Log 69
Von Neuem beginnen
Autor: Ariell Needa
Anfangssternzeit: 57616,70
Endsternzeit: 57633,79
Anfangsdatum: 13.08.2380 (17.03 Uhr)
Enddatum: 19.08.2380 (23.15 Uhr)
Toreen Akida nahm den letzten Bericht an die Sternenflotte von seinem Schreibtisch und legte ihn auf einen Stapel sauber aufgeschichteter Daten Pads, die er in einer Kiste verschloss. Er hatte den gesamten Nachmittag damit verbracht die letzten Meldungen aus dem Hauptquartier zu sichten und analysieren. Jetzt, wo er endlich fertig war, verlangte es ihn nach einem Stück Marzipankuchen und einer Tasse Kaffee, bevor er zurück an die Auswertung seiner Berichte ging. Eine Schwäche, die er sich auf der Erde angewöhnt hatte und seither nicht mehr loswurde.
Er wollte sich gerade dem Replikator zuwenden, als sein Türsummer Besuch anmeldete. Einen Moment lang irritiert ließ er seinen Blick auf der Tür ruhen, bevor er sich zu einem ‚Herein!’ durchringen konnte.
„Captain?“ selten besuchte ihn jemand in seinem Quartier, er hatte nur wenig Kontakt zu der Crew, und zumeist beschränkte sich dieser auf Schiffsangelegenheiten, umso erstaunter war er jetzt die Trill in seinem Türbogen zu sehen.
„Mr. Toreen, ich hoffe, ich komme nicht ungelegen?!“ Akida schüttelte den Kopf und machte eine zögerlich wirkende Geste, die Needa hereinbitten sollte.
„Ich war gerade fertig mit meiner Arbeit.“ Gestand er.
„Gut.“ Sie steckte wie gewohnt ihre Hände in die Hosentaschen und sah Toreen musternd an. “Ich brauche Ihre Hilfe.“
Frank Lincoln stieg von der Transporterplattform und ließ geräuschvoll den Rucksack auf den Boden sinken. Nach den unzähligen Stunden auf Ferenginar war er schließlich froh das ewige Gewicht von seiner Schulter zu haben. Auch, wenn er zugeben musste, dass der Rucksack um etliches leichter geworden war.
Erwartungsvoll stand Tomm Lucas neben dem Transporterchief und wartete, bis der Sicherheitschef seine Schultern gestrafft hatte.
„Mr. Lucas?“ Lincoln, dem der ungeduldige Kadett nicht entgangen war, nahm seinen Rucksack wieder auf und schritt in Richtung Ausgang.
„Sir, Captain Needa hat mich beauftragt Sie zu unserem Team dazu zu holen. Auf dem Weg in den Konferenzraum soll ich Sie über alles Weitere informieren.
„Bevor ich nicht duschen war, gehe ich nirgendwo hin.“ Frank hatte das Gefühl, der gesamte Dreck Ferenginars hinge an ihm. Das ganze korrupte Folk mit seinem niederträchtigen Gehabe stank zum Himmel.
Tomm, dem deutliche Enttäuschung im Gesicht stand, gab sich jedoch noch nicht zufrieden.
„Der Captain will Sie aber sofort sehen!“ Lincoln sah ihn düster an. „Es ist wirklich wichtig.“ setzte er nach. Die Mine Lincolns hellte sich auf.
„Wo ist Needa?“ wollte er wissen.
