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Mit Blindheit geschlagen
Autor: Gregory Tyrone

Pfeifend schritt er durch die Gänge seiner neuen Heimat, den Gehstock neben seinem rechten Fuß absetzend und so deutlich sein Handicap zur Schau stellend. Seinen linken Arm ließ er lässig an seiner Seite herabbaumeln, während er so durch die Gänge des Schiffs humpelte und verdutzten Besatzungsmitgliedern mit einem schelmischen Lächeln in die Augen sah. Nach 3 Jahren auf einer Station war es nun also wieder ein Schiff, eine Sovereign. Zwar nicht so eine KI-verseuchte und damit eher lästige Variante wie die Artanis, aber eine Sovereign. Ihm sollte es egal sein, er freute sich darauf, mal wieder etwas Bewegung zu bekommen.

Drei Jahre auf einer Station waren einfach genug gewesen für Gregory Tyrone, den Ex-Astrophysikdozenten an der Sternenflotten-Akademie und Ex-Ex-Arzt. Zunehmend öfter die gleichen Patienten wegen ihrer läppischen Gebrechen zu verarzten und mit der zunehmenden Befriedung des Sektors um die Station herum immer weniger Herausforderungen für seinen medizinisch und wissenschaftlich brillianten Intellekt zu finden, hatte ihn schon länger gequält. Und erst vor kurzem hatte Starfleet Medical ein Einsehen mit ihm gehabt und ihn versetzt. Er war gespannt, was ihn erwarten würde - würde er wieder an so humorlose Vorgesetzte geraten wie auf der Delta-Station, oder würde er wenigstens einmal mit jemandem zu tun haben, der wusste, was die klügste Entscheidung war - nämlich ihn einfach machen zu lassen?

Er fürchtete das schlimmste. Und das nicht, weil Starfleet Medical ihm eines auszuwischen trachten würde - sondern weil mindestens 99% aller XOs der Sternenflotte humorlose, vorschriftenreiterische Transusen waren. Wie viele andere neigte auch Greg dazu, die Statistiken immer erst einmal selbst zu fälschen bevor er sich auf sie bezog, aber mit dieser Zahl kam er nach seiner Wahrnehmung auch ohne Fälschung in etwa hin. Und bei den Captains war das Bild nicht viel besser. Von zehn war vielleicht einer brauchbar und bereit, ihm die Unterstützung zu geben die er brauchte. Nicht dass Greg sich von fehlender Unterstützung aufhalten lassen würde - er ging letztlich ohnehin unbeeindruckt seinen Weg, egal ob er sich damit Ärger einhandelte oder nicht. Allzuviel Ärger konnte es eh nicht sein, dafür war er als Arzt zu gut.


Nun erreichte der Wahlaustralier seine neue Krankenstation. Er war dort schon bekannt, scheinbar hatte sich schon vor seinem ersten Auftritt dort herumgesprochen, aus welchem Holz der neue Chefarzt geschnitzt war. Kein einziger junger Assistenzarzt hatte sich bemüßigt gefühlt, auf seine üblichen Fangfragen hereinzufallen - er würde Olsen mal per Subraum anrufen und fragen müssen, ob er irgendwem von seiner Versetzung erzählt hatte. Olsen hatte er gut zurechtgebogen, der Junge würde mal ein exzellenter Arzt werden. Schon allein deshalb weil er nicht mehr immer nur der Schulmedizin oder dem Standardprotokoll vertraute, sondern auch mal kalkulierbare Risiken einging, um einen Patienten zu retten. Das war nach Gregs Verständnis eine der zentralen Erkenntnisse eines Arztes - und leider auch meist der Grund, über den er zuerst mit Vorgesetzten aneinander geriet. Aber ihm den Spaß zu verderben, da wäre Olsen doch zu weit gegangen, fand Greg.

"Dr. Tyrone, gut dass Sie da sind", wurde er direkt am Eingang von einer Schwester bestürmt. "Sehen Sie sich diese Werte an - junge Frau, bislang völlig unauffällige Anamnese, und dann ist sie uns während der Routineuntersuchung weggesackt. Wir haben sie stabilisiert, aber sie ist noch nicht wieder bei Bewusstsein."

Greg überflog das PADD, das ihm die Schwester hinhielt. In der Tat ungewöhnliche Werte - zumindest für eine 24jährige, die 'Ensign Jada North' zu sein vorgab. "Zu welchem Zeitpunkt kollabierte sie?" - "Das war, als sie nach den Kniebeugen aufstehen wollte." Greg raunte nur und dachte kurz nach. Dann sah er die Schwester direkt an: "Wo liegt sie?"

