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Difference between revisions of "Katana:Story 55286.52"

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Latest revision as of 21:15, 27 August 2018

Katastrophe
Autor: Zhabia Velain
Anfangssternzeit: 55286.52
Endsternzeit: 55289.63
Anfangsdatum: 15.04.2378 (14:00 Uhr)
Enddatum: 16.04.2378 (17:11)


Tannier sah durch das seitliche Fenster hinunter auf die aufgebrachte Menge. Die Fäuste wütend gen Shuttle erhoben, starrten sie der Jericho nach. Es ist ihnen egal, wenn sie sich gegenseitig überrennen und zu Tode trampeln, aber in ihrer Wut sind sie miteinander vereint. Seufzend, aber auch erleichtert, so glimpflich von dem Planeten davon gekommen zu sein, wandte der Minbari sich von dem Fenster ab. Die wenigen Xhafaner, die es an Bord geschafft hatten, starrten ihn teils erleichtert, teils wütend und enttäuscht an. Natürlich waren sie froh, es an Bord des Shuttles und in Sicherheit geschafft zu haben, aber sie hatten auch viel zurück gelassen. Nicht nur ihre Heimat. In dem Trubel waren sicher auch viele unfreiwillig von Familie und Freunden getrennt worden.

Tannier zwängte sich zwischen den dicht gedrängt stehenden Xhafanern hindurch, um zu Tramelle ans Steuer zu gelangen. Dabei hatte er längst die Menge überblickt und zufrieden festgestellt, dass alle Mitglieder seines Teams es bis auf ein paar Kratzer unbeschadet zum Shuttle zurück geschafft hatten. „Die Katana antwortet immer noch nicht.“, bemerkte Tramelle ohne aufzusehen, aber wissend, dass es der Elite Force-Leader war, der gerade hinter sie getreten war.

„Dann bleibt es dabei: Wir fliegen die Mendoza an und holen dann weitere Flüchtlinge ab.“ Zwar war Tannier selbst von dieser Lösung nicht so begeistert, aber nachdem der Kontakt zur Katana abgebrochen war, hatte sie auch kein Leitsignal mehr ausgesendet.


„Was?“, brüllte Jolinar Lidad, einen der anderen Sträflinge an, der mit ihm entkommen war. Nachdem er Falyn so lange mit der medizinischen Sonde malträtiert hatte, bis dieser in seinem Arm bereits gar kein Gefühl mehr hatte, außer einem lang anhaltenden dumpfen Schmerz, hatte Jolinar sich zunächst zurückhalten müssen, nicht einfach wahllos seine Fäuste auf den Sicherheitschef eindreschen zu lassen. Viel mehr entschied er, dass das zwar schmerzhaft, aber für ihn selbst viel zu human war. Davon mal abgesehen, hatte er nicht vor, sich bei der kleinen Racheaktion zu überanstrengen. Schließlich sollte der Föderierte leiden, nicht er.

Allmählich wurden jedoch Jolinars Nerven auch von Lidad strapaziert, der es offensichtlich für notwendig hielt, ihn über die geringste Änderung auf dem Flur vor der Erste-Hilfe-Station zu informieren.

„Die Erschütterung vorhin... ich glaube es brennt irgendwo in der Nähe. Alles ist voller Rauch und kein Löschsystem springt an, wir sollten uns was anderes suchen, wo wir warten.“, meinte Lidad unsicher. Jolinar fing sich langsam wieder und starrte den anderen aus kalten Augen an. Er hasste es unterbrochen zu werden. „Es ist mir so was von egal, wie verraucht dieser verdammte Flur ist. Sobald meine Partnerin mich... uns hier raus holt, kann sich dieses verfluchte Schiff von mir aus in Wohlgefallen auflösen.“, sagte er so ruhig, dass es für sein Gegenüber schon wieder beunruhigend war. „Und nun verschwinde und... lass mich arbeiten!“

„Ja aber...“, setzte Lidad erneut an.

„Aber was?“

„Sollten wir nicht versuchen mit einem Shuttle von hier weg zu kommen? Wir wissen jetzt wo die Shuttlerampen sind.“

McCrae war für jede Ablenkung dankbar. Inzwischen wusste er zumindest halbwegs was passiert war. Er erinnerte sich wieder an die Erschütterungen und an den unsanften Zusammenstoß mit der Konsole in der Sicherheitszentrale.

Seltsam erschien ihm nur, dass bislang mehr als eine Stunde vergangen sein musste – jedenfalls kam es ihm so vor – und Jolinar war noch immer nicht abgeholt worden.


Andreas hatte inzwischen den Kontrollraum der Löschsysteme erreicht. Aber wie so vieles waren auch diese Systeme ausgefallen. Es bedurfte mehrerer Tricks, Umleitungen, Rekonfigurationen und letztlich einem lauten Fluch, sowie einem heftigen Tritt gegen die Konsole, ehe das Löschsystem so funktionierte, wie der erste Offizier das im Sinn hatte.

Kritisch studierte er anschließend die Statusanzeigen, der entdeckten Plasmafeuer. Es waren mehrere gewesen, die aber nach der manuellen Überbrückung der Kontrollsysteme schnell gelöscht worden waren. Auch in der Nähe des Hauptcomputerkerns, hatte es ein Feuer gegeben. Das war vermutlich auch der Hauptgrund für den massenhaften Ausfall vieler Primärsysteme. Der sekundäre Computerkern schien andererseits seine Arbeit aber auch nicht freiwillig aufzunehmen und so würde das Andreas‘ nächster Zwischenstop sein.

Er war zwar kein Techniker, aber so viel hatte er von seinem Ingenieurs-Kurs auf der Akademie dann doch noch behalten. Außerdem hoffte er, dort Seeta anzutreffen. Zu seiner Beunruhigung war sie nicht bei den Technikerteams auf Deck 12 gewesen, als er dort durch gekommen war und so beschäftigt er auch gewesen war, dass Kontrollsystem zu erreichen, so war er auch in Sorge um die Zanderianerin.


„Warum dauert das so lange?“, wollte Lenara wissen und wippte ungeduldig mit dem Fuß.