„Ich ...ähm.“ Tomm kratzte sich unbeholfen am Kopf. „Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht. Sie hat nicht gesagt, wo sie hin wollte. Sie würde aber gleich nachkommen.“
Der Sicherheitschef legte dem Kadetten eine seiner großen Hände auf die Schultern. „Dann wird’s auch noch Zeit bis nach meiner Dusche haben.“ Er nahm den großen Rucksack von seiner Schulter, drückte diesen Lucas in die Hand und Tomm gab unter der Last sichtbar nach. „Der muss zurück zu Percy in die Waffenkammer. Ich bin in 15 Minuten im Konferenzraum.“
„Sie wollen von mir, dass ich eine Kommission erstelle?“ Toreen wäre fast von dem Stuhl aufgesprungen, auf dem er zuvor Platz genommen hatte. „Das ist vollkommen unmöglich. Kommissionen werden nur durch das Föderations- Hauptquartier bestimmt. Darauf habe ich nicht den geringsten Einfluss.“
Needa hatte keine Lust auf die ewigen Diskussionen mit dem Bajoraner. Toreen machte ihr ohnehin das Leben schwer genug, seit er an Bord der Katana war. Er musste jetzt in den sauren Apfel beißen und ihr diesen Gefallen tun. Wenn ihr in dieser Situation jemand helfen konnte, dann ausschließlich er.
Sie sah Toreen durchdringend an. „Rhâl hat möglicherweise keine Chance ohne uns. Die Ferengi spielen mit unfairen Mitteln. Und wenn ich das Gericht auf Ferenginar schon nicht bestechen kann, dann muss ich mir etwas anderes einfallen lassen. Sie sind mein Joker Toreen!“ Und damit hatte sie Recht. Selbst wenn es eine unabhängige Kommission geben würde, die über diese Sache befand, so war noch nicht entschieden, ob diese wirklich zu Gunsten der Twi’lek entscheiden würde. Es gab zu viele Faktoren, die sie in diesem Fall nicht berechnen konnte, also musste sie eine möglichst berechenbare Kommission haben. „Ich gebe Ihnen die Möglichkeit etwas für ein Crewmitglied zu tun. Die Möglichkeit, selbst ein Teil der Crew zu werden.“
Toreen sah sie fast verletzt an. Und Needa hielt diesem Blick stand. Sie hatte eben etwas ausgesprochen, dass sie keinem in ihrer Crew wünschte. Ein Außenseiter zu sein. Doch genau dass war Akida. Und jetzt bot sich ihm eine Gelegenheit, die er fast nicht ausschlagen konnte. Der Bajoraner nickte. „Sagen Sie mir, wen Sie brauchen und ich werde sehen, was ich tun kann.
Needa lächelte. „Allen voran Damasco Gabriell...“
Lincoln befestigte gerade den letzten Rang-Pin an seinem Kragen, als er durch die Tür des Konferenzraumes trat. Sowohl Needa, als auch Tannier hatten ihren Blick zum Wandschirm gewannt und folgten den Ausführungen von Tomm Lucas. „Nehmen Sie Platz.“ sagte Needa, ohne den Blick von Lucas zu wenden.
„...das bedeutet, dass das Ferengischiff zunächst niemandem gehört.“ – Ähnlich wie früher in internationalen Gewässern.“ dachte Lincoln laut, den nur einen Bruchteil von dem mitgehört hatte, was der Kadett erzählte. Stumm schob Tannier dem Sicherheitschef ein Pad zu, auf dem die von Lucas gefunden Informationen und Präzedenzfälle verzeichnet waren.
„Gut, wenn die Kommission also entscheidet, dass das Schiff zum Zeitpunkt der Übernahme durch uns herrenlos war, verlieren die Ferengi also den Anspruch auf selbiges.“ folgerte der Captain. „Und auf seinen Inhalt.“ fügte Lucas hinzu. „Was heißt, dass die Twi’lek dann endgültig frei wäre?“ Frank sah fragend in die Runde.
Tannier hob diesmal zu einer Erklärung an. „Ganz so leicht ist es nicht. Die Anklage wegen Mordes werden wir nicht ohne weiteres übergehen können. An Bord dieses Schiffes gibt es einen toten Ferengi, den wir nicht ignorieren können. Ob aus Notwehr oder nicht. Fakt ist zunächst, das Rhâl Tu’Ran ihn umgebracht hat. Und, wie bereits erwähnt, wir wissen nicht, ob die Kommission zu unseren Gunsten entscheidet.“
Needa legte dem Ferengi eine Hand auf den Arm. „Das sollte unser kleineres Problem sein.“
Sie erzählte von ihrem vorherigen Treffen mit Akida und ihrer Idee, die Kommission mit den Leuten zu besetzten, die sie am Besten einschätzen konnte. Verbündete, wie sie sie nannte.
