin, nachdem er der jungen Frau mit den Augen gefolgt war. Es machte nicht viel Sinn den Navigator nach diesen Belangen zu fragen, da er nicht wirklich davon überzeugt war, dass der kleine Asgard etwas von weiblichen Reizen verstand, jedoch lenkte ihn gerade diese Konversation von den gehörigen Schmerzen in seinem Oberschenkel ab.

“Das wäre jetzt meine letzte Sorge.“ Gab Kell zurück und dreht sich mit dem Tricorder langsam um die eigene Achse.

“Knochen wachsen wieder zusammen und ich werde schon nicht daran sterben.“ Obwohl er sich dessen nicht wirklich sicher war. Der Lieutenant nickte trotzdem mit dem Kopf. „Das ist richtig. Ihre Verletzung hat keine innere Blutung ausgelöst. Viel Schlimmer ist das dort.“ Mit seinem schlanken langen Finger zeigte der Asgard auf eine unscheinbare graue Verkleidungsplatte des Hangars.

“Eine Wand?“ Aurel sah verständnislos in die angegeben Richtung.

Wieder nickte der Navigator. „Ich registriere hinter der Wand einen schnellen Temperatur anstieg. Ein Plasmafeuer.“


Daniel Harder umfasste die Taille Maggie Kincaids noch ein Stück fester und zog sie mit sich zum nächsten Turboliftschacht. Ein lautes Husten entrang sich seiner Brust, als ihm der beißende Rauch in die Nase stieg. „Yadeel!“ Schrie er über die dröhnende Sirene hinweg, gefolgt von erneutem husten, dass ihm von irgendwo aus den Rauchschwaden zu antworten schien.

”Griffith! Verflucht! Raus da! Sofort!“ Seeta hielt sich einen Moment an der Glasfront ihres Büros fest und hustete aus vollem Leibe. „Melanie!“ Mit tränenden Augen versuchte sie etwas in den beißenden Wolken zu erkennen. „Mel...!“ Ein Hustenanfall erfasste sie und zwang sie fast in die Knie. „Melanie....Verflucht!“ Mit gesenktem Kopf schloss sie die Augen, eine Hand schützend vor den Mund haltend. „Griffith!“ Flüsterte sie leise, mehr ihrer Stimme nicht mehr abringen könnend. Aus der Dunkelheit griff plötzlich eine Hand nach ihr und zog sie von der Glasfront weg und mit sich. Blind stolperte die Zanderianerin hinter dem Schatten her. „Griffith!“ Wiederholte Seeta noch einmal.

“Ich bin hier Chef!“ Melanie umfasste das Handgelenk der Ingenieurin noch fester und zog sie weiter zu dem Turbolift, an welchem Daniel Harder bereits wartete. „Wir müssen diesen Bereich abschotten Chef. Das Feuer breitet sich sonst weiter aus.“

Melanies Stimme klang seltsam hohl, wie Seeta fand, trotz der Tatsache, das sie jetzt wenigstens wusste, wer mit ihr sprach, konnte sie trotzdem immer noch nur einen Schatten vor sich erkennen, der sich schnell und sicher durch den Hauptmaschinenraum bewegte.

“Der Turbolift funktioniert nicht!“ Rief Harder ihr schon von weitem entgegen, immer noch die bewusstlose Maggie Kincaid im Arm haltend.

“Was ist mit den anderen?“ – „Über den hinteren Turbolift raus.“ – „Über den wir jetzt ja kaum rauskönnen.“ Ein Kurzschluss im Hauptsystemmonitor (Anm. d. Autors: Das ist der Tisch im Maschinenraum.) Hatte für einen regelrechten Funkenregen gesorgt, der dem Plasmafeuer am Ende des Kühltanks neue Nahrung gab und bei der Ausbreitung half, der Weg zum anderen Lift war damit abgeschnitten worden.

Melanie zog die schwere Atemmaske von ihrem Gesicht und reichte sie zuerst Seeta und dann Daniel. Nach einigem Zögern drehte sich der Chief um und öffnete die Tür zum EPS-Siegel-Ventiel. Kurzerhand schob sie die Chefingenieurin in den langgezogenen Raum und half anschließend Harder Maggie vorsichtig durch die Tür zu traktieren.