„Der Sender muss defekt sein – ich bekomme kein Signal, obwohl ihre Schilde inzwischen komplett unten sind.“, lautete die äußerst unbefriedigende Antwort ihres Helfers, dessen Finger zittrig die Sensor-Erfassung bedienten. „Es sind aber schon so viele Xhafaner an Bord der Katana, dass es nicht so einfach ist, Jolinar ausfindig zu machen. Im Arrest ist er jedenfalls nicht mehr.“

Lenara brauchte überhaupt nichts weiter zu sagen. Ihr Blick sprach bereits Bände. Lange würde sie die Verzögerungen nicht mehr hinnehmen.


Nachdem Marc DeSar sich zum EF-Sammelraum vorgearbeitet hatte, hatte sich auch seine Vermutung bestätigt. Niemand war dort gewesen. Die an Bord verbliebenen EF-Mitglieder waren überall auf dem Schiff unterwegs, um die aufkeimende Unruhe unter den Flüchtlingen einzugrenzen und Besatzungsmitgliedern zu helfen, die durch die Explosionserschütterungen in irgendeiner Weise in ihren Quartieren oder wo auch immer sie sich gerade befanden, eingesperrt oder eingeklemmt worden waren. Seine nächste Anlaufstelle war schließlich die Sicherheitszentrale gewesen, weil er sich erhofft hatte, hier zumindest die Wachen der Gefangenen anzutreffen, die eventuell mehr über die Koordination der Reparaturen und Einsätze der anderen wussten, aber wie er gerade feststellte, war auch das eine Fehlanzeige oder viel mehr: Das war das Tröpfchen, welches das Katastrophen-Fass nahezu zum Überlaufen brachte. Die Arrestzellen waren leer, ebenso wie der Aufsichtsbereich davor. Das Display gegenüber den Zellen flackerte nur schwach und ein dunkler Fleck auf dem Boden erinnerte DeSar doch sehr an trocknendes Blut. Der Waffenschrank vor den Zellen war noch verschlossen, was aber nicht unbedingt etwas zu sagen hatte.

So wenig bisher im Sammelraum oder der Sicherheitszentrale aber auch los war, so hektisch war es überall sonst auf dem Schiff. Und wenn schon niemand da war, der die Einsätze der verfügbaren Kräfte koordinierte, dann wollte DeSar wenigstens von sich aus tun, was er konnte, um die Situation so gut und schnell wie möglich unter Kontrolle zu bekommen.


„Sehr gut. Danke, Counselor. Sind wir jetzt die letzte Station, oder geht es noch weiter?“, wollte Captain Needa wissen, als Livia MacGregor mit Crewman Hillarys medizinischer Versorgung fertig war.

„Ich fürchte nein. Ich war nur in der Untertassensektion unterwegs, weil nach unten noch kein Durchkommen möglich war. Zuerst war ich beim Kindergarten und der Schule. Glücklicherweise gibt es in dieser Sektion nicht sehr viele Schäden und meines Wissens gab es dort auch die wenigsten Verletzten.“, berichtete Livia die einzige halbwegs gute Nachricht, die ihr bekannt war. „In der Kartographie und vor allem natürlich bei den Shuttlerampen herrscht ein heilloses Durcheinander. Alles ist voller Trümmer – man kommt kaum durch die Gänge.“

„Also über die Lage in der Antriebssektion wissen Sie noch gar nichts?“, fragte Ariell weiter. „Ich meine – abgesehen davon, dass ab dem Maschinenraum alles abgeschottet ist...“

„Nein, nicht mehr als Sie. Aber sobald die Umweltsysteme wieder funktionieren und das Feuer in dem Bereich gelöscht ist und die Gase abgezogen wurden, werde ich mit einem medizinischen Hilfsteam die Erste-Hilfe-Station in Beschlag nehmen. Wir nehmen dem Doc die leichteren Fälle ab und halten ihm so ein bisschen den Rücken frei.“ Livia verstaute das Hypospray und den Hautgenerator sorgfältig in dem mitgebrachten Medokit.

„Gute Idee. Commander Summers sollte das Feuer inzwischen gelöscht haben. Viel Glück!“, verabschiedete der Captain sich. Und schon war MacGregors Kopf wieder im Noteinstieg verschwunden.

Needa strich sich seufzend eine Strähne des zerzausten Haares aus der Stirn. „Also gut – dann machen wir mal weiter.“, meinte sie und warf erst der Technikerkonsole, dann Marina DeSoto einen entschlossenen Blick zu. Die nickte und hatte die Konsole bereits erreicht. „Wir waren gerade dabei, Energie für die Kommunikation aus den Holosystemen umzuleiten.“, erinnerte Needa sich. Sie kam zu Marina herüber und hockte sich, die paar EPS-Leitungen die jetzt noch an ihrem Platz waren musternd, vor die Öffnung in der Wand.


Ebenfalls mit den EPS-Leitungen war Melanie Griffith beschäftigt. Mit Daniel Harders Hilfe hatte sie es geschafft, die Energie so umzuleiten, dass die meisten Leitungen in der Wand, die sie wegsprengen wollte, kaum oder gar keine Energie mehr transportierten. Hoffnungsvoll betrachtete sie für einen Augenblick ihr Werk. „Tja, besser Sie gehen in Deckung – wenn das hier schief geht...“

„Melanie!? Wenn das hier schief geht – dann nützt uns auch das bisschen Deckung da drüben nichts mehr.“, unterbrach Daniel die Kollegin. Er sah sie ernst, aber mindestens so hoffnungsvoll an, wie sie selbst war. Zusammen hatten sie ganze Arbeit geleistet und er war überzeugt, dass der Plan nun funktionieren würde. Dennoch folgte er Griffiths Rat und trat zu Seeta und Maggie hinüber. Die Chefingenieurin konnte noch immer nichts sehen. Als würde es dadurch besser werden, hatte sie die Augen fest zugekniffen. Das gab ihr das Gefühl, wenigstens zu wissen, weshalb sie gerade nichts sah. „Wo sollen wir hin?“, presste sie mühsam hervor und öffnete die Augen, um sich umzusehen. Im ersten Moment starrte sie irritiert vor sich hin. Verflucht! Ich habe mich die ganze Zeit geärgert, dass ich nichts sehe und dann versuche ich mich umzusehen. Es ist so – LEER.