"Behandlungsraum 2", lautete die Antwort und Greg hinkte weiter, alle weiteren womöglich interessanten Themen außer Acht lassend. Schon während er den Raum betrat und damit den behandelnden Arzt erschreckte, fing er an Anweisungen zu geben. "Holen Sie sie." - "Aber Sir, wenn ich sie aufputsche, könnte das..." - "Holen Sie sie! Oder brauchen Sie ein Stück Pergament mit Schleifchen, um meine Worte als Befehl zu verstehen?"

"Nein, Sir.", erklärte der Arzt deutlich leiser und bereitete ein Hypospray mit dem für das Erwecken seicht Bewusstloser notwendigen Medikament vor. "Was haben Sie vor", fragte der Arzt - er hieß Cloyne und war schon jetzt Gregs Lieblingsopfer - und der Chefarzt, der ungeduldig mit seinem Gehstock spielte, zuckte mit den Schultern. "Ich werd sie fragen, ob ich ein Date mit ihr haben kann", erklärte Greg, und als der Arzt ihn genervt bis entsetzt ansah, ließ er nur eine Sekunde Schweigens zu und warf genervt hinterher: "Das war Spaß! Ich brauche nur zwei Fragen um herauszubekommen was ihr fehlt."

Seufzend verabreichte der Arzt der Frau das Hypospray. Es dauerte ein paar Sekunden, bis die Frau ihn anblinzelte und Greg sich über sie beugte. "Machen Sie Kampfsport?"

Es dauerte ein Weilchen, bis sie mit schwacher Stimme antwortete: "J... ja." Greg nickte. "Haben Sie heute einen Trainingskampf gemacht?" Wieder eine zögerliche Antwort: "...ja."

Greg sah den Arzt und die Schwester an: "Sie hatten es vor Ihren Augen und haben es nicht gesehen. Hier steht, sie kam ziemlich aus der Puste hier rein und stemmte sich die Hand in die Hüfte. Dann checkten Sie sie durch, und alles war gut, und ausgerechnet nach den Kniebeugen sackt sie Ihnen weg." Er griff nach einem Tricorder und scannte die Frau. Er sortierte die Ergebnisse und zeigte sie dem Arzt. "Sie hat beim Kampfsporttraining einen Tritt auf die linke untere Flanke bekommen, die Prellung zeigt es. Darunter liegt was?"

Cloyne ahnte, was kam. "Die Niere", presste er zwischen den Zähnen hervor.

"Exakt. Scannen Sie nochmal und Sie werden sehen, dass die Aufhängung ihrer Niere, um es mal salopp zu sagen, hopps gegangen ist - hauptsächlich durch den Tritt, aber den Rest hat ihr das Kniebeugen gegeben. Dadurch hat ihr Kreislauf auf Selbstschutz geschaltet. Operieren Sie die Nierenaufhängung und die Frau kann morgen schon wieder ins Dojo." Dank der modernen Medizin war das nicht mal übertrieben. Die meisten Operationstechniken waren inzwischen so minimal invasiv, dass man kaum eine Hautverletzung verursachte und der Hautregenerator tat den Rest.

"Ja, Sir", erklärte der Lieutenant und nickte der Schwester zu, die ihm helfen sollte, während Greg das PADD mit den Daten auf eine leere Medoliege legte und sich anschickte, sein Büro aufzusuchen. Herrlich, mit welchen Anfängern er doch immer arbeiten durfte.


Greg betrat sein Büro und ließ sich auf seinem Sessel nieder. Er betätigte kurz den Kommunikator: "Lieutenant Dulanin, A-harbeit!", sang er hinein und wenige Momente später betrat seine Stellvertreterin sein Büro. Auch sie hatte scheinbar schon von ihm gehört. "Sie haben gerufen, Sir?", erkundigte sich die ebenfalls frisch an Bord gekommene Ärztin.

"Ja. Wir sollen uns auf einen super-coolen Außeneinsatz vorbereiten, mit dem vollen Programm. Bereiten Sie alles vor, um auf dem Planeten, den wir anfliegen, ein Feldlazarett einrichten zu können. Aktivieren Sie dazu auch das Personal aus der Wissenschaft, das in Zweitfunktion medizinisches Hilfspersonal ist. Das Aufbauen könnte sonst ETWAS lange dauern. Und jeder soll sich mit einem Typ-2-Phaser bewaffnen, es könnte ruppig werden - auch wenn wir natürlich nur zur Selbstverteidigung schießen. Das wäre alles... Ach, nochwas: Tragen Sie bei der Arbeit immer Lidschatten?" Verschmitzt grinsend musterte er die Frau.