„Bleibt also noch der Mordprozess.“ – „Hier komme ich ins Spiel.“ verkündete Lincoln grinsend. „Und das, was ich auf Ferenginar raus gefunden habe.“
„Ich verstehe nicht ganz, was Ihr Captain vor hat.“ gab Morlock unruhig zu. „Was kann eine Kommission bewirken? Das Gericht wird morgen wieder zusammentreten, wie soll uns da diese Kommission zur Klärung der Besitzverhältnisse helfen?“ Lew, der den dritten Shuttle der eintreffenden Delegation in den Hangar der Katana lotste, sah einen Moment lang von seinen Kontrollen auf. „Ich gehe davon aus, dass sie weiß, was sie tut. Außerdem scheint Lincoln auf Ferenginar einiges raus gefunden zu haben.“ Er gab dem Piloten des Shuttles, dass eine Etage unter ihm in Parkposition ging, eine letzte Anweisung und drehte sich dann vollends zu Morlock um. „Der Captain ist fest entschlossen, die Twi’Lek da raus zuhauen. Und ganz ehrlich, wenn sie sich einmal was in den Kopf gesetzt hat, dann macht sie es auch wahr.“
Morlock sah ihn weiterhin skeptisch an. Als er die Auszüge aus dem Plan der Katana Crew gehört hatte, war er selbst zur Shuttlerampe gekommen, um sich die eintreffenden Mitglieder der Kommission anzusehen. „Ich verstehe das trotzdem immer noch nicht. Wie soll uns die Föderation helfen?“ – „Ganz ehrlich, ich habe keinen blassen Schimmer. Aber einige von denen da unten kenne ich.“ Er deutet aus dem Fenster zu seiner Rechten. „Das sind alles ziemlich liberale Geister. Die Angenehmer Sorte der Oberen Zehntausend der Sternenflotte.“ Der Rechtsanwalt blickte stumm aus dem Fenster und betrachtete die kleinen Grüppchen, die aus den Shuttles stiegen und sich interessiert umsahen.
„Wann denken Sie, wird man mich einweihen?“ Lew zuckte die Schultern. „Wenn Needa es für richtig hält.“
Es war laut in dem provisorischen Plenarsaal der USS Katana, als sich Tomm Lucas um eine der Ecken drückte und sich zu Needa und Akida gesellte, die auf der obersten Empore standen und das Treiben auf den unteren Ebenen beobachteten. Nach kurzem Überlegen hatte Dr. Lazarus vorgeschlagen den Briefing Raum der Elite Force, der einem Amphitheater ähnelte, als Verhandlungsraum zu nutzen. Hier bot sich genügen Platz für alle Zuhörer, sowie deren Begleiter. Die Kommission selbst bestand aus acht Mitgliedern, die alle, handverlesen durch Akida und Needa, nun ihre Plätze zur ersten Besprechungsrunde einnahmen.
„Gabriell Damasco.“ Toreen deutete in die dritte Reihe auf einen schlanken aufragenden Mann, mit graumeliertem Haar und einem Schnurbart, der wache und neugierige Augen besaß. Sowohl Needa als auch Lucas folgten seinem Blick. „Er kam gestern Nachmittag zusammen mit Benedikt Geodis an.“ Der Trill stand nur wenige Meter von Admiral Gabriell entfernt und unterhielt sich mit seinem Adjutanten. Geodis war einer von zwei Captains in der Auswahl von Needa. Der andere war der Elaysianer Meron Salazar.