Sie tastete vorsichtig den Boden ab um besseren Halt beim Aufstehen zu finden. Daniel reichte ihr eine Hand, um ihr zu helfen. „Hier rüber, Chef.“, antwortete er und führte sie in eine Wartungsnische, ehe er zu Kincaid hinüber ging, um auch sie in die kleine Einbuchtung zu bringen.

„Haben Sie auch an die Sicherung gedacht?“, fragte Seeta noch einmal nach. Wenn sie schon nicht bei dem Ausbruchsversuch helfen konnte, wollte sie wenigstens so gut wie möglich helfen. Und im Augenblick beschränkten sich ihre Möglichkeiten nun mal auf Ratschläge. Wenn ich doch nur sehen könnte!


„Brücke an Commander Summers!“, startete Ariell einen ersten Kommunikationsversuch, nachdem sie alle Überbrückungen erneut überprüft hatte. „Summers hier.“, antwortete ihr auch sogleich die überraschte Stimme ihres ersten Offiziers und Marina DeSoto neben ihr atmete erleichtert auf.

„Wie Sie ja sicher merken funktioniert die interne Kommunikation wieder – wie sieht es bei Ihnen aus?“, fragte Captain Needa gleich weiter, während sie DeSotos Beispiel folgte.

„Die Löschsysteme waren etwas widerspenstig, aber haben letztlich doch noch funktioniert. Und ich denke, das war auch schon das Wichtigste. Allerdings gibt es ein noch viel größeres Problem...“, berichtete Andreas. Needa hörte wie jemand in seiner Nähe einen Befehl an den Computer gab, oder zumindest es versuchte. „Unsere Vermutungen haben sich bestätigt. Offensichtlich ist dieser Anschlag Teil einer Befreiungsaktion der Gefangenen. Mit Hilfe von Mr. DeSar konnte ich drei von ihnen bereits finden und betäuben. Wo die anderen zwei sich aufhalten, wissen wir aber leider noch nicht. Nicht mal, ob sie überhaupt noch an Bord sind.“ Bei diesen Worten warf er DeSar einen fragenden Blick, der die ungestellte Frage nach einem Ergebnis des Befehls an den Computer mit einem Kopfschütteln verneinte.

„Und McCrae?“ Ariell glaubte eigentlich nicht, dass sich noch alle Gefangenen an Bord befanden. Immerhin waren fast zwei kostbare Stunden seit der ersten Explosion vergangen. Auf der anderen Seite war es sicher so etwas wie Ganovenehre, die dafür sorgte, dass die Befreier nicht nur einen der Gefangenen befreiten, sondern alle.

Wie auch immer, falls sie noch an Bord waren, würde sie sie nicht entkommen lassen. Nicht freiwillig und nicht so einfach. Sie verstand, worauf Andreas hinaus wollte: Was sie jetzt am dringendsten brauchten, waren die Schilde! Dabei hoffte sie inständig, dass es nicht bereits zu spät war. Wenn ich den in die Finger kriege, der das MEINEM Schiff angetan hat…

„Den haben wir bisher noch nicht gefunden. Insofern wird die interne Kommunikation sehr hilfreich sein.“, unterbrach Summers die Gedankengänge seiner Vorgesetzten.

„Na gut, dann machen Sie weiter und halten Sie mich auf dem Laufenden. Wir versuchen in der Zwischenzeit die Schilde zu reaktivieren. Needa – Ende.“


T’Clea hatte es nur den Bruchteil einer Sekunde vor Tannier bemerkt. Sie waren eben auf dem Rückweg zur Planetenoberfläche gewesen, um die nächste Gruppe Flüchtlinge an Bord zu nehmen, als eine helle Reflektion, ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. In Mitten der unzähligen durcheinander fliegenden Shuttles und Schiffe wäre es eigentlich überhaupt nicht aufgefallen. Aber die Reflektion kam nicht irgendwo aus der Menge, sondern vom nahe gelegenen Mond. Wie eine Maus, die vorsichtig aus ihrem Loch spitzt, um zu sehen, ob auch keine Katze davor lauert, schob sich langsam das kleine Schiff aus der Deckung des Mondes hervor. Aus dem Mondschatten heraus, reflektierte das helle silbergraue Schiff überraschend kräftig das Licht der Sonne, welche inzwischen ein glühendes Orange angenommen hatte. T’Clea brauchte keine Minute, um das gerade aufgetauchte Objekt zu scannen. „Das ist kein Föderationsschiff.“, bemerkte sie sachlich.

„Es fliegt aber auf die Rettungsschiffe zu, oder?“, fragte Tannier prüfend, ohne es aus den Augen zu lassen.

„Korrekt – um genau zu sein…“ Es dauerte einige Sekunden, bis die Vulkanierin den genauen Kurs und das Ziel des Schiffes berechnet hatte. Für einen Moment kniff sie die Augen zusammen.

„Um genau zu sein?“, frage Tannier nach.

„Es hat Kurs auf die Katana genommen.“ Im gleichen Moment schien selbst T’Clea ein wenig zu erbleichen.

Nachdem die Katana nicht mehr geantwortet hatte, war zwar klar gewesen, dass etwas vorgefallen sein musste, aber natürlich wusste das EF-Team um Tannier nicht, was genau geschehen war. Und nach dem Abflug von Xhafa, war kaum Zeit gewesen, in dem Gewirr von Sternenflottenschiffen nach der Katana zu suchen. Um so erschreckender war nun der Anblick, der sich dem Elite Force-Team bot: Die Katana sah aus, als wolle sie gerade in einen Sinkflug gehen und unter den vielen anderen Schiffen, die sich im Gebiet um den Planeten verteilten, hindurchfliegen. Mit dem einzigen Unterschied, dass sie lediglich langsam im Raum trieb.

„Ich erkenne hier einen Hüllenbruch, bei Shuttlerampe 2, der sich über mindestens zwei Decks erstreckt. Er scheint schon versiegelt zu sein, aber es gehen auch starke Energiefluktuationen von der Sektion aus.“, berichtete T’Clea sofort und zog damit die Aufmerksamkeit zurück auf sich und ihre Anzeigen. „Tramelle, setzen Sie einen neuen Kurs. Fangen Sie das unbekannte Schiff ab.“ Tannier sah nicht die junge Frau am Steuer, sondern die Vulkanierin an. „Ich bin ja sicher nicht der Einzige hier, der denkt, dass die nicht kommen, um zu helfen!?“

„Keinesfalls.“, antwortete T’Clea lediglich. „Soll ich sie rufen?“ Der Minbari nickte nur.