Mit einem letzten Aufbäumen seiner inneren Kräfte zog Andreas sich durch die Öffnung des Turboliftschachtes auf den dunklen Flur. Das Unternehmen gestaltet sich schon allein deswegen schwierig, weil sich die Tür, anstatt zur vollen Breite nur ein Stück weit geöffnet hatte und der Commander nun seinen gesamten Torso durch die schmale Öffnung zwängen musste. Der Turbolift hatte sich zwar wie gewünscht seine Fahrt aufgenommen, jedoch abrupt auf Deck sieben angehalten. Sechs Decks von seinem eigentlich Ziel entfernt. Mit einem leichten Keuchen setzte er sich auf den Flurboden und warf einen Blick in alle Richtungen. Die nächste Möglichkeit bestand darin eine der Jeffreisröhren zu benutzen und zu Fuß zu gehen. Er scheute nicht den langen Weg, jedoch hatte DeSoto davon gesprochen, dass eine der Jeffreisröhren brannte. Wenn nun ausgerechnet die in Flammen stand, durch welche er kroch? Untenschloßen lehnte er noch einen Augenblick mit dem Rücken zur Wand. Er hatte nicht große Lust genau in die tödliche Umarmung eines Plasmafeuers zu kriechen. Immer noch um Luft ringen stand er auf und setzte seinen Weg zum Heck des Schiffes fort. Er musste versuchen die Bereiche zu umgehen, in denen ein mögliches Feuer wütete.


Ariell hatte sich mit Marina vor die geöffnete Wandverkleidung der Technikerkonsole gehockt und steckte akribisch zwei Reihen isolinerarer Chips um.

“Sind Sie sicher, dass das funktionieren wird?“ Der Fähnrich machte ein besorgtes Gesicht, während sie die flinken Hände des Captains ansah.

“Auch wenn ich in meinen Technikstunden grundsätzlich geschlafen habe. Im Überbrücken von Sicherheitsprotokollen bin ich recht gut.“ Needa rang sich ein leichtes Lächeln ab, als die Konsole wieder zuverlässig zu blinken begann und das typische Klickgeräusch von sich gab, als sie den letzten Chip umsteckte.

“Was haben Sie jetzt gemacht?“

“Die Hauptenergie der Waffensysteme angezapft. Mc Crae würde mich dafür sicherlich ins Exil schicken, aber so haben wir erst mal eine Arbeitsgrundlage.“ Sie zog eine der EPS-Leitungen aus dem Gehäuse und verband diese mit einem der Gelpacks. „Der nächste Teil wird schwieriger.“ Versicherte sie der erstaunten DeSoto.

Sie traute sich kaum zu frage, tat es dann aber doch. „Und der ist?“

“Sprache. Wir müssen unbedingt eine Möglichkeit finden sowohl die interne als auch die externe Kommunikation wieder herzustellen. Nur so finden wir raus, welche Schäden auf dem Schiff sind, wie viele verletzt sind und wie viele an der Reparatur arbeiten.“ Marina machte ein ungläubiges Gesicht. „Sie denken, dass die Crew bereits mit der Reparatur begonnen hat?“

Überrascht zog Ariell den Kopf aus der Wandöffnung. Ein angestrengtes Mustern lag auf ihren angespannten Gesichtszügen und ein gewisser Zweifel, der aus ihren Augen funkelte.

“Wir reparieren das Schiff doch auch, oder?“ Es war weniger eine Frage, als eine Feststellung. „Davon abgesehen, dass ich die Besatzung dieses Schiffes für diszipliniert genug halte, um den entstanden Schaden so schnell wie möglich wieder zu beheben, - was sie tun wird – bleibt uns überhaupt keine andere Wahl. Die Sonne Xhafas wird sich in dreißig Stunden in eine Nova verwandeln, und wir sind praktisch von der Außenwelt abgeschnitten. Ich weiß nicht wie lange es dauern wird, bis jemand da draußen feststellt, was mit uns passiert ist und wie schnell uns Hilfe erreichen wird. Sicher ist aber, dass wir uns im Moment allein überlassen sind und wir in dreißig Stunden den Orbit Xhafas verlassen haben sollte.“

Crewman Hillary hob angestrengt seinen Kopf „Laut dem letzten Zeitplan sind noch zwölf Shuttles unterwegs. Ebenso wie das Elite Force Team von Lieutenant Tannier.“

Needa nickte. Sie hatte so etwas befürchtet. Selbst im Notfall, wenn sie das Schiff verlassen mussten – sei es wegen der Nova oder eines Warpkernbruchs – standen ihnen nicht mal die Mittel zu einer Evakuierung zur Verfügung. „Wie viele Flüchtlinge befinden sich derzeit an Bord?“ Zuerst der Planet, den sie nicht leer bekamen und jetzt das Schiff. Die Mission schien verflucht.

