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Die schönste Zeit des Jahres
Autor: Seeta Yadeel
Autor: Garrick Andersson
„Räumt das auf!“, ordnete Talek an, während er mit seinem Fuß gegen den leblosen Körper von Doktor Tyrone stieß. Am rechten Knie des Arztes zeigten sich deutliche Verbrennungsspuren. Talek fand es lächerlich, daß der Mensch bei einem Schuß auf Stufe 1 bewußtlos zusammengebrochen war. Sicher, er hatte den Phaser auf das Bein gerichtet, das der Arzt bereits nachzog, aber ein Andorianer hätte den Schmerz besser ausgehalten als der Pinkie.
„Oh, Mist“, unterbrach ihn Juri Talow. „Was, Mist?“, wollte Talek wissen. „Wir haben die Verbindung zum Reaktorraum verloren“, klärte Talow ihn auf. „Und das heißt was?“, wollte Talek wissen. „Nach dem, was die internen Sensoren mir anzeigen, sinken die Energielevel im Reaktor. Das bedeutet, dass es keine Explosion geben wird und ich von hier aus auch keine neue Überladung auslösen kann“, lautete die Antwort. „Andersson!“, brüllte Talek. Er schaltete sein Kommunikationsgerät ein. „Talek an Norak: Dein Ziel befindet sich im Reaktorraum und spuckt uns dort wieder in die Suppe. Geh dort rüber und mach ihm endlich den Gar aus!“, befahl er dem anderen Andorianer im Team. „Wird erledigt“, lautete die Antwort aus dem kleinen Kommunikationsgerät.
Nur Sekundenbruchteile später wurde es auf der Ops kurz dunkel, dann setzte die Notbeleuchtung ein. „Was ist denn nun schon wieder?“, brüllte Talek los. Juri zog die Schultern hoch. „Nach dem zu urteilen, was die Anzeigen noch hergeben, hat Captain Andersson den Reaktor komplett heruntergefahren“, erteilte er, höchst ungern Auskunft. „Dann soll Norak ihn eben wieder anstellen sobald er Andersson hat“, gab Talek zurück. Juri hätte sich liebend gerne unter der Konsole verkrochen als er antworten mußte: „Das wird Stunden, wenn nicht gar Tage dauern. Wir werden die Station nicht zerstören können.“
Talek entrang sich ein Wutschrei, dann stapfte er auf den Bereitschaftsraum Alizondos zu. Er mußte nachdenken. Schon wieder wurde eine Änderung des Plans erforderlich.
Garrick Andersson stand auf der umlaufenden Empore im Reaktorraum der Gemini-Station und warf einen - wie er dachte - letzten Blick auf den erloschenen Energiekern. "Ruhe sanft..." murmelte der Captain und wandte sich dem Durchgang zu, der ihn auf den nächsten Korridor führen sollte. Weit kam er jedoch nicht, denn der Kolben eines Phasergewehres wurde ihm unsanft mitten ins Gesicht gerammt. Mit einem erstickten Schmerzensschrei ging der Däne zu Boden und konnte nur mit Mühe eine Bewusstlosigkeit verhindern. "Das wollte ich auch gerade sagen, Pinkie!" vernahm er einen hämischen Kommentar. Blut in seinem tauben Mund schmeckend rappelte Garrick sich zunächst auf alle Viere und erblickte verschwommen zwei Stiefel, die unmittelbar vor ihm standen. Er blinzelte mehrmals, um seinen Blick wieder zu schärfen, bevor seine Augen an den in den Stiefeln steckenden Beinen hinauf wanderten und schließlich in das kalt blickende Gesicht eines Andorianers schauten. Dieser schien nur auf diesen Moment gewartet zu haben, denn nun holte er aus und trat dem Menschen mit voller Wucht gegen den Oberkörper. Einen halben Salto rückwärts vollführend landete Garrick schmerzhaft auf dem Rücken und rutschte noch ein Stückchen über den glatten Fußboden der Empore. Er war sich sicher, dass dieser Tritt die ein oder andere seiner Rippen zumindest angebrochen hatte. "Mehr hast du nicht zu bieten, Pinkie?" höhnte Norak nun. Garrick griff nach dem Geländer der Empore und zog sich stöhnend auf die Beine, während er zu Kenntnis nehmen musste, dass sich seine Waffe außerhalb seiner Reichweite schräg hinter dem Andorianer auf dem Boden befand. Dieser schien sich nun jedoch zu freuen, dass sein Widersacher wieder auf den Beinen war, denn er ging mit geballten Fäusten auf den Captain los.