„Lenara? Wir werden von einem Shuttle gerufen.“, meldete ihr Helfer Godin und sah sie ängstlich an.

„Na und? Das wird ein fehlgeleiteter Ruf sein. – Es sei denn, Beelen hat nicht aufgepasst, als er meinte, niemand könnte uns bemerken...“ Sie fuhr zu dem Piloten des kleinen Vehikels herum und beobachtete aufmerksam seine Reaktion. „Beelen?“

„Nun ja, wir sind hinter dem Mond hervor gekommen. Da ist es durchaus möglich...“, setzte der zierliche Pilot an und hielt auf die knappe Geste der Anführerin inne.

„Wenn mich nicht alles täuscht, dann hast Du doch auch einen Pilotenschein, oder?“, fragte Lenara an Godin gewandt.

„Ähm...“, brachte er nur heraus und nickte hastig.

„Gut. – Beelen, Du hast mich echt enttäuscht.“ Nach diesen Worten riss sie im Bruchteil einer Sekunde den Disruptor aus der Gürtelhalterung und feuerte einen einzelnen Schuss auf den Piloten ab. Beelen hatte überhaupt keine Zeit mehr, noch irgendwie zu reagieren. Innerhalb eines winzigen Augenblicks hatte der Xhafaner sich schlicht und ergreifend in Luft aufgelöst.

„Übernimm das Steuer! Den Ruf erwidern wir nicht. Wir haben zu tun.“

„Da ist aber noch ein Ruf gekommen – eine Nachricht, glaube ich.“ Godin stolperte zum Steuer hinüber und überprüfte sorgsam alle Einstellungen, während Lenara zu der Kommunikationskonsole herum wanderte und die Nachricht betrachtete. „Sie wollen das wir uns identifizieren und unsere Absichten gegenüber der Katana erklären?“, knurrte sie zwischen den Zähnen heraus. „Den Teufel werd ich tun. Woher wollen die überhaupt wissen, dass wir damit was zu tun haben!? Das kann uns doch niemand! – Kurs beibehalten. Halte Jolinar erfasst. Sobald wir in Transportreichweite sind, will ich ihn herüber beamen.“


Falyn verdrehte die Augen soweit, dass die Iris kaum noch zu sehen war. Er hätte gar nicht mehr sagen können, wo Jolinar die Sonde jetzt platziert hatte. Ihm tat einfach nur alles weh. Es war, als hätten sich ihm alle Haare einzeln aufgestellt und würden einfach noch Schmerzen ableiten oder aussenden. Nicht einmal einen Ton bekam er mehr heraus, weil auch das einen peinigenden Schmerz durch seinen ganzen Körper jagte, seit Jolinar ihm irgendein Hypospray in den Hals gejagt hatte.

Begleitet von einem lauten Knall, wurde die Liege, auf der McCrae festgebunden war, von einem heftigen Rütteln erfasst. Nur äußerst widerwillig gehorchten ihm seine Augen und erfassten, was um ihn herum geschah. Nicht nur die Liege war erschüttert worden, sondern der ganze Raum und vermutlich auch das gesamte Schiff. Jolinar von irgend etwas zurück geschleudert worden und aus dem Phaser, den er zweifellos einem der Sicherheitsoffiziere abgenommen hatte, löste sich ein Schuss, der nur um Haaresbreite McCraes Hand verfehlte. Etwas ungläubig starrte Falyn auf die durch den Raum schwebende Waffe und registrierte erst jetzt, dass er sich ungewöhnlich leicht fühlte. Jolinar ruderte knurrend aber unkontrolliert mit den Armen und versetzte seinem Körper damit einen Schwung, der ihn sich um sich selbst drehen ließ.

Stöhnend riss Falyn den Arm, dessen Fessel der Schuss beschädigt hatte herum. Bei der Fessel handelte es sich eigentlich um eine medizinische Halterung, die eigentlich Patienten davor bewahren sollte, in Mitten eines Gefechts, bei Erschütterungen von der Liege zu Rutschen, aber Jolinar hatte offensichtlich ganze Arbeit bei der Zweckentfremdung der Vorrichtung geleistet. Dennoch gelang es Falyn, auch die Fessel auf der anderen Seite zu öffnen, noch ehe der Xhafaner sich einmal komplett um sich selbst gedreht hatte.

Als der Sicherheitschef sich schließlich seinen Beinfesseln zuwenden wollte, machte sich die Sonde, die Jolinar ihm eingesetzt hatte, wieder bemerkbar. Schmerzhaft schien sie in seinem Brustkorb zu klopfen und ließ ihn nach Luft schnappen. Trotzdem tastete er nach dem Öffnungsmechanismus.


„Was... was ist passiert?“, fragte Seeta erschrocken und tastete an der Wand entlang, als sie langsam aber sicher den Boden unter den Füßen verlor.

„Ähm – ja scheinbar hat das die künstliche Schwerkraft gekostet.“, stellte Harder fest und betrachtete prüfend das in der Wand entstandene Loch. Etwas unbeholfen verschaffte er sich einen besseren Halt an einer geöffneten Wandverkleidung und nutzte den Schwung, um zu Seeta und Maggie hinüber zu kommen. Maggie war inzwischen zwar wieder zu sich gekommen, schien aber noch nicht sehr viel um sich herum wahrzunehmen. Bereitwillig ließ sie sich von Griffith, die ebenfalls zu ihnen herüber gekommen war, an der Hand nehmen und zu dem Fluchtweg bugsieren. Daniel fing Seetas Griff ins Leere ab und brachte sie ebenfalls zu dem neu entstandenen Durchgang.

„Melanie! Ist mit Ihnen alles in Ordnung? Was ist hier passiert?“, erkannte Seeta die Stimme Counselor MacGregors, die sofort herbei geeilt war, als sie eine Abzweigung weiter einem Ensign auf die Beine hatte helfen wollen und die Auswirkungen der Explosion ihr diese Arbeit abgenommen hatten. Griffith nickte, so gut sie konnte und ignorierte das dadurch aufkommende Schwindelgefühl.

„Daniel...“, begann Melanie und drehte sich zu dem Kollegen um.