„Wer ist das?“ warf Tomm plötzlich ein und deutete auf eine Vulkanierin. Irulan Danook, die in dem Ruf stand oft menschlicher zu argumentieren, als man ihrem Volk zuzuschreiben vermochte. Der Admiral hatte gleißend weißes Haar, das in einem geflochtenen Zopf auf ihrem Rücken ruhte. Obwohl ihr Haar keine Farbe mehr besaß, wirkte sie fast in Lucas Alter. „Irulan Danook.“ antwortete Akida. „Ich habe sie ausgewählt. Durch einen Vulkanier in der Kommission ist das letztendliche Urteil später unanfechtbar.“ Tomm beobachtete sie fast forschend. „Sie ist sehr schön.“ Bemerkte er plötzlich und wandte sich wieder Needa zu, die lächelte. „Aber viel zu alt!“ bemerkte sie leise. „Eigentlich passt sie eher zu Tannier.“
Für den Kadetten waren die Zahl und der kulturelle Querschnitt der Delegierten mehr als faszinierten. Tomm kannte einige der Spezies lediglich aus seinem Studium oder aus der Ferne. „Wir warten jetzt nur noch auf Shras, unseren andorianischen Admiral.“ Akida überprüfte sein Pad. „Er hat angekündigt, sich um etwa eine halbe Stunde zu verspäten.“
„Aber ist er nicht schon an Bord.“ Wollte der Kadett wissen. Bestätigend nickte Toreen. „Allerdings ist er schon sehr betagt und benötigt regelmäßige Injektionen. Das wird ihn aufhalten.“
„Gut.“ Needa zog unter ihrer Gala Uniform die Hände aus den Hosentaschen und knöpfte den oberen Kragen der Jacke endlich zu. „Ich brenne darauf, die Sitzung zu eröffnen.“ Sie wandte sich Tomm Lucas zu „Mr. Lucas, ich hoffe, Sie haben alle Unterlagen zusammen?!“ Tomm nickt und hielt einen Stapel Pads hoch. „Alle.“ Er war im Begriff, diese Akida zu reichen. „Dann kommen Sie mit.“ Lucas verstand nicht. „Ich ernenne Sie zu meinem Adjutanten.“ Needa schritt durch die Reihen, die gefüllt waren mit Angehörigen der Besatzung und den Mitgliedern der Kommission. „Sie haben diese Hintertür ausgegraben, jetzt müssen Sie auch durch!“
Ein Raunen ging durch die Menge, als Needa mit ihrer Erklärung zur Lage endete. Es schien fast so, als sei der gesamte Saal plötzlich aus einem tiefen Schlaf erwacht.
„Captain Needa.“ Irulan Danook die in den hinteren Reihen Platz genommen hatte, sprach sie direkt an. „Wenn das Gericht auf Ferenginar bereits über diesen bedauerlichen Vorfall entscheidet, warum sollen wir noch die Besitzverhältnisse klären? Mir erscheint es eindeutig, dass das besagte Schiff den Ferengi gehört.“ – „Nicht aber dessen Fracht!“ stellte Needa klar. „Wir haben Beweise dafür, dass die Twi’lek an Bord des Ferengi-Frachters gegen uns und somit die gesamte Föderation eingesetzt werden sollte. Einzig, um die Habgier eines einzelnen Mannes zu befriedigen.“ Needa machte eine Kunstpause und ließ die geplatzte Bombe wirken. „Allein schon deswegen, liegt es in unserer Pflicht, das havarierte Schiff genauer zu untersuchen.“
Shras, der mit seiner schrumpeligen Haut wie ein zerknautschtes Kissen wirkte richtete sich in seinem Stuhl auf. „Dies hätte womöglich zur Konsequenz, dass es zum Bruch mit den Ferengi kommt, sollten diese nicht mit uns zusammenarbeiten wollen.“ Stellte er kurzatmig fest und Tomm hegte die Befürchtung, er könne jeden Moment tot umfallen.
