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Latest revision as of 12:36, 17 June 2018
Die andere Seite
Autor: Dalen Lazarus
Aufgereiht wie auf einer Perlenkette durchquerte der Kampfverband der Sternenflotte das bajoranische Wurmloch. Nacheinander erschien im Gammaquadranten eines der majestätisch anmutenden weißen Schiffe. Nach einer halben Minute waren sämtliche zwölf Schiffe erschienen. Wie abgesprochen gaben die Captains in der verabredeten Reihenfolge den Befehl, Kurs auf das Sprungtor nehmen, das in das Babylon-Universum führt.
Die Gedanken der brünetten Frau waren nicht im hier und jetzt. Ihre Aufmerksamkeit bemerkte nicht das kleine Büro, die karge Ausstattung mit kaum mehr als dem nötigsten. Mehr brauchte sie nicht. Mehr hatten sie nie gebraucht. Sie dachte zurück an den Tag, als ihre Geschwister – als sie mit ihren Geschwistern – Sharon Valerii gegenüber gestanden hatten. Sie erinnerte sich, wie verwirrt die Pilotin ausgesehen hatte. Das Gesicht der Asiatin war Ausdruck ihres Inneren gewesen – entsetzt. Wie mußte es wirken, wenn man erfährt, daß man nicht einzigartig auf der Welt ist. Wenn man erfährt, daß nicht nur einfach ein verlorengegangener Zwilling erscheint. Wenn man erkennen muß, daß man nur eine von Hunderten oder tausenden Duplikaten seiner selbst ist. Sharon war ihre Schwester. Sie liebte ihre Schwester. Sie war sich sicher, daß alle anderen auf die eine oder andere Art das gleiche fühlten. Nummer 4 erinnerte sich, wie sie ihr Gegenstück hatten wegschicken müssen. Die Kampfpilotin der Galaktika hatte ihren Auftrag auszuführen. Die Basis, auf der sie sich befunden hatten, mußte gesprengt werden. Ohne es vorher gewußt zu haben, mußte sie obendrein ihre Geschwister vernichten. Doch die Geschwister mußten einen zweiten Auftrag in ihrer Schwester wecken. Es mußte sein. Als Sharon weg war, als Nummer 4 sie in sicherer Entfernung wußte, hatte sie sich der zurückgelassenen Waffe genähert. Liebevoll hatte sie den Atomsprengkopf gestreichelt, als ... Ein Klopfen ließ Modell Nummer 4 aus ihren Gedanken auftauchen, das Wesen, daß ihrer Schwester Sharon Valerii bis aufs Haar glich. Es klopfte erneut. „Herein“, sagte sie. Die Tür öffnete sich. Nummer 6 trat durch den weißen Holzrahmen in das kleine Büro. „Wie geht es Dir?“, fragte die hochgewachsene Frau. Die blonden Haare fielen leicht gelockt an ihren Seiten herunter. Ein letzter Gedanke an die Raptor-Pilotin an Bord der Galaktika huschte der asiatisch aussehenden Frau hindurch. „Es geht. Ich vermisse sie“, beantwortete sie die Frage knapp. Verständnisvoll nickte der Neuankömmling. „Gibt es Neuigkeiten von ihr?“ Nummer 4 schüttelte ihren Kopf. „Sie lebt, das ist das Wichtigste. Aber sie halten sie immer noch auf der Galaktika gefangen.“ Die brünette Frau seufzte. „Was führt Dich denn her?“, ergänzte sie. „Wir haben Nachricht erhalten. Das Aufklärungsgeschwader 303 wurde zerstört, als es die Gegend um Bulgur erkunden wollte.“ „Wie ist es geschehen?“ „Das ist das merkwürdige. Die Menschen in diesem Teil der Galaxie müssen welche sein, die mit der Galaktika nichts zu tun haben. Sie scheinen nicht mit den zwölf Kolonien in Verbindung zu stehen. Anders kann ich mir nicht erklären, wie sie die Ressourcen besitzen, eine solche Schlagkraft aufzubauen. Sie haben Schiffe, die wir nicht kennen. Schiffe, die völlig anders funktionieren wie die von Caprica“, antwortete die blonde Frau. Sie setzte sich am Schreibtisch in den bereitstehenden Stuhl. „Denkst Du das gleiche wie ich?“, überlegte die Sharon-gleiche Frau. „Solange wir den Planeten nicht gefunden haben, müssen wir alles annehmen. Aber ja, ich denke schon. Ich denke, die dreizehnte Kolonie existiert wirklich. Und wir haben sie vor der Galaktika gefunden.“ Ein leicht teuflisches Lächeln umspielte die Mundwinkel von Nummer 6.