„Ich repariere die künstliche Schwerkraft. Bring Du Yadeel und Kincaid zur Krankenstation!“, unterbrach er sie und sprach somit eigentlich auch das aus, was Melanie hatte sagen wollen.

Fast im gleichen Moment kamen um eine andere Ecke Andreas Summers und Marc DeSar geflogen. Der Verlust der Gravitation schien sie nicht im geringsten zu beeindrucken, in so einer Geschwindigkeit und Präzision bewegten sie sich durch den Gang.

„Seeta! Was ist passiert?“, wollte Andreas auch schon wissen und stoppte, keinen halben Meter an der Wand neben ihr, wo sich auch die Zanderianerin gerade festhielt. Er musterte sie kurz und nahm erleichtert zur Kenntnis, dass ihr – zumindest äußerlich – nichts fehlte.

„Wir saßen in der Falle und mussten uns den Weg frei sprengen.“, antwortete sie sachlich. Sie sah ihn direkt an und war sich sicher, in die richtige Richtung zu schauen, aber mehr als einen Schatten erkannte sie nicht. Andreas sah sie verwirrt an. Sie schien förmlich durch ihn durch zu sehen.

„Was... ist mit Dir?“, fragte er misstrauisch.

„Die Gase im Maschinenraum.“, antwortete Griffith an Seetas Stelle. „Sie kann nichts sehen.“ Mit diesen Worten nahm sie die Chefingenieurin bei der Hand und zog sie hinter sich her, den Gang hinunter.

Wie vor den Kopf gestoßen starrte Andreas ihnen für einen Augenblick nach. „Moment, ich komme mit!“, stammelte er schließlich und nahm die Verfolgung auf.

„Nein!“, hielt DeSar die kleine Gruppe auf. Er hatte Maggie übernommen, die mit halbgeschlossenen Augen eher den Eindruck erweckte eine lebensgroße Marionette zu sein. „Die Erste-Hilfe-Station ist näher. Das MHN wurde doch schon dort hin transferiert!“


„Miss Velain. Bitte setzten Sie sich.“, begrüßte Captain Veles, Kommandant der USS Peking seine delvianische Counselor. „Sie sind sehr pünktlich.“, merkte er noch an und nahm schließlich selbst hinter dem Tisch in seinem Bereitschaftsraum platz. Zhabia Velain kam der Aufforderung des Vorgesetzten nach und setzte sich ihm gegenüber auf einen der beiden Stühle. In etwa konnte sie sich bereits denken, worum es ging. Vor gut zwei Monaten hatte sie ihre Versetzung auf die USS Katana beantragt und sie rechnete jeden Tag mit einer Antwort.

„Sie wissen schon, weshalb ich Sie her gebeten habe?“, fragte der Captain, als könne er Gedanken lesen.

„Ich vermute es.“, meinte Zhabia mit leiser Stimme und sah Veles erwartungsvoll an.

„Nun, dann will ich auch nicht lange drum herum reden. Vorhin kam eine Antwort auf ihren Antrag vom Hauptquartier. Ihre Versetzung wurde bewilligt.“, erklärte Veles ohne große Umschweife. „Das Schiff befindet sich augenblicklich noch im Einsatz, aber bis zu unserem Rendezvous morgen Abend, sollte die Mission abgeschlossen sein.“ Einen Moment sah er die zierlich wirkende Frau vor sich an. „Ich habe Ihnen doch gesagt, dass es klappt.“, lächelte er sie schließlich an. Zhabia nickte strahlend. „Das verdanke ich nur Ihnen, Sir. Vielen Dank!“, antwortete die Delvianerin.

„Ich hoffe doch, dass Ihre guten Fähigkeiten als Counselor auch nicht ganz unschuldig an der Zusage sind!“ Dessen war sich Veles jedenfalls sicher. Aber er wusste auch, dass Velain ohne sein Anraten, die Versetzung niemals beantragt hätte. Dabei war es das Beste, was sie hatte tun können. Zwar war die blauhäutige Frau stets allen gegenüber freundlich und zuvorkommend gewesen und hatte ihre Arbeit zu aller Zufriedenheit erledigt, aber es gab auch genug Crewmitglieder, die der Counselor misstrauisch gegenüber standen. Sie schienen es sich geradezu zur Lebensaufgabe gemacht zu haben, auszutesten, wie weit man bei der Delvianerin gehen konnte. Irgendwie bewunderte er die junge Lieutenant um ihre äußerliche Ruhe und Gelassenheit. In jeder brenzligen Situation, seit ihrem Dienstantritt auf der Peking, war sie der ruhende Pol gewesen, der auch ihn selbst ruhig und besonnen hatte handeln lassen.

„Nun – ich schätze Sie sollten schon mal Ihre Sachen packen.“, entließ er sie schließlich aus seinem Bereitschaftsraum.


Livia hatte inzwischen die Führung der kleinen Gruppe gen Erste-Hilfe-Station übernommen und zerrte dabei Melanie Griffith gekonnt hinter sich her. Diese hatte nach einem zu schnellen Abbiegen um eine Ecke abrupt die Gesichtsfarbe von eigentlich ganz normal über knallrot zu leichenblass und schließlich grünlich-grau gewechselt. „Ich hasse dieses rumschweben in der Schwerelosigkeit.“, hatte sie erklärt und nur mit Mühe einen Brechreiz unterdrückt. „Deshalb habe ich doch auch in diesem Raumdock damals aufgehört und mich auf ein Schiff versetzen lassen...“

Andreas war zu diesem Zeitpunkt längst an Seetas Seite gewesen, die sich mit ihm als Führer auch wesentlich wohler fühlte. Er hielt sie sanft um die Taille und dirigierte sie gekonnt und sicher in die gewünschte Richtung. „Wir sind gleich da.“, meinte er beruhigend.


Inzwischen hatte Falyn es in der Erste-Hilfe-Station geschafft, sich restlos von seinen Fesseln zu befreien. Aber auch Jolinar hatte sich längst wieder gefasst und nicht nur den Phaser zurück erlangt sondern auch die Kontrolle über die medizinische Sonde. So war es McCrae zwar gelungen noch rechtzeitig in Deckung zu gehen, als Jolinar die Waffe wieder bekommen hatte, doch den Schmerzen, die die sich in ihm bewegende Sonde verursachte, konnte er nicht so einfach entgehen.