“1.856 Flüchtige Xhafaner.“


Es war ein Lichtstrahl der Falyn aus seinem Dämmerzustand riss und ihn langsam in die Wirklichkeit zurückholte. Über ihm erstreckte sich die Decke mit der medizinischen Sensoreinheit, die er erst letzte Woche nach seinem Training gesehen hatte. Ebenso vertraut kam ihm der Schmerz in seiner Schläfe und dem Kiefer vor. Vorsichtig leckte er sich über die blutende Lippe, die bereits leicht zu schwellen begann.

„Wach?“ Es war ein lautes Poltern, dass von seiner Rechten her kam. Behutsam, um den Schmerz nicht noch herauszufordern drehte er den Kopf zu Seite um die Quelle des Lärms ausmachen zu können. Der Xhafaner trug ein breites Grinsen, wie eine Standarte auf seinem Gesicht. Lässig hatte er sich auf einen Stuhl gesetzt und kippelte mit diesem auf zwei Beinen. Die zuvor dreckige Gefangenkluft hatte er durch ein grünes Hemd mit auffälligen Manschetten ersetzt. Jolinar, der Falyns musternden Blick verfolgte, grinste noch breiter, auch wenn das kaum möglich war. Zufrieden breitete er die Arme ein bisschen auseinander, damit ihn der Sicherheitschef in besseren Augenschein nehmen konnte.

“Gefälltes dir? Deine Leute haben einen guten Geschmack.“

Falyn kniff die Augen ein Stück weit zusammen und fixierte den Xhafaner.

“Ich hoffe für Sie, dass Sie niemandem etwas angetan haben, sonst überleben Sie den heutigen Tag nicht!“ Knurrte Falyn drohend.

Unbeeindruckt kippelte Jolinar weiter auf seinem Stuhl.

“Aber, aber! Sie dich nur an! Derjenige, der den heutige Tag nicht überleben wird bist du!“ Amüsiert deutet er auf das Bett, auf welchem Falyn lag. Wohl oder Übel, der Xhafaner hatte gute Arbeit geleistet und Mc Crae mit geschickten Handgriffen an das Medobett gefesselt. Er ließ seinen Blick noch ein Stück weiter gleiten und erreichte schließlich die Tür und deren Bezeichnung.

“Wir sind auf der Erste-Hilfe Station?“ Vergewisserte sich Falyn.

“Japp! Und das ist ein wirklich lauschiges Plätzchen, findest du nicht? Auf den anderen Decks war mir zu viel los, also dachte ich, wir bleiben erst mal hier, bis ich abgeholt werde.“ Er brachte seinen Stuhl zum stehen und in seinen Augen blitzte es auf. „Bis dahin haben wir noch eine Menge Spaß.“


“Ich frage mich, wie wir hier wieder rauskommen sollen.“ Daniel Harder kümmerte sich weiterhin um die bewusstlose Maggie Kincaid, die unmittelbar neben ihm auf dem Boden lag und verwickelte sich und Melanie erneut in ein Zwiegespräch ihre Lage betreffend. „Durch die Wand.“ Erklärte diese optimistisch und machte sich bereits daran eines der Verkleidungselemente abzutrennen. „Weißt du, wie viele Verteilerleitungen hinter so einer Wandverkleidung liegen?“

“Genug um eine Kompanie Borg glücklich zu machen. Sei nicht so pessimistisch Daniel, wir werden das schon schaffen.“

“Und wie stellst du dir das vor?“ Harder warf ihr einen ärgerlichen Blick zu. “In dem wir ein EPS-Leitung sprengen. Die dabei entstehende Energie wird ausreichen um uns den Weg zum nächsten Korridor frei zuräumen.“

“Oder um uns umzubringen. Hast du den Verstand verloren?“

“Hast du eine bessere Idee?“ Fauchte Melanie trotzig zurück und hantierte weiter an den Leitungen die zum Vorschein kamen.

Harder machte eine wegwerfende Geste und überließ Maggie einen Moment lang sich selbst um Griffith zu helfen. Im Vorbeigehen betrachtete er Seeta, die auf dem Boden saß und sich offensichtlich von ihrer Atemlosigkeit erholt hatte.

“Lieutenant, Ihnen geht’s besser?“ Er lächelte erleichtert und nickte ihr aufmunternd zu. „Wir sollten Mel helfen, sonst sprengt sie sich noch selbst in die Luft.“

Seeta hatte ihren Blick ins Leere gerichtet und dreht nur langsam den Kopf in seine Richtung, weiterhin einen Punkt in der Ferne fixierend.

