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Difference between revisions of "Katana:Sonderlogbuch 579176"

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Revision as of 16:50, 30 March 2014

Prolog
Sternzeit: 57917.6
Datum: 01.12.2380
Autor: Manoel Ramirez


Manõel Ramirez hatte schon beim Aufstehen ein seltsames Gefühl gehabt. Ihm hatte die ganze Mission überhaupt nicht geschmeckt. Gefangenentransporte zählten noch immer zu den Aufträgen mit den am schwersten kalkulierbaren Risiken. Er scheute freilich nicht die Gefahr an sich – mit seinem Gardemaß von 1,95m und einer „Kleiderschrankfigur“ brauchte er das auch nur selten – nein, Ramirez mochte keine Unwägbarkeiten. Meist ging bei diesen Reisen alles glatt, aber dieses Mal war ihm die Zusammensetzung der transportierten Gruppe von Beginn an suspekt gewesen. Die Gladstone verfügte über eine Besatzung von gerade mal 56 Mitgliedern, darunter ein ungewöhnlich hoher Anteil von Sicherheitskräften, was bei ihren Aufträgen jedoch einfach erforderlich war. Den letzten „echten“ Einsatz hatte dieses Schiff kurz vor der Entdeckung des bajoranischen Wurmlochs absolviert; im Dominionkrieg hatte es weit hinter der Front operiert, und an der entscheidenden Schlacht war es wegen einer zu hohen Distanz ebenfalls nicht beteiligt gewesen. Nein, dieses Schiff versah den Dienst, den die Sternenflotte eigentlich am liebsten komplett geleugnet hätte. Denn selbst in der „perfekten Gesellschaft“ der Föderation gab es ab und an Neid, Gier und all die anderen schlechten Charaktereigenschaften, die bisweilen zu Verbrechen führten. Von feindlichen Spionen und Kriegsgefangenen mal ganz zu schweigen. Auf allen Sternenflottenschiffen und -stationen wurden immer wieder Individuen in eine Arrestzelle gesteckt, aber keine dieser Einheiten war für einen längeren Aufenthalt geeignet. Hier kamen die Gladstone oder einer von fünf weiteren Gefangenentransportern ins Spiel. Sie nahmen dem jeweiligen Sicherheitschef die unliebsamen Gäste ab und brachten sie in die dafür vorgesehenen Institutionen. Der Dienst auf diesen Schiffen war nicht sonderlich beliebt, und man hatte ständig das Gefühl, vom Rest der Sternenflotte gemieden zu werden. Daher blieben abgesehen von der Führungscrew die meisten Leute kaum ein Jahr an Bord. Ramirez war seit drei Jahren hier. Irgendwie hatte ihn seit Vorgesetzter Lt. Commander Kalen immer wieder überreden können, doch noch „ein paar Wochen dranzuhängen“. Aber selbst Kalen war machtlos gegen einige Mechanismen der Flotte. In einer Woche würde Ramirez zum Lt. Cdr. befördert, das war bereits beschlossen; nur über den neuen Posten hatte man den Spanier bisher im Unklaren gelassen. Aber überall war es besser als hier – besonders heute. Geahnt hatte er es schon irgendwie am Morgen, aber seit etwas über einer Stunde besaß er Gewissheit – genau wie die übrige Besatzung, die im unteren Heck eingepfercht war, wo eigentlich die Gefangenen sitzen sollten. Die aber hatten inzwischen das Schiff übernommen. Wie es im Einzelnen vor sich gegangen war, hatte er gar nicht richtig mitbekommen, aber die zwei kleinen Kampfschiffe, die er vorhin durch die Fenster hatte erkennen können, waren daran sicher nicht unbeteiligt gewesen. Er saß nur deshalb nicht bei seinen Kameraden, weil die Steuerung von Turbolift 3 bei der Attacke mit als erstes System ausgefallen war, während sich Manõel gerade darin unterwegs zur Brücke befunden hatte, und Lt. Hayden noch geistesgegenwärtig vor der Übernahme die internen Sensoren nahezu irreparabel sabotiert hatte. Letzteres wusste Ramirez freilich nicht; er schob es lediglich auf unverschämtes Glück, dass es ihm bisher gelungen war, vier „von denen“ – wer immer „die“ auch waren – zu überwältigen. Nur trug er nach wie vor die auffällige Uniform, da leider keiner der von ihm Ausgeschalteten auch nur ansatzweise seine Kleidergröße hatte. Und die Crewquartiere wurden überraschend scharf bewacht. Entweder waren aus Platzmangel einige seiner Kameraden dort untergebracht worden, oder Grennock vermutete, dass ihnen jemand entgangen war. Grennock. Wilson Grennock. Der Sternenflottengeheimdienst hatte ihn als verhältnismäßig niedrigen Angehörigen des Orionsyndikats eingestuft. Da musste einer dieser Sesselfurzer ganz ordentlich was verdreht haben; Ramirez hatte ihm gleich, als er an Bord gebracht wurde, angesehen, dass der Mann mehr daran gewöhnt war, Befehle zu geben, als sie zu empfangen. Aber ihn hatte ja mal wieder niemand gefragt. Manchmal hasste Manõel es, wenn er Recht behielt – wie z.B. in diesem Fall: Offenbar war Grennock von Beginn an der Anführer dieses Aufstands gewesen. Jedenfalls war es seine Stimme, die durch die Lautsprecher drang; Ramirez verstand zwar – offenbar war auch dieses System in Mitleidenschaft gezogen worden – nur Bruchstücke, aber der Tonfall war einmalig. Obwohl sie erst seit drei Tagen unterwegs waren, hatte sich ihm diese Stimme eingeprägt; er wusste nicht einmal genau, wieso. Momentan hatte er sowieso dringendere Sorgen.