Jolinar ruderte etwas unbeholfen auf die kleine Trennwand zu, die neben dem hiesigen OP-Tisch aufgebaut war, hinter der sich McCrae versteckte und gleichzeitig versuchte irgend etwas zu finden, was er als Waffe gegen den Xhafaner verwenden konnte.

Zischend öffnete sich die Tür hinter Jolinar und ein schimpfender Lidad prallte irgendwo nahe der Tür an eine Wand. „Die Schwerkraft ist weg!“, meldete er völlig außer Atem und erkannte, dass sich in der kurzen Zeit seiner Abwesenheit hier drinnen einiges ereignet hatte. „Jolinar!?“

„Idiot! Das ist mir auch schon aufgefallen!“

Die kurze Unterbrechung war Falyn sehr hilfreich gewesen. Zwar hatte er nicht unbedingt das gefunden, was er sich erhofft oder erwartet hatte, aber er war für jede Möglichkeit offen.

Die beiden Sicherheitsleute, die noch vor wenigen Stunden im Arrestbereich Wache gestanden hatten, schwebten tot im Raum. Jolinar musste sie hier hinter die Trennwand gebracht haben, damit niemandem auffiel, dass sie nicht Opfer der Explosion oder ähnlichem geworden waren. Der Anblick seiner beiden toten Leute, machte Falyn nur noch wütender, als er ohnehin schon war. Nicht genug, dass er diese Tortur hatte über sich ergehen lassen müssen!

Immerhin hatte Maloy, einer der Toten, noch seinen Phaser in der Gürtelhalterung und nun, da Jolinar für einen Augenblick abgelenkt war, war es leichter für den Sicherheitschef, den Kollegen zu erreichen und sich dessen Phaser anzueignen. Du hast Deine Rechnung ohne mich gemacht, Xhafaner. Warum kommst Du nicht und holst mich. Er lenkte seinen Flug nach oben an die Decke und richtete die Waffe direkt auf den Durchgang, in dem Jolinar jeden Augenblick erscheinen musste. Erneut wurde er von einem pochenden Schmerz im Brustkorb erfasst und zuckte zusammen, als das Etwas dahinter sich spürbar verschob.

„Wie gefällt Dir das Sternenflotte!?“, tönte es von nebenan. „Oooch – hast Du keine Töne mehr?“ Ein schadenfrohes Lachen folgte und kam eindeutig näher.

Wieder öffnete sich die Tür. „Jolinar!“, hörte Falyn wieder Lidad. Gefolgt von einem: „Raus hier!“ Es dauerte einen Augenblick, ehe McCrae die Stimme zuordnen konnte. War das nicht Counselor MacGregor gewesen? Ein Schuss – ein Schrei – die Tür. Was war da passiert? Es widerstrebte Falyn, seine Deckung zu verlassen, aber es blieb ihm keine andere Wahl mehr. Er stieß sich leicht von der Decke ab, um etwas tiefer als erwartet in den Nebenraum zurück zu kommen.

Jolinar war gerade wieder im Begriff sich von der Tür ab und somit Falyn zu zuwenden, hob bereits seinen Phaser, als McCrae sah, wie sich die Tür erneut öffnete. Es war allerdings nicht Livia, die herein kam, sondern Andreas Summers der in einem leichten Schwung die Chefingenieurin mit den Worten „Bleibt in Deckung!“ in den Gang zurück gleiten ließ, gefolgt von Marc DeSar.

„Waffe fallen lassen!“, rief Andreas, noch nicht ganz im Raum. Lidad machte auch keinerlei Anstalten und leistete keinen Widerstand. Jolinar jedoch blieb unbeeindruckt und hatte seinerseits den Phaser längst wieder auf Falyn gerichtet. Doch noch im gleichen Augenblick fiel nicht nur der Phaser zu Boden, sondern eigentlich alles, was noch eine Sekunde vorher (un)kontrolliert herum geschwirrt war. Harder hatte es scheinbar geschafft, die künstliche Schwerkraft wieder herzustellen.

Im Fall dirigierte Jolinar die Sonde noch ein Stück weiter irgendwo in Falyns Brustkorb, der eine harte Bruchlandung auf einem kleinen Schränkchen mit medizinischen Geräten hinlegte. DeSar hatte sich im Sturz so abrollen können, dass er Lidad an einer Flucht hindern konnte, während Jolinar das Überraschungsmoment am besten für sich nutzen konnte. Er war am Günstigsten von allen, einer Katze gleich, auf den Füßen gelandet. Zwar hatte er dabei seine Waffe zwischen Dutzenden zu Boden fallenden Hyposprays verloren, gab aber noch nicht auf. Andreas hatte sich abgerollt und dabei zumindest mit einer Hand Jolinars Bein erwischt, rutschte aber ab. Der Xhafaner sprang mit einem Satz über ihn hinweg und stürmte zur Tür hinaus. „Achtung!“, rief Summers noch hinterher um Seeta und Livia vor der Tür zu warnen, doch es war bereits zu spät. Er rappelte sich auf so schnell er konnte und vergewisserte sich gleichzeitig, dass DeSar den anderen Gefangenen unter Kontrolle hatte.

Jolinar, kaum aus der Erste-Hilfe-Station heraus, hatte jedoch schnell gemerkt, dass er so nicht weit kommen würde. Seeta war es dann, die, ihm am nächsten, sich gerade aufzurappeln versuchte. Unsanft riss er sie an den Haaren hoch und auf die Füße. Er legte ihr einen Arm um den Hals und zerrte sie mit sich, ehe die Zanderianerin überhaupt wusste, wie ihr geschah.

„Lass Sie los!“, brüllte Andreas ihm hinterher. Unter anderen Umständen hätte er Seeta nun ein Zeichen machen können, wie sie sie oft in den Trainingsstunden mit McCrae geübt und gelernt hatten, aber da die Chefingenieurin nun mal nichts sehen konnte, wäre das ebenso sinn- wie wirkungslos gewesen. Warum kam sie ihm gerade jetzt so groß vor, dass er, so zielsicher er auch war, nicht mit Sicherheit sagen konnte, ob er, wenn er einen Schuss abgeben würde, sie oder den Xhafaner treffen würde. Man darf sich nie zu sehr auf das Ziel konzentrieren! Verflucht! Er suchte eine Stelle, die er gefahrlos anvisieren konnte, aber Jolinar bot ihm keine.