“Alles okay, Ma’am?“ Das anfängliche Lächeln verschwand aus seinem Gesicht und er stupste Griffith in die Seite, die sich ebenso erstaunt der Chefingenieurin zuwandte.

“Chef?“

“Ich bin blind.“


Tannier studierte den vor ihm liegenden Lageplan, während er mit dem linken Daumen die Handfläche seiner Rechten massierte. Auf seiner sonst sauberen und gebügelten Uniform lag der Staub von hundert Jahren, so schien es, und zum ersten Mal hatte T’Clea das Gefühl der Minbari wirke älter als sonst. Es war weder Sorge noch Angst, die sie in seinen Zügen fand. Aber der Ausdruck von Entschlossenheit und Ernst vertrieb die jugendliche Illusion für einen Moment.

“Wenn ich frei sprechen darf.“

Tannier blickte von dem Plan auf und sah die Vulkanierin an. „Bitte.“

“Es spielt keine Rolle wie lange wir über die vor uns liegende Mission nachdenken. Die Lage könnte schlechter nicht sein und wir werden es nicht schaffen den gesamten Planeten zu evakuieren. Die einzige Möglichkeit die uns bleibt, besteht darin, die verbleibenden Shuttles zu nehmen und so viele Flüchtlinge mit uns zu nehmen, wie wir transportieren können.“

Der Minbari nickte und sah wieder auf den Lageplan.

“Wir werden die Mendoza anfliegen.“ Sagte er entschlossen und schaltete das Display ab.


Persönliches Computerlogbuch des Captains, Sternezeit 2003100.9. Nach der Explosion im Shuttlehangar sind sowohl die primären als auch die sekundären Systeme größtenteils ausgefallen. Alle Senioroffiziere sind auf dem Schiff unterwegs, um die größten Schäden wieder zu beheben. Doktor Lazarus, Lieutenant Aurel und Lieutenant Widar sind mit der Aufgabe beschäftigt die Schäden in den angrenzenden Sektoren der Shuttlerampe zu prüfen und zu reparieren, während meine Chefingenieurin sich vom Hauptmaschinenraum aus einen Überblick über die Lage verschafft.

Needa machte eine kurze Pause und setzte sich in ihrem Stuhl aufrecht hin. Seit einer Stunde ist der Kontakt zu sämtlichen Sektionen abgebrochen. Es gab zwei Folgeexplosionen, die höchstwahrscheinlich von den Antimaterietanks der Shuttles stammten, die sich auf der Rampe zwei befanden. Vermutlich haben wir damit ein Feuer entfacht, dass sich allmählich durch das Schiff frist und weitere Schäden verursacht. Commander Summers ist bereits auf dem Weg, um das Feuerlöschsystem von Deck dreizehn aus, manuell zu bedienen, in mir erhärtet sich aber der Verdacht, dass das Turboliftsystem ebenfalls ausgefallen ist. Ich hoffe, dass er sein Ziel trotzdem rechtzeitig erreichen wird und Schlimmeres verhindert.

Ebenso große Sorgen mache ich mir um Crewman Hillary. Er hält sich tapfer, hat aber große Schmerzen. Die gebrochenen Rippen haben ihm einen der Lungenflügel durchstoßen. Wenn wir ihn nicht bald behandeln können, wird er an seinem eigenen Blut ersticken, nur wird er kaum den Weg bis zur Krankenstation schaffen.


Mit einem gewaltigen Tritt stieß Andreas die Luke zur Jeffreisröhre auf und kroch auf den Korridor, der sich vor ihm erstreckte. Augenblicklich hechtete er zu Seite und entging nur knapp der elektrischen Entladung, die kurz hinter ihm aufflammte und ebenso abrupt wie sie gekommen war wieder verschwand. Zurück blieb der grünliche Schimmer brennenden Plasmas, dass sich langsam an den inneren Wänden der Röhre weiter schlängelte und der der erste Offizier nur mit knapper Mühe entkommen war.

„Heilige Mutter Gottes.“ Flüsterte er und richtet sich zu seiner vollen Größe auf. Immerhin hatte er es jetzt bis Deck dreizehn geschafft. Knapp drei Korridore weiter befand sich der Kontrollraum der Löschsysteme und dieses alles verschlingende Feuer würde sich erledigt haben.