Alleine konnte er das Schiff nicht zurück erobern, so viel stand fest. Also benötigte er Verstärkung. Die Wachen im Bereich der Crewquartiere konnte er unmöglich schlagen; davon hatte er sich durch einen Blick über den Flur gerade noch rechtzeitig überzeugen können, bevor er ebendieses versucht hätte. Somit blieb ihm nur die vage Hoffnung, dass sich wenigstens ein Teil der Besatzung im vor langer Zeit zum mobilen Gefängnis umgebauten Frachtraum befand und dort vielleicht eine Chance auf Befreiung bestand. Wenigstens die Jeffriesröhren der Gladstone waren noch einigermaßen heil, so dass Ramirez sie nutzen konnte, um den drei Decks tiefer liegenden Frachtraum zu erreichen. Zwischendurch hörte er immer wieder Grennock durch die Lautsprecher verschiedene Namen bellen – er zweifelte nicht daran, dass diese Namen zu den Leuten gehörten, die er bereits ins Land der Träume geschickt hatte. Das passte Manõel überhaupt nicht, denn das hieß, dass seine Gegner gewarnt waren.

Elaine Willowby hatte noch immer nicht recht begriffen, was eigentlich passiert war. Während des Angriffs war plötzlich ein bis an die Zähne bewaffneter Trupp vor ihr und Fatil aufgetaucht und hatte verlangt, dass sie die Zellen öffneten. Widerstand wäre völlig zwecklos gewesen, so dass die beiden sich jetzt mit 33 weiteren Crewmitgliedern auf der anderen Seite der Kraftfelder befanden. Auf der Gladstone entsprach praktisch nichts auch nur ansatzweise dem neuesten Stand der Technik – mit Ausnahme des Arrestbereichs, wie Willowby und die anderen gerade leidvoll feststellen mussten. Die Zellen waren ohne Werkzeug oder Hilfe von außen absolut ausbruchssicher. Frustriert saß sie mit dem Rücken an die Zellenwand gelehnt auf dem Boden, als die Abdeckung hinter ihr plötzlich kaum merklich vibrierte. Sie hätte dies selbst gar nicht wahrgenommen, wenn nicht auch eine Stimme leise zu hören gewesen wäre, die zu fluchen schien. Es klang wie „Bramba.“ Wenngleich Elaine den Sinn dieser Aussage nicht zu erfassen vermochte, überlegte sie jedoch fieberhaft, woher die Geräusche kommen konnten. Irgendwo hinter der Wand verlief eine Jeffriesröhre, so viel wusste sie. Da die Angreifer das Schiff fest in der Hand hatten, krabbelte wohl keiner von denen darin herum. Folglich... Folglich musste jemand entkommen sein! Aber wer? Sie ging zu Fatil hinüber und stubste ihn an, da er eingeschlafen war. Brummelnd öffnete er die Augen, nur um sie gleich wieder zu schließen und sich auf die andere Seite zu drehen. Erneut stubste sie ihn, dieses Mal etwas heftiger. Fatil drehte sich zurück und sah sie grimmig an. „Was soll das?“, zischte er. Elaine hielt den Zeigefinger vor den Mund, ging in die Hocke und flüsterte: „Wer fehlt hier?“ „Was?“ „Wer fehlt hier? Von der Crew, meine ich. Wer müsste hier mit uns eingesperrt sein, ist es aber nicht?“ „Na, die Führungscrew. Die haben sie doch in den Quartieren eingeschlossen – jedenfalls behaupten sie das. Und diejenigen, die im Schlaf von dem Überfall überrascht wurden, durften ebenfalls gleich in ihren Kojen bleiben – letztere beneide ich irgendwie.“ „Das meinte ich nicht, alte Schlafmütze“, entgegnete Willowby. „Es fehlt noch jemand.“ „Hm?“ „Ich habe gesagt: 'Es fehlt noch jemand.' Ich komme nur nicht drauf, wer. Jemand müsste hier mit uns eingesperrt sein, ist es aber nicht.“ „Blödsinn.“ „Dieser 'Blödsinn' befindet sich vermutlich gerade in Jeffriesröhre 5B.“ Schlagartig war Fatil vollkommen wach: „Aber die ist doch...“ „... genau dahinter, ja. Willowby deutete auf die Rückwand der Zelle. Fatil fuhr hoch und schüttelte sich kurz. Dann begann er, laut zu überlegen: „Jennings, Hured und Gaylton sitzen gegenüber.