Seeta unterdessen, war aber auch nicht unbedingt kooperativ und stemmte sich dem Xhafaner mit aller Kraft entgegen. Nimm Deinen Arm da weg, ich krieg ja kaum Luft! Und in genau diesem Moment, rutschte sie ab. Ein paar Zentimeter tiefer und die sich ihr bietende Gelegenheit nutzte sie: Mit aller Kraft biss sie Jolinar in den Arm, der schreiend zusammenzuckte. Genug, dass sie einen blinden Stoß mit dem Ellbogen irgendwo in seine Magengegend platzieren konnte, nur um sich selbst schließlich vor ihm fallen zu lassen. Und genau darauf hatte Summers gewartet, um einen Schuss abgeben zu können.


Computerlogbuch der Katana, Sternzeit 200311,08: Nachdem wir sowohl die interne als auch die externe Kommunikation und die Schilde wieder herstellen konnten, war kurzzeitig auch die künstliche Schwerkraft ausgefallen. Diese konnte jedoch schnell wieder hergestellt werden.

Wie mir Commander Summers meldete, konnten alle Brände gelöscht werden und auf dem ganzen Schiff, sind die Reparaturen in vollem Gange.

Die entflohenen Gefangen konnten alle wieder gefasst werden. Außerdem hat Lieutenant Tannier eine Gruppe xhafanerianischer Terroristen stellen können, die offensichtlich für den Anschlag auf die Katana verantwortlich sind.

Zusammen mit den Kommandanten der anderen Schiffen, haben wir uns außerdem geeinigt, eine Nachricht an die Klingonen zu schicken, damit sie uns bei der Evakuierung behilflich sind. Alle Schiffe in der näheren Umgebung sind unserer Bitte gefolgt, aber es wird wohl trotzdem nicht reichen.

Durch die beträchtlichen Schäden waren wir selbst leider gezwungen das System bereits jetzt zu verlassen, da wir bis zum Ende der Evakuierung voraussichtlich noch nicht wieder über Warp verfügen werden.

Ariell trat hinaus auf die Brücke. Kell Widar saß wieder auf seinem angestammten Platz. Im Augenblick war er wohl der einzige, der das Schiff in Anbetracht der Schäden überhaupt annähernd vernünftig fliegen konnte. Aber selbst jetzt, da die Steuerung so stark eingeschränkt war, hatte sie den Eindruck, als hätte Kell nicht die geringsten Probleme damit.

„Ma’am – da ist eine Nachricht vom Hauptquartier gekommen.“, riss Yamin Aurel Needa aus den Gedanken. Er deutete lediglich auf ein PADD das bereits auf ihrem Platz lag.

„Danke.“ Sie hatte gar nicht bemerkt, wie der Trill auf die Brücke gekommen war. Kell hatte berichtet, er habe Aurel auf der Krankenstation abgeliefert und der Doktor habe dem Trill befohlen, sich und besonders sein Bein vorerst ein wenig zu schonen. Um so überraschender, dass er sofort wieder seinen Dienst aufgenommen hatte. „Was macht das Bein?“, wollte Ariell schließlich wissen.

„Dank Kadett Goldzweig ist es noch dran. Das MHN war kurz davor es zu amputieren.“, meinte Yamin und war ehrlich froh dem Hologramm noch einmal entkommen zu sein. Ebenso dankbar war er, jetzt auf der Brücke sein zu können. Wie viele andere, mied auch er die Teile des Schiffes, in denen sich noch die Flüchtlinge befanden. Zwar würden sie diese in einigen Stunden auf deren neuem Heimatplaneten Letis V abliefern, aber bis dahin wollte er ihnen lieber nicht begegnen. Zu deutlich standen ihnen Wut und Trauer darüber im Gesicht, dass sie es zwar geschafft hatten, aber dabei auch unzählige Freunde, Verwandte und geliebte Personen zurück geblieben waren. Die anklagenden Mienen der Flüchtlinge machten nicht die Föderation verantwortlich, sondern, wenn auch zu Unrecht, die Sternenflottenoffiziere, die ihnen hier auf den Gängen begegneten. Die Crew, die sie zwar in ihre neue Heimat brachte, aber die auch gleichzeitig durch etliche Pannen bei der Evakuierung vielleicht noch ein paar Xhafaner mehr dazu verurteilt hatte, diese neue Heimat gar nicht erst zu erreichen.


Ganz in ihren Erinnerungen gefangen griff Zhabia nach dem letzten Foto auf der Kommode in ihrem Quartier. Es zeigte sie selbst zusammen mit ihrer kleinen Schwester Disa. Disa war wohl auch die einzige Person, die sie vermisste, seit sie aus ihrem eigenen Universum gerissen worden war.

„Warum setzt Du Dich nicht wieder hin Schätzchen? Du hast noch gar nicht aufgegessen?“, fragte ihre Mutter und deutete auf Zhabias Platz. Tatsächlich hatte sie nur ein einziges Stückchen Killek gegessen und der Rest des delvianischen Beuteltiers lag unangerührt auf ihrem Teller.

Doch Zhabia war es egal. Sie ging durch die offene Balkontür hinaus und blickte auf die große Stadt hinab, auf dessen äußerstem Hügel das Haus ihrer Eltern stand. Die funkelnden Lichter in der Ferne lenkten sie für einen Augenblick von der Diskussion ab. Keine zwei Wochen zuvor hatte sie ihre Ausbildung zur Priesterin abgebrochen und war vom Kloster, dass auf einem Planeten im Nachbarsystem lag, hier her gekommen. Angekommen war sie am frühen Morgen und wie immer hatten ihre Eltern sie freundlich empfangen. Aber sie wusste es besser. Oder zumindest glaubte sie, es besser zu wissen. Sie waren wütend, enttäuscht. Was hatte sie überhaupt dazu gebracht hier aufzutauchen? Wenn irgend jemand sie in einer solchen Situation um Rat gefragt hätte, hätte sie ihm zu einer Nachricht, einem Brief, einer Aufzeichnung geraten. Und was mach ich? – Herkommen! Aufhängen sollte man mich! Sie schüttelte den Kopf über ihr eigenes Handeln.

„Du hättest nicht einfach gehen sollen. Sie sind aufgebracht.“, erklang ruhig die Stimme ihrer Schwester hinter ihr.