“Ich brauche mehr Licht.“ Das was Gollwyn Maddigan sonst an Ruhe weg hatte, hatte sich in dem Moment ins Nichts verflüchtigt, als die Stromversorgung sich aus- und die Notversorgung sich angeschaltet hatte. Es waren erst wenige Stunden seit Ausbruch des Chaos’ vergangen, doch Winnie kam es so vor als arbeitete er bereits seit Tagen, ohne geschlafen oder gegessen zu haben. Aus seiner Gelassenheit war mittlerweile Gereiztheit geworden, wütend auf sich selbst nicht mehr tun zu können. Viele der Verletzten hatten schwere Plasmaverbrennungen. So schlimm, dass er Gliedmaßen amputieren musste oder nur noch die Schmerzen lindern konnte. All dies erinnerte ihn an die endlosen Kriegsmonate, in denen die Ausmaße der Verwundeten ähnlich gewesen waren. Und plötzlich wurde ihm bewusst, wie wach diese Erinnerungen noch in ihm waren.

“Es tut so weh!“ Der Crewman klammerte sich an seine Uniform und schrie und wimmerte in einer unendlichen Folge halberstickter Laute. Über seine rechte Gesichthälfte zogen sich tiefe Fleischwunden, an deren Ränder sich Blasen gebildet hatten. Seine verbrannten Hände gruben sich tiefer in den schwarzen Stoff von Maddigans Medouniform und rissen ihn über das Bett.

“Lassen Sie mich los! Ich kann Ihnen nicht helfen. Sie müssen mich loslassen.“ Beschwichtigend sprach er auf den schreienden Mann an. „Helfen Sie mir!“ Es war ein Röcheln, dann erstarb seine Stimme und der eiserne Griff löste sich augenblicklich.

Ruckartig schnellte der Doktor zurück, als das Gewicht an seiner Brust so plötzlich nachließ. Der Crewman war tot. Ein weiterer Name auf einer langen Listen.

Maddigan schüttelte den Kopf und wandte sich dem nächsten Patienten zu, noch aus den Augenwinkeln bemerkend, dass sich die Tür zur Krankenstation erneut öffnete und einen Schwall Verletzter in die überfüllte Notaufnahme entließ.


Falyn schrie. Es war ein Reflex. Ungewollt und eine sehr typische Reaktion auf den plötzlichen Schmerz der durch seine Schulter zog. Mit Schweißperlen auf der Stirn rang der Sicherheitschef um seine Kontrolle, zuckte aber erneut zusammen, als Jolinar die medizinische Sonde in seiner Schulter nach rechts bog. Erneute Schmerzwellen brandeten in ihm auf und er tat sich schwer daran keinen Laut von sich zu geben.

“Wenn ich mit dir fertig bin, wirst du dir wünschen, du wärst auf mein Angebot eingegangen.“ Jolinar hatte sich tief zu Falyn heruntergebeugt und flüsterte ihm ins Ohr.

“Lecken Sie mich am Arsch!“ presste Mc Crae hervor und hätte dem Xhaferianer am liebsten ins Gesicht gespuckt.

Erneut drehte Jolinar die Sonde in Falyns Schulter, so dass dieser schrie und sich unter seinen Fesseln wandt.

“Wir werden noch viel Spaß haben.“


Mit zerwühlten Haaren, einem aufgerissenen Uniformärmel und etlicher blauer Flecken schob sich Livia McGregor die letzten Sprossen der Leiter hoch und entriegelte die Luke direkt über ihrem Kopf. „Wenn ich gewusst hätte, dass der Weg über sechs Decks so anstrengend werden würde, hätte ich ihn bestimmt nicht gemacht.“ Keck lächelnd stieg sie aus dem Noteinstig der sich im Rückwärtigen Teil der Brücke befand und strich sich nachlässig über ihre derangierte Frisur.

“Du liebe Güte, auf dem Schiff ist vielleicht was los.“

Erstaunt fuhren Marina und Ariell herum als sie die grinsende Counselor hinter sich bemerkten.

“Counselor McGregor?“ Riefen beide Frauen wie aus einem Mund und glaubten schon sie hätten eine Erscheinung vor sich stehen.

„Und nicht nur ich. Ich habe auch ein großes Medokit und liebe Grüße vom Doktor mitgebracht.“ Sie lachte noch immer, glücklich den beschwerlichen Weg endlich hinter sich gelassen zu haben. „Dr. Maddigan hat mich alle wichtigen Station abklappern lassen, damit wir niemanden vergessen oder übersehen, der es nicht zur Krankenstation schafft. Und jetzt bin auf der Brücke angekommen.“

“Wie sieht’s auf dem restlichen Schiff auf?“ Fragte der Captain ungeduldig, froh endlich jemanden zu haben, der ihr über den Zustand der Besatzung Auskunft geben konnte. Jetzt würde sich ihre weitere Vorgehensweise nicht länger auf Spekulationen stützen.