“ Willowby fuhr fort: „Darmol, Hunter und Masterson links daneben. Auf der anderen Seite Zane, Barks und Rutan.“ „Rutan? Für gewöhnlich schiebt doch Ramirez mit den Beiden Schicht.“ „Hast du schon während des Diensts geschlafen?“, fragte Willowby spöttisch. „Ramirez wurde doch kurz vor Beginn des Angriffs zur Brücke...“ Elaine stockte mitten im Satz. Die Beiden sahen sich direkt in die Augen. „Vielleicht sitzt er in einer anderen Zelle, die wir nicht einsehen können?“, meinte Fatil. „Wäre möglich. Wie finden wir das heraus? Wenn wir mit denen da drüben sprechen, hören uns die Wachen.“ „Tja...“ – Fatil rieb sich das Kinn – „... schon mal 'Scharade' gespielt?“

„Caramba“, entfuhr es Ramirez unwillkürlich, als er sich zum wiederholten Mal den Kopf anstieß. Langsam begriff er, warum ihm noch nie ein Starfleetingenieur mit einem bemerkenswert breiten Kreuz begegnet war. Leute seiner Statur gehörten einfach nicht in Jeffriesröhren. Erleichtert erblickte er vor sich die Ausstiegsluke, als ihm bewusst wurde, dass er gar keinen richtigen Plan hatte. Er wusste zwar, wo die Röhre endete, hatte aber keinen blassen Schimmer, was ihn auf der anderen Seite erwartete. Zwischen gähnender Leere und einem bis an die Zähne bewaffneten mehrköpfigen Kampftrupp musste er mit allem rechnen – was ihm überhaupt nicht passte. Weder hatte er einen Tricorder zur Verfügung, noch konnte er wegen räumlicher Enge ein Ohr an die Luke pressen. Hier bleiben konnte er aber ebenso wenig, sonst würden sie ihn irgendwann mit Sicherheit finden; und da man anders nur durch die Flure, wo er auf jeden Fall entdeckt würde, zum Sicherheitsbereich gelangen konnte, gab es für ihn jetzt nur noch eine Möglichkeit: Er robbte so nah wie irgend möglich an die Luke heran, griff nach einem der beiden Phaser, die er mit sich führte, und betätigte mit der freien linken Hand den Öffnungsmechanismus. Er hatte nicht einmal genug Platz, um die Phaserhand nach vorn zu führen. Ramirez spannte seinen Körper an, so gut es eben ging, und stieß die Luke weg, die scheppernd auf dem Boden aufschlug. „Na toll“, dachte er, „das muss ja jemand gehört haben.“ Mit zwei schnellen Bewegungen sprang er aus der Jeffriesröhre, rollte sich auf dem Flur ab und kam auf den Knien zu einer halbwegs stabilen Position. Sofort griff er nach der zweiten Waffe und stellte überrascht fest, dass der Gang tatsächlich leer war. Auch zu hören war nichts, abgesehen von dem immer aggressiver klingenden Grennock. Jetzt musste er rasch handeln, bevor doch jemand etwas bemerkte. Die Tür zum Frachtraum befand sich gleich hinter der nächsten Biegung, weswegen höchste Vorsicht geboten war. Mit zwei Schritten war er an der Ecke und spähte vorsichtig, beide Waffen bereit, in Richtung Sicherheitsbereich. Verwundert erblickte er wieder keine Wachen. Obwohl diese Situation nach einer Falle roch, hatte Ramirez keine Wahl. Den einzigen Zugang zum Sicherheitsbereich, von dem er aus Grennocks Durchsagen inzwischen wusste, dass er tatsächlich einige seiner Kameraden beherbergte, stellte diese Tür dar. „Was soll's“, dachte er bei sich. „Dann kriegen sie mich eben. Aber man muss es ihnen ja nicht zu leicht machen.“ Er bog um die Ecke und steuerte geradewegs nicht auf die Frachtraumtür, sondern ein etwa zwei Meter näheres Wandpanel zu. Er drückte nacheinander auf drei verschiedene, kaum sichtbar markierte Punkte, wonach sich die gegenüberliegende Wand öffnete und den Blick auf einen kleinen Waffenschrank freigab. Zum ersten Mal am heutigen Tag trat ein breites Grinsen auf das Gesicht des Spaniers, weil er genau das gesucht hatte, was er nun vorfand.

