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Difference between revisions of "Katana:Log 93"

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Latest revision as of 12:36, 17 June 2018

Überwacht
Autor: Dalen Lazarus

Es war eine klare, kühle Nacht. Auf dem Gras bildete sich der erste Tau, der am Morgen schimmern würde. Die Bäume säumten beschützend den schmalen Schotterweg. Eine Zweier-Patrouille ging auf eben diesem Weg entlang. Ausgestattet mit Schreck-Geräten war ihre Aufgabe, den Neubau der Föderationsbotschaft vor den wildernden Bären zu schützen, bis der Schreckzaun vollendet sein würde. Das gedämpft geführte Gespräch fiel auf den Sprössling einer der beiden Wachen. Dessen Tochter hatte beim Schulsportfest den zweiten Platz beim Hundertmeterlauf geholt. Der Vater berichtete, wie sie stolz ihre Medaille hochgehalten und ihn angestrahlt hatte. Es klickte. Das Klicken war das letzte, das der Mann in seinem Leben hörte. Das Gesicht seiner Tochter vor dem inneren Auge trat er auf eine Photonen-Mine. Das war vor fünf Jahren.


„Guten Morgen, Herr Präsident“, grüßte die Pförtnerin die kleine Eskorte, die sich dem Eingang des Regierungsgebäudes versammelt hatte. „Guten Morgen“, grüßte er beiläufig zurück. Was nun kam war der Routine-Scan. „Bitte stellen Sie sich unter den Bogen“, forderte die Frau Graig Wesseling den II. freundlich aber bestimmt auf. Graig seufzte in sich hinein. Nach außen gab er sich neutral und antwortete bestimmt: „Selbstverständlich.“ Er selbst hatte vor drei Jahren im Parlament von Magrathea das Gesetz ein- und durchgebracht, sämtlichen Personenverkehr in öffentliche Gebäude hinein zu kontrollieren. „Bitte strecken Sie die Arme aus.“ Die globale Kommunikation wurde von ausgetüftelten Computerprogrammen überwacht. Jede verdächtige Aktion sollte im Vorfeld erkannt werden, seit der Terrorismus auf seinem Planeten angekommen war. Es piepte. „Nehmen Sie bitte den Chronometer ab“, forderte die Pförtnerin auf. Nachdenklich fischte Wesseling das runde Stück aus seiner Brusttasche und legte es in die ihm gereichte Schale. Der Terror ging ihm nicht in den Kopf. Er verstand die Traditionellen nicht. Magrathea war seit über fünfzig Jahren in der Föderation. Der Planet war ein anerkanntes Mitglied der Gemeinschaft. Man bezog ein gutes Stück Nutzen aus dem gemeinsamen Handel. Der Anwesenheit von fremdweltlichen Besuchern hielt sich in Grenzen. Aus welchen Gründen sollte man sich aus der Gemeinschaft der Planeten zurückziehen? Graig hielt den Dominion-Krieg für mitverantwortlich. Damals, als noch einfacher Abgeordneter, war es eine knappe Entscheidung im Parlament für die Beteiligung daran gewesen. Doch mit den ersten eigenen Opfern kam auch der Widerstand. „Danke. Hier sind Ihre Sachen“, endete seine Überprüfung durch die Pförtnerin. Seine beiden Leibwächter würden folgen. Der Terror ließ sich nicht gut eindämmen. Immer wieder überraschten die Traditionellen mit ungewöhnlichen Methoden. Sie dachten sich ein ums andere Mal etwas Neues aus. Die Sicherheitsrichtlinien waren immer einen Schritt zurück. Verbat man dies und überwachte dessen Einhaltung, dachten Sie sich einen anderen Weg für Anschläge aus. Es war ein Katz und Maus Spiel. Aber Wesseling würde das Spiel gewinnen, dessen war er sich sicher. Der Präsident hatte aber auch weiterführende Pläne. Das Überwachungsnetz war gespannt. Die Überwachung kostete eine Unmenge an Ressourcen. Weshalb sollte man es nicht also auch für die alltägliche Polizeiarbeit nutzen? Was gegen Terroristen half, war gegen gewöhnliche Kriminelle nicht verkehrt. „Danke, jetzt Sie bitte“, hörte der Präsident im Hintergrund. Seine Aktentasche beherbergte den neuesten Gesetzesentwurf. Die Überwachung von Wohnungen bei Verdacht auf Planung einer kriminellen Handlung. Er würde das Gesetz mit all seiner Macht durchbringen, für das Wohl von Magrathea.