“Nun.“ Livia stellte den großen Koffer neben sich ab und ließ sich auf den Captainschair fallen. „Wir haben zahlreiche Verletzte auf dem ganzen Schiff. Es gibt kaum jemanden, der sich nicht irgendwo den Kopf angeschlagen oder Knochen verstaucht hat.“ Ihre Mimik wurde ernst und sachlich. „Am schlimmsten sind die Plasmaverbrennungen, die von den unteren Decks und vom Maschinenraum eintreffen.“

“Der Maschinenraum?“

Livia nickte. „Die ganze Sektion ist abgeriegelt worden.“

“Warpkern?“ Warf DeSoto dazwischen.

“Nein. Eine der Plasmaleitungen hat ein Leck und brennt. Der ganze Maschinenraum ist mit giftigen Gase überflutet. Das Feuerlöschsystem ist nicht angesprungen. Niemand kann in die Sektion und den Schaden beheben. Lieutenant Yadeel konnte noch rechtzeitig den Warpkern abschalten, bevor der ganze Bereich evakuiert wurde.“

„Wo ist sie jetzt?“

„Das wissen wir nicht. Der überwiegende Teil der Maschinisten und Techniker befindet sich auf der Krankenstation oder auf Deck zwölf um Lebenserhaltung, interne Sensoren und eine Million anderer Sachen wieder zum Laufen zu bekommen.“

Entschlossen griff sie nach ihrem Koffer und ging zu Crewman Hillary, der schweigend an der OPS gesessen und den Ausführungen der Counselor gelauscht hatte. „Und jetzt zu Ihnen Hillary, Sie sehen schrecklich aus. Gehen wir in den Bereitschaftsraum, damit wir Ihnen helfen können.“


Auf dem Mars waren die Verhältnisse ähnlich gewesen. Mit dem Unterschied, dass diese Menschen hier um ihr Leben und nicht um ihre Unabhängigkeit kämpften. Tannier hatte Bilder der verheerenden Ausmaße gesehen und fühlte sich auf schreckliche Weise an seine eigene Hilflosigkeit erinnert. Er wollte diesen Leuten nichts böses. Er wollte ihnen helfen. Aber die Massen die jetzt vor ihm standen, mit allem Bewaffnet, das sich irgendwie eignete um jemanden zu erschlagen, überstieg seine eigenen Kapazitäten. Instinktiv schaltete sein Verstand vom Helfer zum Beschützer seiner Crew um. Seine erste Priorität galt seinem Team und den Shuttles. Mehr konnte er vorerst nicht tun.

“Wir werden uns jetzt geschlossen und langsam in die Shuttles zurückziehen. Tramell, starten Sie die Triebwerke. So wie wir die Luke geschlossen haben müssen wir starten.“

Die Frau nickte und eilte mit schnellen Schritten in das Cockpit der Jericho. “Wenn sie die Triebwerke hören werden sie losschlagen. Schießen Sie auf jeden und beeilen Sie sich in das Shuttle zu kommen. Ich werde Ihnen bis zum Schluss Rückendeckung geben.“

In Tanniers Nacken begann das leise sonore Summen der Impulstriebwerke, das schließlich zu einer Vibration unter seinen Füßen anschwoll. Wie vermutet setzte sich der aufgebrachte Mopp ohne Vorwarnung in Bewegung und stürzte auf die kleine Gruppe Sternenflottenoffiziere los. Bereits mit den ersten fünf Schüssen streckte Tannier Xhaferianer nieder, die unbeeindruckt über ihre liegenden Mitstreiter weiter stolperten.

Irgendwo aus der Menge flog ein Stein der Tannier hart am Kopf traf und ihn für einen Moment aus seinem Konzept brachte. Augenblicklich tauchte T’Clea neben ihm auf, die gezielt einen weiteren Angreifer Niederschoss und Tannier mit sich ein Stück weiterzog.

“Sie wehren sich mit allem, was sie haben.“

„Eine Erfahrung mehr.“ Bestätigte Tannier und machte sich schleunigst dran den Eingang zum Shuttle zu passieren und selbigen zu verschließen.

“Starten Sie Tramelle!“ Rief er über die Köpfe der verängstigten Flüchtlinge hinweg.