Seit die Verband aus dem Sprungtor getreten war, befand sich die Flotte in einer Kampfformation. Die Schiffe der Akira-Klasse hatten die Vorhut übernommen. Ihre flache Form bot einem Gegner kaum Angriffsfläche. Die USS Scorpion und die USS Tomahawk, beide Schiffe der Defiant-Klasse schützten die Flanken aus dem gleichen Grund. Die restlichen sechs Raumer der Föderation verteilten sich locker über und nebeneinander. Dabei hatte Frank Lincoln mit den anderen Sicherheitschefs darauf geachtet, daß jeder aus dem Verband freie Schußbahn nach vorne hatte. Sie befanden sich im Warptransit in Richtung Bulgur III, dem letzten bekannten Ort, an dem der neue Gegner aufgetaucht war.
Nummer 4 las den Bericht des Kommandanten von Basisstern 23 jetzt zum wiederholten Mal, in der Hoffnung, zwischen den Zeilen noch etwas Neues zu finden. „Während meines Dienstes war der Basisstern auf seiner Standardpatrouille. Ein Geschwader Raider flog wie in solchen Situationen üblich als lockerer Schwarm um den Basisstern und sicherte. Auf den Sensoren verschwanden plötzlich vier der Raider. Die Piloten derselben Gruppe berichteten übereinstimmend von einer begleitenden Lichterscheinung. Ich versetzte den Verband in Alarmbereitschaft und ließ das zweite Geschwader waffenbereit ausbringen. Die Alarmierung war glücklicherweise unbegründet. Die verschwundenen Raider meldeten sich nach zwei Minuten zurück. Die Sensorauswertung des führenden schweren Raider hat ergeben, daß das Raumphänomen offenbar das ist, was in der Theorie als Wurmloch vorausgesagt wird. Ich habe zur Erkundung Geschwader drei durch das Wurmloch fliegen lassen. Es besitzt erstaunlicherweise zwei weitere Ausgänge, nicht lediglich eines. Wie die wissenschaftliche Auswertung ergeben hat, führen beide in unterschiedliche Raumgebiete unserer Galaxie.“ Nummer vier legte das Protokoll vor sich auf den Tisch, faltete die beiden Hände zu einer Art Pistole zusammen und stützte sich mit dem Kinn darauf. Sie hatten also ein Wurmloch gefunden. Das was gut. Das waren Abkürzungen in zwei Ecken der Galaxie dar. Zwei Chancen, die verlorene dreizehnte Kolonie schneller zu finden. Die asiatische Frau schlug den zweiten Abschnitt des Protokolls des Basissterns 23 auf. „Wir entdeckten ein uns unbekanntes Raumschiff. Es besitzt eine langgezogene, kantige Form. Die Flugrichtung ist entlang dieser Länge. Im Mittelteil rotiert quer zur Flugrichtung eine kürzere langgezogene Form. Das Schiff besitzt eine Kennung, die es als Iclesia ausweist. Der Geschwaderführer entschied, das Schiff zur Aufklärung zu betreten. Die Soldaten wurden bemerkt, sodaß es zu einem Gefecht an Bord der Iclesia kam. Es gab Verluste. Der Rest des Aufklärungstrupps konnte entkommen, brachte aber eine Gefangene zurück. Wir haben weitere Menschen gefunden! Trotz intensiven Verhörs konnte der Frau nicht entlockt werden, wo sich die dreizehnte Kolonie befindet. Ich habe entschieden, sie zur weiteren Verwendung nach Caprica zu schicken. Mein weiteres Vorgehen wird sein, die nähere Umgebung außerhalb des Ausgangs 1 des Wurmlochs diskreter zu untersuchen.“ Die braunhaarige Frau unterbrach und überlegte. Die fremde Frau ist hier auf Caprica angekommen. Sie ist ein Sergeant Doreen Meyers. Ich habe sie an die medizinische Abteilung weitergereicht. Wir brauchen weiterhin passende Frauen für unsere Experimente. Sie ist Teil der Erdstreitkräfte. Erdstreitkräfte – das heißt, die Erde existiert tatsächlich. Der Planet ist nicht nur eine Legende. Ich habe den anderen geraten, geduldig zu bleiben. In jenem Teil der Galaxie scheinen andere Regeln zu herrschen. Der jüngste Bericht hat meine Befürchtung bestätigt, daß die Menschen dort gut ausgerüstet und wehrhaft sind. Damit nahm sie den aktuellen Bericht zur Hand. Es war jenes Protokoll, das Nummer 6 ihr vor einer Stunde gebracht hatte. Es enthielt die Nachricht von der Vernichtung des dritten Geschwaders durch die Menschen.