Die vulkanische Admiralin warf einen forschenden Blick auf ihr Datenpad und dann zurück zu Needa. „Es liegt in unserer Pflicht die Mitglieder der Föderation zu schützen. Ich denke nicht, dass wir davor zurückschrecken sollten, ob dies zu einem Bruch mit den Ferengi führt, oder nicht. Wo ziehen wir dann zukünftig die Grenze, sollte ein solcher Fall erneut eintreten?“ Alle Augen des Plenarsaales ruhten auf der Danook. „Es ist nur logisch, die Prinzipien, für die die Föderation steht, auch in diesem durch zu setzte.“ Einstimmiges Nicken war bei den Delegierten zu sehen. Die Ermittlungen einer Kommission waren somit beschlossen.
Zufrieden sah Needa den jungen Kadett neben sich an. „Die erste Hürde haben wir geschafft.“
Die Verhandlungen mit den Ferengi zogen sich über mehrere Tage hin, und Lazarus beschlich das Gefühl, er müssten bis zum nächsten Drippel Sternenregen, der nur alle eintausend Jahre einsetzte, in dem Briefing Raum der Elite Force sitzen. Obwohl der Hauptsachverständige in der den Besprechungen Frank Lincoln war, wurde Dalen in vielen Wissenschaftlichen Fragen zu rate gezogen. Etwa, wie die Gehirnwäsche der Twi’Lek funktioniert hatte/sollte. Er selbst, dem eine Erklärung zu diesem Thema recht leicht gefallen war, zumal er im Vorfeld mit Gollwyn Maddigan sämtlich medizinischen Aspekte abgeglichen hatte, war nun gedrungen, die unmöglichsten Detailfragen zu beantworten. Ein Kuchen, der ihm gar nicht schmeckte, jedoch verloren sich die Ferengi immer öfter in Spitzfindigkeiten, und nach der gehörigen Zeit, die er jetzt abrufbereit der Kommission zur Verfügung stand, fragte er sich, wie es überhaupt hatte dazu kommen können, dass die Ferengi die Gerichtsverhandlung abbrachen und in die Kommissionsermittlung einwilligten.
Seeta, die gezwungen gewesen war, alle technischen Aspekte zu erläutern, lehnte sich in ihrem Stuhl vor und stützte eine Hand in den Rücken. „Ich kann durch kilometerlange Jeffreisröhren kriechen, aber wenn ich noch einen Tag länger auf diesem Stuhl sitzen muss...ich breche noch in der Mitte durch.“ So wie den beiden Mitgliedern der Katana-Crew erging es den meisten Zuhörern und Beisitzern. Selbst die Ferengi, die vor Selbstsicherheit förmlich platzten, wirkten zunehmend unbehaglicher. „Ich werde diesen Raum auf meine Liste für dringende Umbauten aufnehmen.“ knirschte sie leise. Lazarus, der die Arme auf dem Tisch vor sich verschränkt hatte machte ein mürrisches Gesicht. „Ich bin so manches Mal froh, dass ich mich im Dienst nicht in die Riemen legen muss, wie auf einer alten römischen Galeere.“ bemerkte er sarkastisch, was Seeta mit einem fast giftigen Blick quittierte.
Ob dieser andauernden Verhandlungen, die kein Ende zu nehmen schienen, war das Fell der einzelnen Crewmitglieder zum Zerreißen dünn geworden. Bisher hielt man sich mit Floskeln auf. Legte die eine oder andere Formulierung anders aus und stritt sich über die Frage, ob ein ferengisches Gericht über die Angeklagte Rhâl Tu’ran entscheiden durfte, oder nicht.
Das durfte es nicht, soweit war sich die Föderationskommission einig, jedoch hatte die Ferengi ein erhebliches Problem damit, diesen Sachverhalt zu akzeptieren.
Morlock, der letztendlich in Needas Plan eingeweiht worden war, hatte noch am Tag, als die Föderationskommission an Bord der Katana eingetroffen war, Einspruch bei der ferengischen Gerichtsbarkeit eingelegt und mit wahrscheinlich nicht ganz unlauteren Mittel darauf hingewiesen, dass zunächst die Föderation entscheiden musst, ob der Fall Tu’Ran so verhandelbar war, oder nicht.