Shane McMurphy gefiel seine momentane Lage absolut nicht. Ja, Grennocks Plan war geglückt. Ja, die Suleinos waren rechtzeitig eingetroffen. Ja, sie hatten das Schiff übernommen. Aber anstatt die Crew auszusetzen oder gleich umzubringen, hatte Grennock sie einfach nur einsperren lassen – offenbar war er der Ansicht, ein paar Geiseln könnten vielleicht noch nützlich sein – und eine Hand voll Männer zu ihrer Bewachung abgestellt. McMurphy war einer davon. Und jetzt spielten die Gefangenen verrückt. Vor ein paar Minuten hatte es begonnen. Plötzlich hatten die Angehörigen der Gladstone-Crew herumgelärmt, achtlos liegen gelassene Gegenstände gegen die Zellwände und Kraftfelder geworfen, wild gekreischt und geschrien und überhaupt alles getan, um die Aufmerksamkeit ihrer Wächter auf sich zu ziehen. Und diesen Idioten Vanson hatten sie damit überlistet. Er hatte sogar die Türwachen hereingerufen, um die Leute zu beruhigen. McMurphy war nach nur einem Blick auf die Situation misstrauisch geworden. Was die Starfleettypen hier veranstalteten, war ein klassisches Ablenkungsmanöver. Nur war ihm der Sinn dieser Aktion nicht klar. Ein Ablenkungsmanöver beinhaltete etwas, wovon abgelenkt werden sollte. Aber was konnte das hier nur sein? Davon, dass die Zellen ausbruchssicher waren, hatten sie sich in den letzten Tagen bereits ausreichend überzeugen können. Es waren ja auch alle hier – alle mit Ausnahme der Führungscrew. Und mit Ausnahme dieses Phantoms, das Grennock an Bord vemutete. Nur weil ein paar Leute, die sich vermutlich nur gerade mit Synthohol zuschütteten, sich nicht meldeten, meinte er gleich, dass noch jemand unentdeckt geblieben war. Nach über zwei Stunden. „So ein Quatsch“, dachte McMurphy. „Andererseits – wäre ich dieses 'Phantom', würde ich versuchen... Verdammt!“ Genau in diesem Moment, in dem McMurphy seine „Zweckfreunde“ warnen wollte, öffnete sich die Frachtraumtür, und ein kleines Objekt rollte herein. McMurphy drehte sich um und erkannte sofort, worum es sich handelte; er schaffte es gerade noch, die Arme hoch zu reißen, bevor die Blendgranate losging. Ramirez freute sich diebisch, als er den Lärm aus dem Frachtraum hörte. Offenbar war die Überraschung gelungen. Trotzdem war Eile geboten, da der Effekt nur etwa eine Minute anhalten würde. Vorsichtig lugte Manıel um die Ecke und erledigte einige Gegner mit gezielten Phaserschüssen. Plötzlich hörte er ein Summen und sah erschrocken, wie die Wache, die er gerade betäubt hatte, vor ihm nicht zusammen sackte, sondern sich auflöste. Instinktiv zog er den Kopf wieder zurück – gerade noch rechtzeitig, denn der nächste Strahl brannte genau in dieser Höhe ein Loch in die gegenüberliegende Wand. Da war kein Anfänger am Werk.

McMurphy hätte vor Wut losschreien können, als Vanson ihm in den Schuss fiel. Der Mann war zwar aus seiner Sicht kein großer Verlust, aber jetzt war der Möchtegernheld gewarnt. Die Granate hatte alle außer ihm „erwischt“; Fredericks taumelte benommen durch die Gegend, der Rest lag am Boden. Er fragte sich, was dieses „Phantom“ als Nächstes vorbereitet hatte. In dieser Position konnte er selbst jedenfalls nicht viel ausrichten; ihm standen nur sein Phaser und die der anderen Wächter zur Verfügung. Die Blendgranate war aber sicher nicht der einzige Trumpf seines Gegners gewesen. Verstärkung konnte er nicht rufen, da die Schiffskommunikationssysteme zurzeit nur in einer Richtung, von der Brücke weg, arbeiteten. Hektisch blickte er sich hinter seinem improvisierten Versteck, einer frei stehenden Konsole um, als könnte er eine Idee einfach erspähen. Tatsächlich kam ihm eine. Ramirez stand eng an die Wand gedrückt und fluchte innerlich. Mit einer weiteren Blendgranate konnte er nichts erreichen, aber leider gab der Waffenschrank nichts anderes her. Energie hatten seine Waffen noch genug, und ein Phasergewehr war hier ungeeignet. „Hey, großer Krieger!“ Die Stimme aus dem Arrestbereich riss ihn aus seinen Gedanken. Er knurrte kurz, dann erkannte er, dass er wohl besser antworten sollte: „Meinen Sie mich?“ „Genau“, antwortete der Mann. „Bist ein Schnellmerker, was? Du solltest dich jetzt besser ergeben.“ „Warum sollte ich das tun? Immerhin bin ich bisher ganz gut mit der Offensivtaktik gefahren.“ „Ich glaube, das ist dein Stichwort, Schätzchen“, sagte der Mann wesentlich leiser; offenbar meinte er nicht Ramirez. „Manõel!“ Ramirez erkannte die Stimme sofort: „Elaine?“ „Er sagt, du sollst dich ergeben, sonst...“ „Sonst hat die Kleine hier noch fünf Sekunden zu leben“, hörte Ramirez wieder die ihm inzwischen bekannte Männerstimme. „Bitte keine Heldentaten, Manõel. Denk daran, was sie uns auf Dicor 4 beigebracht haben“, flehte Willowby. „Ja, hör auf die Kleine“, rief die Männerstimme und fügte hinzu: „Drei Sekunden!“ „Ist ja gut, ist ja gut“, antwortete der Spanier und trat mit erhobenen Händen um die Ecke. Die Waffen hingen seitlich locker an seinem Gürtel. McMurphy machte sich nicht die Mühe, seine Erregung zu verbergen: „Brav, sehr brav. Bleib genau dort stehen. - Fredericks, nimm ihm die Waffen ab!