Doch im Unterschied zum ersten Angriff war der Däne dieses Mal vorbereitet. Das regelmäßige Kampftraining bei Sicherheitsübungen, die Ausbildung an der Sternenflottenakademie und die jahrelange Erfahrung sorgten dafür, dass der Captain dem kraftvollen, aber ungestümen Angriff behende ausweichen und seinen Gegner mehr als einmal ins Leere rennen lassen konnte. Trotzdem wurde Garrick klar, dass er dem offensichtlich stärkeren Andorianer langfristig nicht gewachsen sein würde. Er konnte zwar seinerseits den ein oder anderen Hieb platzieren, der einen schwächer gebauten Gegner auch in arge Bedrängnis gebracht hätte, doch Norak schienen die Treffer nicht sonderlich zu beeindrucken.
Plan B nahm in Form einer metallenen Kette Gestalt an, die von einer an der Decke des Raumes schwebenden Antigrav-Einheit herabbaumelte. Diese Einheit war vor kurzem verwendet worden, um die Reaktorelemente auszutauschen und offenbar von der Technikercrew noch nicht wieder ins Depot geräumt worden. Garrick manövrierte sich bei seinen Ausweichversuchen in eine günstige Position, bis er die Kette schließlich zu fassen bekam und mit schnellen Bewegungen dem verdutzten Norak ein paar Mal um den Hals schlang. "Was...?" wollte der Andorianer wissen und griff mit beiden Händen nach dem Metall um seinen Hals. Jetzt war es an Garrick, einen leicht höhnischen Gesichtsausdruck zu machen, während er sagte: "Computer, Auswechselphase eins einleiten!" Der Computer der Station bestätigte den Befehl mit dem gewohnten Piepen und die Antigrav-Einheit setzte sich in Richtung auf den Reaktor in Bewegung - und zog den entsetzt zappelnden Andorianer mühelos über die Brüstung mit sich. Garrick würdigte den hilflos an der Kette baumelnden Norak keines weiteren Blickes, klaubte seine Waffe auf und trat in den Korridor. "Und nun zu uns beiden, Talek", knurrte er, während er sich verbissen mit dem Handrücken das Blut aus dem Gesicht wischte.
Wütend lief Talek im Büro des Stationskommandanten auf und ab. Ein neuer Plan mußte her, und zwar schnell. Ohne Explosion kein Ablenkungsmanöver das genutzt werden konnte, um mit dem Shuttle zum Transporter zu gelangen, während sich die Katana um die Überlebenden der Explosion bemühte. Schon wieder war sein sorgfältig zurechtgelegter Plan torpediert worden - von einem übereifrigen Sternenflottenkapitän namens Andersson. Er mußte den Mann irgendwie los werden.
Kurz entschlossen ging er hinüber zu Alizondos Schreibtisch und ließ sich in dessen Stuhl nieder. Er zog das auf dem Tisch stehende Display zu sich heran und aktivierte es. Nach nur kurzer Zeit hatte er gefunden, was er suchte. Das Sternenflottendossier eines Captains namens Andersson. Irritiert runzelte er die Stirn. Der Mann war ausgerechnet der Kapitän der Katana. Er studierte das Bild des Mannes, fast so, als erwartete er sich hiervon eine Antwort auf die Frage, wie er Andersson zu packen bekommen solle.