Hinter der Chefingenieurin schnaubte es, und Seeta sah aus den Augenwinkeln Sulik, der ein verächtliches Gesicht machte.
„So ein Quatsch!“ knurrte er. „Ich möchte mal sehen, wie die reagiert hätten, wenn so ein Elefantenohr in ihren Hirnwindungen rumgepfuscht hätte. Ich weiß jedenfalls, was ich tun würde!“
Sowohl Dalen als auch Yadeel drehten sich zu dem Wingcommander um. „Was machst du hier überhaupt?“ Seeta sah den Ukrainer tadelnd an. „Diese Sitzung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt!“
Nachdem durch Captain Needas Eröffnungsgesuch klar geworden war, dass die Ferengi mit mehr als illegalen Maßnahmen gearbeitet hatten, hatten die acht Delegierten beschlossen, die Sitzungen ohne die Öffentlichkeit stattfinden zu lassen. Selbst, wenn die Ferengi ihr Gesicht verlieren würden, sollte niemand erfahren, wie ernst die Lage für einen Moment gewesen war.
Lew hatte sich bisher unauffällig im Hintergrund gehalten, zugelassen, war er jedoch nicht.
„Ich will nur sicher gehen, dass diese Sitzung ihren richtigen Gang geht.“ murmelte er, unbeeindruckt von Seetas Tonfall, der mehr als besagt, dass er eigentlich verschwinden sollte.
„Das ist ein infame Beleidigung!“ brüllte der Bruder des Verstorbenen. „Mein Bruder hat niemals in derlei unerlaubten Geschäften spekuliert!“
Li Aric, der Bajoraner unter den Delegierten, war offenbar der Geduldsfaden gerissen. „Eine infame Beleidigung?“ bellte er über den Konferenztisch hinweg, der im Zentrum des Saals aufgebaut war, „Ist es nicht viel mehr so, dass Ihr Bruder Qrek mit Hilfe der Twi’Lek Rhâl Tu’Ran die Völker der Föderationsangehörigen zu vernichten, um vom Gewinn dieser Waffe“ er spie das Wort fast aus „ein angenehmes Leben zu finanzieren?“
Augenblicklich war es in dem Saal totenstill geworden. Nur das fast röchelnde Luftschnappen Omags war zu hören, der vor Wut die Farbe seiner scharlachroten Jacke angenommen hatte.
Quiquax, der Staatsanwalt, der schon am ersten Verhandlungstag auf Ferenginar den Eindruck gemacht hatte, ihm wäre all das hier lästig, räusperte sich laut und vernehmbar. „Dies ist bislang nur eine Behauptung durch Sie. Es gibt keinerlei Beweise für diese Annahme. Die Gebrüder Omag und Qrek sind ehrenwerte Bürger Ferenginars. Es schadet in der Tat ihrem eigenen Geschäft, wenn sie die Hand, die sie füttert beißen würden.“ bemerkte er lakonisch.
„Ein Geschäft, das so schlecht läuft, dass man an seinem Eingang belohnt wird, damit man es überhaupt betritt.“
Gabriell Damasco, der Admiral, der bisher, wie so oft, zu allem geschwiegen hatte, meldete sich zu Wort. Er glich einem Lehrer, der seinem Schüler eine Verständnisfrage stellte, um zu teste, ob er selbst hinter die Zusammenhänge des gelehrten Wissens gekommen war.