“ Der Angesprochene blinzelte heftig und schüttelte leicht den Kopf. Offenbar hatte er sich von dem Blitz noch immer nicht vollständig erholt. Trotzdem bewegte er sich recht sicheren Schritts auf Ramirez zu, der McMurphy, welcher wiederum Elaine umklammert hatte und seine Waffe gegen ihre Schläfe presste, starr mit den Augen fixiert hatte. Elaine Willowby konnte in McMurphys festem Griff kaum atmen. Sie hatte zwar Dicor 4 erwähnt, und ganz offenbar wartete Manõel auf das entsprechende Zeichen. Aber in ihrer momentanen Lage bestand keine Möglichkeit, es zu geben. Also improvisierte sie und ließ sich einfach hängen, um so schwer wie möglich zu werden. Darauf war McMurphy nicht vorbereitet, und zudem waren seine Augen auf den hünenhaften Spanier in der Tür gerichtet, so dass er zwangsläufig den Griff ein wenig lockerte. „Komm nicht auf dumme Ideen“, zischte er und presste den Lauf seiner Waffe noch stärker gegen ihren Kopf. Dafür musste er seinen Kopf leicht vorbeugen. Genau darauf hatte Willowby gewartet. Ruckartig schnellte ihr gesamter Körper in die Höhe, so dass ihr Schädel McMurphys Kinn traf. Reflexartig lockerte er den Griff, so dass Elaine sich befreien und zu Boden fallen lassen konnte. Noch bevor McMurphy seine Sinne wieder beisammen hatte, hatte Ramirez bereits seinen Phaser abgefeuert. Während der Schotte zu Boden sackte, verpasste der Spanier Fredericks einen saftigen Kinnhaken, der diesen unsanft auf den Boden beförderte. Der folgende Betäubungsschuss war eigentlich überflüssig, aber Ramirez ging lieber auf Nummer Sicher. Dann half er Elaine wieder auf die Füße, wobei er sie tadelte: „Dicor 4? Bist du eigentlich komplett verrückt?“ Ihre lapidare Antwort lautete: „Warum? Hat doch geklappt. Hast du dir etwa Sorgen um mich gemacht?“ Ramirez schüttelte nur vorwurfsvoll den Kopf und brummelte: „Das hättest du wohl gern.“ Dann machten sich beide daran, die Crewmitglieder aus den Zellen zu befreien und dafür die wild über den Frachtraum verstreuten Straftäter in selbige zu befördern. Als alle Gladstone-Angehörigen frei waren, brachte Jennings als Erster die Frage hervor, die wohl allen im Kopf herumschwirrte: „Und was jetzt?“ Ramirez war unter den Anwesenden noch immer der ranghöchste, musste also streng genommen diese Frage beantworten. Doch hatte er sich darüber noch gar keine Gedanken machen können. Bis hierher hatte es gar keine anderen Möglichkeiten zu handeln gegeben. Also tat er das, was er schon so viele Male bei vorgesetzten Offizieren gesehen hatte: Er reichte die Frage weiter: „Grennock befindet sich mit einigen seiner Leute und einer Minimalcrew auf der Brücke. Ein Teil der Besatzung, u.a. die Führungsoffiziere, wird in ihren Quartieren gefangen gehalten – und zwar gut bewacht, wovon ich mich schon persönlich überzeugen konnte. Hat jemand eine Idee?“ „Wie wär's mit dem Transporter? Damit könnten wir schnell an zwei Orten gleichzeitig sein“, schlug Zane vor. „Keine Chance“, warf Hunter ein. „Vor der endgültigen Übernahme hat Hayden durchgesagt, er hätte die internen Sensoren sabotiert. Unter diesen Umständen wäre jeder Beamversuch innerhalb des Schiffs glatter Selbstmord.“ „Das erklärt so einiges...“, dachte Ramirez bei sich in diesem Moment. Er rieb sich das Kinn und antwortete: „Gut, die Möglichkeit können wir wohl vergessen.“ „Betäubungsgas?“, schlug Elaine vor. „Da müssten wir doch was an Bord haben, zumindest auf der Krankenstation.“ „Kennst du dich damit aus?“ Ramirez stellte die offensichtliche Gegenfrage. „Nicht wirklich“, gab Willowby kleinlaut zu. „Und der Doktor sitzt in seinem Quartier fest. Aber Rutan und Masterson haben doch eine Sanitätsausbildung.“ „Kriegen Sie das hin?“, wollte Ramirez von den Beiden wissen. Rutan und Masterson musterten sich kurz gegenseitig, bevor Ersterer antwortete: „Ein geeignetes Mittel auf der Krankenstation zu mischen, sollte kein Problem darstellen. Allerdings habe ich keine Ahnung, wie wir das auf dem Schiff gleichmäßig verteilen können. Die Umweltkontrollen scheinen zwar noch zu funktionieren, aber wir bräuchten schon fundierte technische Unterstützung.“ Masterson bekräftigte Rutans Antwort durch Nicken. „Gebt mir das Zeug, ich krieg das schon durch die Belüftung“, meldete sich Grasom zu Wort. „Sind Sie sicher?“, wollte Ramirez wissen. „Aye, Sir. Allerdings kann ich Ihnen keine Zeit dafür nennen. Vor allem, weil wir noch keine Vorstellung davon haben, was wir nun in der Lage sein werden, zusammen zu rühren.“ „Egal, machen Sie sich an die Arbeit. Hunter und Gaylton, Sie gehen mit und passen auf, dass die drei ihr Ziel erreichen. Wenn die Sache klappt, könnten Sie als letzte Individuen an Bord bei Bewusstsein bleiben. Ich werde zusehen, ob ich Ihnen nicht etwas Zeit verschaffen kann.“ „Wenn ich fragen darf“, entgegnete Gaylton, „wie wollen Sie uns Zeit verschaffen, Sir?“ „Indem ich mich ergebe“, antwortete der Spanier ohne jede Gefühlsregung.