„Das sollen sie auch sein. Ich habe nicht vor, die Marionette zu bleiben, die sie aus mir gemacht haben. Ich werde nicht das tun, was sie für das Beste für mich halten.“ Zhabia drehte sich zu Disa um die sie zuversichtlich ansah.

„Ich weiß. Und ich wünschte das könnte ich auch.“, meinte die Jüngere sehnsüchtig und sah die Schwester fest an.

„Aber das kannst Du! Weißt Du ich habe mit Schlimmerem gerechnet. Sie reden noch mit mir.“ Zhabia lächelte. „Irgendwann wirst Du es auch können. Da bin ich mir sicher.“

Disa nickte. „Was hast Du jetzt vor?“

„Zuerst muss ich Kaalin einmal sein Schiff zurück bringen. Ich denke ich kann auch noch ein bisschen bei ihm bleiben, bis ich es genauer weiß. Ich lasse es Dich auf jeden Fall wissen.“ Einem plötzlichen Impuls folgend umarmte sie ihre Schwester. „Auf jeden Fall.“

„Du weißt ja – egal wo Du bist. Ich bin immer bei Dir, Bia. Immer.“

Wenn Zhabia an jenen Abend vor 8 Jahren zurück dachte, dann war dieses kurze Gespräch mit Disa eines der wenigen Dinge, an die sie sich gerne erinnerte. Danach hatte sich alles für sie verändert. Nachdem sie wieder zu den Eltern hinein gegangen war, war ihr ziemlich klar gewesen, dass sie hier keine Sekunde mehr länger bleiben konnte. Sie hatte all ihre Sachen genommen und war gegangen. Beim Start war sie in Interferenzen geraten, von denen sie heute nicht mehr hätte sagen können, wie sie es überhaupt geschafft hatte, noch einen Kurs zu setzen. Sie hatte auf die Oberfläche zurückkehren wollen. Dann hatte irgend etwas das kleine Schiff beschädigt und anstatt in die Atmosphäre Delvians einzutreten, war sie davon abgeprallt. Das nächste woran sie sich erinnerte, waren die hellen Lichter einer Sternenflotten-Standard-Krankenstation und mindestens sechs Augenpaare, die sie neugierig und interessiert gemustert hatten.

„Bereuen Sie es?“ Veles hatte damit gerechnet, dass Velain erschrocken herum fahren würde, oder zumindest überrascht wäre, aber vielleicht sollte er es inzwischen auch besser wissen.

„Nein.“, antwortete Zhabia und wandte sich dem Captain zu.

„Die Tür war offen.“, erklärte er.

Die Delvianerin lächelte. „Ich weiß.“

„Gibt es gar nichts, was Sie dort vermissen? Außer Ihrer Schwester?“, fragte der Captain, der in den vergangenen zwei Jahren, in denen Velain sein Schiffscounselor war, nie allzu viel über ihre Vergangenheit in ihrem eigenen Universum erfahren hatte. Er wusste wohl, dass die Sternenflotte großzügig ihre Hilfe angeboten hatte, um Velain zurück zu bringen und letztlich war das Projekt wohl auch geglückt, aber sie hatte sich dagegen entschieden und eine Ausbildung an der Sternenflottenakademie begonnen.

„Nicht viel. Hier ist vieles manchmal noch fremd und ungewohnt, obwohl es das inzwischen wohl nicht mehr sein sollte. Ich bin ehrlich froh, dass ich hier ein so schönes zu Hause gefunden habe.“, erklärte sie und verstaute das Foto endgültig in ihrer Tasche.

„Das wollte ich nur hören.“


„Warum haben Sie nie davon erzählt?“, fragte Ariell die neben ihr hergehende Livia MacGregor. Damit sprach sie eine Bewerbung an der Psychologischen Forschungsfakultät in La Paz, Bolivien auf der Erde an.

„Ich hatte mich dort beworben, lange bevor ich überhaupt wusste, dass es die Katana überhaupt gibt. Ich bekam nie eine Antwort und als ich erst hier war, schien mir das auch nicht mehr wichtig.“, erklärte die Counselor achselzuckend. „Das ist für mich eigentlich genauso überraschend, wie für Sie, aber...“

„...aber Sie wollten das schon immer tun, was? Ich verstehe schon. Keine Sorge.“, beruhigte Needa sie. „Nur schade, dass es so plötzlich kommt. Aber daran war wohl der Trubel um die Evakuierung schuld.“

Sie erreichten den Transporterraum. Ariell ließ Livia mit ihrer großen Tasche den Vortritt. Drinnen wartete Andreas Summers, ein verschmitztes Grinsen im Gesicht und ein PADD in der Hand.

„Counselor, leider haben Sie uns ja nicht genug Zeit für einen etwas größeren Abschied gelassen. Aber hier habe ich trotzdem noch eine kleine Lektüre von einigen von uns für Sie. Wir haben ihnen ein paar nette Worte zum Abschied geschrieben, damit Sie sich auf dem Weg zur Erde nicht so langweilen.“ Er überreichte ihr den Datenblock. „Viel Glück.“

„Das wünsche ich Ihnen natürlich auch.“, schloss Ariell sich ihrem ersten Offizier an.

„Vielen Dank und... immer eine Handbreit Subraum unterm Kiel.“, Livia stieg lächelnd auf die Transporterplattform und entmaterialisierte im Autofokus, als Ariell den Befehl dazu gab.

„So, und wie sieht es mit unserem neuen Crewmitglied aus?“, fragte Needa an den Transporterchief gewandt. Dieser tippte routiniert auf seiner Konsole herum, bis er wenige Sekunden später meldete: „Die Peking meldet, dass Counselor MacGregor wohlbehalten angekommen ist und dass Lieutenant Velain bereit ist zu beamen.“

„Na dann mal los.“ Fast augenblicklich setzte auch schon das typische Beam-Geräusch ein und die schmale Gestalt Zhabia Velains erschien auf der Plattform. Im Großen und Ganzen glich sie einer Bolianerin. Ihre Hautfarbe war jedoch nicht restlos blau, sondern zeigte auch ein ungewöhnliches Muster überall im Gesicht und auf den Händen.

„Lieutenant Zhabia Velain meldet sich zum Dienst, Sir.“, stellte sie sich förmlich vor.