Der Staatsanwalt sah die Kommission verwirrt an. „Wie meinen?“
„Es ist kein Geheimnis, dass die Geschäfte Ihres ehrenwerten Nebenklägers, mehr als schlecht liefen. Ihr so genannter Angestellter Finn zieht es sogar vor mit dem Kopf auf dem Ladentresen zu schlafen, damit er vor Langeweile nicht den Verstand verliert.“ Damasco hatte ein Funkeln in den Augen, das einer Katze glich, die zum Sprung ansetzte. „Denken Sie, wir hätten uns auf diese Verhandlung nicht vorbereitet? Wir sind über dass, was in Ihrem Geschäft für Transplanetarer Feinkost- und Geschenke passiert ist sehr gut informiert.“
Erneutes Schweigen breitete sich unter den Anwesenden aus, diesmal von längerer Dauer.
„Gabrielle! Gabrielle!“ Lucas kam aus dem Turbolift geschossen und hätte beinahe einen Crewman umgerannt. Zhabia Velain und Tannier, die beide auf der Brücke geblieben waren, während einige Decks unter Ihnen die Entscheidung über Tu’Ran getroffen wurde, sahen beide auf. „Der Admiral hat es laut ausgesprochen!“
Lucas konnte kaum Luft holen, so schnell überschlugen sich seine Worte. „Die Twi’Lek ist frei!“
Der Kadett strahlte über das ganze Gesicht. Zhabia fand als erste ihre Sprache wieder. „Rhâl wurde frei gesprochen? Die Verhandlung ist also beendet?“ Abrupt hielt Lucas in seinen überschwänglichen Bewegungen inne. „Nicht direkt. Jedenfalls noch nicht.“
„Vielleicht sollten Sie uns alles der Reihe nach erklären.“ schlug Tannier vor und sah Tomm erwartungsvoll an. Und plötzlich schien ihm jedes Ohr auf der Brücke aufmerksam zu lauschen.
„Naja, eigentlich war es Li Aric, der die Sprache auf das Thema gebracht hat.“ Eine erneute Flut von Worten sprudelte aus Lucas Mund, und er schilderte ausführlich den bisherigen Verlauf aller Gespräche, die er als Adjutant Needas hatte verfolgen können.
„Jetzt,“ schloss er, „haben die Ferengi um eine Unterbrechung gebeten.“
Es hatte einige Stunden gedauert, bis die Gespräche wieder aufgenommen wurden, diesmal befanden sich jedoch nur die Kommissionsmitglieder und die Ferengi Omag und Quiquax in dem ansonsten leeren Plenarsaal.
Aufmerksam musterten die Delegierten die beiden Ferengi, von denen der eine verlegen und der andere selbstsicher wirkte.
„Nun?“ Meron Salazar, der unter seiner metallenen Gehhilfe bizarr wirkte nickt ihnen auffordernd zu.
„Wir stimmen der Herausgabe der Twi’Lek zu, wenn wir im Gegenzug hierfür das havarierte Schiff bekommen.“ Quiquax, der wusste dass die Sternenflotte verrückt sein musste, wenn sie ihnen das Schiff und darin alle enthaltenen Beweise herausgeben würde, spielte mit dem letzten Trumpf, den er hatte: Die Föderation, wollte die Twi’Lek um jeden Preis. Und das, was auf dem Schiff war, das, wovon sie nichts wussten, musste unbedingt wieder zu ihnen zurück. Qrek war das zu beklagende Bauernopfer, aber dennoch das kleinere Übel.
Irulan Danook tauschte einen vielsagenden Blick mit Shras und Meron.
„Wir stimmen zu.“ willigte der Elaysianer ein.
„Unter einer Bedingung.“ fügte die Vulkanierin hinzu. „Dem Ferengi Omag wird jeglicher intergalaktischer Handel im Föderationsraum verboten.“ Die Mine des Ferengi wurde bleich, als er merkte, wie sich die Anklage plötzlich gegen ihn wendete. „Zusätzlich wird ihm das Reisen durch den Föderationsraum untersagt.“ schloss Danook, deren Stimme unter diesem schweren Urteil fast engelsgleich klang.
„Was?“ Omag schrie auf und wollte an dem Staatsanwalt neben sich vorbeistürzen. Doch dieser hielt ihn entschieden fest. „Auch wir stimmen zu.“ sagte er kühl, den rebellierenden Geschäftsmann kaum im Zaum halten zu können.