„Und du fragst mich, ob ich verrückt bin?“, raunte Willowby Ramirez auf dem Weg zu den Mannschaftsquartieren zu. Der Angesprochene schaute sie missmutig an, dann musste er schmunzeln. Eigentlich hatte sie ja Recht. „Wenn du eine bessere Idee hast...?“ „Können wir sie nicht mit dieser Menge überwältigen?“ „Vermutlich. Aber damit brächten wir die Leute auf der Brücke in Gefahr.“ „Wer sagt dir denn, dass die von hier aus überhaupt kommunizieren können? Schließlich geht das doch von unten aus auch nicht.“ „Wer sagt dir, dass sie's nicht können?“ Elaine senkte betreten den Kopf. Darauf hatte sie keine Antwort. „Pass auf dich auf.“ Dieser Satz war schon mehr gehaucht als geflüstert; beinahe hätte Ramirez ihn gar nicht gehört. Zweifelnd sah er Willowby an, sagte aber nichts mehr.

Za'Bon war langweilig. Er bewachte Quartiere, deren Bewohner nicht im Ansatz an einen Ausbruchsversuch dachten. Die Schiffsübernahme war auf beiden Seiten nahezu ohne Opfer vonstatten gegangen, und Grennock hatte auf so vielen Geiseln wie möglich bestanden. So praktisch ohne Blutvergießen machte die Revolte Za'Bon keinen Spaß. Und was ihn noch mehr frustrierte, war, dass die Suche nach dem einen offenbar Lebensmüden, der die Aufständischen einen nach dem Anderen ausschaltete, ohne ihn ablief. Er hätte diesem Wahnsinnigen schnell seine Grenzen aufgezeigt, daran hatte Za'Bon keinerlei Zweifel. Was war das? Von links hörte Za'Bon leise, langsame Schritte. Sollte der Verrückte tatsächlich... - Za'Bon gab dem neben ihm stehenden Peyton ein Zeichen; beide drehten sich herum, so dass sie in Richtung des Geräusches blickten; die Waffen in ihren Händen folgten der Bewegung. Za'Bon drückte sich gegen die Wand; Peyton bedeutete er, die gegenüberliegende Seite zu besetzen. Doch dazu kam es nicht mehr: Noch bevor Peyton den ersten Schritt tat, streckte ihn ein gezielter Phaserstrahl nieder. Das war Grund genug für Za'Bon, ganz entgegen seiner Gewohnheit die restlichen Wachen zu alarmieren, anstatt sich diesem Phantom alleine entgegen zu stellen. Er pfiff zweimal kurz, woraufhin sich Durant und der Rest sofort auf den Weg in seine Richtung machten; als sie in Sichtweite waren, dirigierte er sie so, dass sie sich zu etwa gleichen Teilen an die Korridorwand verteilten. Er bedeutete ihnen allerdings, in Deckung zu bleiben. Er wollte nicht, dass sein Gegner merkte, wie vielen er gegenüberstand und sich plötzlich gegen einen Kampf entscheiden könnte. Zwei der Männer schickte Za'Bon in das nächstgelegene Quartier. Er brauchte ihnen nicht zu sagen, wieso. Dann wandte er sich an den Verrückten, der sich nur einige Meter entfernt aufhalten musste: „Hör zu, Kumpel! Du hast bisher verdammtes Glück gehabt, aber ewig geht das nicht so weiter. Das weißt du genauso gut wie ich. Wenn du dich nicht sofort ergibst, könnte das deinen Freunden schlecht bekommen.“ Als Antwort erhielt er zwei Phaserschüsse. Zwar verfehlten sie ihn, aber doch knapper, als ihm lieb war. „Also auf die harte Tour. Das hatte ich gehofft“, bellte Za'Bon. In diesem Moment öffneten sich die Quartiertüren, und Za'Bons ehemalige Mitgefangene traten mit einer Geisel heraus. Blitzschnell griff sich Za'Bon die ihm unbekannte Frau in goldener Uniform, ihren Rangabzeichen nach Lt. Cdr., und schob sie vor sich. Aus seinem Gürtel holte er einen Dolch mit gezackter Klinge und hielt ihn der Frau an die Kehle, während er mit dem anderen Arm ihren Körper fest im Griff hatte. So geschützt trat er mitten auf den Korridor. „OK, es reicht mir jetzt. Du hattest deinen Spaß mit diesen Nichtsnutzen, aber nun wird es Zeit, der Wahrheit ins Auge zu blicken. Du hast fünf Sekunden, um deine gesamten Waffen abzulegen und dich zu ergeben. Sonst wird Blondie hier keine Gelegenheit erhalten, ihren dritten Pin zu füllen.“ Za'Bon holte kurz Luft, bevor er übertrieben dramatisch rückwärts zu zählen begann: „Fünf... – vier...“ Ein Phaser flog aus der Deckung auf den Korridor. Trotzdem zählte Za'Bon weiter: „Drei... – zwei...