Ein halbes Jahr später. Gedankenverloren blickte Dalen Lazarus durch den Bildschirm seiner Computerkonsole mehr hindurch, als daß er ihn bewußt wahrnahm. Die Gedanken in seinem Kopf kreisten um seine Familie. Sein Sohn Atrin war ein junger Erwachsener. Es erfüllte Dalen mit Stolz, daß er sich entschlossen hatte, Raumfahrttechnik zu studieren. Lange Zeit hatte es so ausgesehen, als würde er ein ewiger Faulpelz bleiben, der den ganzen lieben langen Tag nichts anderes im Kopf hat, als von einer Stunde zur nächsten zu denken und seinem Vergnügen nachzugehen. Atrin war jetzt seit einem dreiviertel Jahr auf Magrathea und stand auf eigenen Beinen. Dalen versuchte, den Gedanken festzuhalten, doch es gelang ihm nicht. Unmerklich schlich sich seine Tochter vor das geistige Auge. Aus ihr wurde langsam eine kleine Dame. Die Schule machte ihr keinerlei Schwierigkeiten. Wann hatte er sie eigentlich das letzte Mal gesehen? Dalen erschrak, als er sich bewußt machte, daß es sechs Tage her war. Er war für die Nachtschicht eingeteilt gewesen und hatte sie beim Frühstück gesehen, als er in sein Quartier kam. Er hatte Ena noch schnell gedrückt, bevor sie zum Schulunterricht mußte. Adana hatte ihn vorwurfsvoll angeblitzt. Adana. Er seufzte. Immer einmal wieder mußte er sich den Vorwurf gefallen lassen, er würde zuviel arbeiten. „Reicht es denn nicht, wenn Du Deine Schichten leistest?“, hallte es in seinem Kopf wieder. „Deine Familie hat mindestens das gleiche Recht auf Dich, wie Deine Arbeit.“ Meistens gab er dann zur Antwort, wie sehr ihm die Arbeit Spaß machen würde. Daß aber auch viel zu tun wäre und daß sie ihn ja jederzeit im Labor besuchen könne. „Wir leben im Quartier und nicht im Labor“, kam es dann zurück. Das ganze endete dann meist in einem meist auf die gleiche Art ausgetragenen Streit. Wie so oft in der letzten Zeit krochen diese Gedanken in ihm herauf. Immer dann, wenn der auch noch so schnelle Computer einige Minuten brauchte, um irgendeinen Algorithmus für ihn durchzurechnen. Er fragte sich selbst, ob ihn denn noch etwas mit Adana verband, mit der er verheiratet war. Und wenn er ehrlich zu sich selbst war, dann wußte er es nicht. Manchmal fühlte er die Liebe zu ihr in sich ausbreiten, an anderen Tagen mochte er sie überhaupt nicht sehen. Das Piepsen der Computerkonsole riß Dalen Lazarus aus seinen Gedanken. Er blinzelte. Unbewußt und ohne nachzudenken drückte er mit zwei Fingern der linken Hand den entsprechenden Knopf. Das Display zeigte eine neu angekommene Subraumbotschaft an. Mit zwei weiteren Knopfdrucken öffnete er sie. Sie war von seinem Sohn. Neben einem angefangenem Text aus dem Wort „Hallo“ enthielt sie eine Videonachricht. Mit einem Stupser seines Fingers auf die Botschaft brachte er sie zur Anzeige. „Hallo Papa. Du kannst Dir nicht vorstellen, was die Regierung sich hier wieder geleistet hat“, sagte Atrin. „Die sind doch bekloppt. Ich weiß ganz genau, daß diese Videobotschaft hier von der Polizei aufgezeichnet wird und analysiert werden wird. Sämtliche Verbindungsdaten der Bürger hier auf Magrathea werden aufgezeichnet und zwei Jahre aufgehoben. Zur Verbrechensbekämpfung. Das Gesetz ist letzte Woche durchs Parlament gekommen. Kannst Du Dir das vorstellen? Ich frage mich, was diesem Föderationsplanet noch so alles einfällt“, er spieh das Wort Föderation schnaubend aus. „Ich frage mich, was daran noch Föderation sein soll. Was wird als nächstes kommen? Daß jeder einen Kommunikator tragen muß, der ständig das aufzeichnet was man sagt?“ Atrin schüttelte mißmutig seinen Kopf. „Weißt Du, ich kann die Traditionellen in dem Punkt echt verstehen, auf diesem Planeten will ich so auch nicht weiter leben. Ich werde zusehen, daß ich die Zwischenprüfungen hinter mich bringe und werde die Universität wechseln. Es ist mir egal, ob die Uni hier die zweitbeste im Quadranten ist oder nicht. - Egal - nachher treffe ich mich mit Gelina. Sie nimmt mich mit in den Politikzirkel. Dort wollen wir mit einigen Traditionellen über die Lage hier dis...“ Ein splitterndes Krachen ertönte in der Nachricht und ließ Dalen aufschrecken, der bislang seinem Sohn nur mit halber Aufmerksamkeit gefolgt war. „Keine Bewegung! - Was ...“, sein Sohn sah von der Kamera weg und schaute mit weit geöffneten Augen in Richtung der unbekannten Stimme. Atrin beugte sich nach vorne zur Kamera und drückte einen Knopf. Damit endete die Nachricht.