„Man hat mich auf meinen eigenen Planeten verbannt!“ schrie dieser und war kurz davor sich zu Boden zu werfen.
Needa, die zum ersten Mal seit Tagen im Begriff war wieder durchschlafen zu können, wurde jäh aus dem Schlaf gerissen.
„Needa hier.“ reagierte sie verschlafen auf den Ruf ihres Kommunikators, der neben ihr auf dem Nachttisch lag. „Captain, bitte kommen Sie unverzüglich auf die Krankenstation!“
Selten klang die Stimme Gollwyn Maddigans so besorgt, und mit einem Schlag war Needa hellwach.
Sowohl Tannier, als auch Frank Lincoln empfingen Ariell auf der Krankenstation, und die Trill hatte das ungute Gefühl, dass dies kein besonders gutes Zeichen war.
„Captain!“ Dr. Maddigan winkte sie zu sich und führte sie in einen der angrenzenden Räume, in dem ein einzelnes Intensivbett belegt war.
Erst beim Näherkommen erkannte Needa, dass es sich bei der scheinbar schlafenden Person um Benedikt Geodis handelte, der die Augen unter einem schmerzverzerrten Gesicht geschlossen hatte.
„Was ist passiert.“ Tannier, der sich unbemerkt hinter Needa aufgebaut hatte versucht, selbst fassungslos, zu erklären, was in dieser Nacht passiert war. „Wir haben Captain Geodis vor einer halben Stunde gefunden, weil sein Shuttle zum Rückflug bereit war.“ Der Minbari suchte nach den richtigen Worten. „Es ging zu schnell, als das der Captain noch hätte Hilfe holen können. Jemand hat ihm aufgelauert und ihn tödlich verletzt.“
„Tödlich?“ Needa ließ ihren Blick über die Statusanzeigen am Bett wandern und bemerkte, dass diese keine Hirnaktivität mehr zeigten.
Gollwyn nickt dem ersten Offizier zu, und dieser verließ den Raum wieder.
„Der Geodis Symbiont.“ Der Arzt versuchte sich vorsichtig an das ranzutasten, was er mit Needa unbedingt jetzt klären musste. Ariell sah auf und fixierte Maddigan. „Er lebt. Uns bleibt aber nicht genügend Zeit bis Trill und wir müssen schnell handeln.“
Der Captain versuchte möglichst ihren sachlichen Verstand wieder einzuschalten, alle Emotionen über diese Tat niederkämpfend. „Was haben Sie vor?“ fragte sie frei heraus.
„Er braucht einen neuen Wirt. Und Sie sind der einzige unvereinigte Trill, der uns zu Verfügung steht.“ Maddigan ließ an seinem Tonfall keinen Zweifel, dass die Lage mehr als ernst war.
Needa stand wie vom Donner gerührt in der Krankenstation.
Auf der einen Seite hat sie sich lange Zeit erfolglos bemüht sich als Wirt zu qualifizieren und dennoch traf sie diese Pflicht jetzt mehr als unvorbereitet. Sie sah den Wirt abschätzig an. Von ihr hing jetzt alles ab, und doch würde sie dieser Schritt in eine Richtung verändern, den sie nie wieder würde rückgängig machen können. Sie brauchte Zeit. Zeit um sich zu entscheiden. Um diesen Gedanken fassen zu können. Vielleicht wäre das jetzt ein guter Moment gewesen, um die Counselor zu besuchen? So viele Fragen, so viele Dinge die es zu berechnen gab. Soviel Unbekannten.
Wieder wanderten ihre Augen zu dem Trill, aus dessen Körper nahezu alles Leben gewichen war. Einzig der Geodis Symbiont kämpfte einen hoffnungslosen Kampf.
„Verlieren wir keine Zeit.“ Entschloss sich Ariell. Wie anders hätte ihre Antwort auch lauten können?!