“ „Hören Sie auf“, kam eine dunkle Stimme aus der Richtung, aus der gerade erst die Waffe gesegelt war. Aus der Deckung stand ein großer, breitschultriger Mensch mit schwarzen Haaren auf, die offenen Hände hielt er über den Kopf. „So ist's brav“, grinste Za'Bon. „Und jetzt kommst du ganz langsam her, die Händchen schön da, wo sie jetzt sind.“ Ramirez starrte sein Gegenüber finster an, während er langsam näherkam. Als er nur noch drei Armlängen (für ihn selbst eher 2½) entfernt war, sage Za'Bon: „Halt! Das reicht.“ Ohne sich umzudrehen, wies er seine Kameraden an: „Durant! Melik! Festhalten und durchsuchen.“ Die beiden Männer reagierten sofort und förderten eine zweite Handfeuerwaffe und ein paar Granaten zu Tage. „Das hast du dir so gedacht“, grinste Za'Bon selbstzufrieden. Er ließ die Frau, die über die gesamte Zeit reglos geblieben war, los und bedeutete Ganos, sie wieder in ihre Zelle zu geleiten. Sie würdigte Ramirez keine Blickes, sondern folgte stumm. „Nicht mal ein Wort des Danks“, lästerte Za'Bon. „Die Heldennummer hat dir bei ihr auch nichts eingebracht.“ Plötzlich drehte sich die Frau um und spuckte Za'Bon mitten ins Gesicht. Ganos wollte sofort auf sie losgehen, aber Za'Bon hielt ihn mit einer kurzen Geste zurück, bevor er sich das Gesicht mit dem Ärmel abwischte. Wieder setzte er ein selbstgefälliges Grinsen auf: „Du gefällst mir, Blondie. Mir ist egal, was Grennock gesagt hat. Wenn wir ihm deinen Freund hier vorgeführt haben, werden wir beide ein wenig Spaß haben.“ Die Frau verzog angewidert das Gesicht, gab einen verächtlichen Laut von sich, drehte sich erneut ruckartig um und ging schnurstracks in ihre Zelle. „Sind die Sternenflottenmädels eigentlich alle solche Kratzbürsten?“, fragte er Ramirez, der nur stumm zurück starrte. „Du willst offenbar nicht reden“, stellte Za'Bon fest. „Na gut, bringen wir ihn zu Grennock. Vielleicht können wir uns dann endlich darum kümmern, wie wir hier verschwinden.“

Die Brücke sah im Vergleich zum Rest der Gladstone praktisch unbeschädigt aus. Soweit Ramirez sie überblicken konnte, funktionierten alle Konsolen. Außer Grennock befanden sich inklusive der drei, die ihn hinaufgeführt hatten, noch zwölf der ehemaligen Gefangenen und drei Crewmitglieder auf der Brücke. Grennock fühlte sich im Stuhl des Captains offenbar sehr wohl. Er drehte sich zum Turbolift, als der Spanier, gefolgt von seinen Bewachern, heraustrat. Sofort erkannte er den stellvertretenden Sicherheitschef: „Lieutenant Ramirez! Ich gratuliere. Sie haben mir tatsächlich einiges Kopfzerbrechen bereitet.“ „Freut mich, das zu hören“, entgegnete Manõel trocken. „Leider ist Ihr Kopf noch ganz.“ Grennock schmunzelte: „Ihr Sinn für Humor gefällt mir. Wollen Sie nicht den Arbeitgeber wechseln? Ein Mann mit Ihren Fähigkeiten könnte es in unserer Organisation weit bringen.“ „Sollte ich jemals für Ihre sogenannte 'Organisation' arbeiten, dann nur, um sie komplett zu zerschlagen.“ „Ein Mann mit Prinzipien. Bedauerlich, äußerst bedauerlich.“ Grennock schüttelte den Kopf – genau wie einige andere der Anwesenden, allerdings sah das Kopfschütteln bei letzteren anders aus. Ensign Cutler an der Navigationskonsole hustete. Auch Ramirez wurde ein wenig schwindlig. Ein Grinsen huschte über sein Gesicht, was Grennock offenkundig bemerkte: „Sie haben also doch noch einen Trumpf in der Hand. Ich habe...“ – das Sprechen fiel ihm sichtlich schwer – „... ich habe Sie... unterschätzt. Sie sollten... wirklich... den Arbeitgeber...“ Weiter kam er nicht. Ramirez sah trimphierend, wie Grennocks Kopf zur Seite sackte. Dann wurde auch dem Spanier schwarz vor Augen. Ramirez hörte Captain Rigbys Worten nicht wirklich zu. Es war vermutlich eh nur das übliche Sammelsurium aus Pflichterfüllung, guter Kameradin und einer großen Lücke, die diese hinterlassen hätte. Er machte Rigby nicht mal einen Vorwurf für diese Standardfloskeln. Bei der auf der Gladstone üblichen Fluktuation konnte man kaum persönliche Beziehungen aufbauen.