Die russischstämmige Ärztin hielt kurz irritiert inne, ließ sich dann aber doch nicht beirren, bestätigte noch den Auftrag und stürmte los. Hatte sie echt vergessen, sich abzuschminken? So viel hatte sie doch gestern abend gar nicht getrunken... So ein Ärger, das würde sie gleich ändern.

Greg sah ihr schmunzelnd hinterher. Es freute ihn immer, wenn er seine Umgebung überraschen konnte. Dann nahm er ein PADD zur Hand und las sich die Liste der noch durchzuführenden Eingangsuntersuchungen durch. Der neue XO - oder besser DIE XO, es war eine Aenar, die er bei der Besprechung der Details des anstehenden Auftrags schon einmal kennen gelernt hatte - war auch noch nicht hier erschienen. Da war er mal sehr gespannt, dachte er bei sich, als er eine termingesteuerte Computernotiz für die Aenar vorbereitete, sich bei ihm zu melden.


Nun betrat auch Greg die Brücke, als es "heiß" wurde. Natürlich würde es eher kalt werden, er hatte das Dossier über diesen gottverlassenen Planeten gelesen. "Guten Tag allerseits", grüßte er in die Runde und stellte sich neben den Captain, vor den letzten freien Platz auf der Brücke, der für gewöhnlich ihm oder dem Counselor vorbehalten war. "Ich sehe, wir suchen schon ein Urlaubsdomizil für den nächsten Landgang oder für ein Ferienhaus?", witzelte er, und der Captain ging darauf zumindest ein bisschen ein. "Die Grundstückspreise sind immerhin günstig, Doctor", erklärte er und sah wieder zum Schirm. "Also wenn Sie wollen..."

Greg schmunzelte zurück - irgendwie mochte er seinen neuen Captain. "Dafür habe ich leider nicht das nötige Kleingeld, aber danke. Wissen wir schon irgend etwas über Lebenszeichen?", fragte er in den Raum.

Lieutenant DeSoto - die nach Gregs Geschmack wirklich sehr gut aussah - schüttelte den Kopf. "Nein, dafür sind wir noch nicht nah genug dran. Ich werde Sie informieren, sobald ich -" Die Operatorin hielt inne, als ein Piepen auf ihrer Konsole ihre Aufmerksamkeit erforderte. Sie studierte die Kontrollen, runzelte die Stirn, tätigte ein paar Eingaben und schüttelte den Kopf.
"Ist irgendwas, Lieutenant?", erkundigte sich Garrick, dem das Verhalten der jungen Schweizerin ebenfalls aufgefallen war. "Ich weiß nicht, Sir", erklärte Marina. "Auf einmal waren meine Scanergebnisse irgendwie weg. Als wären wir geblendet worden oder so etwas. Die vorhandenen haben wir, aber es kommen keine neuen Daten hinzu."

Der Captain sah zum taktischen Offizier. "Commander Ramirez?" Dieser tätigte ebenfalls ein paar Eingaben und schüttelte den Kopf. "Dasselbe, Sir. Wir können den Raum um uns herum scannen, die Sensoren funktionieren also normal. Aber was M-47 angeht, sind wir de facto blind. Ich vermute einen Sensorenscrambler, kann aber in den üblichen Spektren keine Peaks ausmachen. Ich scanne weiter."

"Sehr mysteriös", stellte Garrick fest und Greg nickte. "Die Taschenlampe im Dunkeln, mitten ins Gesicht geleuchtet. Als wüsste jemand dass wir kommen. Vielleicht sind deshalb die Grundstückspreise so niedrig - wegen der unangenehmen Nachbarn..." Sein Gesicht drückte keine humorvolle Ebene aus, obwohl er auf die Frotzelei von zuvor Bezug genommen hatte. Sie sahen nun nichts mehr, nur visuelle Erfassung war noch möglich - zumindest solange, wie die OPS und der Sicherheitschef keinen Grund für diese Blendung fanden. Langsam ließ sich Greg auf seinem Sessel nieder und fing an, den Stock zwischen seinen Händen hin- und herzupendeln.