Natürlich gab ihm das Bild die gewünschte Antwort nicht. Wütend fegte er die auf dem Tisch stehenden gerahmten Bilder Alizondos vom Tisch. Einige Sekundenbruchteile später verwandelte sich sein Gesichtsausdruck in Ungläubigkeit. Er sprang aus dem Stuhl förmlich auf und schritt eilig um den Schreibtisch herum zu der Stelle, an der die Bilder im ihren Rahmen nun auf dem Boden vor dem Schreibtisch lagen. Eilig drehte er ein Bild nach dem anderen herum, bis er gefunden hatte, was er gesucht hatte. Triumphierend betrachtete er es. Es zeigte ein Paar in weißen Galauniformen, das verliebt in die Kamera blickte. "Vielen Dank für die wundervolle Zeremonie", lautete die auf dem Bild von Hand aufgeschriebene Widmung, unter den beiden Personen standen zwei Namen: "Seeta" unter der Frau, "Garrick" unter dem Mann.
Talek ging mit dem Bild zurück um den Schreibtisch herum und hielt es neben das Bild aus dem Dossier von Captain Andersson. Dann legte sich ein Lächeln auf sein Gesicht. Er erinnerte sich genau an die dunkelhaarige Schönheit mit den gelblichen Augen. Gerade hatte er die Schwachstelle von Andersson gefunden.
Bereit, auf alles und jeden zu schießen, das es wagen sollte, sich ihm in den Weg zu stellen, lief Garrick - die Waffe im Anschlag - durch die in die Notbeleuchtung getauchten Korridore der Station. Plötzlich vernahm er in der Tat Schritte, die sich seiner Position näherten. Sofort hielt der Captain inne und drückte sich in die nächstgelegene Nische. Heftig atmend hielt er sein Gewehr auf die Stelle des Korridors gerichtet, an der die andere Person auftauchen musste. Dann hörte er eine gepresst klingende, aber vertraute Stimme: "KT an GA! Verdammt, melden Sie sich, Captain!" Eine Mischung aus Erleichterung und Verwunderung durchströmte den Dänen, als er seine Waffe sinken ließ und langsam aus der Deckung trat: "Hier drüben, Nummer Eins!" rief er leise. Der XO der Katana zuckte kurz zusammen, doch dann war ihm seine Erleichterung anzumerken, als er seinen Captain erkannte. "Da sind Sie ja, Sir! Ich versuche schon seit einiger Zeit, Sie zu kontaktieren!" Karl-Theodor hielt das von Garrick improvisierte Funkgerät hoch, stoppte jedoch dann, als er nahe genug heran gekommen war, um im Halbdunkel einen genaueren Blick auf den Kommandanten werfen zu können. "Lieber Himmel, sind Sie mit einem Shuttle kollidiert?!" entfuhr es ihm. Garrick musste leicht grinsen, als er erwiderte: "Das nicht, aber ich hatte ein nettes Tete-a-Tete mit unserem andorianischen Freund." Er tastete nun nach seinem eigenen Funkgerät und zog ein ramponiertes Häuflein Plastik von seinem Gürtel. Achselzuckend warf er das nach einem kurzen fachmännischen Blick als nutzlos eingestufte Stück Technik zur Seite und meinte lakonisch: "Und ich hatte gedacht, da hätten meine Knochen geknackt..." Der XO blickte dem fliegenden Elektroschrott kurz verblüfft hinterher, bevor er sich fasste und erkundigte: "Und was ist mit dem Andorianer?" Garricks Blick wurde wieder hart, als er knapp antwortete: "Der hängt im Reaktorraum ab." Der Tonfall riet Karl, nicht weiter nachzufragen, sondern stattdessen zu berichten: "Dann haben wir insgesamt drei weitere Angreifer ausgeschal..." Er brach ab, als Garrick unvermittelt seine Waffe in die Höhe riss und an ihm vorbei auf ein Ziel hinter ihm feuerte. Der XO spürte förmlich die Hitze der Phaserstrahlen, bevor er hörte, wie ein paar Meter hinter ihm etwas zu Boden stürzte. "Machen Sie vier draus, XO!" tätschelte Garrick seinem wie versteinert dastehenden Stellvertreter die Schulter, als er - das Gewehr weiter im Anschlag - an ihm vorbei auf den letzten Angreifer zu ging, um sich ein Bild von dessen Zustand zu machen.