Elaine Willowby war seit vier Monaten an Bord gewesen und hatte trotz dieser schon vergleichsweise langen Dienstzeit nie ihre positive Grundstimmung abgelegt – ein seltenes Phänomen auf diesem Schiff, das doch einen insgesamt eher trübsinnigen Dienst verrichtete. Ausgerechnet an dem eher mürrischen Manõel hatte sie schnell einen Narren gefressen, was selbiger immer noch nicht verstehen konnte. Leider würde er nun keine Gelegenheit mehr erhalten, sie um eine Erklärung zu bitten. Hätte er doch nur nicht ihrem Drängen nachgegeben, ihn wenigstens auf den Korridor mit den Crewquartieren begleiten zu dürfen. Dann wäre sie nicht dem Takaraner aufgefallen, als das Gas seine Wirkung entfaltete. Dann wäre der nicht in ihrem bereits geschwächten Zustand auf sie losgegangen und hätte sie nicht mit seinem Messer verletzt, bevor sie ihn mit dem Phaser betäubt hatte. Rutan und Masterson hatten beim Mischen ihres Gebräus nicht an den Takaraner unter den „Gästen“ gedacht. Seine Physiologie hatte ihn immun gegen das Gas gemacht. Zum Glück hatte das nicht noch für weitere der Gefangenen gegolten, und die beiden Schiffe, die die Gladstone angegriffen hatten, waren schnell verschwunden, als ihnen klar geworden war, dass Grennock erneut eingekerkert worden war. Als die Gladstone-Crew den Takaraner schließlich entdeckt hatte, war es zu spät für Elaine gewesen. Ramirez gab sich als zu dem Zeitpunkt ranghöchstem diensttauglichen Offizier die Schuld an ihrem Tod. Das hatten alle seine Kameraden gemerkt und erfolglos versucht, ihn aufzumuntern. Er wollte nur noch weg. Weg von diesem Schiff, diesem Quadranten, diesem Leben. Er dachte ernsthaft daran, den Dienst zu quittieren. Doch seine Beförderung wollte er noch. Irgendwie fand er, dass die Föderation ihm das schuldig war – alleine schon für die rekordverdächtig lange Dienstzeit auf der Gladstone. Zudem würde er der Flotte nicht den Rücken kehren, solange er eh nicht wusste, was er sonst anstellen sollte. Auch wenn das vermutlich nicht die beste Motivation für die Fortführung einer Sternenflottenkarriere darstellte, wollte er einfach solange weitermachen, bis ihm etwas Besseres einfiele.

Er schluckte kurz, als der Torpedo in das Abschussrohr eingelegt wurde. „Sie werden mir fehlen, Manõel“, sagte Kalen. „Ich muss allerdings zugeben, dass Ihnen der neue Pin sehr gut steht.“ „Gracias, Sir.“ Ramirez zeigte wie meist wenig Emotion, als er fortfuhr: „Ich habe hier vieles gelernt. Ich hoffe, mir wird das...“ „Blödsinn!“ Gegen jede Etikette unterbrach Kalen den frischgebackenen Lt. Cdr. „Ich habe Ihnen nicht mehr viel beibringen können, und das wissen Sie sehr gut. Ich verliere einen guten Offizier, während irgendein Captain einen verdammt guten Sicherheitschef bekommen wird – falls Sie dabeibleiben.“ „Sir?“ Manõel war sichtlich entgeistert. Vor Kalen brauchte er glücklicherweise keine Scheu zu haben, die beiden kannten sich lange genug. Und ohne weitere Zuschauer fühlte er sich nicht genötigt, sein Pokerface aufzusetzen. „Manõel, ich weiß, was in Ihnen vorgeht. Willowby fehlt allen hiert, aber Ihnen ging der Verlust am meisten zu Herzen. Leugnen Sie es nicht,..“ - den Ansatz einer Erwiderung unterbrach er mit einer deutlichen Handbewegung - „... Sie mochten die Dame. Sehr sogar. Und soweit ich das sehen konnte, beruhte das durchaus auf Gegenseitigkeit. Ein solcher Verlust lässt sich nicht von heute auf morgen verdauen. Aber Sie haben jetzt drei Wochen Zeit, bis Ihr neues Schiff hier andocken wird.“ Ramirez war erstaunt: „Sie wissen, wohin ich versetzt werde?“ „Natürlich. Sie etwa nicht?“ Kalen konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. „Ach, stimmt ja, Sie genießen erst seit heute die entsprechende Sicherheitsstufe. Sehen Sie her.“ Er drehte sein Display um, so dass Ramirez es einsehen konnte. Der Spanier rieb sich verwundert die Augen. „Die Katana? Das muss ein Fehler sein.“ „Wieso?“, fragte Kalen interessiert. „Wenn auch nur die Hälfte der Geschichten über dieses Schiff stimmt, muss man an Bord ständig auf Überraschungen gefasst sein – selbst bei den harmlosesten Aufträgen. Ich hasse Überraschungen.“ „Dafür haben Sie aber bei der jüngsten Krise hervorragend improvisiert“, schmunzelte Kalen. „Sie müssen jemanden da oben mit Ihrem Alleingang ziemlich beeindruckt haben. Abgesehen davon ist das vielleicht die beste Gelegenheit für Sie, so schnell und so weit wie möglich von ebendiesen Ereignissen wegzukommen, ohne gleich ganz den Boden unter den Füßen zu verlieren.“ „Warum sollte ich den nicht verlieren?“ „Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Weil der Sternenflotte ein verdammt guter Offizier abhanden käme. Und mir... ein Freund – was speziell auf diesem Schiff, wo man normalerweise nicht viele Freunde machen kann, eine Menge bedeutet. Manõel, ich fordere Sie als Vorgesetzter auf, diese Versetzung zu akzeptieren. Und als Freund bitte ich Sie darum. Lassen Sie sich nicht einfach hängen. Was würde Elaine davon halten?“ Ramirez schnaubte. „Also gut. Ich kann mir die Sache ja zumindest einmal ansehen...“